Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0398
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Heft 9
DOI article:Leonhardt, Karl Friedrich: Italienische Majolikawerkstätten des 16. Jahrhunderts und die in ihnen benutzen Vorlagen, 2
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Äbb. 17. Pierre Eskrirf). Sauls Berufung.
nad) dem Lyoner Ovid. 3U erwähnen find noch zwei große Prunkvafen im South-
Kensington Museum, die die Lokalisierung diefer Malweife in Urbino weiter ficßern,
beide mit ovidifcßen Darftellungen ganzßädjig überzogen und mit Schlangenhenkeln,
wie fie für die Botega Oratio Fontanas nacßgewiefen find.1
Daß diefe Gattung, foweit fie der Groteskenmalerei entbehrt, fo gerne als vene-
zianifct) angefprocßen wird, erklärt fict) aus ihrer leicßten Verwechslungsmöglichkeit
mit den Arbeiten eines Malers, der in diefer tderkftatt gefcßult, ihre Malweife tatfäd)-
lid) nacß Venedig übertragen hat. Er pflegt vor die Schriftzeile entfprecßend dem er-
wähnten einer 4 ähnlichen 3eid)en ein XX zu fetten und fie mit einem aus dem fo-
genannten Liebesknoten entwickelten Schnörkel von oft beträchtlicher Ausdehnung zu
fd)ließen. 3WGi Stücke in Dresden und Stuttgart nennen feine Anfangsbuchstaben G. R. in
Verbindung mit diefen 3eid)zn.
Diefer Maler ift bereits in feinen frühen, anfcheinend noch urbinatifchen Arbeiten,
die auch mit geringwertigen Grotesken Vorkommen und wohl fchon gegen 1580 zu
datieren find, an den Übertreibungen der Bewegungsmotive und einer Vorliebe für
barock-verfchraubte Pofitionen kenntlich- Er gerät in Venedig bald unter den Einfluß
Domenengo Becers und endet in einer unerquicklichen Manier, die fid) durch fd)mut$ig-
grüne Schatten in den Fleifd)tönen kennzeichnet. Eed)nifcl)e Mängel, wie die grüne,
zinnarme Glafur entfprechen dem Verfall der Botega al ponte Selo. In feiner lebten
Periode fcheint G. R. eine Ovidausgabe benutzt zu haben, die die Schnitte Bernard
Salomons im Gegenfinne bringt, vielleicht eine der oben erwähnten des Virgil Solis.
Dazu kommen die in den achtziger Jahren erfcheinenden neuteftamentlichen Bilder des
Rovilleverlages.
Die altteftamentlichen Bilder Eskrid)s laffen fich nod) in zwei anderen ebenfalls ve-
nezianifchen öderkftätten nachweifen. Die eine ift die bereits oft erwähnte des Dome-
nengo Becer, die andere die des weit zerftreuten Gefd)irres mit dem (Happen der
Sd)äuffelin von Nürnberg.
1 Vgl. Frontispiz und Äbb. 40 bei M. L. Solon, Italian Majolica, London 1907.
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