Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0499
DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:Valentiner, Wilhelm Reinhold: Karl Schmidt-Rottluff
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Hbb.10. Karl Sdjmidt-Rottluff. Frau mit aufgelöftem Fjaar. F)olzfd)nitt. 1913.
Mitte und geht leicht [d)webenden Schrittes voran, die l)alb umdunkelten, \)alb ftrat)-
lenden Äugen ganz vom Geiftigen erfüllt, das er feinen Begleitern mit beruhigender,
tröftlicher Gefte mitteilt. Von feinem FJaupte [d)ießen die Strahlen weit durch die Land-
fchaft und fdjlagen mit der Glut der finkenden Sonne zufammen.
Während \)iev die fanfte Röte des Äbends h^rfcht, zittert Sturm durch die Dar-
ftellung des Fifchzuges Petri. Gekrümmt wie ein Klurm, verzweifelt fiel) gebärdend,
jlnkt Petrus bis zu den Knien in die Klellen. Äus den gezackten Linien feines Mundes,
aus den verlängerten Fingern dringt der Schrei nach FJilfe. Chriftus aber fteht, dunkel
wie die Nacht, plötjlich als Geift vor ihm: Du Kleingläubiger, warum zweifelteft Du? —
Schräg und [treng fchwebt er auf dem Kläffer, F)ilfe gewährend, aber vorwurfsvoll
vor Petrus zurückweichend. Faft drohend blickt das eine von Strahlen umgebene
Äuge, das andere fucF)t entgeiftert die Ferne. Und um Jefus h^rf^t Ruhe. Äber
hinter dem zerbogenen Petrus tanzt das Meer wie von böfen Geiftern gepeitfeht erregt
auf und nieder. Die Jünger, die nichts vom FifcFjzug erhofften, ziehen gefüllte Nelje
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Der Cicerone, XII. Jaljrg., Fjeft 12
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