Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

DOI Heft:
Heft 13
DOI Artikel:
Marzynski, Georg: Die expressionistische Methode, [1]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0534

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kunft wäre dann eine eigene Ärt der Erlebnisübermittlung, eine Sprache, die wie jede
Sprache im Ausdruck auf das meßr oder weniger „wörtliche“ Verftändnis zielte. Un-
vergleichlich) freier fcßeint mir die Änfid)t, daß ein Kunftwerk, troßdem es umgeformtes
Erlebnis ift, nicht wieder zum Ausgangs-Erlebnis zurückzuführen brauche. Die Auf-
faffung der Kunft als Sprache, als Erlebnisübermittlung bedeutet eine Befcßränkung und
Fjerabminderung des Künftlerifchen. Der am Kunftwerk einfetjende Prozeß foll in Ulaßr-
ßeit reine Anfcßauung der Kunftgeftalt fein; Kunft feßen, h^ißt mcßt, vom Kunftwerk
fort auf ein Erlebnis zurüdkgeßen, daß als folcßes außerhalb des Fjerrfcßaftsbereicßs des
eigentlich Künftlerifcßen liegt. Es widerfpricßt felbft dem wahren Sinn des Naturalismus,
wenn man feine Landfcßaften als ein Surrogat der Natur nimmt. Sie benutzen zwar
die Naturformen, fie wollen aber keine zweite Natur vortäufcßen. Dies will im Grunde
nur die romantifcße Genremalerei, welche die klare Ulirklicßkeit verläßt, um 3uflucßts-
ftätten zu finden für verfcßwommene, lebensfcßwacße Seelen. Die Erlebnistheorie läßt
den feelifcßen Prozeß vom Kunftwerk abfließen, fie löft die künftlerifcße Form immer
wieder auf zugunften der roßen Erlebnismaffe. Damit wird aber der Begriff des Kunft-
fcßauens verfälfcßt, deffen UJefensart es ift, in der geformten Kunftgeftalt leßte Befriedi-
gung zu finden. (Schluß folgt.)


tüilßelm Morgner. Kreuzigung. 3eicßnung. Frankreich 1914.
506
 
Annotationen