Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (12.1920)

Begabung ift fo fetjr den Wirklichkeiten der Welt entrückt, daß fie auch) nicht mit einem
[ekundären Nut$zweck, wie er mit der Ärcßitektur verbunden ift, in Beziehung zu
bringen ift. Sie bedeutet etwas Fertiges in der Flucht der gärenden Erfcßeinungen;
etwas Fertiges, Orientiertes, nicht mehr Problematifches, wobei man fiel) jeglicher ver-
gleichenden Wertung enthalten kann.
Den auflöfenden, die Kunft überhaupt [iftierenden Tendenzen, über deren Bedeutung
und Berechtigung hißr zu fprechen, den Rahmen überfchreiten würde, fetjt diefe Be-
gabung Pofitives entgegen, Wer foviel zu [agen hat wie Klee, bleibt unberührt von
diefer Frage.
Die Begabung Klees ift wie alle wirkliche Begabung a priori gegeben, fie unterhält
keinerlei unnötige Beziehungen zu dem, was gleichzeitig mit ihrem Erfcheinen vorgeht.
Keine Probleme werden, nur weil fie der Beachtung wert find und weil man fiel) mit
ihnen auseinanderfetjen muß, berührt, ausgenommen diejenigen, die von vornherein für
diefe Begabung im Wege lagen. Selbft die fogenannte Sozialäfttjetik braucht bei einer
Wertung Klees nicht in die Erfcheinung zu treten, da er ausgefprodjen individualiftifd)
beftimmt ift, ein Einzelfall, zu deffen Erkenntnis kein anderer Weg führt als das Mit-
fühlen diefes hoch ft fpeziellen, künftlerifrfjen Inhalts, der keiner Verbreiterung fähig ift,
wie er keine Nachfolge haben wird.
Ein Fall, den kein kritifches üheorem vorgefehen hat, der im übrigen ebenfowenig
reftlos ausgedeutet werden kann wie das Geheimnis einer Bachfchen Fuge oder
Mozartfdjer ßarmoniefolgen.


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Paul Klee. Straße mit Laftwagen und Bäumen.
3eid>nung. 1912/21.