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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 16
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Hintze, Erwin: Nürnberger Zinn, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0650

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darftellung bei. üm einen ganz neuen Modelltypus bereicherte Spaß das Nürnberger
Reliefzinn durch feine Blumenteller. Der holländifcßen Ornamentik entlehnte, große
Barockblumen und Blattwedel umziehen die breiten Ränder der flachen Celler, deren
Randkante von einem fchmalen Blattftabe eingefaßt ift. Drei verfchiedene Blumenteller
mit der Marke des F>ans Spats find nacßgewiefen (Abb. 22). Diefen dürfte noch das
Modell des größten Blumentellers anzufügen fein, von dem das Leipziger Kunftgewerbe-
mufeum eine Äbformung des 3ad)arias Spaß bewahrt.
Des F>ans Spaß bedeutendfter 3eitgeno(Je, Paulus Öham d. J., verfügte über zwei
verfchiedene Formen für den Krönungsteller Ferdinands III. Außerdem befcßaffte er
das Modell des Guftav Ädolftellers, deffen Mitte den Schwedenkönig und deffen Rand
fechs Anhänger desfelben in Reiterbildniffen vorführt. Ein Gegenftück zu dem Auf-
erftehungsteller von Fjans Spaß bildet der Auferftehungsteller Öhams, bei dem ftatt der
Leidensattribute hütenden Engel die zwölf Apoftel mit ihren Symbolen erfcßeinen.
Etwas Neues und Eigenartiges befaß Öham in feinen beiden Schalenmodellen mit den
großen Bruftbildern Ferdinands III. und Guftav Adolfs.
Die 3eitgenoffen des FJans Spaß II und Paulus Öham d. J. Michel FJemer-
fam d. J. (1624—1658) ift für uns infofern eine Art Sammelbegriff, als fid) fcßwer
fagen läßt, ob nicht fchon fein gleichnamiger Vater (1594—1626) der Befißer mancher
Formen gewefen ift. Mit den F)emerfamfcl)en Marken find mehrere Abformungen des
Modells II der Cemperantia- bzw. der Marienfchüffel und Kanne fowie des Evatellers
von Enderlein gezeichnet. Einige Scßüffeln behandeln die Verbindung von Flachrelief-
Bordüren mit F)ochrelief-Ornamentftäben; neben der eingefcßlagenen Marke tragen fie
zum Ceil auch eine in die Form gefcßnittene mit den Initialen M. Fj. Michel FJemer-
fam d. J. gehört zu den Meiftern, die [ich 1637 ein eigenes Modell für den Kaiferteller
anfcßafften. — Den Meifter mit der Lilie hüben wir fchon als Befißer des Enderlein-
fchen Deckelkruges mit Allegorien der Erdteile Europa, Afrika und Amerika kennen-
gelernt. Im übrigen ift der Meifter ein Spezialift für Schalen mit verzierten Böden und
glatten Rändern gewefen. Nicht weniger denn fechs verfchiedene Modelle find bei ihm
nachgewiefen. Darunter beßbt das Nordböhmifche Gewerbemufeum in Reichenberg als
bedeutendftes Stück eine große Schale mit dem Bruftbilde Guftav Adolfs (Abb. 23).
Das Bildnis des Königs ift mit verfcßiedenen, dem natürlichen Kolorit entfprechenden
Farben bemalt. Der glatte Rand zeigt auf fchwarzem Grunde und aus diefem Fjeraus-
gekraßt fiebzeßn durch Stege getrennte Blumenftauden mit goldfarbigem Firnißüberzug.
An kleineren Modellen befaß der Meifter mit der Lilie eine Marienfcßale, ein Bacchus-,
Abundantia-, Rektor- und ein Sultanfd)älcl)en. — Andreas Dambad) (1627—1650) ließ
fiel) nach dem Mufter des Krönungstellers den Sultanteller mit den Reiterbildniffen des
türkifdjen Kaifers und der Könige von England, Schweden, Spanien, Dänemark, Frank-
reich und Polen fchneiden. Das Mittelftück mit dem Sultan benußte er auch als Boden-
medaillon für kleine Schalen; Profeffor Ffengeler in München befißt eine folche vom
Jahre 1639. 3wßi Eeller Dambacßs zeigen in der Mitte einen auf einem ödeinfaffe
fißenden Bacchusknaben und am Rande eine Bordüre mit Maske, von der nach beiden
Seiten Blattranken mit einer Jagddarftellung ausgehen (Abb. 24). — Der Meifter R S,
deffen Initialen fid) merkwürdigerweife bis jeßt nicht haben deuten .laffen, befaß Mo-
delle einer Eemperantia-, Erinitäts- und Georgsfcßale und ein eigenes Modell für den
Krönungsteller Ferdinands III. (Demiani E. 15 u. 37 Nr. 1). Außerdem ift mit der Marke
des Meifters R S ein Deckelkrug überliefert, deffen Modell der älteren Generation vor
1630 feine Entfteßung verdankt. Auf dem Mantel find zwifeßen Rollwerk und ge-

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