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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 20
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Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0800

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Sammlungen

durch den Staat noch immer Schwierigkeiten zu
bereiten. Ulie fehr dadurch die einheitliche Re-
gelung der Galerieverhältniffe beeinträchtigt wird,
zeigt fich gerade jetzt nicht weniger als früher.
So wird auch die Staatsgalerie durch die
Unklarheit der Kompetenzfragen berührt. Sie
verfügt wohl über größere Mittel (Galerieverein),
die in leister 3eit eine erhebliche Bereicherung
der Sammlungen ermöglichten (f. Cicerone 1918,
S. 216 f.), ftellt aber in bezug auf Eignung und
Husmaß der Räume, vor allem aber durch die
Überlieferung und die Unklarheit ihres Programms
an die Leitung (Dr. Haberditzel) fchwierige Huf-
gaben vorzüglich innerer Natur. Urfprünglid)
als „Moderne Galerie“ auf internationale zeit-
genöffifcße Kunft eingeftellt, übernahm fie dann
bei Umwandlung in die „Staatsgalerie“ die Huf-
gabe, auch alte öfterreichifche Kunft zu fammeln.
Sie fteht nun in einem 3wiefpalte, der nod) in
der gegenwärtigen Äufftellung zum Husdruck
kommt, wo die öfterreichifche Kunft des 19. und
20. Jahrhunderts von der ausländifdjen Moderne
durchfetjt ißt, die angefammelten Schäle alt-
öfterreichifcher Kunft aber, unter denen Stücke
wie die Krumauer Madonna einen Uleltruf ver-
dienten, aus Platzmangel der Öffentlichkeit vor-
enthalten bleiben müffen. Man hofft — nun
fchon lange genug — auf die Räume des oberen
Belvederefd)loffes. Ulas aber dann, wenn diefe
Frage gelöft werden würde? Än der doppelten
Hufgabe modern international und hiftorifct)
öfterreicbifd) zu fammeln, müffen die Kräfte, zu-
mal unter den heutigen Verhältniffen, zerfplittern.
Und doch brauchten wir notwendiger als fonft-
wo eine moderne Galerie, deren Sammlungen
über den Bereich des Staatsgebietes hiuaus-
greifen, nicht weniger als eine felbftändige hifto-
rifch-öfterreichifche Galerie, die die öfterreidji-
fchen Ulerke aus dem 3ufammenhange der
deutfchen Kunft herauslöft, eine Hufgabe, die
fchon viel länger zu den Hauptzielen unferer
Galerien gehört hätte. — Freilich ift das 3ukunfts-
mufik. Doch füllte man meinen, daß durch die
Übernahme des kunfthiftorifchen Hofmufeums
durch den Staat wenigftens die Schranken der
Kompetenzfehwierigkeiten fallen könnten, die
früher Staatsgalerie und Hofmufeum zu unklaren
Scheidungen zwangen. Hat nicht — um nur
einiges anzuführen — die Staatsgalerie fchon vor
dem Umfturz für ihre Hufgabe beftimmende Leih-
gaben vom kunfthiftorifchen Mufeum erhalten
und hat nicht das leidere auch altöfterreichifche
Kunft (Pacherfchule, öfterreichifches Barock) er-
worben und damit in die Kompetenz der Staats-
galerie eingegriffen? Ift ferner nicht die Huf-
ftellung der ephefifchen Funde im Rahmen der

„modernen“ Staatsgalerie nicht ein unliebfames
Proviforium feit jeher gewefen? Hier könnte
doch einmal an eine reine Scheidung gedacht
und im Hnfchluffe daran auch der altöfterreichi-
fchen Kunft Gerechtigkeit werden. Für die letztere
käme ja auch der reiche Beftand der Hkademie-
galerie in Betracht, der bei der gegenwärtigen
Neuaufteilung mit Bedacht ausgefchieden wurde,
um (vielleicht einmal!) mit den verborgenen
Schäden der Staatsgalerie und dem entfprechen-
denBeftande des kunfthiftorifchen (Hof-)Mufeums
vereinigt zu werden.
Für das kunfthiftorifche Mufeum fpielen die
Beftände an öfterreichifcher älterer und Barock-
kunft ohnehin eine geringere Rolle. Nichtiger
wäre es, vielleicht beider Richtung auf einen inter-
nationalen hiftorifchen Überblick diefer Samm-
lungen nicht nur auf Ergänzung der internatio-
nalen Lücken hinzuarbeiten, fondern auch inner-
halb der hiftorifchen Gruppen die in größeren
Serien vertretenen Perfönlicßkeiten in einheit-
licherer 3ufammenfaffung vorzuführen. Letzteres
wurde bisher zum Geil bereits verfudjt (Breughel,
Rubens), wobei allerdings die geringe Eignung
der Räume für eine Umwandlung in modernem
Sinne in Betracht zu ziehen ift. Doch ließ auch
z. B. die letztmalige Neuaufteilung der italieni-
fchen Schulen gerade jene Lebendigkeit der Neu-
geftaltung vermiffen, die in einem modernen
Galeriebetrieb Fachmann und Laien zu neuen
Einteilungen zwingt. Huch die neueren Verfuche
mit hiftorifchen oder modernen Rahmen können
nicht gerade als glücklich bezeichnet werden.
Hoffentlich gibt die durch die italienifche Bilder-
entführung ohnehin dringend nötig gewordene
Neuaufteilung gerade diefes Geiles der Galerie
Gelegenheit zu einer Revidierung des Hufftel-
lungsprogramms, und vielleicht ergibt fich auch
die Gelegenheit, den grundlegendenHauptbeftand,
wie etwa die in ihrer hiftorifchen Überfichtlid)-
keit einzigartige Serie von Gizianwerken gefdjlof-
fener zur Geltung zu bringen. Oder ftehen auch
da außer den anzuerkennenden inneren Schwie-
rigkeiten auch folche entgegen, die außerhalb
des Bereiches der Galerieleitung liegen? H- G.
(Fortfeöung folgt.)
Fjaus Älbert und Coni Neiffer
In dem Haufe „Hlbert und Coni Neiffer“
hat Breslau ein neues Mufeum erhalten. Es ift
eine von Haus Grifebach 1898 erbaute Villa in
einem prächtigen alten Parke, die der 1916 ver-
ftorbene Befitjer, Geheimer Medizinalrat Prof.
Dr. Neiffer, der Stadt Breslau zugleich zur Er-
innerung an feine ihm im Gode vorangegangene
kunftfinnige Gattin vermachte. Die Stadt hat

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