Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0822
DOI Heft:
Heft 21
DOI Artikel:Schwarz, Karl: Lesser Ury
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fonderbaren Geften und führte [o ein Leben, das fiel) abfeits allen Getriebes und doch
inmitten desfelben, ftets nur beobachtend und betrachtend, abfpielte.
CUill man eines der Cüerke Leffer Urys ted)nifch erklären, [o [tößt man auf die ab-
fonderlichften Dinge. Es ift kein befonderes „Verfahren“, keine einheitliche Maltecl)nik,
die fich erkennen läßt, fondern ein Gemifcß von Einfällen, ein oft unbewußtes Fjin-
ftreicßen, ein nervöfes 3ittern, das deutlich erkennen läßt, daß das Cüerk in auf-
geregterem Seelenzuftande entftanden ift, da wirklich eine unfichtbare Kraft dem Meifter
den Pinfel geführt zu haben fcheint.
Ihn als Impreffioniften zu erklären, ift doch eine gar zu bequeme Methode, denn
was ift fd)ließlid) mit einem folctjen Stichworte gefagt? Ift es nur die Erfcheinung,
die Leffer Ury gibt, ift es nur der momentane Effekt, das Ding in feiner Äußerlichkeit,
ohne die Seele, ohne Innerlichkeit, und bleibt es das Gleiche, ob er nun ein Straßen-
bild in geheimnisvollem Dunkel, eine fonnenbefd)ienene LOiefe, oder ein Spargelbündel
und einige 3wiebeln malt?
Äud) Leffer Ury hat Blumenftücke gefchaffen, aber er gibt uns nicht nur die Pflanze,
die in ihrer Lieblichkeit vor uns erfcheint, da die Rofe, in den verfchiedenften Farben
fd)illernd, ihre Blütenblätter zart und weich entfaltet, die Nelke fid) munter kräufelt,
und der Flieder in reichen Dolden herniederhängt, fondern ihnen entftrömt ein leben-
diger Duft und ein füßer F)aud), der fie immer blühend erfd)einen läßt.
Und durch das geheimnisvolle Dunkel feiner Straßenbilder zuckt und leuchtet es von
Leffer öry.
Cafe Bauer. Lithographie.
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