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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 23
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Göbel, Heinrich: Würzburg und Fulda, [2]: ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Wirkteppichmanufakturen im 18. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0904

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zieht zunäcßft Preife bei den drei anderen Schülern Pirots ein. Nur einer von ißnen,
ein gewiffer N. FJausknecßt, fordert fünf Reid)staler bei Lieferung des Materials, freier
Fjeizung und Beleuchtung. Für die IJerftellung je einer Rückleßne mit Sit} benötigt er
drei Klocßen. Die beiden anderen, nicht namentlich benannten Kollegen Fjelms halten
den Änfatj von acht Reichstalern für durchaus angemeffen. Nachdem fiel) eine be-
fondere Kommiffion noch über die Preife von Plüfchfeffeln eingehend unterrichtet hat,
die firf) billiger {"teilen (3 rthl. 6 bzn. das Stück), aber nur wefentlicl) kürzere 3eit halten,
entfchließt fid) die Kammer endlich zu der Anfertigung der „grünen“ Seffel „die für
den IJof weit anfehnlicher und Convenienter feyen“. Die IJerftellung ^er j-ec^s Du^enci
Seffel, die fid) vorausfid)tlid) über mehrere Jahre hinziehen dürfte — die Fjofkammer
hat kein rechtes Vertrauen zu den von den Klirkern gefeßten Friften — wird den drei
Pirotfchen Schülern gemeinfam übertragen, um auf diefe Kleife den Cücßtigften unter
ihnen herauszufinden, der dann feiner FJocßfürftlicßen Gnaden als FJoftapeten-Infpektor
präfentiert werden foll. Die Stelle ift im übrigen nicht mit dem Amte des FJoftapeziers
zu verwechfeln, das ein gewiffer Gottfried Rheinhard bekleidet, dem lediglich die Dienfte
eines Capeziers im heutigen Sprachgebrauch obliegen, der Stoffe ausbeffert, Draperien
aufhängt und dergleichen Arbeiten mehr verrichtet. Ende 1766 wird Jofeph FJelm als
Fjoftapetenwirker erwähnt. Er eröffnet feine Laufbahn mit dem üblichen Bittgefud)
um Gehaltserhöhung. Er befißt außer dem Konftablergeßalt lediglich einen üeil der
ehemaligen Befoldung Pirots. Falls ihm die Fjofkammer nicht entgegenkomme, müffe
er mit Frau und Kindern betteln gehen. Von der IJerftellung der fecFjs Duzend Seffel
fei aud) nicht mehr die Rede. Auguft 1767 erhält Fjelm den endgültigen Auftrag für
ein Kanapee und eine größere Anzahl Seffel für die Bambergifche Refidenz. Es
wird ihm ein umfangreicher Poften an Klolle, Seide, Silber und Goldfäden fowie Kett-
garn übergeben. Die Entwürfe zu den Kartons liefert der Klürzburger Maler Franz
Cßalheimer. Er erhält insgefamt 30 Reichstaler für die Patronen der Rücklehnen der
Seffel, des Kanapees fowie für den Entwurf von zwei Sißen. Die Arbeit Fjelms feßreitet
recht langfam fort. In der Fjauptfacße befeßränkt er fid) auf Bittgefucße um Gehalts-
erhöhung, die regelmäßig abgefcßlagen werden, da er außer einem Einkommen von
jährlich 100 Reicßstalern, 6 Maltern Korn und 6 Eimern Klein nod) die für jeden Seffel
feftgeftellte Sondervergütung bezieht. Der Fjofkammer feßeint überßaupt der Betrieb
des neuen Fjoflapeten-Infpektors nießt ganz geheuer zu fein. Eine Unterfucßung feßt
ein, die mit der wenig erfreulichen Feftftellung endet, daß Fjelm die ißm übergebenen
Materialien nur zum kleineren Ceil für feinen Auftrag verwendet hat. Klie ißm naeß-
gewiefen wurde, trieb er bereits feit dem Jal)re 1776 mit der ißm übergebenen Seide
teils einen fcßwungßaften FJandel, teils ließ er fie bei dem Leinenweber Joßann Eckert
in 3ellingen zu Scßnupftücßern verarbeiten. Der Prozeß endet mit der Verurteilung
IJelms zum Arbeitshaus. Mit diefem wenig erfreulichen Abtakt endet die Gefcßicßte
der Klürzburger Bildwirkerei. Sie gibt ein typifeßes Bild der erbärmlichen Lage und
der oft entwürdigenden Verßältniffe, unter denen im 18. Jahrhundert, in der3eit ßöcßften
ßöfifcßen Prunkes, der Kunftßandwerker nießt feiten zu leiden hatte. Allerdings ift
nießt zu verkennen, daß es nießt immer die beften Kräfte waren — weder künftlerifcß
noch moralifcß —, die um Einteilung in ein ßößfeßes Amt naeßfueßten.
Meifter Eßomas tritt, wie feßon erwähnt, im März 1725 in die beffer bezahlten
Dienfte des Fuldaer Bifcßofs. Er nimmt das Amt eines Fjoftapetenwirkers und FJof-
tapeziers ein und wird bereits 1727 zum Burgvogt ernannt. Der Beftand des Bistums
an Stickereien und Klirkteppicßen muß ein verhältnismäßig reicher gewefen fein. Be-
reits im Jal)re 1700 läßt die Fuldaer Rentkammer nießt weniger als 4856 ß. 8 bzn. 2 pfg.

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