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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 24
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0939

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bängt noch von Perfonalfragen ab, die freilich
für das Ganze entfcheidend fein dürften. Der
mißlicbfte Qmftand dabei ift, daß der bisherige
Leiter der Staatsgalerie, Reg.-Rat Dr. Fjaberditjl,
durch andauernde Krankheit an der Ausübung
feines Berufes etwas behindert ift. Seine mög-
liche 3urückftellung wäre nicht nur fehr zu be-
dauern, fondern würde geradezu einem Ver-
brechen gleichkommen. Denn abgefehen davon,
daß für diefen Mann unter den gegenwärtigen
Verhältniffen kaum ein Erfah zu finden ift, der
ihm an künftlerifchen und praktifchen Fähigkeiten,
in feinem Blick für Qualität, [einer Befähigung,
auch in der jüngften Kunft fichere Auswahl zu
treffen, und in feiner alle Schwierigkeiten aus-
gleichenden fachlichen Verhandlungstechnik an
die Seite zu [teilen ift, fo ift doch er der eigent-
liche Schöpfer des jetjt zur Ausführung kom-
menden Planes, den er feit langem auch prak-
tifch vorbereitet hatte. Es hieße [ich mit fremden
Federn fchmücken, wollte man jetjt — und diefe
Gefahr befteht — diefen Mann zur Seite fchieben,
deffen ungebrochene geiftigen Fähigkeiten ihn
felbft im Rollftuhl mehr vermögen laffen als eine
vielleicht in Betracht kommende verklaufulierte
Beamtenclique. Je^t, wo fein ötterk zur Cat
werden foll, wo die Fjinderniffe gefellfchaftlicher
Vorurteile, die ihn banden, wegfallen, foll er
zurückgefetjt werden. Oder wird der 3weck
einer modernen Galerie noch immer durch die-
felben Faktoren unmöglich gemacht, für deren
Kurzfichtigkeit die Gegenwart vor einem oder
mehreren Jahrzehnten einfeljt? — Cüenn da ein
Ausweg gefudjt werden foll, liegt es da nicht
auf der Fjand, dem kranken, aber geiftig mehr
als regfamen Leiter eine tüchtige Kraft zur Seite
zu ftellen, die ihre Leiftungsfähigkeit bereits
durch die Cat bewiefen hat? Aber hat nicht
eben erft die letzte wirkliche Cat, deren An-
regung und Vorbereitung eben wieder FJaberditjl
zu danken ift, die Neuaufteilung der Akademie-
galerie (f. Fjeft 20, 21) bereits ihre Nörgler ge-
funden? Cüenn man diefe als einen „glitfcßigen
Ausweg“ bezeichnet, dabei Minderwertigem und
fchäbigen Kopien nachweint (f. Frimmels „Stu-
dien und Skizzen zur Gemäldekunde“, V. Bd.,
S. 61 ff.) und die Lambergfchen Erben zu Ein-
wendungen mobilifiert (ein Angriff, der glück-
licherweife bereits abgefchlagen ift), wo bleibt
dann jene Abfchätjung, die den heutigen An-
forderungen gerecht wird? Oder foll es die
Beamtenfchaft der ehemaligen Fjoffammlungen
machen, die es nicht vermag, in ihre große
Bilderleichenkammer Leben zu bringen, die
glaubt, mit Erwerbungsdaten und Befijjrechtelei
für die Kunft Propaganda zu machen, die ihre

Leichen wohl brav feziert oder einbalfamiert,
aber nicht lebendig machen kann?1 Fj. G.
Dresden
Das Stadtmufeum hat foeben feine dritte
Ausftellung eröffnet, die die Neuerwerbungen der
ftädtifchen Sammlungen auf dem Gebiete der
jüngften Kunft mit den Meiftern der „Brücke“:
Fjeckel, Schmidt-Rottluff und E. L. Kirchner vor-
führt und damit einen verheißungsvollen Blick
in die Cätigkeit des neuen Direktors Dr. Paul
Ferdinand Schmidt eröffnet. Ohne heute auf
Einzelheiten einzugehen, die einer fpäteren aus-
führlichen COürdigung Vorbehalten fein follen,
fei doch fo viel gefagt, daß hinter den Ergeb-
niffen einer nur nach Monaten zu umreißenden
Sammeltätigkeit ein feßr bewußter CCIille, ein
klarer Blick für das Clefentliche und ein ftarkes
organifatorifches Können offenbar werden und
daß [ich die Stadt Dresden zu der temperament-
vollen Kraft ihres Mufeumsleiters aufrichtig be-
glückwünfchen darf. Der Genuß der Ausftellung
wird dem Publikum durch einen kleinen ge-
druckten Führer wefentlich erhöht. n.
Fjaarlem
Dem FransFjals-Mufeum hat FjerrJ.Goud-
ftikker ein intereffantes Gemälde von dem Fjaar-
lemerMaler Barend Gael (1620—1687) „Dorf-
kirmes“ geftiftet.
München
Die Alte Pinakothek hat ihren Bilderbeftand
aus dem deutfdjen, italienifchen, fpanifchen, fran-
zöfifchen Barock in zwei Rundfälen und einigen
Kabinetten neu und wirkungsvoll geordnet. Die
Niederländer des 17. Jahrhunderts haben durch
die Eingliederung der hier fcbon feit Jahren ge-
zeigten Leihgabe Carftanjen gewichtigen 3U"
wachs erhalten. Im altdeutfchen Saal, wo der
Ifenheimer Altar ein halbes Jahr zu Gaft war,
fteht nun Pachers Kirchenväteraltar.
Die Graphifche Sammlung zeigte in zwei
Äusftellungen ihre Neuerwerbungen zeitgenöffi-
fcber Kunft. Auch wer den Grundfajj anerkennt,
daß die ftaatliche Sammlung, unberührt von Laune
und Strömung des Augenblicks, möglichft viel-
feitig wählen muß, wird manches hier gezeigte
Blatt entbehrlich finden. Auf der andern Seite
ift anzuerkennen, daß trolj der geringen Mittel,
die zur Verfügung ftehen, zahlreiche wichtige
Erwerbungen getätigt wurden, fo Slevogts Ra-
dierungen zur 3auberflöte, eine Reihe der Litho-
graphien Kokofchkas und der frühen Radierungen
Klees. K. P.

1 Eine Propagandafd)rift von diefer Seite wird dem-
näd)|t befprodjen werden.

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