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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-25 (2. Januar 1904 - 30. Januar 1904)
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gation für außerordenMche kirchliche Angelegenheiten,
wurde dann Bischof von Aversa, Kanonikus an der Kirche
von Santa Maria Maggiore, und Vorstand der Wtei
Altamura in Süditalien. Diese Wtei untersteht dem
königlichen Patronat rmd der Wt wird vom König er-
nannt. Die Tatsache, daß Monsignore Caputo für dieses
Amt ausersehen wurde, beweist, daß er gemäßigten Sinnes
ist. Caputo steht im Rufe eines taktvollen und geschickten
Mannes.

Spanicn.

— Zur Verlobung des Königs von Spa-
nien erfährt das „Berliner Tageblatt" folgendes: Pinnz
Ludwig Ferdinand von Bayern trifft mit seiner Ge-
mahlin, der Jnfantin Maria de la Paz, und seiner Toch-
ter Maria del Pilar anfangs Januar in Madrid zum Be-
suche des Königs'hoses ein. An diese Meldung knüpfen
spanische Blätter die Nachricht, datz eine Vermählung des
Königs mit der Prinzessin Maria del Pilar geplant sei;
bayerische Hofblätter glauben dies mit Rücksicht auf das
jugendliche Alter der beiden — sie steht im 13., er im 18.
Lebensjahre — bestreiten zu müssen. Die spanischen
Blätter haben recht. Die Verbindung ist im engsten Fa-
milienkreise längst beschlossen, die Reise mst der zukünf-
tigen Braut unternommen worden, um die jungen Leute
näher miteinander bekannt zu machen. Den Besuch wird
König Alfons im Frühjahr 1904 in München erwidern.
Derartige Verlobungen im Kindesalter find in solchen
Kreisen schon öfter dagewesen; mit der Heirat wird eben
noch ein paar Jahre gewartet.

Aus Stadt und Land.

Heidelbero. 2. Januar.

-b Der Besuch der Großherzoglichen Herrschaften. Jhre
Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Grotz-
herzogin be«bfichtigen morgen früh 9 Uhr ö7 Min. dahier
einzutreffen. fich sofort in die Thristuskirche zu begeben und
nach Beendigung der Ei-nweihungsfeier die Bonifatiuskirche zu
befuchen. Die höchsten Herrschaften wevden dann im Grand
Hotel im kleinen Kreise eine Erfrischung annehmen, die ihnen
von der Stadt angeboten wird.

-f- Das neue Jahr ist diesmal hier sanster und gemütlicher
begrützt worden, als das bisher der Fall war. Von dem
Schießen am Syü-.'ster, das früher bald nach Mittag begann,
hörte man diesmal bis gegen die späteren Abendftunden sehr
wenig und nachher auch ntcht viel. Als die Uhr Jwölf schlug
und die Glocken zu läuten bsgannen, da gtny gleichzeitig auch
das Krachen los. Doch dauerte es nicht lange, war auch nicht
so stark und allgemein wie sonst. Es hat sich hiernach das Jahr
sehr günstig mit einem Fortschritt in der Richtung höherer
Zivilisation eingeführt. Möge dies eine gutc Vorbedeutung
für seine weiteren Gaben sein! Ohne Zweifel fängt es auch
wirtschaftlich mit besseren Aussichten an, wie das vergangene.
So ist es gerechtfertigt, an seinem Eingang das Banner Ler
Hoffnung aufzupftanzen. Soll aber am Ausgang des Jahres
.die Hoffnung zunr Erfolg geworden sein, so darf es an treuer
und ausdauernder Arbeit nicht gefehlt haben. Dies wollen wir
nicht vergessen.

-st Vom Schloß. Für den Besuch der hergestellten inneren
Räume des Friedrichsbaues wevden an der Schloßkasse befon-
dere Karten zum Preise von 50 Pfenntg ausgegeben. Die
1. Karte wurde gestern morgen 10 Uhr vom Schreiber Dieses
gelöst; der Zudrang war alfo nicht gerade groß. Wenn aber
einmal in weiteren Kreisen bekannt scin wird, welche Sehens-
würdigkeiten der Friedrichsbau jetzt in seinem Jrmern birgt,
dann werden sicherlich Tausende und Abertausende dic herrlich
restaurierten Räume aufsuchen. Man karm ja darüber strei-
ten, oo es übevhaupt nötig war, den Friedrichsbau im Jnnern
wiederherzustcllen; man 'wird auch sagen, daß der RLstaurator,
Oberbaurat Schäfer, bei den geringen Anhaltspunkten, die ihm
zur Verfügung standen, unniöglich alles genau so tresfen konnte,
wie es früher gewesen ist. Nber dgs muß man feststellen: wie
feiner Zeit Sebaftian Schoch die äußere Fassade einheitlich mit
eiserner Konsequenz durch-geführt hat, so hat Oberbaur. Schäfer
die Restaurierung im Junern gleichfalls nach einem bis in dic
kleinsten Einzelheiten zähe festgehaltenen und energisch durch-
geführten Plane vollendet. Der Eindruck ist ein durchaus
einheitlicher und dabei außerordentlich interessanter. Wenn
es einmal dazu kommen sollte, daß die wieder'hergestellten
Ränmlichkeiten in stikgerechter Weise ausmöblicrt Iverden, dann
wird sich natürlich der Eindruck noch verstärken und vertiefen.
Aber anch so schon müge man nicht unterschätzen, daß die Be-
sucher des Friedrichsbaues Eindrücke mit sich fortnehmen,
die befruchtend wirken werden, wodurch in gewissem Sinne
allein schion die Wioderherstellung gerechtfertigt ist. Für dic
Hetdelberger kommt dazu noch das lokale Jnteresse, daß der
Friedrichsbau in seiner jetzigen inneren Wiederherstellung
einen neuen Anziehungspuntt bildet. Wir können allein schon
darum für das Werk dankbar sein. Jn den noch leeren Räu-
men fallen besonders die altertümlichen Oefen ins Auze;
einer davon ist echt und in der Sch-Weiz angekauft, die anderen
sind Jmitationen. Natür-lich sind sie alle für Holz eingerichtet,
äber es. brannte in ihnen gestern — Gas. Das ist nun ein
starker Anachronismus, aber man solle nicht meinen, daß der
Eindruck ein schädigender und auch nur befrem'dlicher gcwesen
wäre. Außer den -Oefen ziehen insbesondcre die Türgestelle,
die Tecken und die Malereien die Blicke auf sich. Man müßte
stuttdenlang in den Räumen weilen und sich alles Einzelne
genau erklären lassen, wenn man den richtigen Vorteil aus
'dem Besuch ziehen wollte. Aber mit den ErkläruNgen hapert es
noch sehr; Oberbaurat Schäfer ist gegenwärtig krank und hat
noch wich-t Gekegenheit gchabt, das Personal gehörig zu instruie-
ren. Doch wird das jedenfalls nachgeholt werden. Einen
prächtigen Eindruck machen bcfonders' die Korridore und ua-
mentlich der oberste. Jn der Kirche unten, bei deren Aus-
malung sehr viel Not verwendet worden ist, steht das Ghps-
modell derjenigen Schloßteile, die sür die Wiederherstellung
in Frage kommen. Das Modell ist noch ntcht fertig und des-
halb mit einer Leinwand verhüllt. Wenn es einmal den
Blicken des Publikums preisgegeben werden wird, dann wird
die „Schloßfrage" hier in Heidelberg von neuem brennend
werden, es sei derm, daß inztvischen der Eggertsche Konser-
vternngsplan gosiegt hat.

Zum Brand in der Reisschen Fabrik. Der Großherzog
richtete am Mittwoch Abend folgendes Telegramm an das Be-
zirksamt, das den Herren Gebr. Rcis von diesem. übermittelt
wnrde:

„Mit großem Bedauern vernehme ich den Brand der
Kunstwollefabrik Reis; wie steht es mit der Ausdehnung
und etwaigcm Rettung? Jch wüusche, -den Gebrüder Reis
meine herzliche Teilnahme und mein trcues Mitgefühl zu
übermitteln. Friedrich, Großherzog."

Sonntag Nachmittag besichtigte der Prinz von Sachsen-
Weimar unter Führung von Dr. Jul. Reis mit seinem ältesten
Sohn und seiner Tochter eingehend die Brandstätte.

X Ernennungen. Auf 1 .Januar wurden hier zn Ober -

P o sta s s i st e n t e n ernannt die Herren: Wilhelm Fischer,
Otto Neureuther, Karl Herold, Friedrich -Eisenring, Taver
Gehring, Andveas Wettstein, Ludw. Scheidel, Jos. Schveck.

— Bom NeujahrStag. Gestern um die Mittagsstunde spielte
die Milttärkapelle vor der Wohnung des Oberstleutnant Schön-
garth; nachmittags um halb 3 Uhr fand ein Umzug des
Elferrats mit Fanfarenbläfern statt und crinnerte davan,
daß mtt dem neuen Jahre auch ein neuer Fafching kommt.

X Glasmalerei. Die evangelische Kirche in Schatt-
hausen hat neben umfassendem Umbau auch eine schöne
Beveicherung erfahren, indem von der Freiherrlich Göler von
Ravensburg'schen Gutsherrschast zwei schüne Glasgemälde
in diese Ktrche gestistet wuvden. Das eine Glasgemäldc stellt
„Die Auferstehung Christt", das andere „Die Kreuzigung
C'hristi" dar. Die Farbengebun-g dieser Glasgemälde und die
äußerst schöne architektontsche Unirahmunz, in welcher die
Wappen der Freiherrlichen Famtlie angebracht sind, wirken
sehr gut und bilden eine schöne Zierde der Kirche. Herr
Pfarrer Schmttthenner, srtiher Pfarrer in Schatthansen, jetzt
in Hugsweier, hat drei hübsche Bilder gesttftet. Die sämtlichen
Glasgemälde wuvden unter der kunstsinntgen Leitung des
Herrn Baurats Behaghel von der Hetdelberger Glasmalcrei-
Anstalt H. Betler sen. hier ausgeführt.

-f- Alldeutscher Berband. Die Ortsgruppe Hetdelberg hält
am Montag, den 4. Januar, abeuds halb 9 Uhr im „Hetdel-
bergcr Hof" (Speisesaal) thre Jahreshauptversamm-lung ab.

— Kaiser-Panorama. Jm Kaiser-Panorama gelangt von
Sonntag ab eine neue Reise durch den Schwarzwald zur Aus-
stellung, dte hter btsher noch^ nicht gezetgt wurde.

X Selbstmord. Ein htesizer Fabritant, der seit län-gercr
Zeit an Schwermut litt, hat sich vor einigen Tagen von Hause
entfernt und im Walde seinem Leben durch Erhängen ein Ende
gemacht.

X Polizeibericht. Verhaftet wurden zwei Tazlöhner
wcgen Bettelns, ein Dachdecker wegen fortgesetzter Ruhestörung,
ein Ta-pezier wsgen Diebstahls uud ein Schreiner Ivegen Be-
trugs. Zur Anzeige kamen ein Schaffner der elektrischen
Straßenbahn wegen Körperverletzung, ein Kutscher ivegen fähr-
lässiger Körperverletzung, -ein Kaufmann und eine Wirtschaf-
tcrin wegen unehelichey Znsammenlebens, 14 Personen wegen
Ruhestörunig und 20 wegen unerlaubten Schiehens nnd Ab-
brennens von Feuerwerkskörpern.

X Karlsruhe, 1. Jan. (Der N e u j ah r s v e r k e h r)
auf der hiesigen Post war heuer außergewöhnltch lebhaft; viel-
fach hört man dte Anficht aussprechen, 'daß derfelbe denjenigen
früherer Jahre bei weitem übertroffen habe. Zur Bewältigung
des Verkehrs waren Soldatcn aushilfswei-se verwendet wor-
den. Auch dcr Weihnachtsverkehr hat gegen früher
erheblich zugenvmmen. Dagcgcn nimmt der Schießunfug
in der Sylvesternacht erfreulicherwetse jedes Jähr ab. Nur
vereinzelt krachte da und- 'dort ein Schwärmer ader Frosch,
während noch vor drei J-ahren die ganze Nach-t hindurch ge-
schossen wurde. Die 'drakontschen Strafverfüzungen der Po-
lizei haben ihre Wirkung ntcht verfehlt.

— Karlsruhe, 1. Jan. (Jubiläum.) Herrn Geh.
Hofrat Prof. Dr. Mei-dtnger wurden anläßlich seines
60jährigen Doktorsu'btläums vom- Stadtrat dte herzltchsten
Glückwünsche übersandt. Auch von anderer Seite, von zahl-
retchen Freunden, Kollegen und ehemaltgen Schülern sind dem
Gelehrten herzliche Ovattonen zu seinem Ehrentag darge-
bracht worden. Der Jubil-ar gehört einer älten Frankfurter
Familie an. Sein Großvater war der bekannte Sprachlehrer,
der vor über hundert Jahren eine französische Grvmmatik
schrieb, die mehr als 30 Auflagen erlebte — das verbreitetste
Buch seiner Zeit — u-rtd -durch die vielen kleinen lusttgen Er-
zählungen den Namen Meidinger als Synonym für „alte
Anekdote" bekannt machte. Der Jubilar ist der Sohn des frühe
(1843) verstorbenen Ntederräder Pfarrcrs; sein Großvater,
von mütterlicher Seite, war Hauptmann Buff von Rö'delheim,
der jüngste Bruder von Werthers Lotte. Sein Name ist be-
kannt geworden durch verschiedene verbreitete Erfindungen,
von denen die galvanische Telegraphen-Batterie (189ö) und
der erste Dauerbrandofen (1870) öesonders -genannt sein
mögen. Jm Jahre 1867 gründete er als Organ der Lan-des-
gewerbehalle die „Badische Gewerbezeitung", die er noch heute
leitet.

Achern, 1. Jan. (Besitzwechsc l.) Die Papierfabrik
Greßmühle wurde zum Pretse von 70 000 Mk. von einem
Herrn aus Etsenberg i. Sackyen erworben. Das Etablissement
stand zu Buch mtt einer Summe von 146 000 Mark.

Theater- und Kunstnachrlchten.

— Heidelberg, 2. Fan. (S ta d t t h c a t e r.) Nächsten
Montag gelangt wiederholt das Volksftück „Der Pfarrer von
Kirchfeld" zur Aufführung. Am s-slben Abend spielt Herr
Eckhof an Stelle 'des Herrn Holstein, welcher erkrcmkt ist, dte
Rolle des Pfarrers Hell. Die Besetzung der übrigen Rollen
ist dieselbe wie am ersten Abend.

Zum Theaterbrand in Chicago.

Chicago, 31. Dez. Der Schauspieler Herbert Caw-
thorn,, welcher auf der Bühne gewesen war, erklärte
nach der „Frankf. Ztg.", er sei positiv übcrzeugt, daß ein
Calciumlicht den Brand vernrsacht ha-be. Solche Lich-
ter wüvden benützt, um eine Mon'dschcins zene herzu-
stellen. Gerade habe ein Sänger im zweiten Akt das Lied „Jm
bleichen Mondlicht" angefangen, als bemerkt wurde, daß am
Blitzltchtapparat etwas in Unordnung geratcn sei. Die Zu-
schauer konnwn noch ntchts sehen, da 'das Ccklciumlicht zwölf
Fuß höher als der Vorhang war. Das Blitzlichtspritzte
Funken und setzte 'den aufgezogenen Vorhang in Brand.
Der Feuerwehrmann, der nach -dem Gesetz stets -anwesend sein
muß, sei dann auf die Bühne gesprungen und habe mtttels
des chemtschen Apparates zu löschen versucht, jedoch so unge-
schickt, 'daß die Chemikalien in' 'der dem Feuerherd vollständig
entgegengesetzten Richtung flogen. Jetzt ließ der Direktor des
Theaters, Foy, den Asbestvorhan-g herablassen. Dieser
konnte aber nicht weiter gebracht werden, als bis zur Mitte.
Dort saß er fest. Als die Bühnenangcstellten ihn nicht wei-
ter bringen konnten, wurden sie auch von der Panik er-
griffen und liefen hinaus.

Das Jroquois-Theater ist erst vor zwei Monaten ferttg
-geworden. Es kostete eine halbe Million Dollars. Das
Theater 'hatte 1724 «sitzplätze. Nach dem Bericht -des Bauin-
spektors war es v o l l st ä n d i g feuersicher. Die Lei-
chenbeschauer und Träger erklärten um Mitternacht nach
gründlicher Jnspektton des Theaters, daß, wenn 'dcr Asbest-
vorhang in Ordnung gewesen wäre, 'die Katastrophe
sicherlich nicht stattgesunden hätte.

Die meisten Toten waren auf den betden Balkonen, welche
infolge ihrer eigentümlichen, sehr steil ansteigenden Konstruk-
tion und ihrer Ausgänge von unzureichender Weise sich als
regelrechte Menschenfallen erwiesen. 900 Dlen-
schen saßen auf diesen Balkonen; von diesen waren zwei Drit-
tel Franen und Kinder, letztere vielfach zartesten Al-
te r 's. Biwnen einer V i e r te l st u n d- e hatte etrl
schrecklicher Tod seine Opser gefordert.

Seltt'am ist, daß namentlich in den Eckcn unter den Men-
schenhaufen noch Lebende gefunden wurden, die -durch
die hochliegenden Leichen gegen Rauch, Gase und Fußtritte ge-
schützt waren.

Uuter den Toten fand man die deutsche Trapezkünst-
lertn FlorelinL F a s e.

Mehr als cin Dutzcnd Diebe und Taschen-
diebe ivurden unter -der Beschuldigung, Tote und Verw-un--
-dete beraubt zu habeu, verhaftet. Zwei Diebe hatten Körbe
bei sich, um Ne Beute fortzuschaffen. Viele andere wurden
gestellt, aber nach einer Verwarnung frei-gelassen.

L Chicago, 1. Jan. Das Jroquoistheater sieht von antzen
nnverändert aus. Gegenüber dem Haupteingang erhebt sich
noch unbeschädigt das mächtige Jndi-anerhaupt. Bis jetzt sind
690 Totc gezählt; 200 Personen werden noch vermißt. Die
Theatertruppe war 300 Köpse stark und 2000 Zuschauer w-aren
tm Theater, von denen 1790 Sitzp-lätze innehatten. Während
der P-anik kamcn ganze Familien um. Mehrere Notausgänge
waren durch eiserne Tür-en geschlossen, für deren rechtzeitiges
Oeffnen niemand forgte. Ver-geblich war von den Znschauern
versncht worden, diese Türen mtt Gewalt zu ösfnen. Da vor
dem Theater kein Feuermelder stand, ging viel Zeit verloren,
bevor die Feuerwehr eintraf. Auf telcphonischen Anrnf eilten
etwa 100 Aerzte und 160 Krankenwärter herbei. Prtester er-
teilten den Sterben-den den Sezen. Die Köche und Kellner
eines bcnachbarten Nestaurants brachten eine Leiter auf das
Dach eines -Sch-uppens und der Küchenchef fing, auf der Leiter
stehend, nacheinander 1ö aus einem Fenster sprtngen-de Frauen
auf. Die Vorstellung im Thevter war zu ermäßigten Preisen
gegeben worden. Hieraus erkläre sich die große Zahl -der Zu-
schauer. Gestern Abend wurden sieben Angestellte des Theatcrs
unter 'der Anschuldtgung der fahrlässigen Tötung verhastet.
Unter ihnen befinden sich der Bühnenleiter, der Bühnenzim-
nierniann und m-shrere Kulissen-schieber. Heute Vormtttag
wurden der Assistent des Bühnenleiters und vier Chorsänger
ebenfalls verhaftet. Ter Bühnenleiter ist in erster Lirtte an-
geklagt. 20 weitere Verhaftun-gen von Mttgliedern d-es Chors
nnd des Ballets stehen bevor. Zahlreiche andere Angehörige
ües Theaterpersonals wurden polizeilich vernommen. -— Auf
Grund einer Proklamatton des Mayor ist 'das neue Jahr der
bisherigen Gepflogenheit entgegen nicht mit Glockengeläute
eingeleitet worden. Der Mayor hat ferner beantragt, datz.
morgen zum Zeichen der Trauer alle Geschäfte geschlossen blei-
ben sollen.

Handel unö Berkehr.

X Heidelberg, 2. Jan. (M a r k t p r e i s e.), Heu, der
Zentuer 3.20—3.60 Mk., Kornstroh 2.öO—2.80, g-em. Stroh
1.80—2.00- gelbe Karto-ffeln 2.40—2.60, Salatkartofseln
4.80—8.00, Butter in Ballen 1.05—1.10, das Pfund 1.10
bis 1.20, Zwiebeln 6—7, Knob-lauch 3ö, Gelbrüben, Gebnnd
2—3, Rosenkohl, das Pfund 6—10, Schwarzwurzeln 3ö—40.
Eier, das Stück 6—8, 100 Stück —7.00, Nüsse 36—40,

Blumenkohl, das Stück 40—öO, Rotkraut 10—1-5, Wettzkraut
8—10, Wirsing 6—8, Boden-Kohlr-abt 8—10, Sellerte —6,
Lauch 1—2, Rettich 3—S, Meerrettich 18—20, Weiße Rüben
2—3, Rote Rüben 6—8, Endtvien 3—S, Aepfel 3—6, das
Pfund 1ö—20, Birnen, das Stück 3—ö, -das Pfunü 15—20.
Petersilie, das Gebund 1—2 Pfg.

Die Vorgänge in Ostafien.

Petersburg, 1. Jnn. Die Rufsische Telegrapheu-
Agentur ist offiziell ermächtigt, mitzuteilen, daß Inpau
in seiner letzten Ätote keine Vedingungen bezngüch Les
Termins snr die Beantwortung derselben durch Rutz-
tand gestellt bat.

PeterLb n r g, 1. Jan. Wie die Zeltuii.z „Russji"
aus ziwerlässiger Quelle meldet, nehmen oie russftch-ja-
panischen Veryandlungen einen oöüig sriedüchen Fort-
gang. Alle Meldungen über ein japamsches Ultimatum
usw. seien reinste Erfindnng. Richüg sei nur, datz Ruß-
land wie Iapan ihre Kriegsbereitschafl versiärkten,
was begreisück sei, da die Mögüchkeit poüt'scher Ver.vi.ck-
lungen 'beständig bestehe und in Japan mit ausländi;chem
Eolde eine leidenschastüche Agitation gegen Rnßland be-
tricben werte. Nicht nnr seine Jntere;sn im sernen
Qsien, sondern schon seine Würde als Grotzm-nht nötigten
Rntzland, Lstatznahmen zn treffen, um die Ereigiüsse rnhig
abwarten zu können.

London, h. Ian. Den Blättern zusolge herrscht
in den japanischen Gesandtschaflen heule entschieden eme
trübere Stimmung. Die Spnnnung soll sich
verschärft haben. Der „Pall-Mall-Gazette zufolge
habe der Gesan-dte Hapaschi einem Vertreter des Blattes
gegenüber ziigegeben, datz die Dinge jetzt zur Entscheidung
kommm würden.

PortSaid, 1. Jan. Das russische Transportschiff
„Kazan" mit etwa 2000 für Port Arrhnr besümmten
Truppen hat gestern den Kanal pa-ssiert.

L o n d o n, 1. Jan. Gegenüber der Meldnng einiger
Abendblätter, der japanische Gesandte Hapaschi habe zu-
gegeben, datz die Dinge jetzt znr Krisis ko m men,
erklärt das Reutersche Burean, Hapaschi habe gesagt, er
bnbe seine Me'.nnng llber die Lage nicht so geäu-
ßert, wie d.e Zeitungen dies berichteren.

Londo n 1. Jar. Nach etner Meldnng des Reuter-
schen Bnreaus aus Tschisn habe Japan noch eine Anzahl
von Transpottschiffen gechartert. Das 6. Armeekorps
sei kriegsbereit, ebenso die Motte, die in 4 Geschwader
geteilt ist. — „Daily Telegraph" meldet ans Naga--
saki: Die Bahn nach Kuishu erhielt den Befehl, am 2.
Iannar 5000 Mann, die nach Korea nnterwegs sind, nach
Nagasaki zu befördern und ferner 20 000 Toimen Kohjpn-
nach Kursahu znr Ergänznng der großen schon in Naga-
saki befindüchen Kohlenvorräte zu bringen. —Dasselbe
Blatt meldet ans Totio vom 31. Dez.: Die Lage bleibt
sehr ernst und erscheint verschlechtert. Japan gab drin-
gende Anweisung znr Vollendung bezw.Erbaunng meh-
rerer neuer Kreuzer imd zur Arnnerung von 3 seiner
besten Fahrzeuge der Handelsmariiie als armierte Kreu^-
zer. Seit iFanuar vermehrt Rnßland fortwährend die
Zahl seiner Kriegsschifse in Ostasien. Der Tonnengehalt
der rnfsischen Schisfe betrug zu jener Zeit weniger als
90 000 Tonnen, wird aber anfangs des neuen Jahres
200 000 Tonnen betragen. Eine Anzahl Schiffe liegen
zur Abfahrt nach den ostasiatischen Gewässern bereit. Der
Tonnengehalt der japanischen Schijfe beträgt 170 000
Tonnen.

Neuefte Slachrichten.

R Berlin, 1. Jan. Die „Times" meldet ans M o n-
tevideo, die Regierung ergreife größere militärische
Maßnahmen unter aer Behauptung, datz sichimInnern.
 
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