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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 1-25 (2. Januar 1904 - 30. Januar 1904)
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Die Eirrweihung der Christuskirche in
Heidelberg.

X H e i d e l b e r g, 4. J-an.

Weim wir auf das Fest, das so schnell seinem Ilbschlutz ent-
gegengegangen ist, zurückblicken, so bürfen wir sagen: die evcrn-
gelische Gemeinbe hat einen Ehrentag, bie Stabt einen Feiertag
hinter sich, ber, in vollstcr Harmonie verlaufen, leuchtend in
der Erinnerung bleiben wird.

Die Anwesenheit des Landesvaters, ber Landesmutter und
des Erbgrotzherzoglichen Paares hat dem Fest der evangelischen
Gemeinbc, das der Einweihung ber am 2 t. September 1900
begonnenen Christuskirche galt, seinen besonderen F c st chavak-
ter ausgeprägt. Ein herrliches Frostwetter, frei von hestigen
Lustbewegungen, Legünstigte dcn glücklichen Verlauf dcr Feier.
Fahnen übcrall grühten den Tag und das Herrscherpaar,
eine festlich gekleidete Menge strömte schon in früher Stunde
nach deni fernen Sübwestcn ber Stad-t, an dcssen Enbe bas
neue evangelische Gotteshaus in der künstlerischsten Form sich
von nun an erhebt, — ein festliches Bild!

Glocken grützcn dcn Tag, am Vorabcnd und mn Morgen
ber Feier. Ergreifenb voll klingen dic vicr neuen Glocken,
-— die „Paulus"-, „Luther"-, „Gustav-Abolf"- und „Groß-
herzog Fricbrich"-GIocke in den Töncn 8 E O die — ein
lieblichcs Zeichen echter evangelifcher Toleranz —-, mit dem
Geläute der benachbarten Bonifatiuskirchc in Einklang gc-
tbracht sinb! Wie jubelten sie dann wiebcr mächtiz in den
-ersten, vom Mund -der Orgel begleitcten Gemeindcgesang, den
ehrwürdig-alten evangelischen Choral: „Nun danket alle
Gott!"

Frühzeitig versarnnielten sich Lic glücklichen Besitzer von
Karten im Gotteshaus. Kein Wunder, datz nicht alle Wünfche
zu befriedigen waren. Die 1200 Plätze der Kirche waren
dicht besetzt, doch — und wir rühmcn das —-, nicht überfirllt.
Pünktlich A.10 Uhr zog der Kirchengemeinderat, unter Voran-
tritt ber diesjährigen Konfirmanben der neuen Chriftuskirche,
vor dem schönen, stimmungsvollen unb prakfischen Konfirman-
idensaal neben der Sakristei, in bein er sich vcrsammelt'hatte,
längs der Kirche vorbei an das Portal. Dort richtete der so
sehr verdiente Erbauer der Kirche, Herr Baurat Bchaghel ,
als Erstcr das Wort an die kleine Versanrmlung. Mit dem
Wunsche, das erbaute Gotteshaus möge zu einer Erbauung
ber Gemeinde zu einem Gottestempel dienen, überzab er den
auf einem Kissen getragenen Schlüssel bcm Prälaten, dieser
mit einem Bibelwort ihn dem Dekan, diescr dem Pfarrer der
neucn Kirche, Herrn Stabtpfarrer Schwarz, welcher die
Türe mit einem Segenswort ösfnetc. Feierlich bewegte sich
der Zug in die Kirche.

Noch einmal verfügtc fich der Kirchengemeinderat in die
Dorhalle, währcnd die Konfirmanbcn unb die Vertveter ber
Mannheimer Geistlichkeit, die letztcren im Chor neben bem
Altar, Platz nahmen. Nach kurzeni Warten trafen, geführt
von bcn Spitzen der Behürden/ dcm Herrn Oberbürgermeister,
Geh. Regierungsrat Beckcr und Exzell. Czernh bie Wagen der
hohcn Herrschaften ein. Detan Hönig trat ihnen
in der Vorhalle entgegen und begrüßte sie mit fchlichken, war-
men Worten im Namen ber Wmcindc. Der Grotzher-
z og crwiderte kurz und herzlich. Daranf betraten die Erschie-
iienen die Kirche. Zwei Konfirmandinnen überreichten der
Großherzogin und der Erbgrotzherzogin Blumensträntze und
sprachen dabei: „Nehmt', hohe Fürstin biescn Willkommengrutz,
ben Euch allhier in weihevoller Sfiinde mit tiefster Ehrfurcht
bic Gemcinbe bietct durch uns, die e r st e n Konfirmanben
der Christuskirche, huldvollst an!" Jn der Kirchc tvaven fiir
bie hohen Herrschaften und ihr Gefolgc links und rechts von
den Sitzreihen des Schiffes prächtige Sessel aufgestellt; die
"Vertretcr der hiesigen cvangclischen Geistlichkeit rechts vom
Albar im Talar; auf bcn erftcn. Reihen bes Schiffes ber en>-
g-ere Senat, die Behörden, die Mitglicder der Kirchengemeinbe-
berfaminlung und des Kirchcugenieiiiberaties.

Ter Festgottesdienst, -der dann begaiin, vcrlief
auf bas feierlichfte unb erhabeudste. Er wurde eingöleitet
durch einen Gesang bes neuen, gemischtcn Chors der Christus-
kirche, der, unter Leitüng des Herrn Hauptlehrcrs Gorenflo
Hervorragendes — übrigens auch wieder am Familien-
abenb —, leistete, Text nach Psalm 24 („Hoch tut euch auf.
ihr Torc der Welt"). Tüe ergreifeude Weiherede, die fobaun
ber Tekan, Herr Stadtpfarrcr l). Hönig, nach dem cinlei-
tenden Gebete hielt, übergab das Gotteshaus feiuer neuen
Bestimmung. Ebenso inhaltsrcich wie ttef empfunden, fein
gebacht wic warni und packend gefprochen fanb sie sicher in fe-
beni Herzen unb Sinne tiefcn Widerhall. Gleich schön unb
ernst, taktvoll unb wahrhaftig war cs, um das cine nur aus
ben hier gehaltenen Redcn zu erwähnen, datz keiuer der Red-
uer mit voller Anerkennunig der wahrheitsstrebeudcn Wissen-
fchast unb protestantischcr Freiheit zurückhiclt, jeber aber ebeu-
so warm unb fest für das religiöse unb sittliche Bedürfnis und
Recht der Menfchenfeele und darum auch sür die Unentbchrlich-
keit von beven Pflegerin, des kirchlichen Lcbens eintrat. Wir
finben, daß die evcmgelische Kirche ihr Recht hier vecht wir-
kung-svoll und würdig zur Geltuug gebracht hat. Doch wir
müssen uns vcrsagcu, bie ausgezeichneten Worte, deneu wir
bringende Beachtung tvünfchcn, zn wiedcrholen. Nicht minder
,bei der vortrefflichen, geistvollen Predigt dcs Hern Stabtvfar-
rers Schwarz mit bem Text 1. Kor. 3 Vers 11 unb der
sinnvollen Bedeutung bes symbolischen Schmuckes dcr Kirche
in seineu Beziehungeu zur Verherrlichung dcr Gcstalt
Ehristi—, das Büchlein „die Evcmgel. Christuskirche zu Hei-
delberg", wclchcs soeben erfchienen ist und für den billigen
PreiS von 30 Pfg. in allen hiestgen Buchhandlungen, beson-
bers aber im Evcmg. Verlag, Hauptstratze 35, zu habcn ist,
gibt über diese Zicrden -er Kirche klare Auskunft wir müs-

wirb sich statistisch nicht feststellcn lassen. Unser Hauptziel je-
denfalls ist nicht die Verbreitung von Einzelkenittnisscn. Bil-
dung ist uns nicht ein aufgehciuftcr Wust von taufend Zahlen,
Namen und Formeln, Bildung ist uns eine Kulturftust der
Gesamtpersönlichkcit. Eine Föxberung, einc kleine Fövderung
dor Bildung in diestm Sinne dürfen wir uns jsdenfalls bei
einem Teil dcr Hörer unfere-r Kurfe verfprechen.

Wir schließen dabei als Hörer nieinauden aus, der den
Wimsch hat, teilzunehmen. Jedermann ist uus willkvmmen.
Jn ben Worten „volkstümliche Kurse", „Volkshochschulkurse"
^brauchcn wir den Begrist „Volk" nicht in dem cinseitigen,
unsozicrlen Sinne einer einzelnen Klafse, sonbern in deni so-
Fialen Sinne der Gesamtheit aller Stände. Datz auf deni
Boden der akädcmischcn Weristatt Vertrcter der verschicdensteu
Stäude sich zufammenstnben zu gemeinfamem Lerneu, goeint
durch das gemeinsame Jnteresse au ben höchften Fragen di s
Gcisteslebens, in dstser Tatfache fehen wir cinen weiteren
Segcn der Volkshochfchulbewegung: einen Forstchritt auf den
soziälen Frieden hin.

Ohne übertriebene Hoffnungen, im klarcn Bcwutztscin des-
stn, was wir mit -den Kurstn leisten können und nicht leisten
kkönnen, aber doch mit Begeisterung und nitt Liebc zur Dache
trestn wir detm an die Arbeit heran. Tatz in der Bevölkerung
Hetdelbergs der lebhafte Wunsch nach dieser Veranstaltung
vorhanben ist unb datz die Stabt mit ihrcr offizstllen Verire-
tuntz hinter uns steht, daß unsere Unterrichtsbehörbe ein volles
Verständnis für die Bedeutfamkeit der Sache hat und datz die
Ruperto-Carola uus ihre ehrwürbigen Pforten felüst öffnet,
das sind dst Auspizieu, untcr denen wir das Weri beginnen.
Um diesen Auspizien willen sprechen wir: „Luock bonum kelix
taustumque sitl"

AdolfDeitzmann.

sen uns auch vcrsagen, bie markigen und gemütvollen Worte
des ncucrnanuieip Prälaten der evyngel.-prötvstantischeu Lan-
deskirche Badens,' Ochler aus Karlsruhe, der scine Et-
nennuiitz aiu gleichen Morgen erst crhalten hattc, als bes Ver-
treters -des Oberkirchenrats, hier wieberzugeben, so wirst'am
auch seiiw Anstttipfung an bie religiös anregeniden Kräfte in
Heidelbergs Umgebuug, Laze und Gefchichte war. Wir lau-
scheu noch dcm nochinaligeu Gesang des Kirchenchors: „Herr, ich
habe lstb dst Stätte Teincs Hauscs" und „das ist eiu köstlich
Ding, danckcu dem Herrn", sprachen bas Hauptgebet, vou Hru.
Stadtpfarrer Schwarz gehalteu, sttll mit uud sstmmeu zum
Schluß voll in bcn Vers mit bcr wunderbaren Melobie uud
dem herrlichen Juhalt ein: „O Fesu, daß Tein Name bliebe
im Grunde stcf gedrücket cin!" Mit dcm Segen ist die Fcier
zu Ende. —

Jn der hulbvollsteu Weise untcrhielten sich nim uoch die
hohen Herrschaften vor dem Verlassen bes Gottcs-
hauses mit deu Autveseuden, insbesoudere dem Erbauer der
Kirchc unb dcr Geistlichkeit. Jn bewunderungswüvbiger
Frifchc, in atter herzgewiunender Freuudlichkeit wutzten Grotz-
herzog unb Großhcrzogin an Alle, bst in der Nähe standcn,
Fragcn voll perfönlicher Teilnähme und Jnteresses zu richteu.
Es mag ?412 Uhr gcwcfeu feiu, als ftc das Gotteshaus ver-
lsttzcu, uui noch die Bonifatiuskirche, weim auch kürzer, zu
befichfizen.

Nach Befichtiguug ber Bonifafiusfirche bcMben sich bie
Grotzhcrzoglichcn uud Erbgrotzherzoglichcn Herrschaftcn in das
„Granb-Hotel", wo ihnen imi 1 Uhr von dcr Stadt ein Früh-
stück gereicht lmirdc. An demfe-lben nahmen, antzer den Höch-
sstn Herrschasten selbcr, bereu Gcfolgc, nämlich dst Hofdamen
Freisti vou Rotbevg uud Freiin vou Steck, Schloßhauptmaiiii
von Stabel, Dlajov Seutter von Lötzen uud Obcrleutnaut
Frhr. vou Göler, ferner dcr Provektor Gcheimcrat Prof. Dr.
Czcrnh, Geh. Regierungsrat Dr. Bccker, Oberstleutnaitt
Schöngarth, Dlajor Hilbebrandi, Hofrat Prof. ttDr. Flemer,
Prälat Oehler, Dekan v. Hönig, Stadtpfarrcr Schwarz, dcr
frühere Dekau, Kirchcurat Ruckhaber von Mannheim, Hofrat
Strübe, Baurat Behaghel, Pfarrkurat Dor, Hofrat Lossen,
Bauiufpettor Maier fowie als Vertrestr der Stadi Oberbürger-
meistcr Dr. Wilckcns, Bürgermeistcr Prof. Dr. Walz, Bür-
germ-eister Wstlandt unb Stabtrat Ammann tcil. Währenb
des Frühstücks begrühst ber Oberbürgermeisstr -dic hohcn
Herrschaften in ciuer wariuen Aufprache, die mit eiuem Hoch
auf Jhvc Könizlicheii Hoheiten den Grotzherzog uud die Grotz-
herzogiu fowie auf Jhre Königlichen Hohciten dcu Erbgroßher-
zog uud der ErLgrohhcrzogiu enbigst. Der Großherzog dantte
sofort in herzlichcn Worstn, iu denen er auf seine erste Erin-
nerung an Heidelberg aus dem Jahve 1836 zurückkam, gc-
dachte der feitherigcn glücklichen Eutwickluug der Stadt uud
schloß mit einem freudig aufgenommeneii Hoch auf Hcidel-
berg.

Nach dem Frühsfiick kuüpfte der Großherzog, der ciiie höchst
erfreuliche Rüstigkeit an dcn Taz legst, mit verschiedencu der
erschstuenen Hcrrcu cine Unstvhältung an. Um 2 Uhr 26
Minustn traten die hohen Herrschafstn, von dcn Spitzen der
Behörden zum Bahuhof -geleitet, die Rückreise nach Karlsruhe
au, nachdem sie noch wiederholt ihre Befriedigung über dcu
Verlauf dcr Festlichkeistu Ausdruck geg-eben und den Besitzcrn
des Hostls ihre Ilnerkennung ausgesprocheu hatten.

Am Nachmittag 3 Uhr wurde der T a u f st e i n der neucn
Kirche, gesfiftet zur Wi-edergewöhuung dcr Genieindc an dic
altc schöne evangelischc Sitte der Taufe im Gottcshaus, durch
Daufc von 11 Kiiidern ciugeweiht; um 5 Uhr ein zweiter
überaus stark besuchter Abend-Gotstsdienst, mit Predigt des
Herrn Stadtpfarrers Hitzig von Mannheim, dcr gleich dcn
Rednern des Vormittags eine Meisterleistimg durchdachter imd
gedankenreicher Pre-digt gab.

Um 8 Uhr versammelte ein Gemeinde-F a m i l i e n -
abend, der in seinem.-glücklichen Gelingen sich -dem Audc-
ren aufs schöiistc anschloß, die feiernde evangclische Genieinde
noch einmäl im großen -Saale der Stadthallc. Müchtig durch-
brauste zu Bcgimi das Reformationslied „Ein feste Burg ist
unfer Gott" dic Halle. Ein zur Feier des Tagcs vou Stadt-
pfarrer Schmitthenner gedichteter Prolog „das Mädchen imd
die Christblumeu" wurde von Frl. Bi. Basserniann in vollen-
dcter Weise vorzetragcn. Tekan I). Hönig begrüßte die
Festgenosscn nmnens des evangelischen Kirchengemeinderasts
und sprach scine Freude über den zahlrcicheu Besuch des Fa-
milienabeuds aus. Er erinnerst darau, ein wie sclstnes Fest
die Einweihung cincr neuen Kirche ist, daß die letzte Eiu-
weihung einer evanaelischen Kirche vor zweicinhalb Jabrhun-
derstn die Eintveihimg der Providenzfirche ain 28. April 1659
gewesen sci. Dankend gedachst er der Aäweseicheit -d-cr Groß-
herzoylichen Herrschnfteu und hob hervor, daß die Erbauung
dcr ueueu evangelisehen Kirchc ganz aus Gemeiudemitstln
ein epochemacheudcs Ereignis sowohl im Cstmeiiideleben, als
auch ein Zeichen der erfreulichen Erttwickelung dcs städtischen
Lebens im allgemeinen ist. Er ge-dachte dcr eifrizen Mitar-
beit dcr Frauen zur Anschäsfung -der für einc Kirche notwen-
digen Gcräte uud ermahnte die Gemeindenntglieder, die Kluft,
die durch das Volk geht, den Geist der Unzufriedcnheit besei-
tigen zu helfcn. Hieran mus; dst Kirche mitarbeiten. Jm

weiteren Verlaufe seinc-c Redc sprach er den Vertretcrn >der
verschiodenen- Behördcn und Schwestergemcindcn seinen Tank
für ihr Erscheinen aus. Zwci Häuser, so gruiidverschiedeneii
Zweckcu sie auch dienen, gehören zusammen, dst Skadthalle uud
die Christuskirche. Sic siud beide Zeuguissc eiuer schünen Pe-
riode dcr Entwickelung uufever Stadt uitter der w-eifen Leitung
unfcres Oberbürgernieisstrs. Tiescn, den crst vor kurzem
gelegentlich der Eiuweihung der Bouifatiuskirche die k-atho-
lische Gemeinde als gerechtes Haupt unscres GemeiudewcseiiS
gepriesen hctt, preist Redner als» warmcs überzeugcudcs Mit-
glstd uuserer evangelischen Gemeinde. Auf Kaiser imd Groß-
herzog übergehend, erinuert Redner darau, ein wie warmes
Justresse Kaiser Wilhelm II. jeder religiüscn Frage erttgcgeii-
bringt, wie er dcn Godaukcn dor Vereiniguug alstr evangeli-
scheri Gemeiudeu pflegt, erinnert an die schönen Worst, die
Kaiser Wilhelm II. erst vor kurzem bei der Konfirmafion sei-
ues jüngsten Sohnctz gcsprochen hat: der Angelpuntt eiucs
menschlichen Lebens, der Angelpunkt eines verautwortlichen Le-
bens ist die Sstllung, die wir zu unfereiu Herrn Jesus ChristiuS
ciunehmen. Grotzherzoz Friedrich preist Noduer als don Für
sstn, urtter dossen Regierung die Verfassuug der evaugclischeu
Gomeinde entstanden ist. So fordcrte cr denii zuin Schlnß
die Gemeindomitglicdcr als Patriostn zu einem krüstigcn Hoch
auf Kaiser und Großherzog auf, in das die Anlvosenden begei-,
sstrt einsfimiustu. Stadtpfarrer Schwarz, -der crste Pfar-
rer der neueu Kirche, schildert die Lagc imd das Aoußere und
Jnuerc der Christuskirche und brachtc ein Hock; auf den Er-
bauer des wohlgelungeuen Wersts, Herru Baurat Behaghel,
aus.

Oberbüvgcrmoifter Dr. Wilckens dankte dem Vorsitzen-
den dcs Kirchengeineindcrats für dic freuudlichen Worte, dic
er in feiner Boyrüßungsanfpracho der städtischen Verwaltimg
gcwidmet, und überbrachte der evangelischcn ifirchengeineinde
'die Glückwünsche dor politischon Gemcinde zu Lem prächfig
gelungcncn Mrcheubau. Mit Wohlgefallen ruhc unfcr Siuge
auf den fchöneu äußcren Formou der neuen Christuskirche.
Sie fstllc fich aber auch in ihre-m Funern als cin wohldispo-
uierstr gottesdicnstlichor Raum dar, dor vormögc somor gan-
zen Anlage uud Ausstattung don Bosuchor von -voruhorein in
einc iroihovoüo Sttmmung versetze. Uoberhaupt sei hier ein
originelles, den ästhetischen wie den praktischon Anforderuugon
in vollem Umfang Rechuung tvazendes Werk geschaffen tvorden,
das seinem Erbaucr zur Ehre und dem wcstlichen Stadtteil

zur Zierde gcreichc. Tie neuc Kirche Mrde auch zur rajcheien
Besiodlung jener Ge-gend uud zur tzobuüg ihrer baulichen Ilus-
goftaltung beitrageu. Sci doch erfahruiigsgeni.äß, wenn ein-
mal iu einem neucn Stadtteil Kibche und Schulhaus errichter
sestu, in seiucr Entwicklung ein großer Schritt vorwärts g-etan.
Es bcginne damit für ihn cine Zeit größerer Selbsiftändigkcit.
die in der Rezcl auch seiu wirtschaftliches Aüfblühen 'ördere
Tas Schulhaus im Rohrbacher Vstrtel habe nun Horr Baurat
Bchaghel boreits frühcr gobaut. Am 25. Oktober 1886 sei
dasfelbe dem^Betrstb übevgebeu wordeii. Jctzt verdanke der
Rohrbacher Stadtteil der trcuen künftstriichen Arbeit üieses
ausgczeichnetcn Archistkstn auch cipe neue evangolische Kirche,
uachdcm dafelbst unlängst auch die Katholiken ein eigenos schö-
ncs Gstteshaus orrichstt hättcn. Die politische Genioinde be-
grüßst den neuen Kirchenbau aber nicht uur von dcni Ge-
fichtspunkst aus, daß er die Zurückstgung eiuer meitereu
Etappe in der Entwicklung imsercr Weststadt bedeust. Sie
frcue sich auch darübor pon 'Herzeu, daß in unsercr Unwcrsi-
tätsstadt in einer Zeit, da vielfach vorgcworfen werde, sie
krauke uuhcilbar am Mastrialisnius, eine neüo Hettnstätst ido-
astr Gosirmimg uud christlichec Denlweise crlvachstn sei, die
hoffeiitlich nocb in spästn Tagcn bezeugen IvcrLo, dah veim
Beginn Les 20. Jahrhuwdcrts bei im-s auch noch für dst gei-
sfizon und ethischcn Errungenschasteu dcs Mouschongcschlechts
Vcrständnis vorhanden gewesen sei uud daß spczioll auch di-:
Proststanstu unsorer Tage sich ihrer Aufgabe Lowußt gewesen
seieu, deu Traditionou der Väter gotrcu zü bloiben, roligiöfeu
Sinn zu hogeu und zu pflcgen uud den Geist der Freihett hoch-
zuhalstu, dcr auch iu kirchlichen Dingen bou so großer Bedeu-
tuug sci. Diesor für don Proststanfismüs charatteristische
und fiir eine zeitgemätzc Weistrcntwicklung der christlichon
Lohre so bcdeutungsvollo Geist sci ja gerade iu Heidelberg schou
soit lang-cr Zeit lcbeudiz. Möge cr sich erhälstu; müge in 'dor
nouen Kirche das Wort Gotsts reiu un-d laüter geprodigt wrr-
den uud mögo dic evangelische Kirchoiigomoiüdc unseror Stadt
blühon, wachson und godoihen. Jn diesem 'Sittno lieh Rcdner
seino Anspracho und ein Hoch auf die cvangefischo Kirchenge-
meiude auskliugen.

Baurat Bchaghel gedachte seiner Mitarboistr vom
Künststr bis zum kleinen Handwerker, die alle ihrc Pflicht go-
tan hätton uüd mit donen zu cirbeitcn oine Freude gewesen
fei, gedachte der baustistndcn Archisttstu Döringer un-d Hottin-
ger, godachte der stifstndcn Damen, dic, um ein oinheitliches
Gcmzcs zu schaffen, in liebcnswürdigor Weifc ssttS soinen Rat
eiugeholt hätten und dantte bosonders für das Vorfiauen, düs
ihm 'der Kirchcngemeinderat durch Uebertragung des Baues
ohn-e öfientliches Ilusfchreiben -eütgo^ngebracbt habo. Sein
Hoch galt dem Kirchongemoiüderat, besonders der Baukomuiis-
sion. Kircbenrat B a s s e r m a n N Lrachst iu von Humor
gewürzstr Weise cin Hoch auf Siadtpfarrer Schwarz, den tai-
kräftigen Vertreter dcs Kirchengemeiudcrats iind Helfer Be
haghels, aus und dankst für dic Worte Baurat Behaghols ini
Namen -dos Kirckstugoiüoinderäts.

Hauptlchrer Mepor sprach deu Tairk dor Weststadt für
dio Errichtuüg dcr Kirche im Ä llgemoirieu aus. Horr S uk-
zcr gedachst der Kirchbiichürc tor Ost- und Weststadt. Bürger-
ineister Dr. W a l z überbrachst den Dank dcr Gemomdo an
die Kirchenchöre uud brachte cin Hoch auf die deuischen evange-
lischon Fraucn, don Hauptfattor echtcn religiösen evaugelischon
Lebcns aus. Jn einem Schlußworte sprach darauf Tokaii O.
Hönig soinou Tank allcn Mttwirkeudon aus. Orgelvorträgo
des Herrn Fritz Stein uud Gefänge dcr Kirchcmchöre ver-
schünorstn in'angonehmor Weiso die Feier. Zum Lchlutz icmg
die Gemeindc dcn Choral „Lobe den Herrcn".

Die cvaugolischc Gomeiude kanu dankbar auf einon herr-
lichen Tag zurückblicken. Die neuo Christuskircho ist eiu neuer
Schmuck der Stadt. Fhrc opferfreudige Erbauuug ist ein
Ehrenblatt H-eidclberger Mirgersinnes, die Kirche eiu Tenk-
mal idoaleu Sinnes, hohcn edlen, auf das Ewi-zo gcrichsttcn
Strebns. Jn diesem Sinuo grützen- wir sie. Rage sie weit
und stche sie ftolz, Jahrhuüdcrst hiüdurch, Gott zur Ehre,
Mcnschen zum S-c-gen!

Aus Sradt und Land.

Heidelberg, 4. Jcinuar.

st Todesfall. Wie wir turz vör Schluh dor Rcdattion hö-
ren, ist Hcrr Geh. Rat Karlowa, der bokauntlich sett eiui-
ger Zoit kraukhoitshalbor soinoVorlesungon nicht mehr abhalten
tonnte, in dieser Nacht gestorben. Herr Karlowa war im
Jähre 1836 ia Bückcburg geboren, cr studstrst vou 1854 bis
1857 in Göttingen und später in Berlin. Darauf wurde er
Auditor bei der Justizkanzlei iu Bückoburg, später Privatdo-
zent in Bomi imd ordentl. Professor in Grefiswald. Seit
1872, also über 30 Jahre lang, war dor Verblichonc als or-
dcntlicher Profcssor dos römischen Rechsts mi der hiesigen
Hochfchule tüiig. Scine Vorlesungen betrafcn Geschichst des
römischen Rechtcs, Fnstitutionen, Paüdotten, Faiuilstn- und
Erbrecht.

o- Jm Stadttheastr ging gestcrn -vor ausvcrtauftem Haifie
Rossiui's „Barbier von Sevilla" ueu einstudiert in Szene.
Die Rollcn der Rosine lLotte Kornar), des Figaro (Leo von
Kellcr) und des Grafen Almavibü (Rudolf Mark) wurdeu
musikalisch uud darsstllcrisch gut durchzefiihrt; Fräul. Kornar
eruiete besonders mit ihrer Einlage im 2. Akst wohlverdienten
Beisall. Für dic Erhciterung der Zuschauer sorgten in reichem
Maße Robert Becker als Doktor Bartolo uüd Guftav Lange
als Basilw. Letztcrcr spielte uiitcr allgemciner Zififiiumung
— ob allerdings an richtiger Sstlle, muß bezweifelt werden —
auf ciucn Thcastrneubau an. Einc cingehendc Besprechimg der
Oper solgt bei eincr fpäteren Aufführung.

* WeihnachtSfciern wurden an den letzleu Mbenden u. a.
äbgehalstn: von der Freiivilligen Fcucrivohr, dom Marincver-
ein, dem Wcrkmcisterverein, dem Verein der Poft- imd Tele-
graphcnbeamtcn. Wcgen dcs Bcrichtcs iwcr dic Einweihung
der Christuskirchc, dcr den Raum dcr heutigen Zeitnng stark in
Anspruch nimmt, müsscn >vir die Schildcrung der Weihuachts-
fciern auf morgen zurucklegen.

-i- Besitzwcchscl. Herr Otto Gaa kaufst das Wvlwhaus
Mittcrmaierstraße 14 von den Herreu Stcphau imd Schueider
für 53 000 Mark.

-i- Polizeibericht. Verhaftct wurde ein Taglöhner wegen
Bettelns, cin anderer wcgcn fortgesetztcr Ruhcsterung umd ein
Maurcr, der von einer auswärrigcn Behörde vcrfolgt wird. —-
Zur Arizeige kamcn 6 Pcrsoncn lvegeii Ruhestörimg. uüd Un
fugs, ein Kaminfeger wegen Körperverletzung und ciue Kellucrin
wegen Umherziehens.

st- Wicblingcii, 3. Fan. (B esitzwe ch s c l.) Dst Bähu-
hofsrestauration von Stcpban imd Schncider ist von dem bis
herigen Pächtcr. Herrn Iak. SiHmitt mit Jnventar zum Prefie
von 52 000 Mark käuflich erworben worben.

4- Schwetzinge«, 2. Jqn. (Bersckiedciie S.) Dio
Nachricht von einem betrübenden Unglücksfall läuft houst
von Muud zu Muudo. Adlerwirt E. Jhm giug dstfen Morgeu
vor Tazesgrauen, in Begleitung des Bäckcrs Kuhn, auf fein
Jagdrovier boini Jnfultheimer Ho'. 'Fm Begrifi, uber einen
Grabcn zu hüpfen, stürzte Jhm, uud als soiu HunL ühor ihn
wegspr-ang, eutlud sich das Cstirehr uüd die L-adung traf
Bäcker Kuhn derart, datz cr sofork'einc Loiche !rar. Kuhn
hinstrläßt eine Fran nnd ein Kiud. Beido Familstn wordon
allgemcin von ihrcn Mitbürgcrn' bodauert. —- Dst lotzstn
Tage des alteu un-d dor Anfang dos noueu Jahros habcu uns
tvirkliche-s Wiuterwctier gebracht. Fede Racht sintt da»
 
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