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Heidelberger Zeitung (47) — 1905 (Juli bis Dezember)

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Nr. 151-176 (1. Juli 1905 - 31. Juli 1905)
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47. Jahrgang. — Nr. 167.

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^kschrint tägltch, SonntagS auSgenommen. PreiS mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgeholt 40 Psg. Durch die Post

bezogen vierteljährlich 1,35 Mk. ansschlietzlich Zustellgebühr.

^UzeigenpreiS: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiestge Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Anfnahme von Anzeige«
bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plackattafeln der Heidelberger Zeitung und den srädtiscben Anscklagstellen. Ferniprecher 82.

Erstes Vlatt.

Regierungsantrilt des Herzogs von
Coburg-Gotha.


G

o t h g, 19. Juli. Herzog Karl Eduard

dem Konderzug um 9 Uhr 10 Minuten cin.

heute 21 Jahre alt und damit mündig geworden,

st>ird.

er von heute ab die Regierung persönlich ansüben

zy^^eit dem Fuli 1900 führte der Erbprinz von Hohen-
ZeO^»^ Regentschaft. Es war dies eine gute

sch , iür dte Herzogtümer. Der Regent hat die Herr-
t>ie m liberalen Anschauungen geführt und durch
Sp, ^ ufung von Dr. H e n t i g an die Spitze des
E^,^?uiiüisteriums die richtige Kraft für die gedeihliche
'^^^ckelung des Landes gefunden. Die Mßwirtschaft
.fbtinisterinms Strenge machte auch eine tüchtige
um das Land in bessere Berhältnisse zu brin-
' Die Landesfinanzen waren schlecht, von gesetzgeberi-
srw> ^formen kaum die Rede und die allgemeine Unzu-
Nist außerordentlich gestiegen. Dem hat das Mi-

tzls^uiu Hentig das in dem Regenten eine zuverlässige
iu z land, gründlich abgeholfen. Der liberalere Zug
'§eu ^r Regierung schuf bald Vertrauen zwischen ihr und
N^^age, eine Steuerreform, derdn Hauptpunkt
djd^^sukommensteuer mit starker Progression war, brachte
bg^.^uanzen in Ordnung, und die Gesetzgebung zeigte
sop uuf anderen Gebieten Fortschritte. Berschiedene
k>e wMssische Nnrichtungen wurden getroffen, ein Nr-
jo^briekretariat in Gotha eingerichtet, die Beamtenbe-
tvex^^^u^ aufgebessert und anderes mehr. Das Haupt-
i>^ ^ar dann das vielbesprochene Domänenabkommen,
gew^'ur zum Rücktritt des Ministers Hentig infolge der
g^bi?unenen Jntrigen geführt hat, aber infolge des Ein-
dei^us des Regenten doch noch von dem Minister in
ej^^ufen gebracht werden konnte. Hiermit ist nicht nur
."pUolle stetiger llnzufriedenheit beseitigt, sondern
^vrbsichere Fundierung der Staatsfinanzen gesorgt
tzj ^u, indem die Domänenabteilung dem gothaischen
eine Rente von faft 700 000 Mark sicherstellt und
znig/derzogtum einen Kapitalwert von 27h^ Millionen
Die Verkündung ües Gesetzes wurde fnr den
stsi Ulahrjgx^jAj.ag, die tatsächliche Auseinandersetzung
^u 1. Upril 1906 in Aussicht genommen.

Uc>n ^ empfing den Herzog auf dem Bahnhof,

uach Schloß Friedenstein fuhren. lslnter den
fqspsi^u Formalitäten fand die Entgegennahme des Ver-
Ss-Eides durch den gemeinschaftlichen Landtag statt.
^estakt begann heute Vormittag mit einer An-
de« ^ ^ Regenten und Uebergabe der Regierung an

df

e Dieser verlas die Thronrede, in der auch

U.e i, ''"eilung enthcllten ist, daß er soeben das Domä -
Uiit ^öetz vollzogen habe. Staatsrat Schmidt teilte
ch Oberregierungsrat Richter zum Staatsminister

Zvg ußljch seines Regierungsasntritts ordnete der Her-
^jeii-" SachseinMhurg-Gotha den vollständigen Erlaß
" -- Gefängnisstrasen an, die wegen

nachftchender Strlaftaten bis zum 19. d. M. rechtsgültig
erkannt wurden und noch nicht, oder noch nicht vollständig
vollstreckt sind. Hierzu gchören erstens die Beleidigung
des Kaisers oder der Mitgllieder des herzoglichen Hauses,
zweitens Wi-derstand gegen die Staatsgewalt und Verlei-
zung der öffentlichen Ordnung; drittens von Amtswegc-n
erfolgte Vergehen gegen dis Paragraphen 196 und 197
des Strafgefetzbuches, sowie Vergehen und Uebertretnn-
gen gegen das Reichsgesetz über die Presse vom 7. Mai
1874; viertens alle Uebertretnngen betrefsend Forst- und
Polizeivergehen, sowie betreffend- Forstdiebstähle, wc-gen
deren eine Strafe von nicht mehr als 20 Mack ver-
hängt ist.

Nachmittags 4 Uhr erfolgte der Einzug in die reich-
geschmückte Stadt, von Schloß Friedenstein aus. Ober-
bürgermeister Liebetran begrüßt-e den Herzog vor dem
Rathaus namens der Stadt, — Der Kaiser hat den Her-
zog zum Oberst befördert. Der Regent verließ Gotha
um 2 Uhr 17 Minnten unter lebhaften Ovationen des
Publikums. Der Herzog geleitete ihn zum Bahnhof.

DeuLsches Reich.

— Zum Präsidenten der Deutfchen Land -
w i r t s ch a f t s g e s e I l s cha f t wuvde ansteüv des
Prinzen Ludwig von Bayern, der den Poste'n im ab-
laufenden Geschäftsjahre bekleidete, der deutsche Kron-
prinz gewählt. Dieser hat oem Prinzen Ludwig auf
die Anzeige von feiner Wahl mit folgendem Telegramm
geantwortet:

Eurer königlichen Hoheit danke ich für das freund-
liche Telegramm, in welchem Eure königliche Hoheit
als zeitiger Präsident der Deutschen Landwirlschafts-
gesellschaft mir mitteilten, daß die Wahl für das Prä-
sidium der Gesellschaft für das kommen'dö Jahr aus
mich gesallen ist. Gern nehme ich diese Wahl an; ich
hoffe, daß es niir vergönnt sein wird, die Bestrebun-
gen der Gefellschaft zum Wohle 'der deutschen Landwirt-
fchaft auch in dem Maße zu fördern, wie' es Eure kö-
nigliche Hoheit bisher so glücklich getan haben.

Wilhelm, Kronprinz.

Baden.

Karlsruhe, 19. Juli. Tas Zentrum feierte
am letzten Sonntag in Furtwange n, dem Heimats-
orte des nunmehrigen Reichstagscchgeordneten Duff-
n e r, seinen Wahlsieg vom 7'. Jüli. Zum Festesfen in der
„Sonne" fand'en sich laut .„Donanbole" ungefähr 50
Herren zusammen, unter ihnen natürlich auch der Ge-
wählte, Herr Duffner. Nachher war unter Vorantritt der
Furtwanger Mnsik ein F e st z u g, der im Bahnhofhotel
endigte, wo ein Festbankett stattfand, bei dem großer
Siegesjubel war, der in den vielen Reden znm Ausdruck
kam. Als Hauptredner trat der Zentrumsführer, Geistl.
Rat W acker, auf, der eine dreiviertelstündige program-
matische Rede hielt. Er sprach über die Bedeutung dieser
Wahl für die Ladische und deutsche Politik (I). Wacker
erblickt in dem siegreichen Dordringen des Zentrums auch

Kleine Zeitung.

'^"ln, 18. Juli. Ein Buchhalter in Boun fiel im
^ Är>x ^04 dort auf der Wilhelmsstr. bei Glattcis
und brach den rechten Unterschenkel. Für den
9e^^l>urch entslandenen Schaden machte er die Stadt-
^ Bonn auf dem Klagewege verantwortlich. Fn


a g ^^ll'ungHinstanz verurteilte das Kölner Ober -

geri ch t die beklagte

tajdtgemeinde zum Er°
Der weiterge-

^^chadens in Höhe von 744 Mk.

- ^ ei-1 ^pruch des Klägers, der damit begründet wird,
I^änkl^-^" Verletzung in seiner Arbeitsfähigkeit be-
: iei, wuvde dagegen abgewiesen, weil der Buch-
ssjer, tz^,!l)?iner frühern Stellung mit demselben Einkom-
j ^ben ist. Jn der Urteilsbegründung ist haupt-
> 8te,I '"lgendes ausgeführt: Die Einwendung der Be-
Glatteis durch cin nach eincm Regenfalle
llchj Frostwetter entstanden, nnd deshalb es gar

llreip ^ilig gewesen fei, sofort bei Eintritt der Glätte
^ttc>js^^'. 'll nicht haltbar. Erfahrungsgemäß entsteht
tz^ ."Est durch Len Eintritt von Frostwetter, son-
^eq->, ^innendem Tauwetter, nämlich wenn ein leich-
stuf o<>„ noch Frostkälte durchdrungenen

^derst» ^ lnllt, i,,K, o„rch pjg Kälte des Bodens auf dessen
'ilhel^ Lk'friert. Mit der Straßenreinigung vor der


der Stelle des Unfalls, waren nichrere
" neaustragt. Der Oberanfseher des städtischen
Mt zwar angeordnet, daß die Frauen auch bei

Glatteis die Schrittwege mit Sand zu be'streuen hättsn,
doch hatte er bei Beginn des Winters diesen Befehl nicht
wiederholt, während zu diefer Zeit aller Anlaß vorlag,
das Gebot zu erneuern, und darauf zu achten, daß es be-
folgt werde.

— Das Recht der Schwiegcrmuttcr. Mnn schreibt der
„Dossischen Zeitungl" : Tas Recht der Schwiegermutter,
in das Alltagsleben ihrer Lieben einzugreifen, ist nnn-
mehr eine nicht. zu umgehende Tatsache geworden. So
lange hat man über 'dieses Dhema gute und fchlechte Witze
gemacht, bis -d-ie ganze Oeffentlichkeit von dem Gedanken
durchdrnngen war, daß das Recht der Schwiegermütter,
die Schwiegersöhne zu tadeln, nicht ein literarischer
Scherz, fondern eine gerichtlich festgestellte Sache ist. Ein
Berliner Schöffengericht hat jetzt in einer Privatklage-
sache, die der Schwiegersohn gegen seine Schwieg-ermutter
wegen Beleidignng anftrengte, 0ie Angeklagte u. a. mit
folgender Begründung freigesprochen: „Auch der Schwie-
germutter, nicht bloß der leiblichen Mutter, ist nach der
Sitte und der allgemeinen Anschauung. eine autoritcitive
Stellung gegenüber dem Schwiegersoh'n einzuräumen,
eine Stellung, welche sie auch zum Tadel gegenüber dem-
selben berechtigt."

— Kiel, 17. Juli. Die Bewegnngl in Rußland scheint
die in Deutschland tätigen russischen Landarbei-
ter zu ergreifen. Alljährlich treffen ini Holsteinischen
Russen ein, nm in den Betrieben der großen Znckerfa-
briken Beschäftigung zu finden. Jn Wesselburen, im

in unferer Gegend ein Moment, das eins Umgestal -
tung der badischen Politik bis hinauf zur
Befetzung der Rlinisterien bringen müsse,
falls die L a n d t a g s w ah le n in ähnlichem Sinne
ausfallen. Jm Vereine mit dem großen Zentrumssiege in
Bayern werde der Sieg in nnferem Wählkreise auch auf
die Reichspolitik Einflutz üben. Es fcheint, daß auch beim
Zentrum „der 'Zlppetit mit dem Essen kommt", d. h. daß.
stch beim Zentrum mit der sog. „Regierungsfähigkeit"
auch die Lust zum Regieren einstellt.

Elsatz-Lothringen.

Strahburg, 19. Juli. Wie die „Straßburger
Post" meldet, sollen zum nächsten Herbst eine Anzahl von
Alumnen des Metzer P ri e st e r s emi n a r s zur
Teilnahme an den Kursen der katholisch-t'heologischen F a-
kultät der Universität in Straßburg entsendet
werden. Bisher hatts die Metzer Diözese die Alumnen
von der Straßburger Universität serngehalten und ihre
Ansbildun'g ausschließlich >dem Priesterseminar überlassen.

Straßburg, 19. Juli. Der Gemeinderat hat die
Bewilligung einer MiIlion M a r k zu den Kosten der
Rheinregulierung mit 17 gegen 11 Stimmen
genehmigt. Damit ist 'die Durchführung der Reguliernng
gosichert. — Die Meinung, daß sich nochmals sowohl der
badische Landtag als 'der Landesausschuß von Elsaß-
Lothringen mit der Rheinregulierung befasfen müßten,
ist unrichtig. Jn nächster Zeit schon' ist die Rastfizierung
des zwischen Bäden und Elsab-Lothringen abgeschlossenen
Vertrags und eine möglichst baldige praktische Jnangriff--
nahme des großen Werkes zu erwarten.

Aus der KarLsrirher Zeitung.

— 'Seme Königliche Hoheit der Großherzog haben
dcn Lehramtsprakt>ikari.ten Eduard Jntlekofer ton Lrsch-
wcter znm Profci'or a.r der Obenrcallschukc in Heidekbcrg, den
Lehramtspvattikantcn Paut Schäfenacker von Mannheinr
zu'mi Professor am Realgymnafinml in Mannheim eriiannt nnd
den Reivisor Karl Richter 'bet der Generaldirektion der-
Staakseisenbahnen bis zur Wiederherstellung seincr Gesund-
hcit niit Wirtung vom 1. Oktober d. I. in den Ruhcstand
Vevsetzt.

— Betriebsassistent Franz Beckcr von Wemgartcn wurde
nach Karlsruhe versetzt.

— Die Uebertraguntz einer Hilfsrefercntenstellc bei der
Kaiserlichen Ober-Postdirektion in Karlsruhe an dsn Post-
iistpektor Katzin Jnsterburtz ans den 1. September d. Z. had
die lvndcsherrliche Bestätitzung erhalten.

AusLand.

RuPand.

— tzn öen letzten drei Jaihren sind 53 Beamte:
in höheren Stellungen ermordet worden.

Der Ausgang der Vayerischen LandLags-
wahlen.

Bei unserer Zusammenstellung über das Ergebms der
bayerischen Abgeordnetenwahlen stand oas Resultat für
Neustadt a. d. H. und Lcmdstuhl noch aus. Auch tn die-
sem Augenblick ist es nvch nicht entschieden.

Kreise Norderdithmarschen, waren etwa 80 Mann Lätig.
Die sonst so sriedfertigen Leute rotteten sich in diesem
Jähre zusammen, forderten höhere Löhne und zeigten
die Absicht, den Besitzer un'd seine Beamten tätltch anzu-
greifen. Die Beorängten riefen die städtische Schutz-
mannschast zu Hilfe. Es gelang, die Russen in die Stadt
zu bringen und einzuschließen. llnter polizeilicher Be-
wachnng sind ste dann, wie es ihrem Wunsche entsprach„
an die russische Grenze geschasft worden.

— Saßnitz, 19. Juli. Gestern Abeno kurz nach 10
llhr stietz bei der Aussahrt aus dem hiesigen Hafen daA
Torpedoboot „8 65" mit dem von einer ALendsahrt
zurückkehrenden Dampser „D a r ß" zusam m e n. Beide
Schiffe erlitten schwere Beschädigungen. Menschen wurden
nicht verletzt. Der am schwersten beschädigte
Dampfer „Darß" mußte auf Grund setzen und die Passa-
giere ausbooten. 'Das Torpedoboot hat mn Steven Be-
schädigungen, es dürste jedoch im Stande jein, heute die
Fahrt fortzusetzen.

— Barfiisi. WährelN'd in der „Frankfurter Zeitung"
vom 18. ds. ein Arzt auf die Gefähren des Barfußgehens
hinwies (auf die Möglichkeit einer Jnfektion dnrch im
Straßenstanb vorkommende Tetanusbazillen), schreibt ihr
ein anderer Arzt: „Jch hatte Gelegenheit, die Mrkung
des Barfußlaufens als Vorbeugungs- und teilweise Heil-
mittel gegen Katarrhe der Luftwege und des Gehöror-
gans kennen zu lernen, und muß konstatieren, daß die
Erfolge manchmal überraschend waren! Allerdings muß
 
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