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Heidelberger Zeitung (47) — 1905 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177-203 (1. August 1905 - 31. August 1905)
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Dienstag, 8. August 19Ü5.

Erstes Blatt.

47. Jahrgaug. — Nr. 183

>rschei»t täglich, Sonntag» au-genommen. Prei» mit FamitienbtLttern monatlich 50 Pfg. in'« Haur grvracht, bei der Expedition nnd den Zweigstationen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post

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Der politische Waldmichel.

/d Das Zentrum wittert in Baden Morgenluft, und
ss bereitet den Augenblick vor, da in unsercm Lande
nach seinen Rezepten regiert werüen soll. Wir wollen,
sagte Wacker, wenu wir mehr Mandate bekonnnen, als die
Nationalliberalen, auch urehr berücksichtigt werüen als
diesx. Das ist zunächst sehr allgemein gchalten. Wenn
Man genauer wissen will, wohin die Fahrt gehen soll,
'üann muß man den poIitischen WaIdmichel
kesen, der gegentvärtig der Zentrumspresse als Flug-
blatt beigelegt wird. Das letzte führt die Nummer u.

Forni eines Gespräches zwischen den: Wald'michel, dem
Kohlernaz, dem Franztoni und dem Braunsepp seist da
sin ultramontaner Broschiirenschreiber in hoherem Aus-
trag das gntmütige und vertrauensselige Volk ein, 'daß
ihm Hören nnd Tehen vergehen muß. Was weiß das
Bolk im Einzelnen von üen kirchenvolitischen Kämpfen,
'die sich in Bäden in den letzten Jahrzehnten abgespielt
haben! Was weiß es von dem geschichtlichcn Hintergrund
dieser Kämpse, der auf das eigenste Wesen des Staates
und der Kirche und ihren niemals oöllig auszugleichen-
den Gegensatz zurückgeht? Wenn die Kirche als die arme
Verfolgte, die niemals ungerechtfertigte Anfprüche erho-
üen hat, hingestellt wird, der Staat dagegen als Rackcr,
der eine teuflische Freude darän hat, ste zu quälen; wenn
Alles verfchwiegen, unterdrückt un!ü unterschlagen wird,
was der Kirche zur Last fällt, wenn verdreht, cntstellt und
stbertrieben wird, was der Staat zn verankworten hat,
und wenn das Ganze in einem biedermännischen Ton
dorgetragen wird, wobei nicht vergessen wir'd, jede An-
schuldigung mit Wehmut zu salben, dann findet sich viel-
leicht da und dort ein einfältiger Toni, Sepp oder Naz,
der die zurechtgemachte Geschichte für bare Münze nimmt
Un'd dem Waldmichel noch dafür dankt, daß er ihm ein
so hohes Licht angezündet hat.

Der Waldmichel geht vom Jahre 1869—60 aus. Das
ist, in Anbetrqcht der Sache, unr die es sich handslt, der
erste Versuch, die .gutgläubigen Zühörer zn belügen. Er
wnßte, wenn er ehrlich wäre, bis gum Jahre st818 znriick-
gehen nnd ausführen, wie üamals durch eine Schrift
der Bifchöfe der oberrheinischen Kirchenprovinz oer bis
dahin herrschdnde Friede -gestört würde. Er müßte hin-
gusügen, daß die Regiernng dnrch eine Verordnung von
1863 dem Kirchenregiment weit entgegen'kam, Äaß der
Erzbischof in Verleugnung' eines früheren Uebereinkom-
uiens und seiner eidlichen Pflicht der Staatsautorität
den Krieg aükündigte mit .der phrasevhaften Motivierung
uian müsse Gott mehr gehorchen, als den Menfchen. Ter
Äsaldmichel müßte ferner daran erinnern, daß der Erz-
luschof beim Hinfcheiden des Großherzogs Leopold sei-
uen Geisüichen die Seelenämter für 'üen Verewigten un-
Esrsagte und Viejenigen, die trotzdem dem Landesherrn
chre Licke und Treue nach dem Tode bez-eugten, in geist-
licho Strafe nahm. Er müßte ferner Varan erinnern,
^aß der Erzbischos von seiner Kamvfesstcllung aus seine
^üikwirkung bei der Besetznng der Pf-arrstellen verwei-
Zsrte und lieber das geor'ünete Seelsorgerwesen verfallen

Hofkapellmeister Ferdinand Langer

Der verstorbene Hofkapellmeister Ferdinand Langer war
'Urn 21. Januar 1839 als Sohn eines Lehrers zu Leimen bei
Heidelberg geboren.

Seine Jugendzeit war, wie wir Lem Rekrolog der „Neuen
^adischen Landeszeitung" entnchmen, reich an Mühsalen und
^-ntbehrungen jeglicher Llrt, sein Leben ein ununterbrochcnes
^ngen und Streben, ein Leben in rastloser Arbeit. Vom
Mmnasium in Bruchsal wanderte im April 1855 der 16jährige
vüngling mit seinem Violoncello nach Mannheim, um sich aanz
^er Musik zu widmen. Leicht war seine Börse, aber an Gaben
fes Geistes und an Hoffnungen war er reich. Jn Mannheim
wurde Langer Schüler des berühmten Cellisten Heinetet-
r, und bald trat er als Volontär in das Hoftheaterorchester
stu. Vinccnz Lachner, der damalige Hofkapellmeister, er-
.^nnte bald die autzerordentlichen Fähigkeiten Langers, der sich
der Kompositionslehre bei Lachner und Musikdirektor tzetsch
v'eiterbildete. So wurde Langer schon 1860 Solorepetitor. Als
.vetsch später erkrankte, übernahm der nun tüchtig vorgebildete
^angcr dessen Arbeiten als Musik- und Chordirektor, zuerst pro-
siorisch, dann definitiv. Rüstig arbeitete Langer an seiner
'Senen Weiterbildung, wie im Dienste des Hoftheaters.

c-, Anfangs der 70er Jahre kam die Wagnerbewegung in Flutz.
stst Mannheim standen sich die Anhänger Rich. Wagners und
der Klassiker schroff gegenüber, Lachner war das Haupt der
ä-süi-Wagnerianer, Langer ein eifriger Anhänger der neuen
^schtung, und so kam er mit der herrschenden Strömung in der
heaterleitung in Konflikt und mutzte 1874 seine Stellung am
ier aufgeben. Emil Heckel und Langer gründeten nnier-
^sien in Mannheim den ersten Wagnerberein in Deutschlaud.
ai Zum Jahre 1877 blieb Langer dem Theater fern, er diri-
hier und auswärts niehrere Vereine und widrnete sich
-^"otzeren musikalischen Arbeiten. Da kam Emil Heckel in das

ließ. Er hätte nicht vergessen sollen, hinzuzufügen, daß
der Erzbischos den -Oberstiftungsrat vervslichten wollte,
sich nur nach dem kanonischen Recht zu richten, so daß
üie 'Mitglieber desselben Protest erhoben, indeni sie sich
auf ihren Diensteid beriesen, worauf sie dann exkommu-
nizjert wurden, Das alles i'st in jedem- Geschichtsbuch,
nachznlesen, aber der Waldmich-el unt-erschlägt diese
Quvertüre zum Kampf Zwischen Kirche un'o Staat. Es
würde ihm schlecht in s-einen Kvam passen, wenn der
Toni, der Se-P und der Naz davon hörten. Sie wür-
'd-en dann -alles Folgen'üe, was .er ihnen vortrstge, mit
einem gesunüen Mißtrauen beobachten und zu der Emp-
findung gekommen sein: 'Der Mensch sagt uns nicht die
Wahrheit; der Mensch lügt uns an.

Statt 'Sessen beginnt der Wald'michel mit einer Ver-
herrlichu'Ng des Konkordates, das eine schwache badische
Regierung in einer sch>wachen Stunde mit Rom schloß.
Er kann g-ar nicht einschen, daß .der Landtag in dieser
d-en Staat bindenden Sache auch ein Wort mitzureden
hatte, obgleich ihm ein solches sogar ausdrücklich vorbe-
halteu wurde. Der patentierte Bertreter der Rechte des
Volkes meint, m solch-em Falle hätte das ,Volk nichts
zu sagen. Der Landesh-err und der Papst machten üie
Sache und damit sei -es fertig. Möge das Volk si-ch die--
sen Ausspruch doch genau merken. Er zeigt die Gefahrcn,
die in der 'Zukunft liegen. W-enn man die kirchsnpoli-
tische Gesetzgebung seit 1860 mit Hilfe einer Zentrums-
mchrheit aushebt und an ihre -Stelle ein Konkordat zwi-
schen Regierung und Pap'st setzt, dann wäre nach dem
Waldmichel Alles in Ordnung nnd sein schönster Traum
ersüllt.

Ein andermal mehr von diesem offjziellen Verfechter
der — ach so gerechten, harmlosen und bescheiü-enen! —
Zentrumsansprüche.

DeAtfches KeLch.

Baden.

— Die Notiz, daß auf den badischen Staatseisen-
bahnen, noch ehe der badische Landtag seine Zilstimnmng
zu der bevorstchenden Personentärifreform und Be-
triebsmittchgemeinschaft gegeben habe, schon Eisen -
bahnwagen tiefen mit dem badischen Wappen und
der aufgemalten Ziffer IV, HLlt die „Straßb. Post"
für falsch. Sie möchte glauben, daß. die amtliche Presse
,nur des'halb zu dies-er Zeitungsente geschwiegen 'hat, weil
letztere gar zu schr den Stempel d-er Lächerlichkeit und der
Unmöglichkeit aus der Stirn trägt, und weil jeüer, der
unsere politischen und speziell uns-ere Budgetverhältnisse
wenn cmch noch so oberflächlich kennt, sich doch s-elb-st sa-
gen mußte, daß diese Z-eitungsnachricht entweder auf eine
optische Täuschung 'der auf eiuen wenn auch verspäteten
AprilscherZ zurückzufiihren ist. Wirklich ernsthast könne
eine solche Notiz. nicht d-einentiert werden.

Karlsruhe, 7. Augnst. Heute Wend hat der
Prästdent ües grohherzogl. Staatsministeriums, Frhr.
v. Dus ch, einen vierwöchigen llrlaub angetreten.

Theaterkomitec, Lachner hatte nach 36jähriger Amtstätigkeit mit
müder Hand den Taktstock beiseite gelegt, der jugendkräftige nnd
sehr begabte Ernst Frank nahm ihn auf, auch Ferdinand Lanaer
war als Hofkapellmeister berufen und so der Amtsgenosse
Franks. Seit 1877 blieb er ununterbrochen im Dienste des Hof-
theaters, an dem er im ganzen über 46 Jahre wirkte.

Dezennien hindurch stand Langer im Mittelpunkte des
Mannheimer Musiklebens. Der Verein für klassische Kirchen-
musik, der Liederkranz Mannheim und Heidelberg, der Philhar-
monische Verein und andere zählen Langer zu ihren Gründern
und Mitgründern, auch war er in vielen Vereinen Dirigent.
Den hiesigen Liederkranz und den Musikverein leitete er bis zu
seiner Erkrankung, ersteren länger als 32 Jahre, letzteren seit
dem Jahre 1892.

Seine Verdienste als Dirigent bedürfen an dieser Stelle
keiner besonderen Hervorhebung. Es ist bekannt genug, wie ge-
schickt Langer das Einstudieren verstand, wie er in wenig Pro-
ben zuwege brachte, was anderen in viel längerer Zeit kaum
möglich gewesen wäre. Entgleisungen gab es bei ihm kaum, er
brachte sofort alles wieder in Ordnung, wenn eine solche drohte.
Langer besatz das absolute Gehör, nichts entging seinem geüb-
ten Ohre, und alles, was gesährlich werden konnte, wutzte er
zum Guten zu lenken.

Als Komponist war Langer sehr fruchtbar. Eine Menge
von Liedern und Chören lieh er erscheinen, sein Männerchor
„Am Ammersee" wird und wurde in allen deutschen Gauen ge-
sungen, sein Flötenkonzert ist berühmt gewesen. Als Opern-
komponist war Langer Eklektiker; er war der erste Komponist,
der das Märchen in Opernform auf die Bühne brachte, Sein
erstes Bühnenwerk war der Einakter „Die gefährliche Nachbar-
schaft" (1868), dann erschien „Dornröschen" (1873), „Aschen-
brödel" (1878), „Silvana" (1884), zuletzt „Murillo" und „Der
Pfeifer von der Haardt". Diese Opern gingen auch vielfach über
grötzere auswärtige Bühnen. Eine sehr anerkennenswerte Ar-

Karlsruhe, 7. Aügust. Nach Anordnung deZ
Ministeriums des Jnnern sind vie W ä h l erliste n sür
die W a 'h l e n zur Zwciten K -a mmer unverzüglich
cmszustellen und vom> 18. Septemh-er ab zu jeüerinanns
Einstcht aufzulegen.

Karlsruhe, 7. August. Der „Staatsanzeiger" veröffent-
licht die Namen dcr W a h l k o m m i s s ä r e (Verwaltungs-
beamten) für die Wahlen in die Erste und Zweite Kammer
(8 und 73), sowie die Namcn der für die Wahlen in die Erste
Kammer Wahlberechtigten; das sind die Grundherren (73), die
Professoren der llniversität Freiburg (47), dcr Universität Hei-
delberg (48) und der Techmschen Hochschule Karlsruhe (39), die
Mitglieder der Handelskammern (Konstanz 13, Villingen 17,
Freiburg 18 und Schopfheim 20, zusammcn 68 im ersten Wahl-
kreis; Karlsruhe 29, Pforzheim 13 und Lahr 19, zusammen 61
im 2. Wahlkreis; Mannheim 20 und Heidelberg 15, zusammen
35 im 3. Wahlkreis), die Mitglieder des Landwirtschaftsrats
(37), der Handwerkskammern (92), der Stadträte der Städte-
ordnungsstädte (im 1. Wahlkrcis — Konstanz, Freiburg, Lahr,
Offenburg, Badcn — 85; im 2. Wahlkreis — Karlsruhe, Pforz-
heim, Bruchsal, Heidelberg, Mannheim — 111), der Gemeindc-
räte der Städte mit über 3000 Einwohner (396 in 39 Städten),
sowie der Kreisausschüsse (83 in 11 Kreisausschüssen).

-j- Waldhilsbach, 6. August. Auch die aus
Sonntag Abend nach W-aldhilsbach einberufene nat.-lib.
W ä h l e r v e r s a m m l u n g hatte cinen guten Be-
such zu verzeichnen. Der nat.-lib. Landtagskandidat, Herr
Prosessor Quen z e r aus Heidelberg, hielt eine lüngere,
beifällig aufgenommene Programmrede, worauf Herr
Dorn-Heidelberg zn tatkräftiger Unterstützung der Kan-
didätür Quenzer aufforderte. H-err Bürgermeister
Beck leitete die Versammlung und schloß nnt den übtich-eir
Dankesworten.

— K l e i n g e ni ü n 'd, 6. August. Hente fand hier
eine gut besuchte nationalliberale Wähler-
versammIung statt, in der unser Landtagskandi'üat,
Herr Professor Ouenzer aus Heidelberg, sein Pro-
gramm entwickelte. Herr Professor Quenzer fand den
leb'haften Beifall mit seinen klaren volkstümlichen Aus-
führungen. Weitere Ansprachen hielten noch die Herren
D o r n - Heid-elberg und -Stadtpfarrer Ianzer-
Neckargemünd, die beide zu energischem Eintreten für
die Kaüdidatur Quenzer ausforderten. Herr Gem-einüe-
rat P s -a f f dan'kte zum Schluß dem Kandidaten für sein
Erscheinen und versprach 'sie rege Wahlarbeit seiner Par-
teifreunde.

Ms der Karlsruher Zeitung.

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben dem
Direktor der Fürstlich Fürstenbergischen Brauerei in Donau-
eschingen, Josef Munz, das Ritterkreuz zwciter Klasse des Or-
dens vom Zähringer Löwen verliehen.

— Ober-Postpraktikant Adolf Köbele von Achern wurde in
einer Ober-Postsekretärstelle bei dem Postainte in Heidelberg
und Ober-Postpraktikant Otto Bücheler aus Heiligenberg
in einer Ober-Postsekretärstelle bei dem Postamte 1 in Mann-
herm mit Wirkung vom 1. November 1905 ab angestellt.

— Dem Realschulkandidaten Philipp Hartmann am Re-
algymnasium in Mannheim wurde die etatmätzige Amisstelle
eincs Reallehrers an der Realschule in Sinsheim übertragen.

Finanzkandidaten-Prüfung. Nach einer Verfügung des Fi-
nanzministeriums ist eine Staatsprüfung der Finanzkandrdaien
auf Donnerstag, den 12. Oktober ds. Js., anberaumi. Tas

beit ist die Pasque-Langersche Bearbeitung von Webcrs „Sil-
vana", die Mitte Februar d. I. ncu einstudiert in unserm Hof-
theater wieder zur Aufführung gelangte und auch in den Wie-
derholungen auherordentlichen Beifall fand.

Nun hat der Mann seine Augen geschlossen, auf den man
noch bor wenig Wochen das Wort der Schrift anwenden konnte:
..Seine Augen waren nicht dunkel geworden und seine Kraft
nicht verfallen". An diesem 21. Januar noch, an dem Tage, da
er sein 66. Lebensjahr vollendete, hatte ihn das Hoftheater-
orchester mit einein Tusch begrützt, als er zur Generalprobe von
„Figaros Hochzeit" erschien. Am folgenden Tage dirigierte
Langer noch die Aufführung dieser Oper. Dah dies ein Ab-
schiedsabend gewesen war, der Abschied eines Unermüdlichen von
seiner Lebensarbeit, des Künstlers von seiner Kunst, hätte
keiner geahnt. Ein schweres Herzleiden warf Langer plötzlich
nieder. Eben noch mit 66 Jahren rüstig, frisch, arbeitsam und
leistungsfähig und, wenn nian die Summe seiner Theater- und
Konzertproben und -Ausführungen zieht, erstaunlich viel leistend,
sank er aufs Krankenlager, das ihn fünf Ntonate festhielt.
Man glaubte zuerst an eine Jnfluenzaerkrankung, aber es war
ein schweres Herzleiden und Tage der Gefahr kamen und Stun-
den, in denen man nur noch' fchwache Hoffnung für dies reiche
Leben bewahrte. Mit dern Frühling aber nahten langsam dis
Kräfte wieöer, schien die Genesung gekommen. Auch das
Theater betrat der Rekonvaleszent nochmals. Er hat am 22.
Juni ein paar Szenen der „Hugenotten" mitangesehen, dann
der ganzen Aufführung seiner „Silvana" und von „Manon"
am 28. Juni beigewohnt. Er schien damals so ziemlich wieder
der Alte.

Das Hoftheater hat seinem Kapellmeister auch im nächsten
Jahr Ruhezeit gönnen wollen und die jüngere Kraft des Herrn
Hildebrand zum Ersatz gestellt. Seine Kinder hätten dem Vater
gern schöne Tage bereitet. Aber Langers schönste Tage waren
die der Arbeit, des Kampfes, der Kunst — und er war kein
 
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