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Heidelberger Zeitung (47) — 1905 (Juli bis Dezember)

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Nr. 256-281 (1. November 1905 - 30. November 1905)
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https://doi.org/10.11588/diglit.16474#1109

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^rscheint täglich, Sormtags ausgenommer«. PreiS mit Familienblättcrn monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgeholt 40 Pfennig,

Durch die Post bezogen vierteljährlich 1,35 Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.

^nze igenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamczeile 40 Pfg. Für hiestge Geschäfts- und Privatanzeigcn ermähigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen
bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag Ler Jrrserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung », den städt, Anschlagstellen. Fernspr. 82,

» 2er keuiigen Mmmer, veicke in rMreicken
Milien sl§ Movenummer rur VerteilunZ gelanizt,
erirökte FuLmerk§amkeit ru §ckenken. Ze-
^"UNFen veriien jeöerreitentgegengenommen. Zikäkere§
^ un§ere Veiknacktsnummern er§eken un§ere 1n-
^enten im Meigenteil.

VerlZß Ler HMMrßer ^eitunZ

Untere 'ffeckar§tra§§e A.

^rakyetzost Adoif von Luxcmbnvst -j-.

Milnchen, 17. Nov. Großherzog Adolf von
^ernbiirg jft heutc Vormittag 11 Uhr auf Schloß
^ ^vhenbnrg nach schwcrcm Tobeskampf gestorben.

^-od hat da ein mcrkroürdig bewegtes Fiirstenleben
i>asp Geschichte wcist kaum ein zweites Beispiel

baß ein 73jähriger Fürst nach 24jährigem
„j^i'iande von neuem die Rsgierungslaften auf sich
nnd einen zweiten Thron besteigt.
nnss-auischer Asronerbe am 24. Jüli 1817 geboren,
^ lmn V-erblichene seinem am 20. August 1839
,^öenen Vater, dem, Herzog Wilhelm von Nassau,
fjst- i^vi Tihronc. Seinc 1844 mit der russischen Groß-

Elisabeth Michailowna geschlossene Ehe löste der

.^reits nach einom Hahre. Der 1831 mit Prinzessin
^ bon Archalt geschlossenen zweiten Ehe sind zwei
ü'tii ^ entsprosfen: Erbgrotzherzog Wichelm 1852, der
stj/,^e Regierung des GroWerzogtums Luxemburg an-
>lnd Prinzessin Hilda 1864, seit 1885 Gemahlin
-E^bgroßherzogs Friödrich von Baden.
tejj ^ Herzog nahm 1849 am Kriege gegen Dänemark
stz^'. 'n dem er eine Brigade der Äeutschen Truppen bc-
sch/6te. Nach Schcitern der deutschen Bewegung
sich ganz an Oesterrcich an, dem er tratz der
^ürlen Lnge seines Landes anch dann tren blieb, als
dxy^ksche Fragc sich zum Entscheidungskampf zwischen
^^litschen Großmächten zuspitzte. Die Folge war,
iH"' band verlor; durch Gesetz 'vom 20. Sept.
^vurde Nassan der preußischen Monarchie einverleibt.
selbst war schon während des Krieges außer
tz^r ^ gegangen. Am 22. September 1867 schloß der
mit der preußischen Regierung ein Abkommen,
oine lbare Mfindungssnmme und den Besitz

?shy^ü olten familienrechtlichen Erbansprüche Herzog
hiors,, "us Luxembnrg waren von Preußen nie angetastet
ttzgsj^' lwd so kam es, daß sie bei dem am 23. Novbr.

Ersolgtcn Tode König Wilhelms III. der Nieder-
»bgj 'vieder Geltung erhielten. Da siir Lnxemburg bevor-
Nachfolge gilt. kam bei der Thronsolge Wil-
^ ' bkachfolgerin, die Königin Wilhelmina, nicht in

rr -L-chsiösser zusprach.

Betracht. Schon vorhcr hatte der Herzog rvährend der
Erkrankung des Königs die Rcgentschast im Großherzog-
tum geführt. Der Herzog wurde ini Lande gut ausge-
nommen, mußte dieses aber 'wieder verlassen, da König
Wi'lhclm wieder gesund wurde und am 3. Mai die Herr-
schast von neuem antrat. Der 23. November 1890
führte den Herzog Adolf endgültig als Grohherzog in
das luremburgische Land seiner Väter, das er als Greis
von 73 Jahren betrat, noch fast 15 Jähre regiert hat nnd
als ein wohlgeordnetes Staatswesen seinem Sohne, dem
nunmöhrigen Großherzog Mlhölm, hinterläßt.

Mit Großherzog Adolf von Luxemburg ist der Nestor
der rsgierenden Fürsten Europas dahingegangen. Mit
seinen 88 Jahren war er der älteste Herrscher; der ihm
zunächst stehende König Christian von Dänemark ist am
18. Upril 1818 geboren, zöhlt also 87 Jähre. Als dritter
Achtziger folgt dann der Prinzregent Luitpold von
Bayern, der am 12. März 1821 geboren ist. also jetzt
im 86. 'Lebönsjahre stcht.

Der Verstorbene hat sich stets durch persönliche Liebens-
würdigkeit u. durch tüchtigs Regenieneigenschaften ausge-
zeichnet, sodaß ih-m in ber 'Göschichte, ein gutss Andenken
gesichert ist, Bis zu dem Unglücksfalle, der ihn 1898 im
Juni betras — er rutfchte auf dem Hausslur aus und
brach den Schenkelhals — war Großherzog Adolf durch
anßerordentlichc, bei einem so hohen Mer selten zu sin-
dende Rüstigkeit des Geistes und Körpers ausgezeichnet.
Mit wahrhaft jugendlicher Frische lenkte er selbst noch
seinen Mererzug bei den regelmäßigen, weit ausgedehn-
ten Spazierfahrten, die er täglich unternahm. Auch nach
der Wiöderherstellung von dem Unsall war der greise
Fiirst wiöder schr rüstig geworden. Noch in den letzten
Iahren hat er an Jagden teilgenommen und weite Spa-
zierfahrten unternommen. Doch weilte er häufig aus
Gesundheitsrücksichten außer Landes und hatte seinem
Sohne am 4. Upril 190-2 die Statthalterschast übertra-
gen. Außer Landes, in Schloß Hohenburg in Bayern, ist
cr auch gestorben.

'Großherzog von Lnremburg ist jetzt der bisherige Erb-
prinz Wilhelm, geboren am 22. April 1852. Er ist seit
hem 21. Juni 1893 vermählt mit der portugiesischen
Jnfantin Maria Anna, geboren am 13. Juni 1861, und
dieser Ehe sind bis jetzt sechs Töchter entsprossen. Die
Bilder des neuen Großherzogs und der Großherzogin
finden die Leser im heutigen zw-eiten Blatt. Die Groß-
herzogin ist katholischer Konfession und in dieser werden
auch die Kinder erzogen. Die Erbfolge ber Töchter ist
früher möhrsach angezweifelt worden, und man hat sogar
schon einen Erbsolgekrieg voraussehen wollen, aber nach
dem nasfau-oranischen Hausgesetz vom 30. Juni 1783, das
von der Wiener Kongreh-Akte und von allen späteren
Verträgen anerkannt wurde, ist es unzweiselhaft. daß
das salische Gesetz in Luxemburg nicht gilt, daß also in
Ermangelung eines Sohnes auch die Töchter evbfolgebe-
rechtigt sind.

Unser Großherzogliches Haus wird durch den Heim-
gang des Daters der Erbgrotzherzogin Hilda in tiefe
Trauer versetzt. Nach letztwilliger Verfügung wird die

Beisetzung des verstorbenen Großherzogs vorläusig
in aller Stille auf Schloß Hohenburg stattfinden, wo
schon drei Kinder des Verstorbenen begraben sind, darun-
ter sein im Alter von 17 Iahren verstorbener Lieb-
lingssohn Franz. Der Tag der Beisetzung ist noch nicht
bestimmt.

DeÄtsKes Reich.

— Mit großer Ausmerksamkeit verfolgt das Zentruni
den Vorgang im sreisinnige n Lager, der sich an
den Namen des Abg. Eickhoff knüpft. Diesem sagt
-es nicht zn, daß seine Fraktion in Flotten- und Kolonial-
sachen stets mit Nsin stimmt. Schon bei der letzten Mi-
litärvorlage hat er sich der Abstimmung enthalten, viel-
leicht auch aus lokal-patriotischen Gründen, da in das
Städtchen Langensalza, das in seinem Wahlkreise liegt,
durch die Heeresvermchrung ein ganzes Regiment Zäger
zu Pferd kommt. Als dann die Kamerun-Eisenbahnvor-
lage zur Abstimmung kam, da enthielten stch sast aße
Mitglieder der Mstimmung. obwohl im Sitzungssaale
des Reichstages noch die Worte des sreisinnigen Abge-
ordneten Kopsch widerhallten, wonach seine Ireunde
gegen die Bahn stimmen würden! Ein parlamentarischen
Kvrrespondent ber Zentrumspresse meint, man könne
heute schon eine Reihe von Namen auszählen, die sich
hinter den Abg, Eickhoff stellen würden; es seien dies
mindestens die Abgg. Dr. Müller-Meiningen, Dr. Goller^
Stprz, Melle, Dr. Mndgan; vielleicht kommen noch anders
hinzu. Jedenfalls dürfe man heute schon damit rech-
nen, daß die Oppositionskraft der freisinnigen Volkspar-
tei in diesen Fragen sehr im Abnehmen begriffen sei.
Daß die BÄdung des Iiberalen „Blocks" so er-
leichtert werde, sei sicher. Nachdem die politischen Fragen
mehr ausgeschieden seien, bilde die Haltung in Marine-
nnd Kolonialfragen nur noch eine größere Scheidöwand,
die allerdings Eugen Richter nie niederreißen wird, wohl
aber seine Nachfolgerschaft.

B e r l i n, 17. Nov. Der Gesamtbetrag der neue n
Steuern, welche die Grundlage der Reichssinanzre-
form bilden sollen, wird jetzt auf 245 Millionen Mark
angegeben. Ilöber den gestern vom Bundesrat angenom-
menen Gesetzentwurf zur Entlastung des Reichs-
i n v a l i d e n f o n ü s, dessen Bankerott bekanntlich
drohte, gibt bereits der heute veröffentlichte Etat über den
allgemeinen Pensionssonds Auskunst, denn auf diesem
allgemeinen Penstonsfonds, der aus den ordentlichen Ein-
nahinen des Reiches bestritten wird, werden nach dem
neuen Gesetzentwurf einige Ausgäben übertragen. die bis-
her, im Mderspruch mit der eigentlichen ZwecWestim-
mung des Reichsinvalidenfonds, aus diesem bestritten
worden waren. Bereits ini vorjährigen Etat waren 14
Millionen fiir Veteranenbeihilfe dem Jnvalidensonds ab»
genommen nnd aus den ordentlichen Etat übernommen
worden. Dazu kommen jetzt noch weiter 8 599 000 Mk.,
sodaß die Gesamtentlastung des Reichsinvalidenionds
22 599 183 Mk. beträgt.

Baden.

Lahr, 17. Nov. Der langjährige Vorsitzende der

Konzert Pablo de Sarasate nnd

Dr. Neitzel.

Tqr Heidelbcrg, derr 18. Novem!ber.

gestern cin Jubel im. Karwmerimlusiksaal. Noch rne
diesem Winter dic Beisallstvoigen so hoch; es mutzten
Meister sein, 'die uns in die Tiefen ihrev Krmist
, Vq ^ und solchc «türnie der Bc-geisterung cnffestelten. —-
Sarasate lietz seine Zanbergeige, crklingen
ffvcffliche Musiker Hcrr Dr. Nei tzel geigte rms seinc
PgH^jEichr,, pimi-istischen Eigenschasten. —
-jstzi-^^Oitz'oyramm, das sich der Virtuos und der Künstler zu-
stSitcllt hatten, lieh mich bereits init zwcifelhasten Ge-
ns K-onzert gehen. Die Besürchtungen wurden aller-
übertroffen, dcnn ich knnnte 'Sarasates Don Jucm-
b nicht. Dcr ornlften Musik war nur ein spärlicher

Dic Wanldercrsantasic stand wie ein einsam
L Wanderer in öder, ach so ödcr Ge-gend. -—

I, ^rtönte dic 2. Suite sür Piano und Violine, ein, im

etn^^h seinc Eiutönigkcit langwcili.gcs Wcrk, das allcin
^ Nvn, ? ^ allcrdinlgs nur relativ —in-tercstanten Megro
,^8ie - bpo unterbvochen wurde. —

-wirltc -Schubevts gleich so überwältigend
ch .Warüdererslantalsic. Da ist gottliche Musik, die zum
sj's'Ve ".i„d ^ vnd die man- miterleben m u ß. Und mit tvelcher
'^uyäbe hatte sich der Künstlor in daS unvevgäng-
st- I 'v -hs^'sst. ^Olll das -Sehnen und Suchen, dic trübc
j'^'stl-^-ff1ohu'liche Stimmung oui-psand man bei oer überaus

verschwendcie

Künstlcr

,'S,. -'t'os ^chubert, das er meisterhast spielte. —>

„och kam, <>d.M,iich nicht erwähneEvert.
-'wzarts Don Fuan-santasie, 'd'ie von- Mogartfcher

Naivität kaum eines Hauches verspüren lietz, sondern nur auf
äutzerlichc Wirkung berechnet war. Was hätte Mozart wohl
beim Anhören dicser verzerrten Müsi'k gesagt? Vor 20 Jahren
mag nian an solcher Musik Gesallen gefundeu- haben, heute
sind wir glücklichertveise darüber hinaus. —

Ganz «us seiner Höhe stand Sarasate bei seinen eige-nen
.stvmpvsitionen, wo er das cmpfand, waS in dieser Musik liegen
soll. Er> spielte cin Nocturne un-d Serenade, und cine Jntro-
duktion. und Tarantella, die einigen Charakter verriet. Wie
am tzanzen Abend war scin -Spiel, soweit es die Technik an-
betrifft, einstrch phänomenal. Glockenreine Tepzen!- ,md Okta-
venläuse, verblüffende Flagcoletts, unglaubli'che Pizzicatis und
Passagen mit springendem Bogen sind für ihn nur Kleinig-
keiten. Es ist etn Tausendkünstlcr, wie ss nur gang wcnigc
gibt — cin Birtuosc. H.

Kleine ZeiLnng-

Hochschulnachrichte». Der durch seine Forschuugcu aus
dcm Gebietc der Papyrologic wohlbekannte Ältphilolog Pros.
Dr. Illrich Wilcken, o. Prosessor der klassischen Philologie an
der Universität Halle, ist nach Leipzig berufen worden.

— Augsburg, 16. Nov. Zum erstenmal erschien heute
eine Fran als Dolmetsch por Gericht. Es sollten
zwei aus dem entlegensten Galizien stammende Arbeiter
wegen Diebstahls abgeurteilt tverden, mit denen sich nie-
mand hattc verständigen konnen, bis man die sprachen-
kundige Frau eines hier ansässigen Kausmanns zuzog.
Sie besorgte dic Uebertragnng gewandt und sicher, so daß
die Verhandlung glatt und verhältnismähig rasch erle-
digt werden konnte.

— Berlin, 16. Nov. MeStadtverordneten
bewilligten zur silbernen Hochzeit des Kaiserpaares im
Jahre 190-6 den Betrag von 600 000 Mark sür die
A l t e r s v e r s o r g u n g s a n st a l t' der Kaiser Wik-
h elm -Augüsta-Stiftun g.

Literarisches.

—- Sechster Tag fstr Tentmalspflcgc in Bamberg ami
22. und 23. Seprember 1905. Das steuographische Protokoll
.des Denikmalstagcs ist jeht im Druck erschienen (zu bczic'hen,
dvuck -desjenigen Teils der Vechandlunigen' gcsertigt wEden,
Ernst u. Sohn in Berlin IV 66). Mitzcrdem ist cin Son-derab-
druck desjeni!gen Te-ils der Verha-ndl-untzcn! gefcrügt worden,
der sich auif die Erhaltung des Hcidclberger
SchIosses bezvg. Auch cr ist durch dcnsclbeni Ve-rlay zn be-
ziehcn. Dicser Sonderabdr-uck bringt dte Refcrate der Herren
Prff. v. Oechc.lhäuscr-Karlsrulhe und Prff. Hoffmann-Davm-
stadt im Wortlnut und berichtet ebe-iyo übcr die sich daran an-
schlietzen.de Diskussion, aus der wir -seincr Zeit das Wichtigste,
namentlich die Au.ssührungcn von, Oberbauvat -Eggcvt, im Aus-
zug wicdcrgogeben habcn. Wcr dic Hcidclbcrger Schlohbau-
srage versolgt, wivd den Sonderabd-vuck in scincr Bibliothek
nicht miffen wollcn.

»— Böcklin und Thoma. A-cht Borträge Wcr Neude-uffche
Malcrei -von Hcnry Thode. Heidcrbevg, Carl Wintcr's Uni-
verffitätsbuchhan-dlung. Pre-is geb. 3 Mark.

Es sind dic ein-drucks-vollen Vorträgc,, dic Gch. Rat Thode
hier im letztem Sommcrscmester vor eincm zahlrtichen Aud-ito-
riimi in srcie-r Reüc gchalten hat. Die Wicdcvgäbe cffolgt
aus Grunid von -Dteuvgrammen m-it gevingstigigcn Zusähl'n.
Sie fordern ciuen- auMerksamen Lese-r, und einen Leser, der
gewillt ist, tn enevgischer Denkarbeit einer p'hiilosophischen Be-
trachtungsart zu folgen. Dastir äber führem sie ties hinein in

Die heutige NumMer mnfaßt vier Vlütter zusaMmeu 18 Seiteu.
 
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