Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (47) — 1905 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 282-305 (1. Dezember 1905 - 30. Dezember 1905)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16474#1335

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Montag, 11. Dezember 1N0L.

Erstes «latt.

47. Zahrgang. — Nr. 290.

täglich, SmmtatzS cru»gen««r»»k«, Prei» «tt FamilienLlättern monatlich bO Pfg. in'S HanS gebracht, bvi ber Expebition nnd den Zweisstationen abgeholt 40 Pfennt».

Dnrch bie Post bezogen vierteljährlich 1,3b Ml. auSschlietzlich Zuftellgebühr.

d>».zeig«np reiS: 20 Pfg. sür bie Ifpaltige Petitzeile oder berenRanm. Rellamezeile 40 Pfg. Für hieftge Geschäfts- unü Privatanzeigen ermätzigt. — Für die Aufnahm« von Anzeigen
beftimmten Tagen tvird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnferate auf ben Plakattafeln der Heidelberger Zeitung u. den städt. Anschlagstellen. Fernspr. 82.

Deutfcher Reichstag.

Berlin, 9. Dez .

Prätsidmt Graf BaIlestr « m eröffnet die Sitznng
^ 1.20 Uhr.

^ ÄM Bundesratstische der Reichskanzler, die Staats--
^retare Freih-srr v. Richthofen, Graf Posadowsky, von
Freiherr von StengÄ und Kriegsminister von


^be>m.

.. Das Haus berät die Mottenvorlage und die Reichs-
^anzreform.

BassevnraNn (natl.): Er schließe sich tzen Aus-
^ttinycn des Aüg. Ftitzen. über Gie Betieutung des Drcibunldes-
GleichtvoW Müfsen wir uuseren RüstunM»» auif Vio Möglich-
MeinstehenA einrichten. Uebcrall im AuslaNd, Fran>k-
Skandinabien, Belgieu ünid HMand ftatzcn wir auif Mitz-
insolgc dcr englifchen Machcnschaften. Wir ebstrelben
fricdlichc Uusdchnnng wctzen deS BevMeruntzszuwachses,
ter friedliche Handelswettbcwerb mit Entzla.std unentbehr-
Wchmütig müsse es berühren, wie die Soizialdcmokkra-
P vw unsercr auswärtigen Politik störe. Die englffche

verwcrtet Bebels Rede als Nrgmnent gegen <die 'deutsche
?ieiDerniehrun>g. !Bedauer!lich seicn- die Ausschreituntzen
ff^r Witzblätter geigen das Aüsland und anslänidiische MM-
v Mn. Entgetzen den AusifVhriuntzen >Be!bels ist cs notorffch,
o weite Kreise in Englanid darnach streben, sich des uulbe-
^swen Konkurrenten zu entledigen. Jn diesem> Sinne fft je-
deuffche Schiff mehr ein Fricidenspsanid. Deutschlam>d
tc-, ^.Lastd unL» zur See. gerüstet sein gegen alle Gventualitä-
tff' - Drohnng Webels mit der Haltuny >der Sozm'lidemokra-
Fallc eines Krieges fft weitev NichtS a>ls eine Ueber-
der sotzialdemolratifchen Macht. Jn> >der Märokko-
^ "ik zollen wir denr RcichAautzler volle AnerkennüNg. Hätten
grotze Motte gehabt, so wäre die Tangerre'ise des Kai-
s übepfiüfsig gcwcsen. Wir mützten Franckreich zeigen, daß
Jnterefsen zu wahren wifsen. Wir wollen seMst-
>^^>mndlich mit ihm in Fricden leben. 'Seine Partei bewillige
p^Aottenvorlage. Jn dcr Kolonial>verwält>nüg brauchen wir
L^Ach« Männer und nicht Monolcl- und Lackstiefelträgcr.
h^Uche Sparsamkeit ist zu vermeiden. Die Strapazen unserer
yi^n, Kuieger in Afrika werden nicht genügcnd> anerkannt,
stji/ nicht in der Thronrede. Jn >der Fvage der FinanzresorM
Wrnr^ wir mit den vc.rbün>deten Regierungen .überein. Wir
^ ^nen dic Untrennbarkcit der Steucrvorlageu! nicht an. Be-
^nU'ch die Steuervorschläge, die gceignet sind, >den Ver-
-- zu hemimen. Auch ist die Tabaksteuer einer gcnauen' Prü-
zu 'untcrziehcu. Wir vermissen eine Wehrstcuer. Der
ttz^^dgedanike ciner Erbschastsstcuer fft uns sympathffch. Not-
ist die VcreinheiMchuntz der sozialcn Gcsehe und dic
h.?^>uiduntz >der Verwaltuntzen. ÄrbeiterkamMern sind im Jn°
»jwife tzes sozialcn' Friedens notwendig. Voraussehun-g >der fo-
,,TpU> ResorM sinid Aie SicherUntz. und die Stärle des Rcichs
^l> tnücn und autzen-. Die Mvnarchie steht fest trotz der gro-
.zstf Zahl der Sogialdemvkraten, aber sie muh Fehler vcrmei-
uitzn aikgeptiert hente nicht mehr allcs. Jn nmnchcn Bun-
l^TMWten! fft mehr EntgctzenLomtnen gctzenü!äir >dem Wolkswil-
Ichi ^otfwendig. Der Rcdner' wünscht cine Verbilliguntz und Be-
fch^^Uuiguny dcr Rechffprechuntz unA forder! die Diäten. Er
^ur inncren- Ün-ruhen wirld uns die O>pfcrwilligkeit
*vo E^Ützenden, Berantwortlichkeitsgefülhl der Arbeiter be-
hi^^U^ nnd sollte cs zum, Krietzc komüien-, so wird 'daA Volk

der Regieruntz steheu. (IBeisall.)
sej^^chskcmgler Fürst B-ülow dankt dem Vorredne-r sür
Patrtottschen Aussühruntzen. Dcr schwierigste Punkt dcr
M^MvZrtigcn Lage sind dic Vcrhältniffe in deu Kolonien..
t^,^ ist es, dah der Widerstand >der -Hercros nnd -Hottentvt-
^öehrocheri' ist. Der -Wiederausbau der südwestasrikanischen
sj^st'un! ist e-ine äuherst schwicrige Aufgalbc. Jch hoffc zuver-
dtzh dies 'deM ncuen G-ouvcrneur tzelintzeni werde u'nd
^ifuufere Landsleute ihre Aüsgabe cbenso ausdauernd und

zäh epfüllen werden, wie imsere Truppen. Ter Ausftand in
Ostasrika 'fft in allen- wichdigen PunÜeni nnitevdrückt wordeü.
Ein Trost bei den. -vielen- scWncrglicheTii Verlusten ist uns >der
Gedanke, dah in unseremi Bolke noch der cklte Sokdatentzeist
lebt. Ossiziere und Mannschasten zeigteni sich unter deni schwie-
ritzfteui Berhältnissen des deu-tscheui Namens würdig. (Bravo.)
Das VM witd dieser Kämpfcr ebenso gekenken-, wie jener, !die
die nationtzle Eiuheit herbeisührten. Die finangielle Belastuntz
insolge des Feldguges ist unigemcin schwer, abier wir Müffen
durchha-lten, wenn wir die Kolonien, nicht preisgeben wollen.
Jch tzlaulbe, daß durch 'das geflosscne Mut die Kolonieni mit dem
Mutterlande noch inniger verbunden werden. Wir müffen un--
serer Pslicht bewuht sein, dic Kolonien in raschcreM Tempo
vorwärts zu brintzen und gu einer Stütze unseres Wohlstanldes
gu Nia-cheu. Weganigeue .Fchler sind künftig zu vermeiden, no-
mentlich übertricbcne Sparsamkeit. Darüm empfechle ich den
Bahnbau Lüde.rihbucht-Kubub. Mcin Vov einigieni 'Jachremi ent--
wickeltes Kolonialprogrammi fft vollstän-dig durchgesührt. Fehl-
griffe Lei -der Stellenbc-setzüntz gebe ich zu, bittie -abcr nicht zu
verallgemeinernil Ich.habe zu demi neuen Ches -der Koilonialver-
waltung das Bertrvuen, dah er die tüchtigen Äcute in Waffer-
ftieseln. nicht zurücksetzt hinter wcuiger tüichtige in Lackstieseln.
General v. Trotha habe sich als tüchtiger austzczeichneter Hccr-
sührer erwies-en-, der den pour -le meritc vollkommen verdient
hat. (Zürus bei -den Sogialdemokraten.: deni hat Stoessel auch
gekricgtl) Trotha schwächte seiin-c Proklamation an >die Hereros
durch eine tzlcichgeitige ani die Tvuppen ab. Fern vom- Schuh
ist es leicht ahzuurtei.Ien. Nie w-urde ein Kolonialkrietz mit
gr-ößcrer M-enschlichkcit geführt. Die Flottenv-orlaye- 'hat das
Haus zu meiner Freude tzünstig. ausgenommen-; sic kann nicht
'beffev kbetzründet werden, alS mit ben lErwägungen, mit denen
mein ver-chrter Frcund Fortis im- Sommev 'die italie-nische
Flottenvorlatze begründetc, 1. mit dcr Notwenditzkeit dcr Ver-
teidigung, 2. mit >den schnellen- Forffchritten, die däs Seewesen
überall macht, un'd 3. mit de'in H'inweis darans, daß die Rc>-
tzierun-g sich au'f da-s unumigäntzlich No-twendige beschränkt, das
«ber für alle Parteien 'das höchste Ziel se-in müffe. Auch Roose-
velt bezeichnet Lie. Flotte als 'das unentbehrlichste Wertzeug zur
Hebuny 'der Wohlsahrt des Lanides und- zur Aufrechterhaltung
des Frie'dens. Es i-st volksifcindlich, zu sagen, >öah sich die
Wohlfahrt aufrecht crha-lte, ohne d'ic n-ötige Wchrkrast. Unser
Wählstand hob sich nicht trvtz, soüdern- dvnk -uns-erer Wehrkrast.
Die H^eresaustzaiben steigen auch in aüderen >Lün>d-ern. Tra-
gen wi-r 'dcm nicht Rechniuny, so> würden- wir Wohkstand, Friedcn
-und 'Sichcrhcit -gefähöden. Den Besuch des Kaifers' in Marokko
decke ich mit meiner volle-n politifchen Verantwortun-g. Er hat
uns nützlich gewirkt un>d Äer Kai'ser hat sich idnrch das Einsetzen
seiner -Pers-on- um- das Land verdiensi gemocht. Jn -der, Ange-
leyenheit Jaures hat dic Retzierung'ihre Pslicht und SchüLdig-
kc'u getän. Der Eindruck in Frankrcich wäre nicht günstig gc-
ivesen, die Sozialdcmokraffe hättc >den .Besüch zu 'politischen
Zwecken- ausge'schlachtet. Die Sogtaldemokratic wollte die Le-
gende vcrbreiten, dah die Bundesretzieruntzen sich -mit frivo.len
Krieysgedanken' gctrage-n halben unld wollte fich -äls Rettetin 'des
Kapitails ausfpielen-. So w-oit 'siud wir abcr nioch nicht gekonv-
nien, dah wir ldie Entschetdung ini lden allerernstesten Fragen
hintanhalteu, bis sic in- den Strudel 'der- fogialide'mokratffchen
Agitation fallen'. 'Solantze ich an- die'ser Stelle stehe, wird die
Politik des Lan-des nicht unter> den Will-en der Soziakde'mokra-
tic grbeügt werden (Lebhaster Weffäll). Sie orldnen die auS-
tvärti-gen Jnte-reffen- ihren- Parteiintvreffen unter. Würden
wir ldas tun, s» wä-re 'das nationaler Selbstmord. Alle dera-rti-
gen Versuche wevde ich auch küustig in ihrc Schranken zurück-
iveifen-. Bebel hät in Konstang Revolntion nnd Meuterei wie
in Ruhland -im Falle eines Kriegcs in Aussicht gestellt. >So
etivas er-mutitzt dieje-iffgen tm> Aüslan>de, die stch Deutsch.land
geg.'nüber mit -gehässigen, hinterlisten Gedanken- tragcn. Bebel
würde cinc Prälmie -verdienen für Äie Art, wic man> Mihtrauen-
zw-ischcn Deuffchland und EntzlaNd säet. Wo soll entschic'den
werden, ckb die Sozialdenwkraten gegebemensalls das Vaterland
vcrteidigen? Ans einem iParteitag dder' äus einer Redaktion
mit ihren pcrs'önlichen Stänkereien? iSolchen Tendenlzen dürs-

tcn- fie nicht an >d«n Tay legen, wo sie- rffcht unter dcmi Schutze
der JMmunität stehen! Jn> Deutschlan-d liegen dte Verhäitutffe
wesenülich anders, als in Rutzlan'd. Wenn aber die Sozia'Id«-
nwkraken- versnchen sollten, lbei -uns Plüüderunyen-, Meuched-
mv-rd und Generalstreik einznsühren, 'so würlde ein sdlcher V-er-
such zerschellen an- dev Festiykeit der 'Jnsfftutionen und 'dem
gesunden Sinn des deütschen Volkes, das sich das Joch 'der So-
zialdemokratie nicht aüferlcgcm. läßt. (Lcbhaster -Beifall.)

A-btz. M ü ll-e r - Sagan (Fr. Vtz.) verlantzt Diäten sür >den
ReichÄag, eine Resorm der Branntweinsteuer, bevorzugt di«
Erbschaftssteuer vor den indirekten Steuern und versteht nicht,
wie der Staatssekretäv des Reichspostamtes einer Vorlage zu-
sti-m!men> kaun, die den Paketverkehr um- 20 Progent vertouert
nnd üen Postanweiisüngsverkehr erschwert.

Ahg. v. Kardorff (Vp.) billigt dos Einschreiten geyen
Jaures und die Sogialdemokratie. Mit Ausnvhme von Ror-
we-gen kanni sich iein Land- in iBeguy ans >das Schuüvesen und
d'ie Billi(steit ider Rechtspfletze mit Deutschlastd -messen. Kein
Lan'd hat bessere Vevwaltuntzsbeämte, als Deuffchland.

M-cmtag: Kleine Vorlagen und Fortsetzung der heutiyen
B-crvtung.

Deutsches Reich.

— Mm Freitag- wurde in Berlin die Ver'ban-dsver-
sammlluny! dsr „H a u p tste ll e deutscher Ar -
b e i tg e b- e rv e r b än d e" abgchvlten. Den iGeschäfts-
bericht- erstattete Gen-erailsekretär Bneck, >der ein stetiges
-Wachstum! der Hauptstelle fgststell-en> konnte, der gegen-
Wärtig 51 Arbeitgeberveffbände und 21 Einzelstrmen am
qchören, währendi mit fnns Verbän-den -KartellverträZe
bestchen.

Berli n, 9. Dez. Eine fnr gestern Abenid einberuf-ene
A n a r ch i st e n - V e r sam m l u n g in der Brunnen-
straste wuffds polizeilich ausgelöst, als ein Redner
-di-e divekte Mtion- pries, für den lGeneralstreik eintrat und
die russischen Bauern lobte, weil sie kurzer Hand -das Le-
hen ihrer >Grundh-srren unter stch verteilten. Die nicht
sehr z-cchlreichen Anwesenden gingen ruhig anseinand-er.

— Der italienis -che Minister bes Aeutzern, Tit-
toni, hat dem Fürsten Bülow zu der am 6. ds. im
Reichstage gchaltenen Red-e über. die auswäriige Politik
tÄegraphisch b e g l ü ckw ü n s ch t.

Baden.

'Karlsruhe, 9. Dez. Staatsminister v. Dusch
hat bie Ab g e-o r d n-et en der Zweiten Kammer auf
Montag Nachmittag zn einer Worbesprechung- und Fost-
stellung des Atterschrästd-enten eingeladen, der die Ver-
handlungen bis zur Erledigung der Wahlprüsungen lesten
wird. Am geichen Lag treten auch die Fraktionen
des Landtags, deren es nur vier gffben wirÄ, zu einer 6«-
schästlichen Beratung zusanmnen, die Liberalen, das Jen-
trnm, -die iSvzia'ldemokraten und die Konservativen' mit
-den Bündlern. Die Boratnngen der Führer >der liberalen
Parteien haben zu einemi p-rakstsch-en Zusammengchen des
Btocks geführt. Es ist, wie die „Stratzburgsr Post"
schreibt, gglungen, vorerst sür den Landtag ein M in -
destpr-ogramm aufzustellen undi somit eiu einheit-
liches' Vorgchen >der Liberalen in der KamMer gesichert.
Damit fft aber auch ei-nem prog-Wmmattschen Vorgehen
vorgeaffbeitet, das von allen liberalen Parteien srstrebi
wivd.

Viertes Vachvereins-Konzert.

He i de IVc rg, 11. Deze-mLer.

^ Licdcrabcnd Dr. Ludwig Wüllner.

-vierten Bachderoins-Konzert hatke Herr Prof. Wolfrmn
>Sz«pwr niedevgelegt und in allzu tzroßer Beschei'den'hett
^^stvhibckannteni inrmer gern gcsehencni Dr. Wüllner aus
Herheigcrusen. Währeüd tn dcn- bishcrigen- Wachpereins-
düq^^eteni -de-m> Solisteni nur' ein beschränkter Ra-um gelassen
ler t tehcrrscht« in dem, dicA'maligcn nur ctn- einziger Künst-
^ gangcn Musika-benid. Wenn der rcin künstlerische >Ge--
«Uch?^a> ein- Sänger von der iPevsönli-chkc-it Wüllners hietct,
^ tzlli'che ist, wie der cines Orchesterkonzcrts, so> tst es
>Ar dedancrlich, daß ihrc a-n und süv sich schon so spär-
^ ^nzahl duvch solche Abcnde n-och verkürzt wird, -denn Mer

'l,


an Solistcnkongerten könncn- w-iv unis hier nicht be-

^ar bcreits das zwcitc Mal in.
A^Uchc Musik aus de.m> Progrcnnir

dieser
mi stanld.

iaffon, daß nur
Vcrtzletcht man

st ^^stye Musiilebcn dev eingelnen Städte miteina-ltder, 'd-a-nn
6anz ausfvllcnd, wic stark geräde dieser Metster tn- dcn
tdjj^tzriMh tritt. Tr-otz mciner großen. Brahm-she'geistcrung

llLd-. . - „ „ , ^ ^

Su ^ ni, es bedauern, wenn dadurch andere großc Ton'dichtcr
hest^st^sämen. Gluck, Händel unb Schuimanni imit seincn. Or-
^ cwerkcni sind bisher überhaupt nvch. nicht gui Worte ge-

wjch.-sw Gcrade gcstern Abend- hättc tch nichts schnlicher ge-
^iiltnc - öeii Schumännschcn Mansred- mit dem genialen

Dr. Wüllner hatte sich Brcchms Magcloncnzhklu-s cr-
Progr-anun, in dem- cr seine Vortragskunst allerdinys
entsalten konnte. Um den Zusam-men>hang der cin-
stirch . ^angen vcrständlich zn machen, erzählte er zwischcn-
^i«ck Märchcn von der schönen Ma-gelone des Romantikers

Das heka-nnte Werk, das dem Franksnrter Sangesmefftcr
Stockhauscn- gewidmet fft, zetgt. nns Brahms wieider als herr-
lichen Liederkompvnfften. Mit seltene.m Gesühl 'für das natv
Märchen-Hastc u. feinere Empsiniden- sür das roman-tischc Träu-
merische hat er scinc Musik der Tieckschen >Dichtun-g anzupaffeni
verstaüdcn, Das in setner Komposttion- so ükberaus bewuni-
dernswerte ist seine Fähtgkeit, be-i den verschiedenen- Stimmnn-
gen und -Emps-indun-gen-, >den- cinheitlichen Sttl tn. der Müsik zu
bewahren. Tatkrästtigeri Jngendmut, per crsten Liebe Ans-
keimen, gestetgerte Liebestvunkenheit atmet 'setne Mnstk aus.
Des Ritters- fchmerzliches Entsatzen, Matzelonens Wehklagen um
ihr so früh zcrstörtcs Glück, quälende Liebessehnsucht urid neu
erwachendc Lcbcnslust gtbt dic rhythmtsch so fetne Musi-k in
schars yezetchnetcri Charaktcristik wicder, ohne den- organischen
Zusammenhany des Gangen auch nnr cinen Ange-nhlick zn trü-
ben.

Anßerordent'Itch unterstützt w-urdc die Wirkung durch die
Art und We-isc, wie Wüllner sich der Dkchtnng annahm. Di«
Meiniintzcn über den Künstler sind ja grunidverschieden. Jm
Lause ider Zeit haben- sich zwei Partcien gebildct, -von- dcn-en die
cinc ihn- wie eineni Heros fciert, die anderc ihn rückhaltlos ver--
da!m>mt. Jch stche tn der Mitte beidcr Parteien. Ms Jnter-
pret 'schubertscher Melodik koMmt er für mich als Sängcr über-
haupt nicht in Betracht, wogegen er als Bortragskünstler -m-o-
derncr Licder kaum- übertrofsen- werden karm. Die Brahms-
schen Lieder des Matzelonenhyklns, die alletn. schon- durck ihre
StiniMnngsüialeret so herrltch wirken, warcn- da'her im- Gan-
zen sür den- Säntzer sehr geeignct. Mwn vergi'ßt 'bei seinem
glänzenden- Vortrage vollkomiinen 'scin sprödes Organ und gibt
sicki gang dcmi -faszin-ierciilden Einslu-ß sein-cr Persönlichkcit hin.
Änf seiner Höhe stand er, als er üns zwischcn den cingelnen
Romanzcn das Märcheni erzählt, ganz in- Ler naibeni schlichtcn
Art, in dcr cs- aufgesaßt wer>deni muß.

Die Beyleitnng -der Lieder lag in den Händen Les Herrn
Zilchcr aus Frankfurt. Den- Mavierpart, der, wie rm-mer bei

Die heutifle NuMwer UMfaßt -rei Vlätter MsamMeu

Brahm-s, so überans liebevoll hedacht fft, fnhrte er mtt gro-
ßem mnftkältscheni Gmpfinden- aus. H.

Literarisches.

—Di« Kommune. Von, Carl Bleib' tre u. Jllustrtert
don Chr. Speher. Jn faffbigvm- stmschlvy -geh. 3 Mk.,^sleg.
geb. 4 Mk. — Carl Krabbe. Bcr-lay Estch Guhmann- tn Stntt--
gart. — Uelber keinem geschtchUicheni Eretgnts lastet eine. f-olchs
Schicht von Legenden nnd Unwah-rhetten wie über -dem. Kom-
minnekaiinpf. Bletbtre-n nnternahm cs nnn, die volle W-ahüh-ett
heransz-uschälen niid dtes gleichzettitz in faribenprächtitzem, dich-
terffchem Gcimälde plasttfch zu> v-eranschanltchen. Es darf iiwhl
-gesagt -werden, datz kcines 'seiner bernhtnten Schlachtenbilder
an allgemetüi menschiiche-mi Retiz dtesc Darstellinng der snrchlt-
baren- Päriser Tragödte erreicht. AII die zahlreichen Personcn,
die auif 'betiden Seiteni tn gsschtchtliche! Aktion traten, sind
redend nnd handelnd mtt wnnderbarer packende-r Charakteri--
stik vorgeführt. Alle irmercn fozitzlen und polittsch-en Trteb-
fedevn der Winpfenden Parteieül b>loßlegend, dic Verschieden-
hctt Ler bloß- bürgerlich-revolutionären -von den retn sozialt-
sttschen Elementen der mächtigen Beweyuntz sondernd, bis in
jvde fetn-ste iSchattterntig- -das seWstlos Jdevlisttfche noben- dem
abentenerlich Gemeinen dicser „Diktatnr des Proletariats"
nfft sicherc-mi Pinsel mialend, vcintgt WleMren dte Kommnne
von vielen ih-r antzehesteten' Schandflecken, wetst nacki, daß es
n-och- nie etne hninvnere, 'bts zur Schiwäche nnd Torheit milde,
Rc-volnittsn gegcben hat. Gewaltigerie' Szenen historischor Dich-
ttmy als Bleibtreus 'Ge-mälde vorn Brand- der Rief-enftadt uind
voni grausen Untergang idteser ersten Soztalen Rcvolutton
sind wahl selten entworfen wovden. Gervde hent, wo die
Welt in Rntz'land eine ähnliche riesiyc Beweynng verfolgt, minß
jener Vorgcmy dcs wclihistortschen Krühlings von 1871 allyr-
metnstes J-ntereffe erregeü als warnerrdes Spiegelbild der
Soztalen Revolution.

12 SLiteu.
 
Annotationen