47. Jahrgang. — Nr. 16S.
Samstag. 22. Jnli 1SÜ5. Erftes Blatr.
drschrist täglich, SonntagS auSgenommen. PreiS mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's HauS gebracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgebolt 40 Pfg. Durch die Post
bezogen vierteljährlich 1,36 Mk. auSschließlich Zustellgebühr.
^nzeigenpreiS: 20 Psg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Mlr hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßicst. Füi die Ausnahme von Anzeigrn
« bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate aus den Plackattafeln der Heidclberger Zeitung und den ÜLotiickeu Anstblnastellen. Ferusprecker 82.
Niederlage der englischen Regierung.
, Londo », 21. Juli. Das Unterhaus hat einen An-
ag des Nationalisten Redmond auf Herab -
Ö ^ ung des Postens des irischen Budgets, Ler sich auf
^ Landeskommission bezieht, als Protest gegen die
knvaltung der irischen Landakte nach längerer Beratung
„^09 gegen 196 Stimmen angenommen (Stür-
"Icher Beifaü bei den Oppositionellen).
Die Niederlage der Regierung im Unterhaus
vollständig unerwartet, da die Abstim-
^ug vollkommen normal verlief. Trotz einer kürzlich
,^u Balfour erlassenen Aufforderung waren die M i n i-
.^riellen nicht in grotzer Anzahl m der
T^sng erschienen, und als nun die Mitglieder von dem
"Itimmnngszimnier zurückkehrten, wo sie die Stiminen
^ahlt hatten, wuchs die Erregung, als es klar wurde,
die Regierung überstimmt war. Die Liberalen und
, Nationalisten standen auf, schwenkten die Hüte und
^ ^N: „Uh d a nke n, abd an ken!" Die Beifällsbe-
^ngungen wiederholten sich, als die wirt'Iichen Zahlen
Abstirnmung bekannt gegeben wurden. Sobald das
^rgebnis der Wstinimung bekannt gegeben war, richtete
nmptzE Bannerman an den Premierminister
^^liour die Anfrage, was er angesichts dieser Nieder-
dei^ ^ ^un gedenke. BaIfour erwiderte, es fei Ilar,
er in diesem Augenblick keine Erklärung äbgebe.
P fragte Redmond, der sehr heftig sprach, den
,^?Mierniinister, ob er diese Demütigung ebenso hinunter-
j I^chen wolle, wie er jede andere Demütigung in den
^^bii Mei Jahren hinnntergeschluckt habe. BaIfour
Jch bin nnr dieser Demütigung nicht bewutzt.
sim Abend hat die Regieruug unfehlbar die
^ terstützung der grotzen Mehrheit des Hauses gefunden;
^ Regierung nicht möglich- sein sollte, die Ge-
Landes mit Würds zu führen (ironisches Ge-
^bi 'den Oppositionellen), so werden wir gewttz
. It bbu Versuch machen, ste weiterzuführen. Die Re-
^ rung hgj ^ine Niederlage erlitten, wie viele andere
y^^^^ungen bei Budgetberatungm, aber ich werde nicht
8ekm ^°t:herige Erwägung eine Erklärung darüber ab-
dtz unsere Pflicht ist, das Haus zu ersuchen,
4 Ü v^stimnmng, zu der es soeben gekommen ist, für u n-
zu erklären oder nicht. Bevor ich irgend eine
rsih ^^dun-g treffe, wünsche ich mit meinen Kollegen da-
Zu beraten. Fch werde am 24. Juli Auskunft
Äum-^ geben, was wir vorschlagen. — Währeno der
. .luhrungen des Ministerpräsidenten war das Haus in
h b s?. >
p^^.llger Erregung. Beifall und Widierspruch
D^f^en wut. Schließlich vertagte stch das Haus und die
djp Asf^der entfernten sich in erregter Unterhaltung über
^ache.
brj,^ ° o n, 24. Juli. Die unionistischen Blätter
ruu Iluer Besprechung der Niederlage der Regie-
d^^le Meinungen zum Ausdruck, datz die Regierung
dvi^^o^Ulmung wahrscheinlich keine besonders schwer-
fHaus^ Bedeutung beimessen, sondern jedmfalls das
orfuchen werde, sie für ungüItig zu erklären.
London, 21. Juli. (U n t e r h a u s.) Tas Haus
ist gedrängt voll v-on Mitgliedern, die erregt die Ent -
wicklung der M i n i st er k r i s i s abwarten. Camp-
bell Bannerman beantragt die Vertagung- des Haufes, da
es unpassend erscheine, das HauA aufzufordern, die Ge-
schäfte während eines tatsächlichen Jn-terregnums fort-
zuführen. Balfour erklärt, er wolle nicht das Haus bit-
ten, strittige Frageu zu verhandeln, er ersuche aber, in
der Beratuug der Gesetzesvorlage bezüglich der schotti-
scheu Kirche fortzufahren, die keine Part-eifrage berühre.
Der Antrag Bannerman wurde abgelehnt, aber die Be-
ratung der G-esetzesvorlage nach wenigen Minuten ge-
schlossen, worauf sich das Haus vertagte. Redmond (Na-
tiona-Iist) ri-ef aus: Die KomSdie' ist' jetzt zu Ende.I
Grotze Erregung h-errfcht in den Wandelgängen und die
Mitglieder besprechen eifrigst die Lage. JnIiberalen
Kreisen herrscht allgemein die Ansicht, daß die Regie -
rung zurücktreten w-erde, aber es ist eine
Selbsttäuschung. Die ininisterielle Mehvheit beläuft sich
unzweifelhaft immer noch auf 70 Stimmen, und Ileber-
rumpelungen, -wie die gestrige im Lause der Etatsbera-
tuug, besonders wenn sie so knappe Ergebniss-e haben, wie
199 gegen 196 Stimmen, werden gewöhnlich durch eine
weitere Abstimmung rückgängig gemacht und aufgehoben.
Es ist übrigens für die heutige innere politische Lagc be-
zeichnend, datz zwei Tage nachdem der Ministerpräsident
bei der Parteiversammlung im AuNwärtigen Amte seine
Anhänger gewarnt und zur Wirksamkeit gemahnt hatie,
ein derartiger Ileberfall einen Erfolg haben konrite. Auch
ersieht man, daß Ehamberlains neuerlich-e Erklärung, in
diesem Her'bste würd-en Neuwahlen bedenklich sein, eine
entsch-eidende Wichtigkeit besitzt.
LonLo n, 21. Jüli. Jn den konseröativen wie libe-
rälen Parteibureaus herrscht die Ueberzeugung, die Ne-
gierusng werde nicht gehen, außer wenn eine nou-
schwerere Niederlage kommt. Parlamentarische Geschäste
strid allerdings gegenwärtig unm-ögtich. Sehr bemerkt
wird, daß Chamberlain nnd seine bedeutendsten Tac-i-
reformer heute Nacht die Regierung im S t i ch ließen.
London, 21. Juli. Heute hat ein Ministcr -
rat von ungewöhnlich langer Dauer ftattgefunden; es
wiirden jedoch nach Schlutz desselben keinerlei Mitteilun-
gen über die Abficht-en der Regierung gemacht
und wie verlautet, soll anch- nichts darü-ber be-
kannt gegeben werden, bis Premrerminister Balfour
dem Unterhause seine Eröfsnungen macht, was, wie ge-
meldet wird, am M o n tag gesch-ehen soll. Naturgemätz
ist die Luft voll von Gerücht-en. Die Zlnsicht, die in par-
lamentarischen Kreisen v-ertreten wird, ist, dah Balfour
möglicherweise nicht zurücktritt, sondern die Geschäfte öie-
ser Session zu Ende zu führen beabfichtigt, indem er sich
anheischig macht, das Haus im Kerbst aufzulösen. Zn
jedem Falle wäre eine s o f o r t i g e A u f l ö s u n g und
die damit verbundenen allgemein-en Neuwahlen im
August bei den Parteien nicht wiIlk o mmen, weil
zu dieser Zeit die Mtglieder des Haufes ihre Ferien zu
verbringen hofsen.
Deutsches Reich.
Baden.
Karlsruhe, 21. Jilli. Die „Allgemeine Zei-
tung" schreibt: Die Mtteitung, datz der Iustizrats-
Litel in Baden zur -Einführuug gelange, scheint wie-
der zum miudesten verfrüht. Bis jetzt hat sich der Vor-
stand- der Anwaltskammer uoch nicht dazu geäutzert, son»
dern eine Rundfrage an die Kammermitglieder erlassen.
Letztere sind aber wohl nach> w-ie vor in ihrer Mehrheit
dagegen, da sie darin eine geschäftliche Schädigung 'de»
jüngeren- Auwälte und ferner wenigstens den Schein einer
Beeinträchtigung der bisherigen poMischen Unabhängig-
keit glauben erblicken zu müssen. Demgegenüb-er sind wir
in der Lage sestzustellen, üatz sich der Vor st and der An-
waltskammer durch Me h r h e i t s b e s ch I u tz für die
Einführung Ü-es Titels ausg-esprochen hat. Ob- die Mehr-
zahl der Kammermitglieder dem Beschluß deA Vorstandes
zustimmen wird, steht noch dahin. Bis jetzt wurde die
Runüfrage teils zustimmen-d, teits ablehnend beantworlet.
Zur EiNführüng des Titels ist übrigens die Zustimmung
-der Unwälte nicht erforderlich. Es bleibt ja jedem Ein-
zelnen unbenommen, o'b er gegebenensalls den ihm etw«
zugedachten Titel annehmen wtll oder nicht.
Preutzen.
Berlin, 21. Juli. Die „Norüdeutsche Allg. Ztg."
schreibt: Jn Anbetracht der widerspruchsvollen Z-eitungs-
nachrichten über den Jnhalt einer Versügung, die üer
K u l t u s m- i n i st e r an die Technischen H o ch -
schuIen in Sachen der st u d e n tischen Aus-
s ch ü s s e und Verbände gerichtet hat, sind wir in dsr Lage
versetzt, den Wortlaut Ües nach Danztg gerichtetm und
den übrigen technischen Hochschulen nntgeteilten Erlasses
nachstehend zu deröfsentlichen:
Nach mir vorliegenden Berichten hat sich an der dor-
tigen Hochschule neuerdings ein studentischer Verbano aus
nichtkonsessioneller Grundlage gebildet. Gegen derartige
Vereinsbildungen von Aussichtswegen ein-zuschreitdn, liegt
zwar im allgemeinen kein- Anlatz vor, es muß abex vor-
ausgesetzt w-srden, datz üabei j-e>der S'chein vermieden
bleibt, als ob es stch gleich wie bei den Studentenaus-
schüssen nm eine orgamsierte V-ertretung der ganzen
S t u - e n t e n s ch a s t handele. Tieser Gesichtspunkt
ist in den vom Senat der Technischen Hochschtlle geneh-
migten Satzung-en des dortigen Verbandes insofern nicht
sestgehalten, als dem Vorstand des Verbandes die i r r e-
führenüe Bezeichnung „Ausschuß" beigelegt
wurde. Es befinüen sich aber auch sonst noch in oen
Satzungen verschiedene Benennilngen nnd Wendungen.
w-elche mit der vorbezeichneten und auch von der neulichen
Konferenz der Rektoren üer Technischen Hochschulen ge-
teilten Auffassung nicht im Einklang stehen. Demnach er-
scheint eine Revision der Satzungen erforü-erlich, die indes
mit Rücksicht auf den unmittelbar bevorstehenden Schluß
des Som-mersemesters bis zu dem nächsten Wintersemester
zu vertagen sein wird.
Hebbel-Verein.
-chüferspiel in
Schwetzingen.
Heibel-b-erg,
, Heit> eI -berg , 22. Juli.
von Torquaio Tasso.
ein S-chäferspict, -ist eine Art von
iiischx/^u, darin-nen Schäfer, Baucrsleute, Jäger,
vi Gärtner, Ackerleute, Satyrn, Ntzmphen und
^ffüh^uima allerlcy Gattung! vo-n LanÄleuten aus-
wcrden, und wo man nichts hörct als lauter Kla-
dab-ender Perso-nen-, Lesgleichen von der Grausamkeit der
don Streitigkc-itc-n, Wer am ibesten singen könnte, vo-r
Aachstellungen ücr Wal-dgötter, von- Entsuhrung der
andcren- -dergleichen eiilen Begebenheiten.
d» sigtz ,>>H- Uon anl
"'«'selben crst in den neueren- Zeiten und zwar von
— - - - — -
^eccari, desscn Schaeserey 1653, unter- dem Titel il
So Licht kam, crsonnen. —
iu c-iner alten Quelle. Wvhl das sinnreichste von
Mhr< Gedicksten ist -der Aminta des Torquato Tvsso vom
blr>ä^, PSchon als Astiinta noch ein Kna!be -war, wurde ihm
„Atz> -lL^> ^lldia vertraut, mit der er jagte, sischte un!d Vögiet
Lsier H-crz zog cs zn Silvien. Einst war Phyllis von
Kestochen worden; ihren Schmerz zu stillcn, sagte
?Un^?..uberkrästige Sprnche her und brachte die Lippen ihres
Mundcs auf der Phyllis kranke -Wangc. Kamn
, llin-int -geschen, so näherte cr sich und- tat, als Isätte
iu die Lippe gestochen, und beyehrte Hcilung von
e stin s,". 2ippen dcr Schöncn. Sei-t jcncr Stunde verzehrt
hcx das Wtze Empfindcn- für Silvien trei-bt ihn hin
si-Üch Sprödcn Gcgcnl-ie-be zu erwecken, mühte
d>-,i n.R-drci Sommvr vcracbli-cki. Einst tzört er durcki Tkvr-
v'vser 'ch- in c-iner alten Ö
Athre Gedicksten- ist -der A
'der -t'-sahrton kühner Streisercicn, datz Silvia niit Daphne
deZ Quclle badcn würde, aber auf den schwarzcn
" Vqniä.-^'steren Freun-des, die Nymphe, wann sie hilslos ist,
gmg er nicht ein. Ungewitz und voller Zweifcl, nur
^ULen
von dem harten Drängcn- des Gesährten, nicht von- seine-m Her-
zcn gctricben, macht er si-ch auf dcn- Wog und kommt gerade zur
rcchtc-n Zcit, um- eincn garst'gcn Satyr, der!Silvien überfallen
unü mit tausenü festen Knvten an einen Wau-m gefesselt hat,
zn versagcn und d-ie GeliMe zu besreien. Jeht ist ihm sützev
Lohn -gewitz. Nein, weit tzefehlt. Die spröde Silvia entslieht,
und so wen-itz ist sie durch Amintens Werbung yerührt, datz ihr
nur Jagd- und- die Versoltzung eincs Wolses iin Sinne liegt.
Wahrlich, schnüdcr Undankl Am-int enteilt in Vcrzweiflung.
Und bald scheint es, als nähme die Geschichte des -Paares -den
düstercn Ausgang der Tragödie von Pyramus nnd Thisbe.
Eine miitleiüige Hirtin bringt Aminten d-ie K-unde, Silvia ha-be
den- -Wo-lf allzueifmg versolgt,, an einem cckgclegencn Ort im
Walde sand man ihren 'Spcer und nicht weit davon ihren
Schleier unb dann — o Graus — cinen -Haufen tzon sieben
Wölfen, die Blut v-om Bo-deu leckten, das u-m- kahl tzenagte Kno-
chen rinys versprenyt zu sehen -war.
-Es ist am Ta-ge, Silvia ist n-icht me-hr I Der Schmerz rau-bt
Aminten die Sinne. Er weilt nicht -längcr. Wie rasen-d stürzt
er fort, um nim-mer wieder zu kehren. — Die büse Nachricht
bon Silv-iens Tode hatte- sich ohne Grund vcrbrcitet. S-ilvien
war es -gelungen, sich vor Wolfesra-chen in ihre Hütte zu retten.
Zlber diese Kun-de kommt für Aminta zu spät. Er hat sich mit
Lem Rufe: „Silvia, ja, ich folge Dir!" jählings von dem steil-
sten- Felsen herabgestürzt. Doch noch ist es für die Liebenden
n-icht vor-bei. Und -wie sie- dann nach Amints Rcttung doch noch
vereinigt wurden-,, das kanm- jencr Busch erzählen-, an dem- Fel-
sen, von' -dem Amint in die T-iefe sprang. Aus dem Fels hcr-
ausgewachsen,, bot cr, mit Moos, Dorn und Reiscrn verwebt,
e-in breites Schuhda-ch. Und Am-int ift unversehrt und sein
Leben nicht gefährdet.
Tassos Aminta cnthält Anspielungcn auf Verhältnisse am
Hofe von Fer-rara nnd e-inc Huldigung für Herzo-g Alfonso.
Äber heute ist nicht Fe-rrara die Losung, sondern Schtvetz -in-
gen: das italienische Schäferspiel im deutschen Rokokopark.
W-ie die Bälle und Soupers, so waren die Empsänge he-im
lever, die Corsos, die das Wäldchcn mit Kalvalkaden- füllten, die
Besuche der Modistin und der Messen, die Promenaden, die
Vergnügungspartien, die uuits blanches ni-it ihren Spiclen,
Symphonien, Jlluminationcn, die Herrcn und D-anwn -bis zur
Morgen-dämmerun>g fesse-Iten, die Rendezvous der Mode Gele-
'genheiten, im blotzen Zusammensein, im schönen Verkehr, sich
zu kultivieren, zu intriM-ieren, zu slierten. Eine viel hübschere
Zerstrennng und Ausregun-g als der Besuch dcs öffentlichen!
Schau-spiels Wetet das Gesellscha-ststheater. Das Schäferspiel im
Park aus eigencm- Grund und Boden ift eine dcr möglichen
Variationcn der gesellschaftlichcn Untcrhaltung. Die Damen
geben- sich und ihren Putz zu-m besten und spie-len ohne Gage
mit. Man verwandelt sich in einen Mopsus, Ac-is, Aminta,
Dhyrsis, cine Chloe, Daphne, Hercynia, Ga-lathea, Silvia. Die
Welt der Jntrigue- und Blasiert-Heit sieht gern -im Sp-iele vor sich
die Welt des Jdylls wirklich -werden, die sansten Sitten und die
Gesühle von Hirten und Nymphen, den sogenanute-n Natnrzn-
stand, vo-n- dem sich so sütz träu-men lätzt. So schafft dieser
Zeitvertrcib eine Zlrt Ficber und Bezauberung für manche, er
brin-gt die kleinen Freuden- der Kulissen herbei, dic Lüge der
Szene, d-ie Jllusion der Komödie. Und so tritt -dann Amint
hinter dem Busch hervor un-d erfüllt die Lust mit Klagen über
SUvias Sprödigkcit. Die alten Wipscl des Parkes rauschen,
die -Fitzuren erscheinen und treten ab. Alles wieder in alten
Zeiteu. —
Fehlt leider nur die kulturh-istorischc Situat-ion. Keine kur-
pfälzische Hofgcsellschaft, keine erkauchtigen Am-inte und Silvien-,
käin Reisrock un-d Galanterie-degen I Ein- modevnes Publikum,
deutsche -Studenten, die qute bürgerlichc Gesellschast, mrd über
der ganzcn literarhistorischen Veranstaktung die -Frage: -schas-
fcn uns die Leidcn und Freuden -der Schäfer noch eine ästhetisch«
Erregung? Jst uns dies Spiel meh'r als eine Kuriosität nnd-
Maskerade? —
Um! iden'etwas t-efer gelagerten Wiesengrund, -das Pavterre-
Die heulige Nummer umfaßt drei Vlätter zusamme» 14 Seiten.
Samstag. 22. Jnli 1SÜ5. Erftes Blatr.
drschrist täglich, SonntagS auSgenommen. PreiS mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's HauS gebracht, bei der Expedition und den Zweigstationen abgebolt 40 Pfg. Durch die Post
bezogen vierteljährlich 1,36 Mk. auSschließlich Zustellgebühr.
^nzeigenpreiS: 20 Psg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Mlr hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßicst. Füi die Ausnahme von Anzeigrn
« bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate aus den Plackattafeln der Heidclberger Zeitung und den ÜLotiickeu Anstblnastellen. Ferusprecker 82.
Niederlage der englischen Regierung.
, Londo », 21. Juli. Das Unterhaus hat einen An-
ag des Nationalisten Redmond auf Herab -
Ö ^ ung des Postens des irischen Budgets, Ler sich auf
^ Landeskommission bezieht, als Protest gegen die
knvaltung der irischen Landakte nach längerer Beratung
„^09 gegen 196 Stimmen angenommen (Stür-
"Icher Beifaü bei den Oppositionellen).
Die Niederlage der Regierung im Unterhaus
vollständig unerwartet, da die Abstim-
^ug vollkommen normal verlief. Trotz einer kürzlich
,^u Balfour erlassenen Aufforderung waren die M i n i-
.^riellen nicht in grotzer Anzahl m der
T^sng erschienen, und als nun die Mitglieder von dem
"Itimmnngszimnier zurückkehrten, wo sie die Stiminen
^ahlt hatten, wuchs die Erregung, als es klar wurde,
die Regierung überstimmt war. Die Liberalen und
, Nationalisten standen auf, schwenkten die Hüte und
^ ^N: „Uh d a nke n, abd an ken!" Die Beifällsbe-
^ngungen wiederholten sich, als die wirt'Iichen Zahlen
Abstirnmung bekannt gegeben wurden. Sobald das
^rgebnis der Wstinimung bekannt gegeben war, richtete
nmptzE Bannerman an den Premierminister
^^liour die Anfrage, was er angesichts dieser Nieder-
dei^ ^ ^un gedenke. BaIfour erwiderte, es fei Ilar,
er in diesem Augenblick keine Erklärung äbgebe.
P fragte Redmond, der sehr heftig sprach, den
,^?Mierniinister, ob er diese Demütigung ebenso hinunter-
j I^chen wolle, wie er jede andere Demütigung in den
^^bii Mei Jahren hinnntergeschluckt habe. BaIfour
Jch bin nnr dieser Demütigung nicht bewutzt.
sim Abend hat die Regieruug unfehlbar die
^ terstützung der grotzen Mehrheit des Hauses gefunden;
^ Regierung nicht möglich- sein sollte, die Ge-
Landes mit Würds zu führen (ironisches Ge-
^bi 'den Oppositionellen), so werden wir gewttz
. It bbu Versuch machen, ste weiterzuführen. Die Re-
^ rung hgj ^ine Niederlage erlitten, wie viele andere
y^^^^ungen bei Budgetberatungm, aber ich werde nicht
8ekm ^°t:herige Erwägung eine Erklärung darüber ab-
dtz unsere Pflicht ist, das Haus zu ersuchen,
4 Ü v^stimnmng, zu der es soeben gekommen ist, für u n-
zu erklären oder nicht. Bevor ich irgend eine
rsih ^^dun-g treffe, wünsche ich mit meinen Kollegen da-
Zu beraten. Fch werde am 24. Juli Auskunft
Äum-^ geben, was wir vorschlagen. — Währeno der
. .luhrungen des Ministerpräsidenten war das Haus in
h b s?. >
p^^.llger Erregung. Beifall und Widierspruch
D^f^en wut. Schließlich vertagte stch das Haus und die
djp Asf^der entfernten sich in erregter Unterhaltung über
^ache.
brj,^ ° o n, 24. Juli. Die unionistischen Blätter
ruu Iluer Besprechung der Niederlage der Regie-
d^^le Meinungen zum Ausdruck, datz die Regierung
dvi^^o^Ulmung wahrscheinlich keine besonders schwer-
fHaus^ Bedeutung beimessen, sondern jedmfalls das
orfuchen werde, sie für ungüItig zu erklären.
London, 21. Juli. (U n t e r h a u s.) Tas Haus
ist gedrängt voll v-on Mitgliedern, die erregt die Ent -
wicklung der M i n i st er k r i s i s abwarten. Camp-
bell Bannerman beantragt die Vertagung- des Haufes, da
es unpassend erscheine, das HauA aufzufordern, die Ge-
schäfte während eines tatsächlichen Jn-terregnums fort-
zuführen. Balfour erklärt, er wolle nicht das Haus bit-
ten, strittige Frageu zu verhandeln, er ersuche aber, in
der Beratuug der Gesetzesvorlage bezüglich der schotti-
scheu Kirche fortzufahren, die keine Part-eifrage berühre.
Der Antrag Bannerman wurde abgelehnt, aber die Be-
ratung der G-esetzesvorlage nach wenigen Minuten ge-
schlossen, worauf sich das Haus vertagte. Redmond (Na-
tiona-Iist) ri-ef aus: Die KomSdie' ist' jetzt zu Ende.I
Grotze Erregung h-errfcht in den Wandelgängen und die
Mitglieder besprechen eifrigst die Lage. JnIiberalen
Kreisen herrscht allgemein die Ansicht, daß die Regie -
rung zurücktreten w-erde, aber es ist eine
Selbsttäuschung. Die ininisterielle Mehvheit beläuft sich
unzweifelhaft immer noch auf 70 Stimmen, und Ileber-
rumpelungen, -wie die gestrige im Lause der Etatsbera-
tuug, besonders wenn sie so knappe Ergebniss-e haben, wie
199 gegen 196 Stimmen, werden gewöhnlich durch eine
weitere Abstimmung rückgängig gemacht und aufgehoben.
Es ist übrigens für die heutige innere politische Lagc be-
zeichnend, datz zwei Tage nachdem der Ministerpräsident
bei der Parteiversammlung im AuNwärtigen Amte seine
Anhänger gewarnt und zur Wirksamkeit gemahnt hatie,
ein derartiger Ileberfall einen Erfolg haben konrite. Auch
ersieht man, daß Ehamberlains neuerlich-e Erklärung, in
diesem Her'bste würd-en Neuwahlen bedenklich sein, eine
entsch-eidende Wichtigkeit besitzt.
LonLo n, 21. Jüli. Jn den konseröativen wie libe-
rälen Parteibureaus herrscht die Ueberzeugung, die Ne-
gierusng werde nicht gehen, außer wenn eine nou-
schwerere Niederlage kommt. Parlamentarische Geschäste
strid allerdings gegenwärtig unm-ögtich. Sehr bemerkt
wird, daß Chamberlain nnd seine bedeutendsten Tac-i-
reformer heute Nacht die Regierung im S t i ch ließen.
London, 21. Juli. Heute hat ein Ministcr -
rat von ungewöhnlich langer Dauer ftattgefunden; es
wiirden jedoch nach Schlutz desselben keinerlei Mitteilun-
gen über die Abficht-en der Regierung gemacht
und wie verlautet, soll anch- nichts darü-ber be-
kannt gegeben werden, bis Premrerminister Balfour
dem Unterhause seine Eröfsnungen macht, was, wie ge-
meldet wird, am M o n tag gesch-ehen soll. Naturgemätz
ist die Luft voll von Gerücht-en. Die Zlnsicht, die in par-
lamentarischen Kreisen v-ertreten wird, ist, dah Balfour
möglicherweise nicht zurücktritt, sondern die Geschäfte öie-
ser Session zu Ende zu führen beabfichtigt, indem er sich
anheischig macht, das Haus im Kerbst aufzulösen. Zn
jedem Falle wäre eine s o f o r t i g e A u f l ö s u n g und
die damit verbundenen allgemein-en Neuwahlen im
August bei den Parteien nicht wiIlk o mmen, weil
zu dieser Zeit die Mtglieder des Haufes ihre Ferien zu
verbringen hofsen.
Deutsches Reich.
Baden.
Karlsruhe, 21. Jilli. Die „Allgemeine Zei-
tung" schreibt: Die Mtteitung, datz der Iustizrats-
Litel in Baden zur -Einführuug gelange, scheint wie-
der zum miudesten verfrüht. Bis jetzt hat sich der Vor-
stand- der Anwaltskammer uoch nicht dazu geäutzert, son»
dern eine Rundfrage an die Kammermitglieder erlassen.
Letztere sind aber wohl nach> w-ie vor in ihrer Mehrheit
dagegen, da sie darin eine geschäftliche Schädigung 'de»
jüngeren- Auwälte und ferner wenigstens den Schein einer
Beeinträchtigung der bisherigen poMischen Unabhängig-
keit glauben erblicken zu müssen. Demgegenüb-er sind wir
in der Lage sestzustellen, üatz sich der Vor st and der An-
waltskammer durch Me h r h e i t s b e s ch I u tz für die
Einführung Ü-es Titels ausg-esprochen hat. Ob- die Mehr-
zahl der Kammermitglieder dem Beschluß deA Vorstandes
zustimmen wird, steht noch dahin. Bis jetzt wurde die
Runüfrage teils zustimmen-d, teits ablehnend beantworlet.
Zur EiNführüng des Titels ist übrigens die Zustimmung
-der Unwälte nicht erforderlich. Es bleibt ja jedem Ein-
zelnen unbenommen, o'b er gegebenensalls den ihm etw«
zugedachten Titel annehmen wtll oder nicht.
Preutzen.
Berlin, 21. Juli. Die „Norüdeutsche Allg. Ztg."
schreibt: Jn Anbetracht der widerspruchsvollen Z-eitungs-
nachrichten über den Jnhalt einer Versügung, die üer
K u l t u s m- i n i st e r an die Technischen H o ch -
schuIen in Sachen der st u d e n tischen Aus-
s ch ü s s e und Verbände gerichtet hat, sind wir in dsr Lage
versetzt, den Wortlaut Ües nach Danztg gerichtetm und
den übrigen technischen Hochschulen nntgeteilten Erlasses
nachstehend zu deröfsentlichen:
Nach mir vorliegenden Berichten hat sich an der dor-
tigen Hochschule neuerdings ein studentischer Verbano aus
nichtkonsessioneller Grundlage gebildet. Gegen derartige
Vereinsbildungen von Aussichtswegen ein-zuschreitdn, liegt
zwar im allgemeinen kein- Anlatz vor, es muß abex vor-
ausgesetzt w-srden, datz üabei j-e>der S'chein vermieden
bleibt, als ob es stch gleich wie bei den Studentenaus-
schüssen nm eine orgamsierte V-ertretung der ganzen
S t u - e n t e n s ch a s t handele. Tieser Gesichtspunkt
ist in den vom Senat der Technischen Hochschtlle geneh-
migten Satzung-en des dortigen Verbandes insofern nicht
sestgehalten, als dem Vorstand des Verbandes die i r r e-
führenüe Bezeichnung „Ausschuß" beigelegt
wurde. Es befinüen sich aber auch sonst noch in oen
Satzungen verschiedene Benennilngen nnd Wendungen.
w-elche mit der vorbezeichneten und auch von der neulichen
Konferenz der Rektoren üer Technischen Hochschulen ge-
teilten Auffassung nicht im Einklang stehen. Demnach er-
scheint eine Revision der Satzungen erforü-erlich, die indes
mit Rücksicht auf den unmittelbar bevorstehenden Schluß
des Som-mersemesters bis zu dem nächsten Wintersemester
zu vertagen sein wird.
Hebbel-Verein.
-chüferspiel in
Schwetzingen.
Heibel-b-erg,
, Heit> eI -berg , 22. Juli.
von Torquaio Tasso.
ein S-chäferspict, -ist eine Art von
iiischx/^u, darin-nen Schäfer, Baucrsleute, Jäger,
vi Gärtner, Ackerleute, Satyrn, Ntzmphen und
^ffüh^uima allerlcy Gattung! vo-n LanÄleuten aus-
wcrden, und wo man nichts hörct als lauter Kla-
dab-ender Perso-nen-, Lesgleichen von der Grausamkeit der
don Streitigkc-itc-n, Wer am ibesten singen könnte, vo-r
Aachstellungen ücr Wal-dgötter, von- Entsuhrung der
andcren- -dergleichen eiilen Begebenheiten.
d» sigtz ,>>H- Uon anl
"'«'selben crst in den neueren- Zeiten und zwar von
— - - - — -
^eccari, desscn Schaeserey 1653, unter- dem Titel il
So Licht kam, crsonnen. —
iu c-iner alten Quelle. Wvhl das sinnreichste von
Mhr< Gedicksten ist -der Aminta des Torquato Tvsso vom
blr>ä^, PSchon als Astiinta noch ein Kna!be -war, wurde ihm
„Atz> -lL^> ^lldia vertraut, mit der er jagte, sischte un!d Vögiet
Lsier H-crz zog cs zn Silvien. Einst war Phyllis von
Kestochen worden; ihren Schmerz zu stillcn, sagte
?Un^?..uberkrästige Sprnche her und brachte die Lippen ihres
Mundcs auf der Phyllis kranke -Wangc. Kamn
, llin-int -geschen, so näherte cr sich und- tat, als Isätte
iu die Lippe gestochen, und beyehrte Hcilung von
e stin s,". 2ippen dcr Schöncn. Sei-t jcncr Stunde verzehrt
hcx das Wtze Empfindcn- für Silvien trei-bt ihn hin
si-Üch Sprödcn Gcgcnl-ie-be zu erwecken, mühte
d>-,i n.R-drci Sommvr vcracbli-cki. Einst tzört er durcki Tkvr-
v'vser 'ch- in c-iner alten Ö
Athre Gedicksten- ist -der A
'der -t'-sahrton kühner Streisercicn, datz Silvia niit Daphne
deZ Quclle badcn würde, aber auf den schwarzcn
" Vqniä.-^'steren Freun-des, die Nymphe, wann sie hilslos ist,
gmg er nicht ein. Ungewitz und voller Zweifcl, nur
^ULen
von dem harten Drängcn- des Gesährten, nicht von- seine-m Her-
zcn gctricben, macht er si-ch auf dcn- Wog und kommt gerade zur
rcchtc-n Zcit, um- eincn garst'gcn Satyr, der!Silvien überfallen
unü mit tausenü festen Knvten an einen Wau-m gefesselt hat,
zn versagcn und d-ie GeliMe zu besreien. Jeht ist ihm sützev
Lohn -gewitz. Nein, weit tzefehlt. Die spröde Silvia entslieht,
und so wen-itz ist sie durch Amintens Werbung yerührt, datz ihr
nur Jagd- und- die Versoltzung eincs Wolses iin Sinne liegt.
Wahrlich, schnüdcr Undankl Am-int enteilt in Vcrzweiflung.
Und bald scheint es, als nähme die Geschichte des -Paares -den
düstercn Ausgang der Tragödie von Pyramus nnd Thisbe.
Eine miitleiüige Hirtin bringt Aminten d-ie K-unde, Silvia ha-be
den- -Wo-lf allzueifmg versolgt,, an einem cckgclegencn Ort im
Walde sand man ihren 'Spcer und nicht weit davon ihren
Schleier unb dann — o Graus — cinen -Haufen tzon sieben
Wölfen, die Blut v-om Bo-deu leckten, das u-m- kahl tzenagte Kno-
chen rinys versprenyt zu sehen -war.
-Es ist am Ta-ge, Silvia ist n-icht me-hr I Der Schmerz rau-bt
Aminten die Sinne. Er weilt nicht -längcr. Wie rasen-d stürzt
er fort, um nim-mer wieder zu kehren. — Die büse Nachricht
bon Silv-iens Tode hatte- sich ohne Grund vcrbrcitet. S-ilvien
war es -gelungen, sich vor Wolfesra-chen in ihre Hütte zu retten.
Zlber diese Kun-de kommt für Aminta zu spät. Er hat sich mit
Lem Rufe: „Silvia, ja, ich folge Dir!" jählings von dem steil-
sten- Felsen herabgestürzt. Doch noch ist es für die Liebenden
n-icht vor-bei. Und -wie sie- dann nach Amints Rcttung doch noch
vereinigt wurden-,, das kanm- jencr Busch erzählen-, an dem- Fel-
sen, von' -dem Amint in die T-iefe sprang. Aus dem Fels hcr-
ausgewachsen,, bot cr, mit Moos, Dorn und Reiscrn verwebt,
e-in breites Schuhda-ch. Und Am-int ift unversehrt und sein
Leben nicht gefährdet.
Tassos Aminta cnthält Anspielungcn auf Verhältnisse am
Hofe von Fer-rara nnd e-inc Huldigung für Herzo-g Alfonso.
Äber heute ist nicht Fe-rrara die Losung, sondern Schtvetz -in-
gen: das italienische Schäferspiel im deutschen Rokokopark.
W-ie die Bälle und Soupers, so waren die Empsänge he-im
lever, die Corsos, die das Wäldchcn mit Kalvalkaden- füllten, die
Besuche der Modistin und der Messen, die Promenaden, die
Vergnügungspartien, die uuits blanches ni-it ihren Spiclen,
Symphonien, Jlluminationcn, die Herrcn und D-anwn -bis zur
Morgen-dämmerun>g fesse-Iten, die Rendezvous der Mode Gele-
'genheiten, im blotzen Zusammensein, im schönen Verkehr, sich
zu kultivieren, zu intriM-ieren, zu slierten. Eine viel hübschere
Zerstrennng und Ausregun-g als der Besuch dcs öffentlichen!
Schau-spiels Wetet das Gesellscha-ststheater. Das Schäferspiel im
Park aus eigencm- Grund und Boden ift eine dcr möglichen
Variationcn der gesellschaftlichcn Untcrhaltung. Die Damen
geben- sich und ihren Putz zu-m besten und spie-len ohne Gage
mit. Man verwandelt sich in einen Mopsus, Ac-is, Aminta,
Dhyrsis, cine Chloe, Daphne, Hercynia, Ga-lathea, Silvia. Die
Welt der Jntrigue- und Blasiert-Heit sieht gern -im Sp-iele vor sich
die Welt des Jdylls wirklich -werden, die sansten Sitten und die
Gesühle von Hirten und Nymphen, den sogenanute-n Natnrzn-
stand, vo-n- dem sich so sütz träu-men lätzt. So schafft dieser
Zeitvertrcib eine Zlrt Ficber und Bezauberung für manche, er
brin-gt die kleinen Freuden- der Kulissen herbei, dic Lüge der
Szene, d-ie Jllusion der Komödie. Und so tritt -dann Amint
hinter dem Busch hervor un-d erfüllt die Lust mit Klagen über
SUvias Sprödigkcit. Die alten Wipscl des Parkes rauschen,
die -Fitzuren erscheinen und treten ab. Alles wieder in alten
Zeiteu. —
Fehlt leider nur die kulturh-istorischc Situat-ion. Keine kur-
pfälzische Hofgcsellschaft, keine erkauchtigen Am-inte und Silvien-,
käin Reisrock un-d Galanterie-degen I Ein- modevnes Publikum,
deutsche -Studenten, die qute bürgerlichc Gesellschast, mrd über
der ganzcn literarhistorischen Veranstaktung die -Frage: -schas-
fcn uns die Leidcn und Freuden -der Schäfer noch eine ästhetisch«
Erregung? Jst uns dies Spiel meh'r als eine Kuriosität nnd-
Maskerade? —
Um! iden'etwas t-efer gelagerten Wiesengrund, -das Pavterre-
Die heulige Nummer umfaßt drei Vlätter zusamme» 14 Seiten.