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Heidelberger Zeitung (47) — 1905 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177-203 (1. August 1905 - 31. August 1905)
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Montag, 14. August 1905

Erstes Blatt.

47. Jahrgang. — Nr. 18K

Trschei»t täglich, Lonntagk au»genommen. Prei» mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in'S HauS gkbracht, bei der Expeditlon rmd den Zweigstatlonkn abgeholt 4V Pfa. Durch kik Post

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Deutfches Reich.

W i l h eI m s h ö h e, 12. Aug. Der Kaiser em-
heute die Präsidenten der Columbia-Universität
^ uttler Mid Deken. Zur Frühstückstafel war die
^>wüwete Generalin von Schweinitz geladen.

Baden.

— Der „W aIdmichel" hetzt in seiner Nummer 6
sveiter gegen das S t i s t u n g s g e s e tz, das nun schon
^lt einem Menschenalier in Kraft ist, ohne daß sachl'ch
^gründete Klagen gegen dasselbe vorgebracht werden
onnten. Der „Waidinichel" selbst mug zum Schluß. ge--
^hen, er glaübe, daß der Erzbischof „das Geld nicht mehr
^urückverlangt". Sehr begreiflich, denn die Stistungen
chkrden unter der Aufsicht des Staates tadellos verwaltet.
<öie es fsch nüt den großen Spitalstiftungen verhal-
tfn^ hhch hjx ursprünglich den iGemeinden gehörten und
wsen unt vollem Recht Aurückgegeben w'ur'üen, d-as ist
'üuiich schon aussührlich dargelegt worden. Der „Wald-
hüchel" hetzt eben lediglich. um zu hetzen. Er soll nur so
'Ert machen, ein neues Konkordat, die Aushebung des
^Uftungsgesetzes und andere schöne Sachen verlangen,
ann werden dem katholischen Bolk bald die Augen auf-
Ihen über die Bestrebungen des Ultramontanismus.
^ohr ungeberdig zeigt fich der „Waldmichel" über die
^wstiminung, daß geistliche Stiftungen über 5000 Märk
RegierungsgenehiniAing bedürfen. Das ist in Wirk-
üchkeit eine sehr weise und nützliche Schutzbestimmung.
chchon manch-er h-at in der Ang'st für sein Söelenheil sein
'"rriuögen der Kirche vermacht und feine Verwandten leec
^sgehen lassen. Mian hat nicht gchört, daß solche Stif-
^ngen.zurückgewiesen worden wären. Ta ist es gut,
d^nn der Staat, wo >es fich um erhebliche Beträge handelt, -
sagen kann: wir wollen einmäl nachfchauen, wie die Sache
.?^3egangen ist nnd ob die Stiftung auch als reckjt und
Ag gegenü'ber den Erben anzusehen ist. Wenn der
.'^Waldmichel" diese Bestimmung als einen Giftzahn ini
^tiftungsgesetz änfieht, den er gern ausbrechen möchts,
geht daraus hervor, daß aus ihm nicht, wie er vorgiebt,
hsn kluger und belesener Bäuer spricht, soüdern einer
^ner, von denen es in Goethes „Faust" heißt:

Strich drauf ein Spange, 'Kett und Ring
Als wären's eben Pfifferling.

Tankt' nicht weniger und nicht mehr,

Als obs etu Korb voll Nüsse wär!

Verfprachl ihnen Mllen hinimlischen Lohn. -—

Uüd fie waren sehr erbaut davon.

F r e i b u r g, 13. Aug. Es wird uns geschriebeii:
^>Nit Recht wird der „P ol itische Wal d miche l"
^ Zentrums in der gesamten liberalen Presse Badens
schärfsten Ktitik unterzogen, denn was hier zur t e n-
> ^ uziösen Entstellung der geschichtlichen Wahr-
geleistet wird, das geht, um einen Volksausdruck zu
^rauchcn, doch stark über das Bohnenlied. Würde in
t^r liberalen Presse Badens ein derartiges Elaborat Iln-
.^kunst finden, so wäre Herr Geistlrcher Rat Wacker gleich
der Hmrd mit dem von ihm belfebten Rufe: „N a -

Wilhelm Onckeu


Wilhelm Oncken, so schreibt die „Köln. Ztg.", ist ein Ge-
kDchtsforschcr dahingeschieden, besscn eigenartige Bedeutung
datz er nber seiner der Vergangenheit zugewandten
^sgkeit die Gegenwart nicht aus dem Auge verlor und es
unter seincr Würde hielt, mituntcr aus der Gelehrten-
^ bem akademischen Hörsaal in die Arena der politischen
^ägeskämpfe zu treten. Sein Lebensgang führte ihn früh zu
tzurch die Entwicklung unseres öfsentlichen Lebens gebote-
^ ü aber, so scheint cs, auch heute noch nicht überall verstande-
^el gcbilligten Auffassung von dem Beruf eines dcutschen
ft„ssmtcn. Oncken wurde nach Vollendung der Gymnasial-
sici>ein bcgeisterter Schüler des unvergetzlichcn Ludwig
b^Rür, des Gelehrten, dcr sich, wie Oncken in den „Heidel-
^ 8ex Erinnerungcn" erzählt, fast in jeder Vorlesung zu dem
^rm^en bekannte, datz Preuhen der Kern sci, an den der
bes dcutschen Staates sich ansetzen müsse. Schon die
Bugsarbeit Onckens, cine Untersuchung über Jsokrates und
lx.SÜHcner, verriet die politische Ader und brachte ihm bon einer
^c,Agten Kritik die Mahnung, nicht zu sehr zu „modernisieren".

Mahnung in der ersten Hälfte der sechziger Jahre
^s^chtet blieb, war zu verstehen. Denn das „Naturgesetz der
sexj nalität", das damals das Staatengefüge Enropas crschüt-
bi reizte den jungen Gelehrten, die Spuren dieses Gesetzes
Vergangcnheit aufzusuchen; das Ringcn nach politischer
siez^Ung, nach cinem schützenden Obdach für alles nationale
irhj-'s war ihm dcr wertvollste nnd würdigste Jnhalt jeder Ge-
boppelt wertvoll für den Deutschen jcner Tage, der un-
Ke nationalen Sorgen und Hoffnungen seiner Ge-
Hy,, Pt in das Bild eines fremden Völkerschicksals hineintrug.
>>i,b shtchen Gedanken geleitet, schrieb Oncken das Werk „Athen

eine glänzende Verteidigung dcr athenischen De-
>>,yl^s>e, insofern sie bei all ihren Fehlern nicht nllcin das
fbch^wlle, geistige und künstlerische Leben Griechenlands zur


Blütc gctricbcn, sondcrn auch die politische Einheit der
Uen ehrlich und mutig erstrebt habe. Der lebendige

men riennen!" Wir isinÄ hier nun Mar nicht der
Aüsicht, d-ah eine einzelne Person in der Zen-
trümspartei sür den. „politüschen Waldmichel" verant-
wortlich gemacht werden kann, denn dadurch, datz dieser
mit dem Vundesorgan der Partei als Sonntagsbeilage
vertrieben wird, hat sich die ga n z e Le i tun g der Zen-
trumspartei für den iJnhalt des „politischen Waldmichels"
verantwortlich erklärt. Abcr imwerhinbleibtesinteressant,
w e r der Versasser dieses sonderbaren politischen
Kampfmittels, in dem eine jesuitische Kasuistik ihre
Triumphe feiert, ift. Wir sind in der angenchmen Lage,
hier nähere Aufschlüsse gchen Zu könuen. Wie uns näm-
lich ans zuverlässiger Quelle mitgeteilt wird, soll der
Autor Herr Landtagskandidat Schoser - Freibnrg sein,
jener katholische Geistliche, der s. Zt. in der
Tenunziationsaffäre -gegen den Bonndorfer Pfarrer Ho-
nold eine so eigenartige Rolle fpielte und der vor nicht zu
langer Zeit von der badischen Regierung als 'Kouvikts-
direktor von Freiburg abgelehnt wurde. Man hät
sich vor einigen Monaten gchiundert, daß Herr Schofer,
der politisch noch gar nichts geleistet hat, von dem Zentrum
dem Böziok Taüberbischossheim als Kändidat aufgedrängt
wurde. Es waren dadurch weiteste Kreise der Ansicht, daß
man in Herrn Schofer einen Trutzkandidaten gegen die
Regierung zu erblickeiü 'habe, welche sich herausnahm,
Herrn Schofer für den vermerkten Posten nicht genehm zu
finden. Nun bekommt die Sache Plötzlich ein anderes
Gesicht. Herr Schofer schenkte der Zentrumspartei den
„Waldmichel" und dafür wurde er Landta'gs'kandidat.
Wir wissen auch anzusühren, w o und unter wessen Asfi-
stenz er seine Quellettstudi-en zu dem „politifchen Wald-
michel" gemacht hat. Herr Geistlicher Rat Wacker von
Zähringen u. sein großer „politischer" Aktenschrank, seine
Registratur politischer und anderer Vorkommniss'e, dürs-
ten darüber erschöpfende Auskunft geben können! Herr
Wacker und Herr Schofer sind ja von früherher bestens be-
kannt. . . . Soweit unsere Jnformationen, an denen
zu zweifeln wir keinen Grund häben. Herr Geistlicher
Rat Wacker wird ja darüber am besten Aus'kuuft geben
können. Jedenfalls hätte, wenn die Annahme der Ver-
fasserschaft Zutrifft, Herr Schof'er seine Begabung von
einer neuen Seite gezeigt."

Karlsruhe, 12. Aug. Jm Jahre 1804 wurde in 7644 Fällen
das Strafverfahren wegen Zuwiderhandlungen gegen die Lan-
hessteuergesetze eingeleitet. Erledigt wurden 7882 Fälle, von
denen 287 mit Freisprechung, 234 mit Defraudationsstrafen im
Gesamtbetrag von 89 814 Mark, 2752 mit Ordnungsstrafen im
Gesamtbetrag von 11367 Mark und 4409 mit Verwarnungen
cndigten. — Die Vermittlungstätigkeit der badischen Arbeits-
nachweise wurde im verflossenen Monat Juli bei der männlichen
Abteilung in herborragender Weise in Anspruch genommen.
Die Zahl dcr vcrlangten Arbeitskräfte (offenen Stellen) dieser
Abteilung ist mit 8400 die höchste, die seit Bestehen der Anstal-
ten ermittelt wurde, und übersteigt die bezügliche Ziffer des
Vormonats (Juni) um 750 und diejenige des Monats Juli 1904
sogar um 1060. Jn gleichem Matze stiegen auch die Zahlen der
eingetragenen Arbeitsüchenden (um 1231 bezw. 586), sowie der
vermittclten Stellen (um 975 bezw. 400), während bei den
Passantcn gegenüber dcm Vorjahr eine ganz erhebliche Abnahme
(um 1921) und im Vergleich zum Juni ds. Js. eine nur gering-
fügige Zunahme (um 116) ermitteli wurde.

Konst a n z, 12. Aug. Einer Einladnng des Kai-,
fers folgend, boabsichtigt ber Großherzog an der
. Kaif erp ä r a -d e bei Homburg teilzunehmen und
fein Regimenr selbft 'döm Kaiser vorzuführen; auch der
Erbgroßherzo g hat seine Bet-eiligüng zugesagt.

Karlsruh e, 11. Aug. Die G e n e r a I d i r e k-
tron di.r badrschen Staatseisen'biahnen hät rn ben letzten
Tagen eine große Aüzahl von Ahzügei: der vom Eisen-
bahndirektor de Terra herausgsge'benen Druckschrift
„Allgemeines Ve r k e h r s w e s e n" in den
Eisenbähnwerkstätten an Stationsarbeiter verteilen lasi
sen.

Elsasi-Lvthringcn.

Straßburg, 7. Aug. Der vom 20. bis 24. d. M.
hier stattfindende deutsche Katholikentag begiunt
bereits seine Schatten vorauszuwerfen. Die Hauptveranstal-
tungeu des Katholikentages werden in einer am Steinring
erbauten Halle stattfinden. Jn unmittelbarer Nähe dieser
Halle wollte sich ein Kölncr Hänneschen-Theater auf längere
Zeit niederlassen. Die Behörde gestatte mit Rücksicht auf
den Katholikentag nicht, daß die Vorstellungen des Hänneschen-
Theaters am Steinring abgehalten werden. Die Besucher
des Katholikentages werden aber über die Fürsorge, der sie.
in Straßburg begegnen, gewiß sehr erfreut sein.

— Das 16. Armeekorps beabsichtigt in der Hermes-
keiler Gegend nmfangreiche Ländereien als Truppen --
übungsplatz anzukmrsen.

Preußen.

Kattowitz, 12. Aug. Nachdem der Landwirt-
schastsminister v. Pobbielski gegienüber äen Bürger-
meistern Heuser-Myslowitz u. Stolle-,Königshütte in einer
Unterredung die sofortige Er'höhung des Einfuhrkontin-
gents rnssischer Schweine für OberschWen wegen angeb-
licher Seuchengefahr abgelehnt hatte, telegraphier-
ten berde Bürgermeister an Äen Reichskanzler we--
gen einer 'Aüdienz in Sachen ber Schw-einenot. Jm Laufe-
näch'ster Woche findet in Myslöwitz abermals eine N o t-
st a n ä s k o n f e re n z oberschWfcher Magistrate statt.

Ha11e a. d. S., 11. Aug. Der 'A k a d e ni i s ch e
Turnbund hat anf feiner dem 4. Buüdesfest in
Dessau (4.—7. August) borausgegangenen Bundestagung
solgende Resolntion gefaßt: „Der Mabemische Turn-
buüd" erklärt, daß er auf dem Boden der Eisenacher und
Weimarer Beschlüsse des Verbandes deutscher Hochfchulen
steht. Er sieht es' für wünschenSwert aN, daß die einzel-
nen Bündesvereikiie sür Ho'chschulausschüsse emtreten,
tzvelche konfessronelle Ver'biüdungen ausschließen. In drs-
sen erblickt der Akademrsche Turnbund nicht nur eine Ge-
sähr'dung der Geistesfreiheit auf deutschen Hochschnlen,
fondern auch einen 'dänernden schweren Schaden für die
Wohlfcchrt und den inneren Friöden des gesamten Vater-
landes."

Breslau, 12. Aug. Die „Schlesische Dolkszeitung"'
meldet: Wegen Hochverrats und Geheimbü n-
'deIei wurde auf Grund eines Haftbefehls des Glei-
witzer Staatsanwalts der große polnische Agitator, Schuh-
macher Johann Wycisk und Zabre-Nord verhaf-

Schwung der Sprache, womit er diesen im übrigen durch gründ-
liche Quellenkunde gestützten Gedanken vortrug, war damals in
der deutschen Gelehrtenwelt, wenigstens unter den Fachgenossen
Onckens, noch eine ziemlich ungewohnte Erscheinung; als daher
Arnold Schäfer dem warmblütigen Privatdozenten mitzbilligend
die Ueberschwenglichkeit seines Stils borhielt, rechtfertigte dieser
sich mit den bemerkenswerten Worten: „Meine Sprache ist die
einer aufrichtigen Begeisterung für meinen Gegenstand, deren
Feuer stch vielleicht mit den Jahren abschwächen wird, deren ich
mich abcr niemals schämen wcrdc."

Unterdesscn ritz die immer drohender gcwordcne Zuspitzung
des Gegensatzes zwischen den beiden deutschen Grotzmächten
auch Oncken in den Strudel der politischen Kämpfe. Mannhaft
stellte er stch in seiner Vaterstadt mit wenigen gleichgesinnten
Gcnossen der irregehenden Strömnng seiner Landsleute ent-
gegen; damals verdiente er sich auch die journalistischen Sporen,
indem er für die „Badische Landeszeitung" in Karlsruhe, die
auf bedrohtem Autzenposten das Banner Preutzens aufrecht zu
halten suchte, eine lange Reihe packender Leitartickel schrieb.
Als dann nach dem Siege Preutzens auch im deutschen Süden
die Gemüter allniählich sich beruhigten, kehrte Oncken zu den
unterbrochenen Forschungen zurück. Nachdem er im Jahre 1868
aus dem Nachlasse Häussers die Vorlesungen über das Zeitalter
der Reformation und über die französische Revolution veröf-
fentlicht hatte, folgte im Jahre 1870 die „Staatslehre des Aristo-
teles", ein umfangreiches Werk, das neben philologischer und
historischer Gründlichkeit grotzes Verständnis politischer und
sozialer Probleme offenbarie. Bald darauf folgte er einem
Rufe als Professor der Geschichte an die Universität Gietzen, der
er bis zu seinem Ende treu geblieben ist, als eirle Zierde nicht
nur der hessischen Alma mater, sondern der ganzen deutschen
Wissenschaft.

Jedoch hatte infolge seiner Teilnahme an den politischen
Kämpfen der Politiker in ihm einen Sieg über den Gelehrten
insofern wenigstens davongetragen, als er seitdem immer nach-
haltiger sich der Erforschung der neueren dentschen Geschichte
widmete. Jn der Mitte der siebziger Jahre erschienen gewisser-

mahen als Vorbereitung auf die Werke der neuen Richtung die-
betden Bände „Oesterreich und Preuhen im Befreiungskriege'st
eine ausschlietzlich aus urkundlichem Material geschöpfte Ge-
schichte des Jahres 1813. Die Methode, die Oncken hier an-
wandte, indem er die Urkunden in den Text des Werkes ver-
arbeitete, ist zwar von einem Teile seiner Kritiker angefochten
worden, aber er hat bewnht daran festgehalten und ist ihr auch
in den grotzen Werken der folgenden Zeit — „Zeitalter Fried-
richs des Grotzen", „Zeitalter der Revolution, des Kaiserreichs
nnd der Befreiungskriege", „Zeitalter des Kaisers Wilhelm" —
tren geblieben. Die drei zuletzt genannten Werke sind in der
bon ihm in Verbindung mit anderen Forschern herausgegebenen
„Allgemeinen Geschichte in Einzeldarstellungen" erschienen unb
bilden ein ehrcndes Denkmal erstaunlichen Fleißes, gcwissen-
hafter Forschung und schriftstellerischer Begabung. Auch seine
anderen Werke zeigen diese Vorzüge, nicht zuletzt das mit
glühender patriotischer Begeisterung geschriebene und in un-
zähligen deutschen Familien verbreitete Buch „Unser Helden-
kaiser", das er im Jahre 1897 im Auftrage des Komitees fün
die Kaiser Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin verfatzt hat.
Jene Sorge, die er den Kritikern seiner Erstlingsarbeitcn ent-
gegenhielt, datz das Feuer seiner Begeisterung sich vielleicht mit
den Jahren abschwächen werde, ist itzm glücklicherweise, wie die
letzten Werke seiner Fcder bekunden, nicht in Erfüllung ge-
gangen, cr hat sich die jugendlichc Frische der Darstellung bis
ins Alter bewahrt. Aber Oncken war auch, wie wenigc seinev
Berufs- und Zeitgenossen, ein Meister des gesprochenen Wortes.
Mochte er im hessischen Landtage oder im Reichstag, dem ez:
vorübergehend angehört hat, zu einer politischen Frage sprecheit"
oder bei feierlichen Anlässen von den hohen vaterländischen
Dingen reden oder endlich vor akademischen oder anderen Zu-
hörern ein Problem seiner Wissenschaft erörtern, — niemand-
konnte sich dem Zauber seiner klaren, mächtigen, aus dcm Herzen
kommenden und daher die Herzen packenden Rede entziehen.
Alle Patrioten vernehmen trauernd die Kunde, datz mit Wilhelm
Oncken wiederum ein an Geist und Charakter hervorragender
Gelehrter und Politiker bon uns geschieden ist.
 
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