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Heidelberger Zeitung (47) — 1905 (Juli bis Dezember)

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Nr. 151-176 (1. Juli 1905 - 31. Juli 1905)
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Dorrnerstag, 27. Zuli 1905

Erstes Blatt.

47. Jahrgaug. — Nr. 173.

rscheixt täglich, SonntagS auSgmommen. PrciS mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in'S HauS gebracht, bei der Expedition und den Zweigstarionen abgeholr 40 Pfg. Durch die Poft

bezogen vierteljährlich 1,95 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

"ieigenpreiS: M Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Anfnahme von Anzeigen

^ bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate anf den Mackattafrln der Heidelberger Zeitnng und den '-ädtisckien Anscklaastellen. Ferniprecher 82.

„Kreuzzeitung" über die Erfolge des
Zentrums.

Eon-s. „Kveuzzeitung" fcheut sich' nicht, über die
uik des ZentrumA wie fotgt zu jubÄrr:

' Melleicht erweist sich das Zentruw in der Aus-
Mtzung seines glänzenden Sieges als der bessere Po-
^kiker. Der Liberalismus hat, als er im Reiwstage
Macht besaß, seine eigene Gosetzgsbungsära so
urundlich ausgenutzt, daß er bald aüf den Aussterbe-
kam. Das Zentrum aber zeigt im allgemeinen
uwhr Geduld und Selbstbeherrschung und wird auch
k 4-^ in Bayern von der Politischen Erbweisheit der
^thvlischen Kirche nicht ganz verlassen sein. Mehr als
.->"» EvangelischLN lieb sein kann, wird es verstchen,
in scinem Besitz einzurichten. Da es wirtschaftlich
. ibrechtere Grundsätze hat als der Liberalismus, wird
Bolk materiell bei ihrü nicht schlecht fahren.
dg Lrößte Wohlbehagen aber empfindet das ortho-
Rückschrittsblatt bei dom Gedanken, wie jetzt endlich
^i,n ^ K u n st und W i s senschaft ernstlich von
ty schwarzen Reaktionsbruder zu Leibe gegangen
kann. Man hört seine wahrhafte Freude geradezu
"^^Nn es von >der Unterdrückung der Wissenschaft
' Eunst für das weitere Bolk spricht:

^ . "Ta, wir müssen es einmal gerade heraus sagen,
ay dis Art, in der manche liberale Kreise und liberale
siküungsn für Wissenschaft und Kunst eintreten, das
^lEndige Publikum geradezu abschreckt. Die Wissen-
hnt sich so spezialisiert, die Künst so differenziert,
isi ^ Bestes und Höchstes nur wenigen verständlich
^ Trotzdcm wollen die Libcralen mit Wisscnschast
x? .. Kunst dic ganze Wclt befreien und crlösen. Da
^ uch jetzt besouders um' Bayern hanöelt, wo die bil-
eudx Deutschlands ihren berühmtesten Mittel-

^ E haf^ — was wird nicht alles in Popularisierung
Eunst gefündigt! Seit eiuigen Jahren fängt man
^u^an, die Kiuder „Kuust zu lehreu", noch ehe sie in
biix^ule gehen, läßt sie zeichnen und modellieren.

oet Spielereien in Kunstzeitschriften ab und
j. unser Jahrhundert um dieses verwünschten Spor-
^sllen gar „das Jahrhundert des Kindes". Solchc
ähnliche Berirrungen (auch auf andern Kunstge-
L>, ^N, z. B. dem Dhsater) tragen ausnahmslos den


^mpsi tzsK Liberalismus'."

Anerkennung der Kulturtaten des Liberalis-
?^rnen tvir vorab mit Dank und Genugtuung an.
andern Seite aber hat die Lobhudelei des stark
"lsil^Eiven Orgaus über deu kuItuMen Wert dsr
botjsi!?°"kanen Weltanschauung bei 'der Zentrumspr.esse
stpf, ^ hämischen 'Jubel gefunden, die ihren Freund
-Fsudsr im Kampfe gsgen >die Verbreitung von Wis--
Ttztz Vt und Künst im Volke innig an das Herz drückt.
"^ol, "" und wird den Liberalismus jedoch, wie die
3tg." richtig hervorhebt, nie und nimmer davon
^ der Erziehung der breitesten Schichten' des

Zü freier Wissenschaft, zu edler Kunst und damit

zu höherer Wöltanschauung seiue voruehniste und schönste
Aufgabe zu sehen. _

Deutsches Reich.

—Es ift v'erschiedenemale der Bewegung Erwähnung
getan worden, die zur Beseitigung angeblich in großem
Umfang bestehender B e st e ch unge n und Beein -
fluss-ungen von Angestellten im täglichen
Geschästsleben eingeleitet un'd! seitens der zuständigeir
Reich'sbehördön durch Anordnung' von Untersuchungen
unterstützt wurden. Jnsonderheit sind natürlich die Han-
delskammern Zur Abgabe von Gutachten aufgefordert wor-
den; aber auch einzÄne größere Vertretungen von' Ange-
stellten hat man zur Aeußerung ihrer Ansicht veranlaßt,
so u. a. den „Deutschnationalen Handlungsgehilfenver-
band. Dieser hat durch Umfrage bÄ seinen 800 Orts-
gruppen die Ueberzeuguug gewvnnen, daß ein gesetzlichcs
EinschreitM' gegen deu behaupteten Uebelstand nich't
e r s o r d e r l i ch sei, da letzterer tatsächlich' nur iu g a n z
bescheidenem Umsange bestche.

Baden.

L a l) r, 26. Juli. Di e P r o t s st v e r s a m:n I u n g
g e g e n d i e T a r i f r e f o r m, der u. a. auch Oberamt-
mann Dr. Clemm uüd Oberbürgermchster Dr. Alt-
feIix auwohnten, war sehr stark besucht und verlief It.
„Lahrer Ztg." in prächtigster Stimmung, Nach' einem
Vortrag Frü h aufs wurde die Karlsruher Resolution
mit allen gegeu eine Stimme angenommen.
Handelskammerpräsident Stös s e r suchte die Stellung-
'nahme der Lahrer HandÄskammer, die sich' bekanntlich
für die Reform ausgesprochen hat, zu rechtfertigen,
faud aber keinen Anklang iu der Dersammlung; dagegen
riefen die Ausführuugen eines Nertreters der Arbeiter-
fchaft lebhafteu Beifall hervor.

— Die O e f 'fe u t li ch k eit der Grund -
bücher betr. wird der „Oberrhein. KorresP." geschrie-
ben:

Obgleich die Gruüdbuchardnun'g voin 24. ,M<irz >1897 besa,gt:
„Die Einsicht des GrunMuchs ist Je'detn 'gestattet, 'der ein be-
rechtigtes Jnteresse 'darlegt", scheint doch je'der 'Bundesstaat diese
reichsgesetzliche Bestilmmun'g Lntweder anwendM oder nicht an-
weüden zu Wnncn. Württe'mberg hat von dieser Besrimmung
Gebrauch gemacht, während Baideni >die Einsicht >des Grundlbuchs,
treu der alten Trüdition,, Jechermann' gestattet, ob er ein
berechttigtes Jnteresse darzulegen vermag oder nicht. Warunr
in diesem wichtigen Puükt Leine Einheit zu erzieleu war oder
warum hierin AusnahwebestimMuugen zugelasssn wurden, ist
wcchrlich nicht leicht auszuldenken. Jn jede'm Falle >ist es sür
diie 'Lüdischen- Grundeigentümer ntcht angenehm, unter Umstän-
den sogar sehr nachteilig, wenn- Je'der, wie'derholt sei es gesagt,
stedern'.anu, der es be.rlangt, seine Mase tn das von ihm ge-
wünschte GrunidbuchUatt, besoüders in die dritte .Abteilung der
Pf.a>ndlasten, stecken darf. Fn dieser Weziehung hätte wohl Ba-
den seinfi alte -Trüdition ausgeben dürsen. Jn etnem anÄLren
Punktc, 'der allcrdings ntcht uuter gegenwärtige Ru'brik fällt,
wäre es besser >gewesen, weün die alte Traditton beübehcckten
worden wäre, nämlich in der ZustänÄigLeit' des Grundbuchamts.
Na-ch 8 48 Ler badischen Grundbuchd'ienstanwe'isung vrstreckt stch
näml'ich 'die örtliche Zustäüdigkett des Grunidbuchamts auf sämt-
liche Grundstücke, die ,tn dem betn Grundbuchbezirtk gelegen siüd.
Wenn aber >beifpielsweise ein in Karlsrühe wohnender 'Gläubi-

tzi


»i

»ib

Kleine Zeitung.

enz, 25. Juli. Die Strafkammer vcrurteilte
er Fink, der mit dem Raubmörder Hudde die

auch im Pfarrhaus

und Stellunc, uuter Polizeiaufstcht. Fink war
^lden-Erst verdächtig, an der Ermordung des Pfarrers in
b-tzir7°era

!!> )N der Umgegend von Liuz,

verübte, zu 6 Jahren Zuchthaus, 5 Jahren

»ejsj'^^bcn, derctwegen Hudde zum Tode verurteilt wurde,
>. s>swescu zu sein.

?»r.. Hlldharghausen, 24.

^ Gewerbe

Mi. Dieser Tage wurde
u nd I- n d u st r i e - A u s st e I-

" n ^ ^ ^ ^ ^ 44 44 >4, o 4r V 44 ,4 4 4 ^ - 4^. 44 ,4 4.

'üj ^""isnet, bei der eiue Besonderheit darin bestand,
^ ressc zur Erösfnun-gsfeier nicht eingela-den
-sc ?8ermntlich, so schreibt die „Frankf. Ztg.", sind
h' dstEnngsileiter 'der Ansicht, daß die Ausftellung
dcffsMjchs'eit kein Jnteresse biete, uüd die Presse
sjh Nicht in dieser Anffassung zu ftören und daher
^ Perichterftattung >über ein derartiges Ausstel-
^8, ^^nehmen zu verzichten. Das ist der einzige
Lsute, denen' das Derständnis für Wesen und
"P der Presse abge'ht, in- diefer Hinsicht zu er-

25. Iuli. Gestern zu später Abend-
Verhaftung ciner vornchm gekleideteu
>>,<^ahr Aufsehen. Die aus Riedzelz gebürtige
P "crh > als Gouvernante in Naucy in Stellung

' "vg )"chte ihre Ferien bei ihrcr Freundiu, der Frau
Ver. Auch dcr Bräutigam der K., eiu Franzose

aus Nancy, kam mitunter in die Familie B. von hier, um
seine Braut zu besuchen. Vorgestern Abend rcistc der Fran-
zose nach Straßburg ab und auch die K. wollte gestern
Abend von hier wegfahren. Sofort darauf merkte aber die
Familie B., daß ihre Schmucksachen und Kleider im Werte
von über 600 Mark fehlten. Man schöpfte Verdacht, die
K. habe die Sschen mitgenommen. Sie wurde am Bahn-
hofe festgeuommcn und in Nummer Sicher gebracht, wo sie
gestand, die Diebin zu seiu. Sofort wurde nach Straßburg
Befehl gegeben, die dortige Polizei möge nach dem Bräuti-
gam der K. sucheu.

— Breslav, 26. Juli. Der hiestge Landgerichtsdirektor
Hasse, gegen den ein gerichtliches Verfahren eingeleitet
war, weil cr am 29. Dezember 1904 auf den Erpresier
Lächel geschossen hatte, ist auf Beschluß des Landgerichts I
Berliu autzer Verfolguug gesetzt worden, da er nach
dem Gutachten ärztlicher Sachverständiger zur Zeit der Tat
unzurechnungsfähig war. Diesem Gutachten hat sich
auch daS Medizinal-Kollegium mit einem Obergutachten an-
geschlosien.

— Halle, 24. Juli. Vo-n seinem Hintermann er°
s ch ossen wurde am 14. Juni -auf dem Truppeuübungs-
platz in Altengrabow öer Kürassier Dehne vom Seydlitz-
Regiment in Habbierstadt. T«r Täter, Kürassier Schko-
datczik, wuröe vom Kr i e g- s ge r i ch t der 8. Divisiou
wsgen fahrlässiger Tötung mit zwei Monate'n Gefängnis
bestraft. Der Vorgang h-atte sich uach einem Schützsn-
gefecht abgespiölt; der ungelenkige Mann richtete das

ger vor be»ü Grnndibncha'mt -in Durlach >die Lös-chnng eines inr
Grun'dbuch >ber letzteren ,Gsme'inde eintzetragenen PfandrechtL
Vewtlligen wollte, wür'de er lbaW- erfahren, ^daß genannkcS
Gruüdibn'chamt im Gegeüsatz zu dem altbadi'schen Rechte —
in diesem Falle .unzustäüdig -ist. Wenn d-iese Ausiassung nicht
richtfg ist, dann befinden sich, wi>e leicht nachgewiescn werderr
kann, -viele, viellcicht alle Gruüd'buchämter B'üdens 'ini. Jrrtum.

KarIsruhe, 26. Juli. Jn nnterrichteten Llrersen
v'erlautet heute, daß der G r oß 'herzog in St. Moritz'
erkrankt fei und' das Bett hüte. (Im Großh. Zivil--
kvbinet ist von einer Erkrankung nichts bekannt.)

M a ii n y e i m, 26. Juli. Die „Nene Bad. Landes-
zeitung" fchreibt: Die Mann 'h eimer Wa h Ikrei s-
EinteiIung isi gewih nichts weniger als tadellos.
Man hätte sie anders nnd besfer gestalten können. Abcr
daß speziell' die Herren Sozialdemokraten da-
gegen in Entrüstung machen- und fogar eine Protest-Ver-
sammlung deswegen' in Szene fetzen, ist doch — gÄinde
gesagt — höchst merkwürdig. Sie waren es ja, die von
allen hiesigen Parteien zuerst über die Einzelheiten
der Wahlkreis-Einteilung u n t e r r i ch t e t waren. Sie
hatten ansreichenö' G e I e genhei t, dazu Stellung zn
nehmen und in' der städtifchen Kommission, wie im Ple-
niim des StadtralS ihre E i n w e ndungen zu e r-
heben und Hre Abänderungsanträge zu stellen. Aber
sie tatenesnicht! I m G e g e n t e i l, s i e u n t e r-
Iießen> es sogar, die'im Sta'ötrat von nat.-Iib. und frei-
sinniger Seite geltend gemachten Bedenken zu unter-
stützen oder zu widerlegen, und in der Kom-
mission erklärte ein sozialdemokratischer Stadtrat schmun-
zsln'd: „W ir find mit der EinteiInng gan §
zufrieden!" — Zlls es galt, an der zuständigen
Stelle durch' die Tat auf eine Besserung der Wahlkrcisein-
teilung hinzuwirken, legten denrnach, die Herren Sozial-
demokraten 'die Hände in den Schvß; hinterher aber ka-
men fie, beriefen eine Protesiversammlung zusammen
und zogen in tönenden Worten gegen eine Maßnahme los,
bei deren zwcckentsprechien'der Aendernng mitznhelfen, ihre
eigenen Vertreter zu bequem oder zu einsichtslos gemesen
waren!

Koburg-Gotha.

Koburg, 26. Jult. Wie nunmehr festgefetzt ist,.
wird die Hochzeit des Herzogs Karl E'duard,am 18. No-
vember auf Schloß Glücksburg gefeiert.

Ausland.

Frankreich,

Pari s, 26. Juli. Der OLmann der Kanimerkom-
mission für auswärtige und toIoniaIe AngÄc-
genheiten, Deschanel, richtete an den Ministerpräsidenten
ein Schreiben, in dem er 'üie von dieser Kommission an-
genommen>en Beschlnßanträg-e aufzählt. Diese vetresfen.
nnter anderen die V'erteidigung von J-ndochina, Dekar,.
Diegv Suarez und Madagaskar. Ferner wird ein Ein-
vern-ehmen mit England bezüglich 'des Ausbaues des chi--
nesischen Eisenbahnnetzes und die Solidarisierurrg der
englischen und französischen Jnteressen in China und
Ostasien empfohlön, durchi die 'd-en beiden Mächten die Er-
haltung ihres territorialen BestHstandes im chinesischen

Malheur dadurch an, daß er bei d-em Konnnandor
„Stopfen, sichern, entläden", aus Unvorsichtig'keit deni
Abzug des Karabiners zu nahe kam. Schk. ist bereits
29 Jahre alt, verheiratet, Vater zweier Kinder und als
unsicherer- HPrespslichtiger eingeAogen > jworden. Zur
Sprache kam, 'daß er als etwas beschränkt gilt. — Da-
raufhin deutet anch' eine Strafe, die er erhiÄt, — weil
er in der Jnstruktionsstunde seine Zunge herausgereckt
hat.

— Wien, 26. Jnli. Der Waggon, in welchem die
Leiche des in- Salonik verstorbenen österreichischen Zivil-
agenten Müller nachi 'Wien überführt wurde, geriet
aus der Station Bicske zwischen Budap-esi und Wien ans
unbekannter Ursache tn Brand. Die Flammen verzehrten
alle Hoilzbestaindteile und beschädigten auch, den Sarg, doch
blieb die Leiche unverschrt. Der S-arg wurde in einen an-
Äeren Wäggon gsbracht und tras Vovmittags hier ein.

Die Hundstage h-ab'en' am! I-etzten Sonntage begonnen
und 'da-uern bis znm 23. August. Sie führen ihr-en Na-
men> von dem Hundsstern, dem im Süden hellstrah'lsnden
Siriris, der, da er auch im südlichen Europa am 23.
Juli erscheint, -als 'der Bringer der wärmsten Tage ange-
sehen wird. Der Aüsgang des HundSsternes fällt mit
dem Eintritt der Svnne in das Tierkreiszeickien des Lö-
wen, des B'cherrschers der Tierw-Ät un'd der heißen Zone,
zusammen. Die Landleute pflegen deshalb zu sagen:
„Wenn Lie Sonne in den Löwen gehet, die große Hitze im
Jahre a-nsähret."
 
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