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Heidelberger Zeitung (47) — 1905 (Juli bis Dezember)

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Nr. 204-229 (1. September 1905 - 30. September 1905)
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Mittwoch, 20. September 1905.

Dritres Blatr.

47. Aahrgang. - Nr. 220.

»» - l n —. l > .-.—. . ..

Krscheiut täglich, SoirntagS auLgenomme«. PverS mit NamSienMtteril morratlich 80 Pfg. in'S Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstationen aügeholt 40 Pfemrtg.

Durch Lie Post bezogen vierteljährlich 1,3S Mk. auSschlietzlich Zustellgebühr.

Anzeigenprei«: 20 Pfg. für die IspaMge Petitzeile oder derenRaum. Reklamezeile 4V Pfg. Für hiefige GefchLftS. unb Privatnnzeigen ermätzigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen
«n destimmten Tagen tvird keine Verantwortlichleit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln ber Heidelberger Zeitung u. den städt. Anfchlagstellen. Fernspr. 82.

Sozialdemokratie und Flotte. -

Dcr Lchiachtruf, uüt dem dte Soziatdemokratie bci
dcr urtcilslosen Wtasse thre 'Siege erruugen hat uud noch
erriugt, und der niit üem Brustton vollster Ueberzeugung
in die Welt hinausgeschmettert wird, lautet bekauutltch:
'.Arbeiterinteressen gegenüber Kapitatisteniuteressen!"
Dteser 9buf zeigt nicht geraide von einer hohen Jntelligenz.
Das Volk bildet eine nationale Einheit unü daher kcmn
os im letzten Grunde gcrr keine gesonderten Interessen ge-
ben. Was das Volk als Ganzes trifft, das trifft anch je-
ben einzelnen, er sei, .mes Standes er wolle. Wie in so
vielen Diugen, so zeigt sich dies auch bei einer einsichts-
voüen Betrachtung der F I o t t e n f r a g e.

Unser deutscher Handet ist zuni allergrößten Deile
Teehandel, nnd dieser tann nur blühen, wenn das han-
deltreibendL dcutsche Wolk eine unbestrittene Seegeltung
hat und die Macht besitzt, sich das Meer für seinen Handel
üeis offenzuhalten. Dtes ist aber nur durch eine starke
Kriegsflotte zu erreichen; denn der Konkurrenzkampf der
Handelsvölker stützt sich neben der Jntelligenz der Kauf-
beute und der Güte und Billigkeit ihrer Warcn auf die
^ehrkraft, die hinter der Handelsflotte
^teh p Das ist eine Wcchrheit, die von der deutschen So-
Zialdemokvatie auch in der Theorie anerkannt wetderi
^iuß, und doch ist in üer Praxis chre Parole, der Regie-
^ung sür Flottenzwecke teinen Psennig, zu bewilligen.

Aus -iesem mit dem zähesten Eigensinn festgehalte-
Uen Standpunkt der Sozialdemokraüe sprtcht ein sast un-
glaublicher Rdangel an Einsicht; denn gerade die Frage
ber Ldriegsflotte weist unwiderlegltch nach, wie eng Ar-
'boiter- und Kapitalisteninteressen zusammenhängen!
Bräche ptötztich ein Krieg mit einem seegewaltigen Gegner
aus — die uoch gar nicht so .weit hinter uns licgcnde
Vergangenheit hat gezeigt, wie leicht dies möglich ist, —
iio wäre es diesem ein leichtes, die Elb- und Wesermün-
^ung, unsere beiden Hauptvertehrsadern, gänzlich für
Uen 'Hanbel zu sperren und auch die Ostsee völlig abzu-
lchlietzen, wenn nicht eine starte 'heimische Flotte da sit,
^>e ihm dies verwehrt und eine Blvckade unniöglich macht. ?
'Die Folgen einer solchen Blockade ivären ftir unsere In- !
vustrie und ihre Arbeiterschaft geradezn furchtbar. Nach I
einer durchaus nicht zu hoch gegriffenen Schätzung ge-
^vren 20 Millionen Menschen der Industrie-Nrbeiterschast
vu und diese würden wenige Wochen nach Beginn der
Mockade brotlos sein. iZahlreiche Kapitalisteneristenzen,

unter normalen Berhältnissen wieder ungezählten
ftrbeitern auskömimlichen Lebensunterhalt gewähren,
Usürden zweifellos zusammenbrechen, und die Preise für
bie allernotwendigsten Gebranchsgegenstände würden eine
Döhe erreichen, die sür das Gros der Bevölkerung nicht
»u erschwingen ist, dazu tommt noch, datz während des
Krieges unsere gut gepslegten Wsatzgebiete unrettbar in
andere Hände übergehen würden und Arbeitslosigkeit
Und Mangel an Berdienst wären auch nach dem Kriege

unausbleibliche Folge.

^ Es ftt aber auch wohl zu bemerkenc daß gerade unsere
^chiftbaugrotzsndusftie eine der ibesten Lohnquellen sür
uusere Arbeiterschaft ist, ganz 'besonders, soweit sie sich
uüt dem Kriegsschifsbau beschäftigt. Allein in den zwon-
Zig grötzten deuftchen Werften standen im Jahre 1903
uicht weniger als 52 526 Arbeiter in Lohn, die
wsi ihren Jamiliennütgliedern gewiß annähernd
kV 0 0 0 0 S e e I e n a u s m a ch e n. Fn den kaiserlichen
^ersten, denen sich die grotzen Privatwersten in der
^vhnfrage möglrchst eng anzupassen haben, haften nnr
ftl vom Hnndert einen Lohn von 1000 Mark sür das
-e>ähr, dagegen 58,1 vom Hundert bis zu 1500 Mark und
28,6 vom Hundert über 1500 Mark. Jn den Fahren
1901, 1902 und 1903 wurden rund 76 Millionen Mark
an die deuftche Arbeiterschaft gezcchlt und 1902 erhielten
ollein auf den Kaiserwersten 15 278 Arbeiter an Löhnen
20,5 Millionen Mark.

Dabei ist auch. nicht zu übersehen, daß zusanrmen ririt
deiir Schrsfbau die Ersenindusftie und Ler Bergbau blüht
uud zahlreiche andere stark besetzte Jndusftrezweige, Zrm-
nierei, Tischlerei, Schlosserei, Sattlerei usw. 'durch ihn
'irbert und Verdrenst habcn, der wiederum in Gestalt von
vielen Millionen Mark rn dre Taschen der deutschen Ar-
äeiter flietzt. Man sieht wied-er einnral, wie leicht irn
Kanrpfe der Parteien die bessere Ernsicht der Leidenschaft
vnterliegen mntz. Wann wftd die Zert kommen, da unsere
'ftbeiterschast einsiebt, daß es lediglich in ihrem ergencn
Fnteresse Iregt, wenrr sie vor den oberr ausgefübrten Wcchr-
heiten nrcht nrehr eigensrrrmg die Angen verschließt, und
äen -Besftebungen auf Schaffung und Dermehrung einer
ftarken .Kriegsflotte des denftchen Daterlasides ein

freuirdlicheres Gesicht zeigt, als es leider Gottes jetzt ge-
schisht! (Allg. Jtg.)

. DeuLsckes Keich-

Badcn.

Errgc n, 17. Sept. Jn dcr heute imi „Löwen" iu Jiumcn-
dingen stattgesundenen Vevsammilung der liberalen Ver-
itrauensmänuer aus dem LandtagstvaWreis Donaueschingen-
Engen wurde lt. „Hcg. Erz." ernstimmig Landw-irt Josef Hil-
pert in Riedöschingcn, Vofttand- dcs Getreidetagerhauscs
„Randen" rn- Riedüschinge.r, als tibevaler Kandidat sür dcn 6.
LandtagsivwWreis Donancschjtntzen-Engen gnfgestellt. 'Herr
Hilpcrt nrinmt d-ie Wahl an.

Lahr, 18. Sept. Letzten -Samstag Wenld fand eine ,ge-
meinsamc Sitzung 'des Gesamtvofttandes des natronal-
Iilberalen und des j u ngl ilbe ra -le n Vercins statt, nm
gu dem WahIaufruf Stellrmg -zn nehmen, in dem üie Kan-
didatur Les OberbürgermeistcrS Altfclix, dcr diese, wie
zu erwarten war, in e'i.rer öffenttichen Erklärung ablehnte,
em-pfohlen wuvde. Die schr zahlrvich erschienenen Mitglie-der
ber >beiden, -Vofttände, die allen Kreisen der Einwöhneftchast
angehören, heschlossen It. „Lahrer Ztg." nach eingehender -Be-
sprechung der Sachlage einstimmig, an der schon längst auf-
gestellten Kanbidatur des Rechtsanwalts Dr. Schneider in
Kavlsrn'he festzuhalten, üer als Mgeovdneter Ler Stadt Lahr
im Landtage Lie Jnteressen idcr Stadt geschickt nnb mit allcr
Energie vertreten hat. Es darf nn.r wohil die zuvcftichttiche
Hoffnung anHgesprochen werlden, dotz di« Wähler aller libe-
lralen Partcien für unsern bewährten Kandidatcn am Wahl-
tage stimmen nnd damit der libcralen >Lache znm Sicge ver-
helfen wcrden.

? Aus dem LandtagDwahlkreis Sinsheim-Ncckarbischofsheim,

18. Sept. Wir sind nun auch in> die Wahlbewegung eingetrctetr.
Gestern waren die n a t i o nallibe r al e n Vertrancns-
männer des Bezi rksim „Hotel Post" in Sinsheim ver-
sam'mclt bchufs Besprechnng von Wahlangelegenheitcn, inslbe-
son'dere auch znr Nominie rnmg 'des Kattdidaten
der l i >b c rale n Pa rte i. Einmütig stellte man >den sett-
herigen Abgcovdnoten Bürgermcister Neuwirth - Neckar-
bischofsheim wiederum als Kandr>date>n> auf, w-elcher anch —
herbeigernfen — sich znr Wiederannakhme berett erklätte. Fro-
hen Mutcs sieht man hievotts der Wahlibewegnng cntgegen, zu>-
mal die Aussichten für Nerüvitth di« denikbar günstigsten sind.

Ms der Karlsruher Zeitung.

— Seine Königlichc Hoheit der Grotzherzog haben
dem Postschofsner Fohann Bender i.r Neustadt die silberne
Verdicnstmedaille vcrliohen.

— Die charcMerisietten Postsekretäre 'Karl Wächter aus
Mühlintzen un'd Gnstav Ncfs aus Freiburg i. B. wurden als
Postsekretäre ctatmätzig angestellt nnd zwar eftterer in einer
>Selretäfttelle bei >Lem Postamt Rastaü, letzterer in einer Se-
lretäfttelle 'bei dem Postamt Kattsvuhe 2 (Bahnhos).

— Betriebsassistent Philipp Funk in Schiltach wurde nach
Mannheim, Betricbsassistent Heinrich Treiber in Grotz-
sachsen nach Lahr veftetzt.

— Hcrr N. C. Schle m.m c r , welcher znm Vizekonsu'l der
Vereinigtvn Staatcn von Anrettka ernanmt worden ist, nnd äls
sölcher 'das Exequatur namens des Reichs erhalten hat, ist znr
Ansübumg konsnlarischer Funkttonen im Grotz.he!rzagtnm zugc-
lassen worden.

Karlsruhe, 18. Sept. 'Seine Körrigliche Hoheit
der Grotzh'erzog hörte in den letzten Tagen -re Vorträge
des Minrsterralpräsidenten Geheimrat Becker, welcher am
Freitag. in Schloß Marrrau eingetrosfen war und gestern
nach Karlsruhe zurückkehrte. Der Großherzoglrche Ge-
sarrdte «Graf von Berckheim spar ebenfalls einrge Tage in
Schloß Mainau vor seiner Rsickkehr nach Berlin. Gestern
Vormittag fand in der Schloßkirche zrr Mainau evange-
lischer Gottesdienst statt, welcher von Stadtvikar Stern
ans Konstanz abgehalten wurde. Am Nachmrttag be-
gaben stch Fhre Könrglrchen Hoheiten der Großherzog uttd
die Großherzogin nach Ueberlrngen. Wor der Mfährt
brachten 'die Teilnehmer des zurzeit rn Bregenz tagenden
4. deutsch-österreichrschen Städtetages, die auf rerch be-
flaggtem Schrffe an der Jnsel vorüberfuhren, den Höchsten
.Herrschasten eine Huldignng dar. Der Großherzog er-
wrderte mrt einem Hoch auf Seine Majeistät den Karser
Franz Foseph. Fn Ueberlingen fuhren Fhre Königlichen
Hoheiten, am Landiingsplatz vom Amtsvorstand Geh. Re-
grerungsrat von Senger und Bürg>ermeister Betz empfan-
gen, nach dem Ostbahnhof und wohnten einer Uebung
der frciwilligen Sanitätskolonn-en Engen, Konstanz,
Markdorf, Meersburg, Meßkrrch, Pfullendorf, Radolf-
zell, Singen, Stockach und Ueberlingen an. Später besich-
tigten -die Höchsten Herrschaften 'das Münster unter Füh-
rung der GeMichkert, Äre sich zur Begrätzung am Ern-
gang eingefnnden hatte. Nachdem Fhre Königliche Hoheit
die Großherzogiirr noch einen kurzen Besuch im Spital ge-
macht hatte, erfolgte dre Rückkehr nach Schloß Mainau
gegen Abend. Heute 'Mrttag nahm der Großh-erzog die
Meldung des Oberstenvon Winterseld, Kom-
mattdeurs des 2. badischen Grenadierregiments Karser
Wilhelm I. Nr. 110 rin'd des Hanptmanns von L'Estocq
von demselben Regiment entgegen, welche dann ciuch zur
Friihstückstafel eingeladen wnrderr.

KLeme ZeiMKg.

— Wrcsbadcn, 18. Sept. General ä 1a snits Prinz
Nikolaus von Nassau, ern Stiefibruder des
Großherzogs von Luxembnrg, des früheren
Herzogs von Nassvu, rst gestern hrer im Alter Vvn 73
Jahren g. estorben.

— Berlin, 18. Sept. Dre Polrzeiverhaftete
dieser fl^age einen gewissen Harry Pothgerber aus Cincin-
nati, der sich Geschäftsrersender nannte, in Wrrklichkeit
aber ein Hochstüpler und Mädchen h ändler war,
auf derrr Potsdamer Bahnhofe, als er von einem stattlichen
Mädchen begleitet am Schalter iFahrkarten nach Brüssek
kaufen wollte. Auch von Hannover aus wrrd er wsgen
Betrügerei'en verfolgt.

Trefenbruiln i. N., 18 Sept. Am Samstag Nach-
mittag cntlu'd sich ein dem B ä ck e r g e s e 11 e n S i m o n
gehöriger Revolver und ein Schuß traf den in !der Nähe
stchenden Bäckermeister Michael. Als dieser zusammen-
brach, glaubte der -Geselle, den Meister getötet zu haben
uttd' schoßsich gIeichdarauf eine 'Kugel in
'd e n K o p f. Der >Tod traf fast -auf der Stelle ein.

— Lcipzrg, 18. Sept. Der ber dem gestrigen R a d-
rennen um ü-ie Meisterschaft von Europa über 100 Ki-
lometer gcstürzte Schmitter aus jKöln erlitt eine Ge-
hirnerschütterung, an deren Folgen er gest o rb e n ist..
Contenet, der über Schmrtter stürzte, kam mit leichtererr
Nerletzrrng-en davon.

— Chemnitz, 18. 'Sept. Am Freitag versuchte ein
Schutzmann ein Mädchen zu vergewalti-
-g e n. Durch Schreien des Mädchens wurden Passanten
arrfmerksam, denen es gelang, dmr Schutzrnann festzu-
nehmen.

— Anftverpen, 18. Sept. Auf dem hiesigen Zentral-
Bcchnhofe wurde ein Packet mrt 46 400 Franks
in holländischer Staats-Anleihe vom Jahre 1898 aufge-
funderr. Man weiß nicht, auf welche Werse das Paket
hierher gekommen ist. Bei der Polrzei ist rwch kerne Ver-
lustanzeige erngelaufen.

Vcrantworttich -für den redeiktionellsn TeÄ i. V.: Th. Bcrken-
busch, fiür den Jnseratentett Th. Berkrnbusch in Hei.delbevg.

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