Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0025
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Heft 1
DOI Artikel:Kirchner, Joachim: Moderne Landschaftsmalerei
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cs gibt. Bekehren wir uns erft einmal zu dem Grundfatje, daß wir von dem Künftler
billigerweife nicßt eine fklavifcße Nacßaßmung der Natur verlangen können — denn
das ift eine rein ßandwerkließe Arbeit, die mit jeder gut zeichnenden Linfe eines
pßotograpßifcßen Apparates geleiftet werden kann — fondern daß die Kunft erft da
anfängt, wo fie ficß von den naturaliftifeßen Elementen loslöft und mit geiftigen Aus-
drucksmitteln frei zu ftilifieren beginnt, fo dürfte die reeßte Bafis zur Würdigung der
Ulerke der neuen Landfcßaftsmalerei gefunden fein.
III.
Sießt man einmal ganz davon ab, daß jeder unferer modernen Landfcßaftsmaler
über eine individuelle Fecßnik und Farbenfkala und über eine perfönlicße Art des
Vortrages verfügt, fo ift in ißnen allen doeß der eine Hlunfcß lebendig, fieß bei der
Geftaltung von der zufälligen Befonderßeit des Gegenftandes frei zu maeßen, und ißn
in eine geiftige Spracße überfefet in vifionären Formen auf der Leinwand erfteßen zu
laffen. Eine fubjektive, ßöcßft individuelle Form der Landfcßaftsmalerei wird erftrebt,
in der der Künftler mit feinem Vorwurfe frei fcßaltet, ißm feine Gefüßle aufdrängt
und ißm dadureß Bedeutung und Spracße leißt. Hlie der Pßilofopß aus fieß ßeraus
feine Gedankenwelt aufbaut, fo bildet fieß der moderne Künftler aus dem Überfcßwang
vifionärer Eingebungen feine Hielt; Anregungen, die ißm die Natur darbietet, werden
Hbb. 2. Bruno Krauskopf.
Beftraßlte Landfcßaft.