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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 1
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B., G.: Das Aussfuhrverbot von Kunstwerken
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Der Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0068

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Aus der Sammlerwelt und vom Kunftßandel

In diefem Überblick der Novembertätigkeit in
den Anderson Galleries muß noch der Ver-
kauf, am 8. November, einiger Bilder und eines
großen Gobelins erwähnt werden, der, von
feiner Kunftmarktbedeutung ganz abgefeßen, ein
grelles Schlaglicht auf die Art und Hleife wirft,
wie man in diefem Lande, das doch einzig und
allein für die Freiheit und „Sicherheit der De-
mokratie“ in der ganzen Hielt in den Krieg zog
(fo lauteten ja wohl des Präfidenten Hlilfon
ftolze HIorte), mit dem Privateigentum deutfcßer
Bürger, trof3 des bekannten alten preußifcß-
amerikanifcßen Vertrages, umgegangen ift, und
das noch dazu ein volles Jahr nach dem Hlaffen-
ftillftande! Der Gobelin und fecßs Gemälde be-
fanden fich nämlich hier bei Qändlern in Kom-
miffion. Daß fie fo lange der Konfiskation, der
alles deutfcße Eigentum verfallen follte, ent-
gangen waren, ift erftaunlich genug. Aber
fcßließlicß wurden fie eben doch entdeckt und
mußten in den Auktionsfaal, wie vor ihnen
fcßon fo manche andere HIerke. Ein Land, das
z. B., wie es hier vorgekommen, einem Manne
einen Siegelring, den er für einen Deutfcßen in
Verwäßrung hatte, abnimmt und ißm nicht ein-
mal erlaubt, ißn wieder zu erfteßtn, kann natür-
lich nicht vor Bildern und Hlandteppicßen halt
machen. Diefe find ja nur ein Zeichen dafür,
wie die Deutfcßen, auch auf dem Gebiete der
Kunft, „die Hielt und alles, was darin ift, er-
obern wollten“. Deshalb muß man fie ihnen
eben abneßmen und außerdem, im Intereffe der
Hleltkultur, ftrengftens verbieten, daß fie, auch
auf indirektem HIege, etwa wieder in Fjunnen-
ßände zurückfallen! Deshalb ftand diefem, und
ftanden früher ähnlichen Verkäufen die warnen-
den Bedingungen voraus, daß diefe Gegenftände
nur an amerikanifcße Bürger verkauft werden
dürften. Hieße, wenn das mcßt gefcßeßen wäre!
Der Gobelin, der einer Münchner Firma ge-
hört hatte, Nr. 594 des Kataloges, aus Seide
und HIolle gewebt, fcßildert die Schlacht bei
Arbela und gehört der nach den 3eidbnungen
Cßarles Lebruns gewobenen bekannten Serie
der Gefcßicßte Alexanders des Großen an.
Dr. Riefftaßl, der den Gobelin im Kataloge des
näheren befpricßt, weift nach, daß er waßr-
fcßeinlich ein Gefcßenk Ludwigs XIV. an Mlle.
de Montpenfier war. Die Bordüre fehlt, und
deshalb kam der Preis nlcßt über $ 3800 hinaus.
Docß ift auch ganz im allgemeinen zu bemerken,
daß die hiefigen Preife für Hlandteppicße,
von gotifcßen etwa abgefehen, nicht fo ßoße
find, wie man in Europa anzunehmen fcßeint.
Davon wird noch einmal im näcßften Fjeft die Rede
fein müffen. Von den feeßs gleichzeitig ver-

kauften Gemälden aus ehemals deutfeßem Be-
fitj feien angeführt: Nr. 588, Schule von Ferrara:
„Kreuztragung“, ca. 1500, 14x20 ineßes, $ 1500
(Käufer: HIarwick Fjoufe); Nr. 589, Scßule Fran-
cois Clouets: Bildnis feines Adligen, 16x12 ineßes,
j? 975 (dito); Nr. 590, G. Gerborcß (zugefeßrieben):
Bildnis eines jungen Mädchens in voller Figur,
25X19 ineßes, $ 2900 (Eßricß Galleries).
In einem fpäteren Gemäldeverkauf aus
verfeßiedenem Befiß in den Anderson Gal-
leries am 21. November trug ein „Elfäßer Mäd-
chen“ im Landeskoftüm von J. J. Fjenner $ 475
ein (Knoedler). (HIeitere Ergebniffe teilen wir
in unferer Beilage mit.) F.
Äus der Sammlerwelt und vom
Kunftßandel
FJenry C. Frick +
Am 21. Dezember ftarb hier der Großindu-
ftrielle, Milliardär und feit etwa 15 Jahren als
Kunftfammler großen Stils bekannt gewordene
Fjenry C. Frick, faft 70 Jahre alt. Er war ein
„Selfmademan“ gewefen, Soßn eines aus einer
Schweizer Familie ftammenden Farmers, der fich
fcßon in jungen Jahren zu großem Reichtum
emporgearbeitet und dem es auch keineswegs
dabei an Skrupellofigkeit gefehlt hatte. Ja in
einem Arbeiteraufftand trat er felber den Auf-
wändigen mit dem Revolver entgegen und wäre
faft das Opfer eines Attentats durch einen be-
kannten ruffifeßen Anarcßiften geworden. Seine
3iele gingen ins riefige, und Fjinderniffe gab es
für ißn nießt. ünd das cßarakterifierte ißn auch
als Sammler, als er fich diefer Gätigkeit ßinzu-
geben begann. Er ließ fich einen großartigen,
im italienifcßen Stil gehaltenen Palaft an der
Millionärsftraße, der 5. Avenue, erbauen und
ißn von vornherein darauf anlegen, daß er fich
als Mufeum für eine bedeutende Kunftfammlung
eigne. Denn von Anbeginn hat diefem Manne,
der in keiner HIeife lebenden Künftlern ein
Mäcen war — man erzählt fich da feßr felt-
fame Dinge — als 3^1 vorgefeßwebt, feine
Sammlung fpäter der Öffentlichkeit zu ßinter-
laffen. ünd es heißt nun auch, daß fein Gefta-
ment die Beftimmung enthalte, daß fein Palaft
mit fämtlicßen Kunftfcßäljen und einem ent-
fpreeßenden Kapital zur Verwaltung derfelben
der Stadt zufallen folle. Da Frick erft vor we-
nigen Jaßren einen Geil der Morganfcßen Kunft-
werke, vor allem deffen Fragonards und Por-
zellan, um Riefenfummen (die erfteren allein um
11j4 Million Dollars) an fieß gebracht hatte,
werden diefe nun docß noch öffentliches Eigen-

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