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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Äusftellungen

erftes Cüerk war zugleid) fein vollendetftes.
Die „Kniende“ ift der Inbegriff der Lebmbruck-
fd)en Kunft geworden. Sie ift der Äusdruck
eines neuen Formideals, ift die plaftifd)e Ge-
ftaltung einer ganzen Ideenwelt, in der fid) das
unruhig 3erriffene, das innerlid) Aufgewühlte
und nad) Erlöfung Schreiende, das Sicberbeben-
wollende ausdrüdct, und die, zugleid) anknüp-
fend an l)iftorifd)e Probleme, dod) nid)t eklek-
tifd) iljnen folgt, fondern ein neues Id) zu ge-
halten fud)t.
Lebmbrucks „Kniende“ ftel)t im Kronprinzen-
palais unter anderen merken, die dort zur Ver-
finnbildlid)ung der modernen Kunft zufammen-
getragen pnd. Dort erfd)eint fie wol)l als ein
gewaltiges Klerk, intereffant, aber dod) proble-
matifd). PJier aber, in der Gedächtnisausstellung
bei Cafprer, da fie den Mittelpunkt des großen
Saales bildet, enthüllt fid) ihre Seele und wirkt
läuternd und erbebend, tüie fie den Mittelpunkt
des Schaffens diefes Künftlers bildet, fo ftel)t fie
aud) hier, umringt von den anderen Werken,
die uns zeigen, wie Lebmbrudc unaufhörlich nad)
Äusdruck fud)te, wie er dem Seelifcben Form
zu geben fid) bemühte, und wie er bei all feinen
künftlerifcben Konzeptionen ganz feine eigenen
tüege ging, in dem Menfcben ein Ideal er-
kennend, deffen Darftellung ihm fo unüberwind-
liche Schwierigkeiten zu bieten fd)ien, daß er
fcbließlid) verzweifelnd inmitten reichen Schaffens
zufammenbrad), uns ein nicht umfangreiches, aber
inhaltsvolles ttlerk zurücklaffend, das wir be-
wundernd, und mit einer gewiffen ehrfurchts-
vollen Scheu betrachten.
Die Jahre der Vorbereitung, die bis 1910
währten, verfchafften ihm eine fo fiebere Fjand-
werklid)keit, daß er nun, da das große künft-
lerifcbe Erlebnis über ihn kam, zu neuem Ge-
halten übergehen konnte, ülobl feiten findet
man bei einem Künftler eine fo abfolut fiebere
Auswertung des Materials, da der Stein und
die Bronze, der Con und der Marmor, zu fo
natürlicher Lebendigkeit erweckt wird. Man
vergleiche nur die beiden Frauenbüften aus Bronze
und Marmor aus dem Jahre 1910, um fid) klar
zu werden, wie ein und dasfelbe Modell in faft
gleicher Faffung bei anderer Materialverwendung
zur verfebiedenften Klirkung gelangen kann.
1913 entftebt der „Emporfteigende“; eine ge-
wiffe 3erriffenl)eit kennzeichnet das verzweifelte
Ringen des Künftlers, der fid) immer wieder mit
Einzelheiten des Modells abquälte, den Corfo
und den Kopf gefondert formte, dem Ganzen
aber nicht die gewollte Gefcbloffenbeit zu geben
vermochte. Im Jahre darauf folgt die „Sinnende“
und als letzte große Kompoption das gewagte
128

Experiment des „Geftürzten“, in dem pd) alles
in Rhythmus auflöft, alle Schwierigkeiten über-
wunden und neue Äusdruckswerte plaftifcber
Darftellbarkeit entgegen allen bisherigen Än-
fchauungsformen — verwirklicht erfebeinen.
Lehmbrucks Plaftiken find allbekannt. Ihre
große feelifche Äuferftebung pnden pe durch
diefe Äusftellung. Die ganze Vielfeitigkeit des
Künftlers jedoch offenbart fid) in feinen wunder-
vollen 3eid)nungen und Radierungen und in den
großen Kartons, die zeigen, daß er aud) in der
zweidimenponalen Kunft ein Beberrfcber der
Form von ftrengftem Stilwillen war.
In unglaublich kurzer 3eit entftand diefe Fülle
von (Ilerken, denen allen das Cbema Menfd)
zugrunde liegt. In feinen Plaftiken hat er pd)
ausgelebt, in feinen Radierungen ift er fozufagen
verblutet.
Einer der Großen, dem unfere Fjoffnung galt,
ift gar zu früh von uns gegangen.
In einem reich illuftrierten Gedäd)tnisbud)e
(Verlag G. Kiepenheuer, Potsdam) hat Paul
GCIeftbeim den Klerdegang ttlilbelm Lebmbrucks
zu zeichnen und feine Kunft zu analyperen ver-
fud)t. Er fcbildert das Eigenartige des Menfcben,
fein feines Emppnden, fein Ringen nad) neuen
Äusdrucksmöglichkeiten, die logifd)e Entwick-
lung, deren ftufenweifer Aufbau pd) in einer
kurzen Frift zufammenballt, und die durch innere
und äußere ümftände gar zu früh herbeigeführte
Kataftropbe, die feiner Kunft die Möglichkeit
nahm, pd) weiter auszuleben. K. S.
F r. F e i g 1 s Gemälde und Graphiken find augen-
blicklich bei J. B. Neu mann ausgeftellt.
Carl Nicolai zeigt pgürliche Kompoptionen,
Landfcpaften und Porträts von Adolf Sd)la-
wi ng.
Bei Frilj Gurlitt wurde eine Äusftellung von
Gemälden, 3eicfmungen und Graphik von öQolf
Röhricht und Paul Klee eröffnet.
Die Galerie Ferdinand Moeller bringt Ge-
mälde und Graphik von ttlalter Gramatte.
Der Sturm zeigt in feiner Februar-Äusftellung
die neueften Schöpfungen der bolländifcben
Kubiftin Jacoba van Eeemskerck. In feiner
Gefamtfcbau zeigt Der Sturm zwei Monumental-
werke der neuen Kunft, die große Kompoption II
von Kandinfky und Fernand Legers großes Ge-
mälde, Kompofition mit Figuren.
Dresdner Äusftellungen
Der tüinter der Dresdener Kunftausftellungen
war ungewöhnlich fruchtbar an Gaben der jüngßen
Kunp. Die Vorkräegsauffaffung, der mehr oder
minder dekorativ überhauchte Realismus der

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