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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 15
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Hintze, Erwin: Nürnberger Zinn, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0617

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Ornamenten und Klappen. Datierte Arbeiten liegen aus der 3^ von 1542—1569 vor.
Als den bedeutendften Meifter für geästes 3inn kennen wir Matthias Bacßmann in
Memmingen. Es ift aber mel)r als waßrfcßeinlich, daß aud) die 3inngießer von Nürn-
berg, einem Fjauptfiße der Klaffenfcßmiede, diefe Cecßnik gepflegt haben. Arbeiten mit
Nürnberger Stempel find allerdings vorläufig mcßt ermittelt. Auf der Bayrifcßen Gewerbe-
fcßau war 1912 aus der Sammlung Klilßelm Clemens in München ein um 1550 entftandener
Scßeibenteller mit geästen Blattranken (Dm. 21,9 cm) als Nürnberger Arbeit ausgeftellt.
Er hat jedocl) keinen Stempel, der über die Herkunft ficßere Nachricht geben könnte.
Geätjte Formen. In den fecßziger Jahren des 16. Jahrhunderts ging man dazu
über, die Ätjung auf die Gußform zu übertragen. Man gewann dadurch die Möglich-
keit, die müßfame Arbeit des Ät^verfaßrens für meßrere Güffe ausnujjen zu können.
Die Verwendung von Formen mit geätjter Verzierung ift eine Eigentümlichkeit der
Nürnberger Kandelgießer gewefen. Außerhalb Nürnbergs ßaben ficß folcße Formen nur
in vereinzelten Fällen nacßweifen laffen, z. B. in Straßburg und Scßweidnitj (Cicerone II,
S. 487f.). Die beiden frucßtbarften Meifter für flacße, aus geäßter Form gegoffene Relief-
verzierung find Nicolaus Fjorcßaimer (1561 —1583) und Albrecßt Preißenfin (1564—1598).
Von Fjorcßaimer kennen wir bis jeßt 17 und von Preißenfin 22 derartige Modellformen
(Abb. 2 u. 3). Die FJorcßaimerfcßen Modelle find bis auf wenige Ausnahmen mit den
geäßten Initialen NF) gezeichnet. Von Preißenfin gibt es zwei Scßüffeln mit den Ini-
tialen AP. Stieße von Fjans Sebald Beßam, Brofamer, Georg Pencz, Virgil Solis und
des Monogrammiften V G ßaben bei beiden Meiftern verfcßiedentlicß als Vorlagen für
die bildlichen Darftellungen gedient. Neben dem Figürlichen fpielt die Bandarabeske
eine wichtige Rolle (Demiani ü. 50). hervorragende Leiftungen find von den Meiftern
der Bauerntanzplatte und der Mufenplatte überliefert. Befonders die Mufenplatte der
Sammlung Roman Abt in Luzern fteßt in ißrer künftlerifcßen Vollendung an der Spiße
aller Arbeiten diefer Gruppe (Abb. 4). Sodann verfügten Klolf Stoy (?), Veit 3ipfel,
die Meifter mit dem Stern, mit dem Dolcß, mit der Blüte und andere unbekannten
Namens über eine kleinere Auswahl geäßter Formen. Melchior Fjorcßaimer verwendete
feit 1583 einige Modelle aus dem Nachlaß feines Vaters Nicolaus Fjorcßaimer. Seit-
lich arn Schluß fteßt der Meifter mit dem Ring. Seine zeßn bekannten, meift recht
bedeutenden Arbeiten gehören zum Keil fdßon dem 17. Jaßrßundert an. Cecßnifcß
fteßen fie noeß ganz auf altem Boden. Mit ißrer Ornamentik dagegen, befonders mit
den leicßt gefiederten Blattwedeln in franzößfeßem Gefcßmack füßren fie in eine neue
3eit. Aucß die gelegentliche Andeutung von 3cmengliederung bedeutet eine Kader-
entwicklung gegenüber den breitfläcßig oder meßr radial dekorierten Scßüffelrändern
der älteren Meifter. Eng verwandt mit den Arbeiten des Meifters mit dem Ring find
die des Meifters mit dem Strich (Abb. 8).
Verzierung in Fjocßrelief. Neben den bisher erörterten 3iertecßniken taucht früh-
zeitig der durch die Goldfcßmiedekunft beeinflußte Reliefguß auf. In gotifeßer 3eit und
in der Früßrenaiffance begegnen wir ißm bei kleinen Medaillons in den Böden und
Deckeln der Kannen oder auf Deckelfcßarnieren und auf ringförmigen Scßüffelgriffen.
Ob und inwieweit Joßann Neudörfer an Reliefgußarbeiten gedacht hat, als er dem
1523 in hoßem Alter verftorbenen Martin fjarfeßer naeßrüßmte, diefer habe in reinem
3inn zu Klege gebracht, was jeder Goldfcßmied von Silber macht, laffe icß unent-
feßieden. Bezweifeln möchte ich, daß die angeblich auf dem Scßlacßtfelde von Pavia
gefundenen, in mehreren Exemplaren erhaltenen Pulverflafcßen mit Bildnismedaillons
und farbig bemalter Rankengravierung wirklich vor 1525 entftanden find (Abb. 5). Sie

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