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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 15
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Hintze, Erwin: Nürnberger Zinn, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0618

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dürften gleich) dem von demfelben Meifter gegoffenen Crinkkruge mit allegorifcßen Fi-
guren der Cugenden Peter Flötners im Berliner Kunftgewerbemufeum dem 2. Drittel des
16. Jahrhunderts angehören. Einige Modelle kleiner Schälchen mit FJerkules und dem
nemeifcßen Löwen von Nicolaus Fjorcßaimer, mit dem behelmten Kriegerkopf von Al-
brecht Preißenfin und mit dem Doppeladler — von letzterem find nur Äbgüffe bekannt,
die nicht vor 1582 gemacht fein können — laffen fich fchwer genau datieren. Stili-
ftifche Anhaltspunkte dürften für eine zwifcßen 1561 —1565 fallende FJerftellungszeit
fprechen, andere Gründe machen die 3eit von etwa 1580—1585 waßrfcßeinlich
(Abb. 6 u. 7).
Jacob Koch II und Cafpar Enderlein. Der führende Meifter, der den Reliefguß
in neue Bahnen lenkte und mit Fjilfe feines 3eitgenoffen Cafpar Enderlein fcßließlicß
zur höchften Blüte brachte, ift Jacob Koch II, der Sproß einer alten Nürnberger Kandel-
gießerfamilie. Er erlernte das Fjandwerk bei Nicolaus Fjorcßaimer. Die vererbte Ver-
anlagung fand alfo auch während der Lehrzeit künftlerifche Anregung und Weiter-
bildung. Kochs Tätigkeit als Meifter fällt in die 3^it von 1583—1619. 3U den früheften
Arbeiten gehört eine kleine Scßüffel mit klar gezeichnetem Arabeskenornament in flachem,
aus geäster Form gegoffenem Relief (Abb. 9). Fjier erfcheint Koch noch in Abhängigkeit
von feinem Lehrmeifter Fjorcßaimer und feinem Vetter Albrecßt Preißenßn. Dann folgt
eine in drei Exemplaren bekannte, 45 cm große Scßüffel, bei der das Ornament in die
Form nicht mehr geätzt fondern graviert worden ift (Abb. 10). Boden und Rand find
reich in 3onen gegliedert, ein Motiv, das wir hier zum erften Male in voller Deutlich-
keit durchgeführt fehen. ln diefer Gliederung wechfeln Bordüren mit Flachrelieffchmuck
und Ornamentftäbe in Fjocßrelief ab. Die durch Lyoner 3iuuarbeiten angeregte und in
Nürnberg hier zum erften Male angewandte eigenartige Verbindung von zwei Arten
der Reliefbehandlung ift fpäter häufig nachgebildet worden. Eine der Randzonen ent-
hält eine Bordüre mit Arabeskenlinien, kleinen Blättchen und drei verfcßiedenen Ge-
fäßen nebft den Initialen I K., die in Begleitung der Meiftermarke nicht nur den Guß
der Scßüffel, fondern auch das Modell als eigenhändige Arbeit Kochs ficßer ftellen.
3eitlid) und tecßnifcß fteßt der großen Scßüffel eine Deckelkanne Jacob Kochs mit
Arabesken in der Art des Baltßafar Sylvius naße, von der das Kunftgewerbemufeum
in Berlin und das Bayerifcße Nationalmufeum in München Abgüffe befißen (Abb. 11).
Die Form der Kanne leßnt ßcß an den damals üblichen Gypus der ßlbernen Wein-
känncßen deutfcßer Herkunft. Weiter folgt ein fcßeibenförmiger Geller mit plaftifcßem
Reliefguß; die Arabeske ift hier überwunden (Abb. 13). Die Mitte zeigt die FJalbfigur
eines ßerrfcßers mit der Unterfcßrift DRINCK : VND . . IS : GOGS : NICFjG : VOR : GIS.
Der Rand enthält vier Rundmedaillons mit Szenen aus der Genefis. Die freibleibenden
3wifcßenräume find durch weibliche Fjermen und Laubranken gefüllt. Baurat Manz in
Stuttgart befißt einen eigenhändigen Abguß von Jacob Kocß II, der ficß den fpäter von
Jacob Kocß III beforgten Abformungen gegenüber durch prachtvolle Schärfe auszeichnet.
Diefer Geller ift der Ausgangspunkt für all die zahlreichen Auferfteßungs-, Noaß-,
Kaifer- und Kurfürftenteller geworden, die in der erften Fjälfte des 17. Jahrhunderts
aus den Nürnberger 3iuugießerwerkftätten ßervorgegangen find. 3wßi von Kocb 9e"
fcßaffene Scßalenmodelle waren gleichfalls berufen, anderen Meiftern als Vorbild zu
dienen. Beide Schalen haben einen einwärts gewölbten glatten Rand. Die eine zeigt
in ißrer Mitte ein großes Rundbild mit Lot und feinen Göcßtern in landfcßaftlicßer (Um-
gebung, die andere die Fjocßzeit zu Kana. Das Bild von Lot und feinen Göcßtern,
eine Kopie nach dem Fjolzfcßnitt von Virgil Solis auf dem Gitelblatt des alten Gefta-

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