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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 15
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Kunstpolitik
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0623

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Kunft politik

befonders an die fcbönen Ludorfffcben Auf-
nahmen für die Inventare tüeftfalens; eine 3U~
[ammenftellung z. B. der dort abgebildeten weft-
fälifcpen Plaftik ergäbe ein febr inftruktives Är-
beits- und Änfcbauungsmaterial.
Die Konfervatoren können aber für die Bildftelle
noch) febr viel mehr tun. In jeder Provinz be-
finden ficb meift mehrere Photographen, die häufig
unter Fjintanfejzung der gefchäftlichen Intereffen
die künftlerifch und kunftgefchichtlich wertvollen
Cllerke der Vergangenheit in ihrer Gegend mit
großer Liebe für die Sache und mit einem er-
heblichen Äufwande von Seit und Geld aufge-
nommen haben. Diefe vortrefflichen Aufnahmen
laffen deutlich die Freude der Photographen an
ihrer Ärbeit erkennen; aber die Ädreffen diefer
Photographen find meift unbekannt, und ihre
fcbönen Negative werden nicht benutzt. Es ift
nun allerdings kaum anzunehmen, daß diefe
Photographen ficb von ihren wertvollen Platten
werden trennen wollen. Aber die Konfervatoren
werden mit ihnen in dem Sinne verhandeln
können, daß fie der Bildftelle den Vertrieb ihrer
Äbzüge übertragen, wodurch für fie eine ge-
fcbäftlicbe Husnuljung der Hufnahmen ermög-
licht wird. Dann gibt es aber noch überall Lieb-
haberphotographen und pbotograpbifcbe Vereine,
die aus Intereffe am Photographieren und aus
Freude an den Gegenftänden unendlich viele
Äufnabmen aller Ärt angefertigt haben. Von
diefen Negativen wurden immer nur wenige
Äbzüge bergeftellt, und dann verkommen die
Platten. Die einzelnen Ämateure haben ficb
häufig Spezialgebiete für ihre Äufnabmen aus-
gefucbt. Ich habe in der Provinz Sachfen Herren
gefunden, die befonders alte Fachwerkbauten
aufnabmen, andere fcböne alte Fjaustüren, wieder
andere bauptfäcblicb alte Grabfteine und fcbmiede-
eiferne Grabkreuze, und ein Fjerr ift mir bekannt
geworden, der mit wahrhafter Begeiferung alle
ihm zugänglichen GQerke älterer Kunft, befonders
romanifcbe, gotifcbe Plaftik und Kleinkunft auf-
genommen hat.
öCIer wie der Konfervator viel auf dem Lande
reift, der findet beinahe bei jedem Pfarrer von
der Kirche, ihren Einzelheiten und ihrer Um-
gebung einige Äufnabmen vor, die zuweilen der
Geiftlicbe felbft, ein Sohn oder Neffe beimFerien-
befucb oder der Lehrer angefertigt haben. Fjäufig
geben diefe Bilder auch einen älteren 3uftand
der Kirche wieder und nicht feiten finden ficb
da Ältäre oder Figuren aufgenommen, die längft
nicht mehr vorhanden find. CUo bleiben die
Platten? Nur feiten gelangt durch 3ufall ein
Äbzug in das Provinzial-Denkmälerarcbiv; und
wieviel 3eit und Ärbeit würde dem Konfervator,

der Regierung, dem Konfiftorium erfpart werden,
wenn fie diefe Äbbildungen befäßen! Es heißt
alfo hier; FJerumfragen und fammeln. Der Kon-
fervator wäre der einzige, welcher alle diefe
Platten zufammenbringen und nutzbringender
Verwendung zuführen könnte. Er würde damit
nicht nur ficb felbft, fondern vor allem der All-
gemeinheit dienen, wenn er diefe Ulerte vor
dem Untergänge rettet und der Stelle zuführt,
welche fie dauernd in fiebere Obhut nimmt. Alle
diefe Platten felbft in Verwahrung zu nehmen,
zu ordnen und ficber unterzubringen, dürfte kaum
einem Konfervator möglich fein, da ihm feine
Tätigkeit hierzu kaum 3eit übrig läßt. Die große
Menge der Platten würde bald zu einer Laft
werden, die er gern andern überlaffen kann.
Selbftverftändlicb wären aber dem Denkmäler-
archiv Äbzüge der gefammelten Negative, fo-
weit fie die Provinz betreffen, zur Verfügung
zu ftellen.
Das 3ufammenarbeiten der Konfervatoren mit
der ftaatlicben Bildftelle würde für beide Ceile
befonders nutzbringend geftaltet werden können,
wenn die Bildftelle in der Lage wäre, felbft Auf-
nahmen der Denkmäler berzuftellen. Da liegt
es nahe — auch hierauf tmt Max Osborn febon
bingewiefen —, fie mit der Berliner Meßbild-
anftalt zu verfcbmelzen, deren großer Platten-
beftand der vorzüglichften Aufnahmen den wert-
vollen Grundftock für die Bildftelle abgeben
könnte. Die Meßbildanftalt wäre mit ihren ge-
febulten Kräften und teebnifeben Hilfsmitteln am
ebeften in der Lage, für die Inventare und die
Denkmälerarchive die nötigen Aufnahmen t)er~
zuftellen, vor allem von den bedeutenderen Bau-
denkmälern mit ihrem wertvollen Inhalt. Es
wäre alfo ein 3ufammenarbeiten der Konferva-
toren mit der Bildftelle in deröüeife anzuftreben,
wie es von feiten des Deutfcben Vereins für
Kunftwiffenfcbaft fchon feit Jahren mit der Meß-
bildanftalt gefebeßen ift.
Stellt man die fachlichen Geficbtspunkte und
die Intereffen der Allgemeinheit in den Vorder-
grund, fo kann kein 3weifel darüber berrfeben,
daß alle Platten kunft- und kulturgefcbicbtlicb
wertvoller Gegenftände in einer 3enbralftelle
weitaus am beften untergebracht find. Es foll
damit keineswegs verkannt werden, daß die
jetzigen Beßrer durch die Abgabe ein febr er-
hebliches Opfer bringen, aber die Not der geit
drängt zu diefem Opfer, das ja auch den be-
lohnt, der es bringt. Die 3^ntralifation muß im
Intereffe der Denkmalpflege wie der CUiffenfchaft
gefordert werden, da nur dann eine frucht-
bringende Dezentralifation in die (Hege geleitet
werden kann; denn es ift zu erwarten, daß nach

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