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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 23
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Göbel, Heinrich: Würzburg und Fulda, [2]: ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Wirkteppichmanufakturen im 18. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0905

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dem Frankfurter Capezier Joachim Boppe in verfcßiedenen Anfcßlagszaßlungen über-
weifen. Im September des gleichen Jahres erfcßeinen im Aufträge des Frankfurter
Unternehmers zwei Meifter und zwei Gefellen, um die Klirkereien mit Leinen zu hinter-
kleiden und ordnungsgemäß aufzuhängen. Es werden zur Unterfütterung „700 Ellen
fchmal grob tud)“ benötigt. Leider findet fiel) die Darftellung der Gapeten nirgends
erwähnt. Bei dem Unternehmen Fjoppes [cheint es fid) mehr um den Capifferievertrieb,
als um eine regelrechte Manufaktur zu handeln. Joachim Boppe aus Barburg wurde
nach Auskunft des Stadtarchives zu Frankfurt a. M. im Auguft 1687 als Bürger in der
Scßneiderzunft eingetragen. Er befaß einen umfangreichen Bändel und fd)eint mit Nicolaus
Langen, der u. a. im Jahre 1700 für das Kaffeier Schloß eine Folge von acht Klirkteppicßen
mit mythologifcßen Szenen lieferte, den Frankfurter Capifferiemarkt beherrfd)t zu haben.
Bevor Meifter Gßomas in Fulda feinen Dienft antritt, ift dort bereits eine lebhafte
künftlerifche Tätigkeit im Gang. Sie beginnt vor 1720 mit dem franzöfifchen Sticker und
Boftapezier Vidal. Nach den Rechnungsausweifen des Jahres 1720 arbeiten unter ihm
nicht weniger als vier Gefellen und zahlreiche weibliche Bäfskräfte. Die Belege ent-
halten in ausführlicher Kleife die Namen der betreffenden Mitarbeiter, geben aber nur
ungenügenden Auffd)luß über die Darftellung der betreffenden Arbeiten. Es fcheint
fiel) um Möbelbezüge gehandelt zu haben; Vidal kauft unter anderem einen Poften
Schattierungsfeide ein „pour faire de fleurs au Naturelle“. 1721 fcheidet der Sticker
aus nicht näher erfid)tlid)en Gründen aus. Um die Stelle bewerben fiel) der Gapiffier
Gottfried Straub aus Gßüringen —- der fiel) in einem längeren Anfehreiben als frifcß
bekehrter Katholik für befonders geeignet hält — und fein Kollege Gettelbacß. Letz-
terer wird eingeftellt; Straub mit einem Gulden „zur Klegzeßrung und Allmofen“ ab-
gefunden. Als Kartonift kommt der Eifenacßer Maler Johann Georg mental in Betracht,
der unter anderem für das neue Jagdhaus im Giergarten eine Reihe gemalter Gapeten
fertigt. Außer ißm wird der Fuldaer Maler Georg Cßriftopß Jung feit 1722 erwähnt.
Nach knapp einjähriger Tätigkeit räumt Gettelbacß das Feld. An feine Stelle tritt Con-
ftantin Becker, um wiederum 1725 Meifter O)omas Plaß zu machen. Der (Uürzburger
Klirker beginnt feine Arbeit mit dem Ankauf verfeßitdener Schattierungsgarne und
Seiden, die in Frankfurt a. M. eingehandelt werden. Diesmal dreht es fiel) nicht, wie
in Klürzburg, um englifche, fondern um franzöfifche Klare. Die umfangreichen Rech-
nungsbelege der nächften Jahre zeigen uns einen verhältnismäßig ftarken Betrieb unferes
Meifters. So werden allein 1726 an Gehilfenlöhnen nicht weniger als 52S Gulden be-
zahlt. Die Gefamtausgaben betragen 1359 Gulden. Gßomas befd)äftigt 4 Gefellen und
zeitweife 9 Frauen, von denen ein Geil allerdings zu Bearbeiten benutzt wird, wie
zum Auskämmen von Klolle und dergleichen. 1727 belaufen fid) die Lohnvergütungen
auf 512 Gulden. Im übrigen übt Chomas, außer feiner Klirkertätigkeit, aud) das in
feiner Anftellung mit vorgefcßene Amt eines Gapeziers im heutigen Sinne aus. Er
kauft in Johannesberg im Rheingau eine größere Anzahl Stoffe für Vorhänge in „lßro
Bocßfürftl. Gnaden 3\mm2Tu und dergleichen meßr. Unter anderem arbeitet Gßomas
an einem reichen Baldachin, leider, oßne daß wir erfahren, um welche Gecßnik es sieß
handelt. Die Ausgaben flauen bereits im nächften Jahre ftark ab. Der Fuldaer Maler
Georg Cßriftopß Jung erßält in ausgedehntem Maße den Auftrag, die verfeßiedenen
ßochfürftlicßen Bauten mit den billigeren gemalten Gapeten auszuzieren, fo das Bammel-
burger Scßloß, die Kloßnungen der Exzellenz von Boynburg und dergleichen meßr.
Gßomas befeßränkt ficß in den kommenden Jahren im wefentlicßen darauf, als Bof-
tapezier ein rußiges Dafein zu füßren und nach Bedarf eine oder die andere scßadßaft ge-
wordene Bauteliffe auszubeffern. 1729 liefert der Meifter aeßt, leider nicht näßer benannte,

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