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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 15
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Hintze, Erwin: Nürnberger Zinn, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0621

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fein. Id) kenne nur eine aus der Sammlung Baurat Manz in Stuttgart. — Melchior
Horchaimer (1583—1623) begnügte fid) nid)t mit dem Abgießen von geästen Formen
aus der väterlichen lüerkftatt. Er ift aud) der Meifter einer vortrefflichen, mit Relief-
guß verzierten Deckelkanne, die auf dem konifcßen Mantel drei von Rollwerk um-
rahmte Rundmedaillons mit Allegorien der Arithmetik, Dialektik und Rhetorik zeigt.
Außer der Fjorchaimerfchen Marke trägt die Kanne die in die Form gefcßnittene Meifter-
bezeicßnung MELICF)OR f)ORCP)AMER. Ferner ift Melchior Horchaimer oder Hans
3aßer der erfte Befißer eines von dem Stecher ttl. F. gefd)nittenen Cellermodells mit
dem Dankopfer Noahs gewefen. — Hans 3aßer (1587—1618) hat in feinen 22 be-
kannten Arbeiten hauptfächlid) die bereits bei Jacob Koch II feftgeftellte Verbindung
von Flachreliefbordüren mit Ornamentftäben in Hochrelief behandelt (Abb. 20). Außer-
dem liebte er die Anbringung von ovalen Buckeln auf den glatten 3onen der Sd)üffel-
ränder. Ein feßr eigenartiges Modell befaß 3aßer in einem fcßeibenförmigen Celler,
der in Reliefguß am Rande einen Fries mit Motiven nach der Marsfd)üffel von Briot
und in der Mitte eine Fäd)errofette zeigt (Demiani C. 28). — Die Marke des Paulus
Beham (1589—1610) trägt ein eiförmiger, in zwei Cypen bekannter Deckelbecher mit
Arabeskenbändern und Ranken in Flachrelief (Abb. 12. — Demiani C. 39).— Jacob Prey
(1589—1627) bereicherte den Modellfchaß um einen reizenden kleinen Deckelkrug mit
Harpyien, Frud)tbündeln, Libellen, Putten und Masken (Demiani C. 12 links). — Über
eine größere 3ahl von Modellen verfügten Michel Rößler d. Ä. (1596—1635) und
Steffan Chriftan (1596—1605). Von Rößler befitjt das Berliner Kunftgewerbemufeum
einen kleinen Deckelkrug mit Reliefguß und Reften von Vergoldung. Auf dem Mantel
wiederholen fid) dreimal Bänder, Masken, Vögel, Jagdtiere und Fruchtbündel. Ein reich
gegliederter Celler der Sammlung Baurat Klallraff in Nürnberg zeigt zwei Schriftzonen
auf dem Rande. 3wd Schalen Rößlers behandeln das Cl)ema von Rebekka am Brunnen
und die mehrfach erwähnte Darftellung von Lot und feinen üöd)tern (Demiani C. 36
rechts). — Auch Steffan Chriftan nannte eine Lotfchale und eine Schale mit der Hoch-
zeit zu Kana fein eigen. Klie bei der 3'Pf^rd)6n Schale find unter dem Bilde mit
der Hochzeit zu Kana zwei Schilde angebracht. Der eine von diefen trägt die Haus-
marke Chriftans. Sodann war Chriftan der erfte Beßrer eines der drei Modelle des
Auferftehungstellers mit dem thronenden Kaifer und den fed)s Kurfürften. Mit feiner
Marke ift auch der ältefte bekannte Abguß der fd)önen Avaritiafd)üffel mit dem figuren-
reichen üriumphzug der Liebe auf dem Rande geftempelt. — Paulus öl)am d. Ä.
(1604—1634) vermehrte die 3ahl der Noahteller im Jahre 1619 um ein neues Modell
In feinem Befiße begegnen wir zum erften Male dem fpäter mehrmals wiederkehrenden
Modell einer Schale mit der Darftellung der ürinität. — Sebald Stoy (1608 bis n. 1622)
fcheint der erfte Befißer des Modells II der üemperantia- bzw. der Marienfd)üffel
nebft Kanne fowie des 1621 entftandenen Evatellers von Cafpar Enderlein gewefen
zu fein. Außerdem verfügte er über eine Sd)üffelform mit Bordüren in Flachrelief
und Ornamentftäben in Hochrelief, fowie über das Modell eines aus einer älteren
öüerkftatt ftammenden flachen üellers, deffen Rand mit fünf Köpfchen in Kartufchen
und Arabeskenbändern mit Laubranken verziert ift. Mit diefer Aufzählung dürften die
wichtigften 3eitgenoffen Jacob Kochs II. und Cafpar Enderleins erfchöpft fein. Ihnen treten
die Meifter zur Seite, die für bekannte üypen belanglofe Variationen fchufen oder fid)
gar nur handwerksmäßig mit dem Abformen vorhandener Modelle befaßten.
(Schluß folgt.)

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