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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Villon, Pierre: Das Flachdach in Frankreich
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0175

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Siedlung Pessac und dem Obdachlosenheim von
Le Corbusier und Pierre Jeanneret und dem
Mietshaus in Bagneux von A. Lurcat), obgleich
sie fast alle die Worte Typisierung, Serienbau
und Rationalisierung im Munde führen und darauf
warten, daß der Staat und die Städte ihnen Sied-
lungen zu bauen geben.

Das Element, das nun am meisten den Luxus
dieser Villen ausdrückt, ist gerade das Flach-
dach. Es wird zum raffinierten hängenden Gar-
ten, der sich auf vorspringenden Anbauten den
Schlaf- und Wohnräumen vorlagert. Es wird zum
Sonnenbad und Turnplatz, zum luftigen Emp-
fangssalon der Dame, zu einer Erweiterung des
Speisesaals oder des Kinderzimmers. Durch das
Terrassendach wird es möglich, daß die ganze

Oberfläche des Bauplatzes, der wegen der
hohen Bodenpreise um Paris auch von wohl-
habenden Bauherren möglichst klein gewählt wird,
Garten bleibt. Und dieser Garten liegt nicht ver-
graben zwischen Anbauten, sondern frei unter
dem Himmel, vor fremden Blicken geschützt
durch lebendige Vorhänge aus rankenden Pflan-
zen. Mit Verschwendung wird hier das Bedürf-
nis der Zeit nach Luft und Sonne befriedigt. Es
ist ein Symptom für die relative Geringfügig-
keit der sozialen Unterschiede der Gegenwart,
daß der Luxus der Villen nur eine Übersteige-
rung dessen ist, was als notwendiger Bestand-
teil der Wohnung für Minderbemittelte aner-
kannt wird.

Roger Ginsburger, Paris

Terrasse
über dem Anbau Haus
Guggenbühl, Paris

Architekt A. Lurcat

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