Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

DOI Artikel:
Schwab, A.: Rundschau in der Bauwirtschaft
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0225

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
RUNDSCHAU IN DER BAU WI RTSCHAFT

Eswirdwiedergebaut.

Der ungewöhnlich lange Frost hat ein ungewöhn-
lich langes Stilliegen der gesamten Bautätigkeit zur
Folge gehabt. Bauten, die im Dezember angefan-
gen wurden oder kurz vor der Herstellung waren,
können jetzt erst weitergefördert werden. Darunter
hat der Absatz aller Baumaterialien, der Arbeits-
markt der Bauarbeiter, die Beschäftigung fast aller
Bauhandwerker und die finanzielle Lage des gesam-
ten Baugewerbes schwer gelitten. Wenn auch seit
etwa Mitte März die Tätigkeit, noch immer mit gro-
ßen Hemmungen, wieder begonnen hat, so wird doch
die wirtschaftliche Rückwirkung auf die Unter-
nehmungen der Bauwirtschaft nicht ausbleiben und
im Laufe der Wochen wohl erst richtig sichtbar
werden. Dem Vernehmen nach schweben Anregun-
gen und Besprechungen, um der Bauwirtschaft die
Uberwindung dieser Rückschläge durch Erleichte-
rungen auf steuerlichem Gebiet zu ermöglichen. Die
Lage des Reichsetats gibt allerdings reichlich Anlaß
zur Skepsis auch in dieser Beziehung.

Zementindustrie fast ganz stillgelegt.

Nach dem Bericht des Deutschen Zementbundes
ist im Februar der Zementversand, der schon im
Januar nur die Hälfte des Versandes im vorjährigen
Januar ausmachte, auf 83 000 Tons zurückgegan-
gen, gegenüber 502 000 Tons im Februar 1928 —
seit Jahren das schlechteste Monatsergebnis. Zahl-
reiche Betriebe haben daher wochenlang stillgele-
gen, da Lagerhaltung nur sehr beschränkt möglich
ist. Der Bericht fügt hinzu: „Die Notwendigkeit,
die Betriebe für den hohen Bedarf der Sommer-
monate auf großer Leistungsfähigkeit zu halten
(durchschnittlicher höchster Monatsversand rund
700 000 Tons), bedingt naturgemäß bei einem der-
artigen Stillstand außerordentlich ins Gewicht fal-
lende unproduktive Unkosten. Da bei dem mangeln-
den Absatz der Geldeingang fast aufgehört hat, kön-
nen nur finanziell gut fundierte Werke die Schwie-
rigkeiten überstehen, so daß die sich zur Zeit häu-
fender Insolvenzen nur zu erklärlich sind.

Muß das so bleiben?

Es wird interessant sein zu sehen, ob man aus
den Erfahrungen und Folgen dieses Winters lernen
wird. Schärfer als jemals ist die Frage gestellt:
ob die Bautätigkeit so sehr ein Saisongewerbe blei-
ben muß, wie sie es jetzt noch immer ist. Das ist
natürlich zum Teil eine technische Frage, und man
kann wohl annehmen, daß die vergangene Kälte-
periode einen psychologischen Auftrieb für alle Bau-
weisen gegeben hat, die — wie der Frankfurter Plat-
tenbau oder der Stahlblech- und Stahlskelettbau
— eine weitgehende fabrikatorische Vorarbeit, bis
zum Maß der möglichen Lagerhaltung, auch im Win-
ter ermöglichen. Hierüber aber sollte man die Fra-
gen der organisierten Auftragserteilung und der aus-
reichenden Finanzierung nicht vergessen. Auch die
fabrikatorische Winterarbeit ist nur möglich, wenn

sie mit einem gewissen Mindestumfang von Auf-
trägen bestimmt rechnen kann. Und andererseits
können Bauweisen, die technisch von der Witterung
stark abhängig bleiben, wie z. B. vor allem der Zie-
gelbau, nur dann für sich selbst die Mißlichkeiten der
Saisonschwankungen vermeiden, wenn sie sich be-
trieblich und finanziell stark genug organisieren, um
eine Regelung der Produktion, einen Einfluß auf den
Markt und einen Ausgleich der finanziellen Saison-
belastungen durchzuführen. Jedenfalls werden hier-
zu die Baustoffproduzenten immer noch eher in der
Lage sein als die mittleren und kleineren Unterneh-
mungen des Baugewerbes, unter denen in Auswir-
kung des vergangenen Winters wahrscheinlich eine
Reinigungskrise Platz greifen wird.

Die Hausbesitzer demonstrieren.

In einer Demonstrationsversammlung der Haus-
und Grundbesitzer in Berlin wurde eine Resolution
gefaßt, die — neben begreiflichen, hier aber nicht
zur Diskussion stehenden steuerlichen Forderungen
— schlicht und einfach verlangt „unverzügliche Auf-
hebung aller Ausnahmebestimmungen, die in Wohn-
und Bauwirtschaft die Rückkehr zur freien Wirt-
schaft und damit die Gesundung des Wohnungs-
wesens verhindern". Der nächste Satz wird etwas
zahmer: „Deshalb sofortige Aufhebung der Woh-
nungszwangswirtschaft — unter gleichzeitiger Fest-
legung gesetzlicher Übergangsschutzbestimmun-
gen." Wenn diese letzten Worte nicht nur eine
hohle Konzession, sondern ernst gemeint sind, so
weiß man nicht recht, was das Ganze soll. Ist aber
die „sofortige Aufhebung" ernst gemeint — was
man doch wohl annehmen muß — so bleibt nur zu
fragen: was werden die vielen Gewerbetreibenden,
Fabrikanten und Aktionäre unter den Hausbesitzern
sagen, wenn dann auf die sofortige Kündigung aller
ihnen nicht genehmen Mietsverträge und die sofor-
tige Heraufsetzung der Mieten eben so prompt die
sofortige Lohnbewegung aller ihrer Arbeiter und An-
gestellten folgt? Und wenn außerdem noch mit
sofortiger Wirkung die aufgewerteten Hypotheken in
ihren früheren Stand eingesetzt werden, sofort statt
1932 fällig werden und dann 8 oder 10 oder 12 v. H.
Zinsen kosten? Das sind Fragen, die in der Resolu-
tion nicht erwähnt sind — die freilich hier auch nicht
deshalb erwähnt werden, um so die Unfähigkeit und
Tatenlosigkeit zu entschuldigen, die die wohnungs-
amtliche Bürokratie vielfach an den Tag gelegt hat.

Hypothekenbanken-Bericht.

Aus dem Geschäftsbericht der Gemeinschafts-
gruppe Deutscher Hypothekenbanken entnehmen
wir: Die Dividende soll von den Generalversamm-
lungen, die am 8. und 9. April stattfinden werden,
auf 10 v. H. (9 v. H. im Vorjahr) erhöht werden. Der
Bestand an Deckungshypotheken ist von 646 auf
1048 Millionen angewachsen. Für Wohnungsbau-
zwecke wurden zur Verfügung gestellt: 1927: 54,
1928: 93 Millionen Mark. Der Bericht fordert, daß

183
 
Annotationen