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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Lotz, Wilhelm: Siedlung Dammerstock Karlsruhe
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Rabén, Hans: Die Stockholmer Ausstellung 1930
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0616

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Die Flachbauten

sind — die großzügige Erschließung eines Gelände-
abschnitts in einer Form, die die beste Sonnenlage
ermöglicht und die nach Erstellung und Gebrauch
hin wirtschaftlich beste Form der kleinen Woh-
nung —, sind die eigentlich gestaltenden Elemente
dieser Siedlung. Diese Ausführungen sollen nur auf
die Bedeutung dieser Siedlung hinweisen. Wir wer-
den uns in den kommenden Heften noch ausführ-
licher mit dem Dammerstock zu beschäftigen haben,
denn er wird trotz aller Verschiedenartigkeit in der
Entwicklung des modernen Wohnungsbaus nach dem
Weissenhof die zweite wichtige Etappe sein. Lötz

DIE STOCKHOLMER AUSSTELLUNG 1930

Daß die Ausstellung, die nächsten Sommer in
Stockholm stattfinden wird, trotz ihrer Größe und
der Bedeutung, die man von ihr erhofft als Werbe-
mittel für Schweden, nur Kunstindustrie, Kunsthand-
werk und Hausgewerbe umfaßt, hat mehrere Gründe.

Erstens haben die verschiedenen Nationen nicht
mehr dasselbe Interesse wie früher, sich selbst zur
Schau zu stellen und ihre Eigenart zu betonen. Es
liegt ihnen deshalb auch nicht daran, auf einer Aus-
stellung ein allseitiges Bild ihrer geistigen und mate-
riellen Kultur zu geben.

Zweitens hat jetzt jedes Land seine Sonder-
erzeugnisse, mit denen es die Mitbewerber über-
ragt. So hat Deutschland seine chemische und elek-
trische Industrie, Frankreich sein Bekleidungsge-
werbe, England seine Textilfabrikation, Schweden
seine Kunstindustrien.

Drittens umfaßt heutzutage der Begriff Kunst-
industrie nicht lediglich, ja nicht einmal vorzugs-
weise diejenigen Erzeugnisse, die zum Gegenstand
künstlerischer Neugestaltung werden können, also
Zierat und Schmuckwaren, sondern nahezu alles,
was uns im täglichen Leben umgibt und eine edlere
Form, eine künstlerische Gestalt annehmen kann.
Deshalb braucht eine Ausstellung, die nur solche
Erzeugnisse zeigt, nicht zu befürchten, ihr Spielraum
sei gar zu eng begrenzt.

Die Stockholmer Ausstellung 1930 soll also kein
Spiegel schwedischer Kultur im allgemeinen werden,
sondern sie stellt sich auf ein ganz spezielles Pro-
gramm ein. Wenn sie dieses vollständig durchführt,
dann wird sie voraussichtlich eine große Tragweite
erlangen. Vor allem natürlich für schwedische Kunst-
industrie; aber bei der Bedeutung, die Stockholm
als Fremdenstadt besitzt, wird sie auch bei Ländern
mit verwandter Kultur Interesse erregen können.

Ihr Hauptzweck besteht dem Programm nach darin,
„unter Verwertung künstlerischer Kräfte Wohnräu-
men und Einrichtungsgegenständen, besonders den
für die große Allgemeinheit bestimmten, eine hohe
Qualität und ein ansprechendes Aussehen zu ver-
leihen und die Ergebnisse ähnlicher Bestrebungen
auf benachbarten Gebieten zur Darstellung zu brin-
gen". Die „Verwertung künstlerischer Kräfte" be-
deutet natürlich im Sinne unserer Zeit ein Streben,
die Formgebung auf das unbedingt Notwendige zu
beschränken und also das rein Funktionale hervor-
zubringen, um hierdurch den Dingen gute Propor-
tionen und geschmeidige Linien zu verleihen.

Die Worte „besonders den für die große Allge-
meinheit bestimmten" bringen zum Ausdruck, daß
die Bestrebungen der Ausstellung nicht so sehr auf
die für ästhetisch fühlende, hochkultivierte Men-
schen in Betracht kommenden Gegenstände gerich-
tet sind, sondern vielmehr auf die Stapelwaren, auf
die allgemein gebräuchlichen Normalerzeugnisse, die
ja für die Erziehung zum Formengefühl eine unend-
lich wichtigere Rolle spielen. Die obigen Worte wol-
len auch besagen, daß die Ausstellung ihr Haupt-
augenmerk auf die Kunstindustrie richtet, nicht auf
das Kunsthandwerk und Hausgewerbe, die doch nie-
mals die große Allgemeinheit erreichen können.

Daß dieses Programm beinahe eine Sisyphus-
arbeit ist, wird jeder, der sich mit Kunstindustrie be^
faßt hat, leicht einsehen. Welche Befähigungen hat
denn nun die Stockholmer Ausstellung, um den Stein
über den Kamm des Abhangs hinaufzurollen? Dies
hängt ja teils vom Können der künstlerischen Kräfte,
teils vom Willen der industriellen Unternehmungen
ab. Was die dekorativen Künstler betrifft, muß man
wohl sagen, daß sie sich wenig für ein Zusammen-
arbeiten mit ausschließlich wirtschaftlich denken-

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