ren Lüftungsflügeln die bedeutend erweiterte Küche
erhellt und belüftet. Der Lieferanteneingang, der zur
Küche führt, soll durch eine Glaswand die Einsicht in
den Garten verhindern, trotzdem aber eine zweite
Verbindung von Küche und Leuteraum nach dem Gar-
ten herstellen. Unter beiden war noch ein Zugangs-
raum direkt in dem Kellergeschoß notwendig. Diese
Glaswand ist durch ein einfaches Rohr befestigt, in
dem gleichzeitig die elektrische Lichtleitung für die
darin aufgehängte Lampe liegt, während die über
der nach dem Garten zu führenden Treppe vorsprin-
gende Platte durch ein einfaches Eisenrohr gestützt
ist, durch welches wiederum gleichzeitig das Regen-
wasser dieses Vorbaues in die Kanalisation überge-
leitet wird. Die ganze Aufgabe, die sicher viel
Schwierigkeiten bereitet hat, ist von dem Architek-
ten mit viel Liebe und Überlegung, wie man sie bei
Haesler gewohnt ist, durchgeführt. Die Südansicht
bietet mit den vielen Fenstern einen sehr schönen
Anblick, ebenso ist die Durchführung des Eingangs
mit dem großen Luxferprismendach eine interes-
sante und wohlgelungene Detailschöpfung.
AUFGABEN EINES FILMSTUDIOS
Die Rede des Ministers Severing bezüglich Unter-
stützung der Filmkunst hat der Angelegenheit des
Film-Experimentier-Studios wieder eine
gewisse Aktualität gegeben.
Für alle, denen der Film als Kunst am Herzen liegt,
ist diese Frage von besonderer Wichtigkeit. Ein
Studio würde zwei Möglichkeiten eröffnen. Die eine
wäre die, daß in ihm einmal eine neue Generation
von Filmkünstlern die Proben aufs Exempel machen
könnte, die zweite die, daß sich zeigen müßte, was
wir heute aus dem Film, wenn er unbeschwert von
der mysteriösen Vorstellung eines (infamierten)
Publikums ist, machen würden. Wir wissen ja, daß
der Film, wie er heute ist, noch gar nicht Film ist und
wir wissen auch, daß er allein auf der Basis eines
mechanisch angewandten kaufmännischen Auswahl-
prinzips, wie es z. Z. von der Industrie gehandhabt
wird, nicht anders werden kann.
Wenn ich auch nicht glaube, daß das Experimental-
Studio fähig wäre, das Gesamtniveau des gegen-
wärtigen Films von heut auf morgen grundsätzlich
zu verändern, so müßte es doch imstande sein,
systematisch das Material zu schaffen, das die In-
dustrie braucht, um übermorgen Filme von gänz-
lich veränderter Form und besserem Geist zu schaf-
fen. Die Russen, besonders Pudowkin, haben sich in-
tensiv um eine Filmdisziplin bemüht in der vernünfti-
gen Erkenntnis, daß der Film solange ein Spielball
von Einfällen und Talenten bleiben muß und nicht zur
Kunst werden kann, solange nicht ebenso grundsätz-
lich und erkenntnismäßig wie praktisch experimentell
an ihm gearbeitet werden kann. (Und wie sollten das
Regisseur, Operateur, Darsteller in den knappbe-
messenen Aufnahmetagen zustande bringen?)
Es liegt auf der Hand, daß die Arbeit an einer
Filmdisziplin zum großen Teil theoretischer Natur
ist, aber auch die theoretische Arbeit kann nur in
ständiger Gemeinschaft mit praktischen Experimen-
ten (optischer Art — Versuch der Schaffung neuer
Typen usw.) gemacht werden. Ein planloses Experi-
mentieren ohne daß man grundsätzlich bestimmt hat,
in welcher Richtung, ist ebenso sinnlos wie ein
theoretisches Formulieren ohne grundsätzliche prak-
tische Arbeit. Nur unter der Bedingung planvoller
Arbeit wird es möglich sein, ein uferloses Dilettieren
zu unterbinden, das ein Studio von vornherein zum
Scheitern verurteilen würde. Andererseits aber muß
die Garantie bestehen, daß nicht die Industrie doch
wieder Einfluß auf die Art der Experimente nähme,
und so der frei angelegten Bewegung die Spitze
abbräche.
Die Schwierigkeiten, die der Entwicklung einer
Filmkunst im Wege stehen, im Gegensatz zu ande-
ren Künsten, z. B. zur Malerei, liegen darin, daß man
gezwungen ist, mit großen Mitteln zu arbeiten. Der
Film kann, solange er in seiner Entwicklung aus-
schließlich an die Industrie gebunden ist, zu einer
natürlichen Entfaltung seiner Form nicht kommen.
Gäbe es heute schon Film zu 1 Pfennig den Meter,
wäre es so, daß sich Amateure, Außenseiter, Künst-
ler, ohne sich wirtschaftlich dabei zu ruinieren,
ernsthaft mit dem Film beschäftigen könnten, so
würde der Filmkunst und letzthin der Industrie
außerordentlich gedient sein. Es liegt auf der Hand,
daß in Verbindung mit dem Studio zweckmäßig eine
Ausbildungsstätte stünde (zunächst von geringem
Ausmaß), denn die Heranbildung eines guten künst-
lerischen Nachwuchses ist im Rahmen der prak-
tischen Experimentierwerkstatt am ehesten mög-
lich, da, wie oben gesagt, die Theorie ohne die
Praxis wertlos ist. Hans Richter
Anschriften der Mitarbeiter dieses Heftes:
Direktor Paul Renner, Leiter der graphischen Berufsschulen der
Stadt München und der Meisterschule für Deutschlands Buch-
drucker, München, Pranckhstr. 2
Hans Richter, Berlin-Grunewald, Trabener Straße 25
Universitäts-Professor Dr. Hans Cornelius, Leiter der Frankfurter
Lehrwerkstätten, Oberursel (Taunus)
72
erhellt und belüftet. Der Lieferanteneingang, der zur
Küche führt, soll durch eine Glaswand die Einsicht in
den Garten verhindern, trotzdem aber eine zweite
Verbindung von Küche und Leuteraum nach dem Gar-
ten herstellen. Unter beiden war noch ein Zugangs-
raum direkt in dem Kellergeschoß notwendig. Diese
Glaswand ist durch ein einfaches Rohr befestigt, in
dem gleichzeitig die elektrische Lichtleitung für die
darin aufgehängte Lampe liegt, während die über
der nach dem Garten zu führenden Treppe vorsprin-
gende Platte durch ein einfaches Eisenrohr gestützt
ist, durch welches wiederum gleichzeitig das Regen-
wasser dieses Vorbaues in die Kanalisation überge-
leitet wird. Die ganze Aufgabe, die sicher viel
Schwierigkeiten bereitet hat, ist von dem Architek-
ten mit viel Liebe und Überlegung, wie man sie bei
Haesler gewohnt ist, durchgeführt. Die Südansicht
bietet mit den vielen Fenstern einen sehr schönen
Anblick, ebenso ist die Durchführung des Eingangs
mit dem großen Luxferprismendach eine interes-
sante und wohlgelungene Detailschöpfung.
AUFGABEN EINES FILMSTUDIOS
Die Rede des Ministers Severing bezüglich Unter-
stützung der Filmkunst hat der Angelegenheit des
Film-Experimentier-Studios wieder eine
gewisse Aktualität gegeben.
Für alle, denen der Film als Kunst am Herzen liegt,
ist diese Frage von besonderer Wichtigkeit. Ein
Studio würde zwei Möglichkeiten eröffnen. Die eine
wäre die, daß in ihm einmal eine neue Generation
von Filmkünstlern die Proben aufs Exempel machen
könnte, die zweite die, daß sich zeigen müßte, was
wir heute aus dem Film, wenn er unbeschwert von
der mysteriösen Vorstellung eines (infamierten)
Publikums ist, machen würden. Wir wissen ja, daß
der Film, wie er heute ist, noch gar nicht Film ist und
wir wissen auch, daß er allein auf der Basis eines
mechanisch angewandten kaufmännischen Auswahl-
prinzips, wie es z. Z. von der Industrie gehandhabt
wird, nicht anders werden kann.
Wenn ich auch nicht glaube, daß das Experimental-
Studio fähig wäre, das Gesamtniveau des gegen-
wärtigen Films von heut auf morgen grundsätzlich
zu verändern, so müßte es doch imstande sein,
systematisch das Material zu schaffen, das die In-
dustrie braucht, um übermorgen Filme von gänz-
lich veränderter Form und besserem Geist zu schaf-
fen. Die Russen, besonders Pudowkin, haben sich in-
tensiv um eine Filmdisziplin bemüht in der vernünfti-
gen Erkenntnis, daß der Film solange ein Spielball
von Einfällen und Talenten bleiben muß und nicht zur
Kunst werden kann, solange nicht ebenso grundsätz-
lich und erkenntnismäßig wie praktisch experimentell
an ihm gearbeitet werden kann. (Und wie sollten das
Regisseur, Operateur, Darsteller in den knappbe-
messenen Aufnahmetagen zustande bringen?)
Es liegt auf der Hand, daß die Arbeit an einer
Filmdisziplin zum großen Teil theoretischer Natur
ist, aber auch die theoretische Arbeit kann nur in
ständiger Gemeinschaft mit praktischen Experimen-
ten (optischer Art — Versuch der Schaffung neuer
Typen usw.) gemacht werden. Ein planloses Experi-
mentieren ohne daß man grundsätzlich bestimmt hat,
in welcher Richtung, ist ebenso sinnlos wie ein
theoretisches Formulieren ohne grundsätzliche prak-
tische Arbeit. Nur unter der Bedingung planvoller
Arbeit wird es möglich sein, ein uferloses Dilettieren
zu unterbinden, das ein Studio von vornherein zum
Scheitern verurteilen würde. Andererseits aber muß
die Garantie bestehen, daß nicht die Industrie doch
wieder Einfluß auf die Art der Experimente nähme,
und so der frei angelegten Bewegung die Spitze
abbräche.
Die Schwierigkeiten, die der Entwicklung einer
Filmkunst im Wege stehen, im Gegensatz zu ande-
ren Künsten, z. B. zur Malerei, liegen darin, daß man
gezwungen ist, mit großen Mitteln zu arbeiten. Der
Film kann, solange er in seiner Entwicklung aus-
schließlich an die Industrie gebunden ist, zu einer
natürlichen Entfaltung seiner Form nicht kommen.
Gäbe es heute schon Film zu 1 Pfennig den Meter,
wäre es so, daß sich Amateure, Außenseiter, Künst-
ler, ohne sich wirtschaftlich dabei zu ruinieren,
ernsthaft mit dem Film beschäftigen könnten, so
würde der Filmkunst und letzthin der Industrie
außerordentlich gedient sein. Es liegt auf der Hand,
daß in Verbindung mit dem Studio zweckmäßig eine
Ausbildungsstätte stünde (zunächst von geringem
Ausmaß), denn die Heranbildung eines guten künst-
lerischen Nachwuchses ist im Rahmen der prak-
tischen Experimentierwerkstatt am ehesten mög-
lich, da, wie oben gesagt, die Theorie ohne die
Praxis wertlos ist. Hans Richter
Anschriften der Mitarbeiter dieses Heftes:
Direktor Paul Renner, Leiter der graphischen Berufsschulen der
Stadt München und der Meisterschule für Deutschlands Buch-
drucker, München, Pranckhstr. 2
Hans Richter, Berlin-Grunewald, Trabener Straße 25
Universitäts-Professor Dr. Hans Cornelius, Leiter der Frankfurter
Lehrwerkstätten, Oberursel (Taunus)
72