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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Hahm, Konrad: Lichtbilder: zu den Arbeiten von Helmar Lerski
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0261

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WEGE ZUR FORM

Die Aufnahmen von Helmar Lerski sind Darstellungen bestimmter Elemente der Psyche seiner Modelle. Durch die
Wahl dieser prägnanten Elemente und durch die künstlerische Steigerung mit fotografischen Mitteln wird der Eindruck
unkompliziert und eindeutig. Die Eindringlichkeit der Wirkung beruht darauf, daß die Darstellung einer psychischen
Struktur nicht absichtlich hinzugetragen wird, sondern im Modell vorhanden und vom Fotografen gefunden und gesteigert
ist. Dadurch ist jedes Foto anders, erhält aus der besonderen Psyche des Objekts seine Prägung. Dr. Hahm schildert, wie
Lerski mit dem Licht die Form lebendig macht, die der Ausdruck der seelischen Struktur ist.

Die künstlerische Darstellung ist gebunden an das Vorhandene, sie findet es und steigert es in der
Form, nicht der Größe der Form wegen, sondern um der Eindeutigkeit und Klarheit der Darstellung willen.

Die ausgezeichneten Aufnahmen von Stone aus dem Großkraftwerk Klingenberg zeigen die lebendige formende
Kraft der systematischen Dienstbarmachung der Naturkräfte.

Die Form ist groß und gesteigert als Ausdruck großer technischer Organisation.

Le Corbusiers geniale Schöpfungen sind verankert in der modernen Konstruktionsweise, aber angetrieben von
einem von traditionellen Formen und Begriffen befreiten Drang zur Formung.

Ein künstlerischer Drang steigert die Form aus Freude an der Beherrschung der Mittel.

Die Steigerung der Form aus dekorativer formaler Absicht heraus führt zu pompöser Monumentalität. Die gesteigerte
Form ist ein beabsichtigtes Ergebnis eines beherrschten Schaffensvorgangs. W. L.

LICHTBILDER

zu den Arbeiten von Helmar Lerski

Air- um 1839 Daguerre die ersten aussichtsrei-
chen Lichtbilder herstellte, stand er als Experi-
mentator einer durch Jahrtausende entwickelten
Mal- und Zeichenkunst gegenüber, mit deren
Wesen und Aufgaben seine neue Kunst in
Wettbewerb trat. Seit hundert Jahren hat sich
die Entwicklung der Fotografie im Sinne dieses
Wettbewerbes vollzogen, der Zeitstil der Malerei
spiegelte sich in den anspruchsvolleren Arbeiten
der Fotografen getreulich wieder, die versuchte
Gleichsetzung der Ziele brachte es mit sich, daß
die Abhängigkeit der Fotografie von der Malerei
zur Aufgabe der besonderen Wege und Ziele des
Lichtbildes führte und Surrogate erstrebte, deren
Ehrgeiz in der sklavischen Anpassung an das
ideale „Bild" bestand. Erst das bewegliche
Lichtbild, der Film hat eine Loslösung von dieser
Abhängigkeit gebracht und damit auch der Foto-
grafie wieder eigene Wege eröffnet.

Der Kunstwert der Fotografie wurde stets von
der Malerei aus beurteilt und mit der Begründung
ihres rein technischen Vorganges, der die per-
sönliche Schöpfung ausschalte, erbittert be-
kämpft. Auch heute noch weisen führende
Kunstwissenschaftler Foto und Film aus dem Be-
reich der selbständigen darstellenden Künste
hinaus und stellen sie an die Seite der Schall-
platten. Dieses Urteil ist anfechtbar, denn ent-

weder ist das Wesen der Kunst von den Mitteln
der Technik grundsätzlich unabhängig und die
Geistigkeit einer Leistung ist maßgebend, oder
man zieht einer geistigen Leistung Grenzen
durch technische Mittel und verfällt etwa auf die
bekannte Einstellung beim Auftreten der Öl-
maierei, die auch als naturalistisch und unkünst-
lerisch bekämpft wurde.

Im Kampf um die Ausbildung der besonderen
Werte und Möglichkeiten der Kunstgattung des
Lichtbildes sind in den letzten Jahrzehnten er-
hebliche Fortschritte gemacht worden. In Ver-
bindung mit der Verbesserung der optischen und
chemischen Hilfsmittel, mit der Spezialisierung
fotcgrafischer Darstellungsmöglichkeiten, wie
Zeitlupe und Zeitraffer, Mikrofoto oder Fotomon-
tage, ist besonders durch das Studium der
Lichtwirkung am Objekt und die Erforschung sei-
ner eigenen Gesetzlichkeit neuer Boden in der
Bereicherung unserer optischen Ausdrucksmittel
gewonnen worden.

Unter diesen Bestrebungen stehen die Arbei-
ten von Helmar Lerski im Vordergrund. In sei-
nen Porträts und Menschenbildern ringt er um
eine neue Welt der Bildnisschaffung, die allein
durch die Mittel der Fotografie aus dem Wesen
des Lichts gewonnen wird. Er verzichtet auf
die „Tonwerte" der üblichen Kunstfotografie,

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