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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Bauwirtschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0526

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BAUWIRTSCHAFT

Wohnungsbau höchstens im Vorjahrs-
stand.

Die erste Hälfte der Bausaison schließt für den
Wohnungsbau mit dem Ergebnis, daß die Produk-
tion gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres wohl
annähernd den gleichen Umfang erreicht hat. Die
geringere Zahl der Bauvollendungen im Anfang der
Saison ist nahezu ausgeglichen durch eine höhere
Anzahl angefangener Neubauten. Nun haben sich
allerdings die Finanzierungsschwierigkeiten, wie das
Institut für Konjunkturforschung feststellt, ver-
schärft, und es erscheint daher fraglich, ob der ver-
gleichsweise größer gewordenen Zahl von Bau-
erlaubnissen auch wirklich eine entsprechende Bau-
tätigkeit in der zweiten Hälfte des Jahres folgen
wird. Da die Wohnungsbauten, die im Herbst ange-
fangen werden, zu einem großen Teil erst Anfang
des nächsten Jahres zu Ende geführt werden, wird
sich dann erst das Endergebnis übersehen lassen.

Rechnet man allein den Reinzugang an Woh-
nungen in 91 Städten, die von einer Aufstellung des
Instituts erfaßt werden, so ergibt sich allerdings bis
jetzt ein recht beträchtliches Zurückbleiben hinter
der Vorjahrsziffer. In diesen Städten entstanden
von Januar bis Mai d. J. 32 398, vorigen Jahres
40 408 neue Wohnungen. Begonnen, jedoch nicht
fertiggestellt wurden 42 661 (34 967) Wohnungen.

Auffallend groß sind die Unterschiede in den ver-
schiedenen Gegenden. Besserung im Wohnungsbau,
z. T. recht beträchtlich, zeigen u. a. Berlin, Leipzig,
Chemnitz, Stuttgart, Stettin, Breslau, Dresden,
wesentliche Rückgänge dagegen Köln, München,
Hamburg, Düsseldorf, Königsberg. Wie weit hier
Verschiedenheiten in der Zuteilung der Hauszins-
steuer, wie weit örtliche Unterschiede in der Finan-
zierung durch Privatkapital mitsprechen, ist schwer
erkennbar.

Die Finanzierungsschwierigkeiten.

Den Zugang an Wohnungsbaumitteln im ersten
Halbjahr 1929 schätzt das Institut auf 1525 Millio-
nen (im ganzen Jahr 1928: 3250 Millionen). Davon
entfallen auf öffentliche Mittel 600, Hypotheken der
Boden kreditinstitute, Sparkassen und Versicherungs-
unternehmungen 695, Arbeitgeberdarlehen und Eigen-
mittel 230 Millionen. Diese Zahlen sehen etwas gün-
stiger aus als die tatsächliche Lage ist, denn es
handelt sich hier zu einem sehr großen Teil um Mit-
tel, die im vorigen und im Anfang dieses Jahres zu-
gesagt waren, während jetzt die Kreditinstitute sich
mit Neuzusagen aufs äußerste zurückhalten; mehrere
Institute haben bereits die Zusage neuer Hypothe-
ken gesperrt. Dementsprechend sind infolge des
Rückgangs der Pfandbriefkurse auch die Auszah-
lungskurse für Hypotheken herabgesetzt worden,
die Nettokosten daher gestiegen. Einen Lichtblick bil-

det die Geldgebertätigkeit der Sparkassen, die etwa
100 Millionen Mark mehr als in der gleichen Zeit des
Vorjahres für Wohnungsbauzwecke hergegeben
haben.

öffentliche Aufträge und Konjunktur.

Der deutschen Wirtschaft fließen jährlich öffent-
liche Aufträge im Umfang von etwa 7 bis 8 Milliarden
Mark zu, nicht gerechnet die Hauszinssteuermittel.
Ein recht erheblicher Teil hiervon entfällt auf das
Baugewerbe, seine Vorlieferanten, die Zubehör- und
Einrichtungsindustrien. Ein bekanntes Gutachten
des Reichswirtschaftsrates aus dem vorigen Jahr
fordert, daß die Verteilung dieser Aufträge, vor allem
in der Wahl des Zeitpunkts, dazu benutzt werden
soll, die heftigen, wirtschaftsschädlichen Schwan-
kungen der Konjunktur etwas auszugleichen. Auf
Grund dieses Gutachtens ist jetzt die Reichsanstalt
für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung
beauftragt worden, an dieser Aufgabe des Konjunk-
turausgleichs führend mitzuwirken. Geschehen soll
das durch regelmäßige Besprechungen der Präsi-
denten der 13 Landesarbeitsämter mit den in ihrem
Bezirk ansässigen Beschaffungsstellen der Post,
der Eisenbahn, der Finanzverwaltung, der Länder,
Provinzen und Städte. Man hofft, auf diesem Wege
nicht nur zum Ausgleich der reinen Konjunktur-
schwankungen beitragen zu können, sondern auch
den übertriebenen Saisoncharakter besonders des
Baugewerbes allmählich einzuschränken. Eine Melde-
pflicht für alle größeren Aufträge wird die statisti-
schen Unterlagen liefern, eine Reform des vielfach
sehr hinderlichen Haushaltsrechts soll den Beschaf-
fungsstellen die nötige finanzielle Beweglichkeit
geben.

Möbelgewerbe und Hauszinssteuer.

Eine Kleine Anfrage im Preußischen Landtag
macht darauf aufmerksam, daß der Möbelhandel
schwerer als irgendein anderer Gewerbezweig von
der Hauszinssteuer betroffen wird, da er auf beson-
ders große Räume angewiesen und andererseits
durch Wohnungsmangel und wirtschaftliche Krisen
ohnehin außerordentlich gedrückt ist. Das Staats-
ministerium wird daher aufgefordert, dem Möbelge-
werbe generell Erleichterungen der Hauszinssteuer
zu gewähren oder eine besonders wohlwollende Be-
handlung von Stundungs- und Niederschlagungsan-
trägen anzuerkennen. ^ Schwab

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