steht, hätte die Ausstellung, wenn sie sich schon
der künstlerischen Leitung von Gropius anvertraut
hat, diesen Satz, der wie eine Entschuldigung oder
wie eine Abwälzung der Verantwortung zu lesen ist,
ersparen können.
Die Inseratseiten dieses Katalogs sind nicht ge-
glückt. Sie sind ein Beispiel für die Unmöglichkeit
geworden, die Inserate einer Seite nach einem
Schema zu gestalten. Diese Vereinheitlichung und
Schematisierung ist dem Wesen der modernen
Reklame fremd. Übrigens möchten wir zu unse-
rer Abbildung bemerken, daß in der Verkleine-
rung die Inseratseite wesentlich besser wirkt
als in der Kataloggröße. Wir haben eine Inserat-
seite aus einer Veröffentlichung des österreichi-
schen Werkbundes gegenübergestellt, um zu zeigen,
welch besonderer Reiz in der Verschiedenartigkeit
der Inserate liegt und wie trotzdem eine sehr gute
einheitliche Seitenwirkung erreicht werden kann.
Hier tauchen dieselben Fragen auf wie bei der Sche-
matisierung und Modernisierung der Lichtreklame
und der Plakatflächen.
„DIE NEUE ZEIT", KÖLN 1932
Wir verweisen auf die Beiträge zur Diskussion dieses Themas, dessen Ausgangspunkt das in Heft 15 niedergelegte Rahmenprogramm von
Ernst Jäckh bildet, in den Heften 16 und 20 und machen gleichzeitig darauf aufmerksam, daß in den „Mitteilungen des Deutschen Werk-
bundes" dieses Heftes die wesentlichsten Punkte des Berichts, den Ernst Jäckh vor dem Vorstand erstattet hat, wiedergegeben sind.
Besonders wichtig sind die Pläne für eine neue Aufteilung des Geländes und für die Erstellung einer Siedlung.
Das Ausstellungswesen wird zu einem Teil der
Sozialpädagogik. Der Deutsche Werkbund über-
nimmt für die internationale Ausstellung von 1932
vor der Öffentlichkeit die Verantwortung dafür, daß
ein systematisches Ganzes geschaffen wird, als
Ausdruck des internationalen Aufklärungsbedürfnis-
ses unserer Zeit und nicht eine messeartige Anhäu-
fung, die geschäftlicher und nichtgeschäftlicher Kon-
kurrenz dient. Die meisten Ausstellungen leiden
darunter, daß sie nicht den Beschauer planmäßig
informieren wollen, sondern den Ausstellern Gele-
genheit geben müssen, sich möglichst vorteilhaft
zu präsentieren. Am deutlichsten tritt dies dort
zutage, wo einzelne Firmen ihre Erzeugnisse
bringen, wobei Nichtzusammengehöriges vereinigt,
vieles in unwesentlichen Varianten wiederholt wird.
Aber auch dort, wo nicht Privatfirmen um Käufer
werben oder für sich Propaganda machen, ist diese
Erscheinung zu beobachten. Universitätskliniken,
wissenschaftliche Institute treten nebeneinander
auf, um ihre Methoden und ihre Leistungen vorzu-
führen. Der Beschauer kommt dabei zu kurz, fehlt
doch den meisten dieser Ausstellungen eine zusam-
menfassende Einleitung, von der aus man zweck-
mäßig vorbereitet den anderen Abteilungen sich
zuwenden kann. Dies kann nur dann anders werden,
wenn Ausstellungen aus einer Produ-
zentensache zu einer Konsumenten-
sache geworden sind. Der Werkbund ist der
Treuhänder der Verbraucher, und so ist es kein Zu-
fall, wenn er nun auch Ausstellungen in derselben
Weise zu betreuen unternimmt wie Einrichtungs-
gegenstände aller Art, Wohnungen und Stadt-
anlagen. Ausstellungen sind nicht minder Ge-
brauchsgegenstände mit bewußter Formung als
etwa Tische oder Räume.
Wenn man einmal den Gedanken planmäßiger Aus-
stellungspädagogik angenommen hat, dann ergeben
sich eine ganze Reihe von Reformen von selbst, wie
sie in den Vorschlägen des Deutschen Werkbundes
von Ernst Jäckh der internationalen Öffentlich-
keit vorgelegt wurden. Eine gute Ausstellung soll
überschaubar sein. Verwirrung ist von Übel. Dem
Beschauer genügt das, was auf einen Blick erfaßt
werden kann, während der einzelne Aussteller Ein-
zelheiten und Besonderheiten, die ihm wichtig sind,
nicht gern unterdrückt. Wenn die Ausstellungslei-
tung für Köln die Kraft aufbringen sollte, ausschließ-
lich die Interessen des lernbegierigen Ausstellungs-
besuchers zu berücksichtigen, dann werden endlich
die aus zahllosen Kleinobjekten bestehenden Son-
dergruppen verschwinden. Es ist sinnlos, in einer
kleinen Abteilung Fotografie neben Fotografie zu
setzen, Modell neben Modell. Vier bis fünf große
fotografische Ansichten, sorgsam ausgewählt und
bearbeitet, ein und das andere Modell als prägnan-
tes Beispiel, packen und prägen sich ein.
Solche Planmäßigkeit der Auswahl er-
zwingt von vornherein eine weitgehende Einheit-
lichkeit der Aufmachung der gewaltigen
Ausstellung. Bilder, Statistiken, Modelle, Leucht-
tafeln, Trickfilme, bewegliche Apparaturen, Objekte
aller Art müssen irgendwie aufeinander abgestimmt
sein, wenn einmal der Grundsatz aufgegeben wurde,
daß für jede „Koje" der betreffende Aussteller
hafte. Fürdie Kölner Ausstellung haftet
in allen ihren Teilen der Deutsche
Werkbund samt seinen Mitarbeitern.
Es ist ein Kennzeichen unserer Epoche, daß der
Zusammenhang zwischen den Gedankenketten der
Denker, den Schöpfungen der Maler, Bildhauer, Musi-
ker, den Bau- und Wohnformen, dem Verkehr und
dem gesamten Produktionsprozeß, immer mehr Men-
schen zum Bewußtsein kommt, ob sie dies nun als
metaphysisches Gefüge unter kosmischen Aspek-
ten ansehen oder als ein Gemenge geordneter und
ungeordneter Erfahrungsbestandteile, deren logi-
schen Aufbau man zu bewältigen trachtet.
Wer in der Gegenwart erfolgreich wirken will, muß
Europa als eines von vielen Weltgebieten erkennen,
er muß unter internationalem Gesichtspunkt sehen,
wie staatliche und private Interessen zu Krieg und
Frieden drängen, wie gewaltige Organisationen der
Unternehmer, der Arbeiter neben den Kirchen und
anderen Institutionen eine entscheidende Rolle
spielen. Gleichzeitig muß er sehen, wie der Kampf
ums tägliche Brot die Menschen zu solidarischer
Kraftanspannung veranlaßt, aber auch, wie Dichtung
und Malerei, reine Wissenschaft fern von Tagesinter-
essen, Liebe zur Natur, liebevolle Gemeinschaft
Menschen und Menschengruppen zu begeisterter
Hingabe veranlassen. Dieser Vielgestaltigkeit des
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der künstlerischen Leitung von Gropius anvertraut
hat, diesen Satz, der wie eine Entschuldigung oder
wie eine Abwälzung der Verantwortung zu lesen ist,
ersparen können.
Die Inseratseiten dieses Katalogs sind nicht ge-
glückt. Sie sind ein Beispiel für die Unmöglichkeit
geworden, die Inserate einer Seite nach einem
Schema zu gestalten. Diese Vereinheitlichung und
Schematisierung ist dem Wesen der modernen
Reklame fremd. Übrigens möchten wir zu unse-
rer Abbildung bemerken, daß in der Verkleine-
rung die Inseratseite wesentlich besser wirkt
als in der Kataloggröße. Wir haben eine Inserat-
seite aus einer Veröffentlichung des österreichi-
schen Werkbundes gegenübergestellt, um zu zeigen,
welch besonderer Reiz in der Verschiedenartigkeit
der Inserate liegt und wie trotzdem eine sehr gute
einheitliche Seitenwirkung erreicht werden kann.
Hier tauchen dieselben Fragen auf wie bei der Sche-
matisierung und Modernisierung der Lichtreklame
und der Plakatflächen.
„DIE NEUE ZEIT", KÖLN 1932
Wir verweisen auf die Beiträge zur Diskussion dieses Themas, dessen Ausgangspunkt das in Heft 15 niedergelegte Rahmenprogramm von
Ernst Jäckh bildet, in den Heften 16 und 20 und machen gleichzeitig darauf aufmerksam, daß in den „Mitteilungen des Deutschen Werk-
bundes" dieses Heftes die wesentlichsten Punkte des Berichts, den Ernst Jäckh vor dem Vorstand erstattet hat, wiedergegeben sind.
Besonders wichtig sind die Pläne für eine neue Aufteilung des Geländes und für die Erstellung einer Siedlung.
Das Ausstellungswesen wird zu einem Teil der
Sozialpädagogik. Der Deutsche Werkbund über-
nimmt für die internationale Ausstellung von 1932
vor der Öffentlichkeit die Verantwortung dafür, daß
ein systematisches Ganzes geschaffen wird, als
Ausdruck des internationalen Aufklärungsbedürfnis-
ses unserer Zeit und nicht eine messeartige Anhäu-
fung, die geschäftlicher und nichtgeschäftlicher Kon-
kurrenz dient. Die meisten Ausstellungen leiden
darunter, daß sie nicht den Beschauer planmäßig
informieren wollen, sondern den Ausstellern Gele-
genheit geben müssen, sich möglichst vorteilhaft
zu präsentieren. Am deutlichsten tritt dies dort
zutage, wo einzelne Firmen ihre Erzeugnisse
bringen, wobei Nichtzusammengehöriges vereinigt,
vieles in unwesentlichen Varianten wiederholt wird.
Aber auch dort, wo nicht Privatfirmen um Käufer
werben oder für sich Propaganda machen, ist diese
Erscheinung zu beobachten. Universitätskliniken,
wissenschaftliche Institute treten nebeneinander
auf, um ihre Methoden und ihre Leistungen vorzu-
führen. Der Beschauer kommt dabei zu kurz, fehlt
doch den meisten dieser Ausstellungen eine zusam-
menfassende Einleitung, von der aus man zweck-
mäßig vorbereitet den anderen Abteilungen sich
zuwenden kann. Dies kann nur dann anders werden,
wenn Ausstellungen aus einer Produ-
zentensache zu einer Konsumenten-
sache geworden sind. Der Werkbund ist der
Treuhänder der Verbraucher, und so ist es kein Zu-
fall, wenn er nun auch Ausstellungen in derselben
Weise zu betreuen unternimmt wie Einrichtungs-
gegenstände aller Art, Wohnungen und Stadt-
anlagen. Ausstellungen sind nicht minder Ge-
brauchsgegenstände mit bewußter Formung als
etwa Tische oder Räume.
Wenn man einmal den Gedanken planmäßiger Aus-
stellungspädagogik angenommen hat, dann ergeben
sich eine ganze Reihe von Reformen von selbst, wie
sie in den Vorschlägen des Deutschen Werkbundes
von Ernst Jäckh der internationalen Öffentlich-
keit vorgelegt wurden. Eine gute Ausstellung soll
überschaubar sein. Verwirrung ist von Übel. Dem
Beschauer genügt das, was auf einen Blick erfaßt
werden kann, während der einzelne Aussteller Ein-
zelheiten und Besonderheiten, die ihm wichtig sind,
nicht gern unterdrückt. Wenn die Ausstellungslei-
tung für Köln die Kraft aufbringen sollte, ausschließ-
lich die Interessen des lernbegierigen Ausstellungs-
besuchers zu berücksichtigen, dann werden endlich
die aus zahllosen Kleinobjekten bestehenden Son-
dergruppen verschwinden. Es ist sinnlos, in einer
kleinen Abteilung Fotografie neben Fotografie zu
setzen, Modell neben Modell. Vier bis fünf große
fotografische Ansichten, sorgsam ausgewählt und
bearbeitet, ein und das andere Modell als prägnan-
tes Beispiel, packen und prägen sich ein.
Solche Planmäßigkeit der Auswahl er-
zwingt von vornherein eine weitgehende Einheit-
lichkeit der Aufmachung der gewaltigen
Ausstellung. Bilder, Statistiken, Modelle, Leucht-
tafeln, Trickfilme, bewegliche Apparaturen, Objekte
aller Art müssen irgendwie aufeinander abgestimmt
sein, wenn einmal der Grundsatz aufgegeben wurde,
daß für jede „Koje" der betreffende Aussteller
hafte. Fürdie Kölner Ausstellung haftet
in allen ihren Teilen der Deutsche
Werkbund samt seinen Mitarbeitern.
Es ist ein Kennzeichen unserer Epoche, daß der
Zusammenhang zwischen den Gedankenketten der
Denker, den Schöpfungen der Maler, Bildhauer, Musi-
ker, den Bau- und Wohnformen, dem Verkehr und
dem gesamten Produktionsprozeß, immer mehr Men-
schen zum Bewußtsein kommt, ob sie dies nun als
metaphysisches Gefüge unter kosmischen Aspek-
ten ansehen oder als ein Gemenge geordneter und
ungeordneter Erfahrungsbestandteile, deren logi-
schen Aufbau man zu bewältigen trachtet.
Wer in der Gegenwart erfolgreich wirken will, muß
Europa als eines von vielen Weltgebieten erkennen,
er muß unter internationalem Gesichtspunkt sehen,
wie staatliche und private Interessen zu Krieg und
Frieden drängen, wie gewaltige Organisationen der
Unternehmer, der Arbeiter neben den Kirchen und
anderen Institutionen eine entscheidende Rolle
spielen. Gleichzeitig muß er sehen, wie der Kampf
ums tägliche Brot die Menschen zu solidarischer
Kraftanspannung veranlaßt, aber auch, wie Dichtung
und Malerei, reine Wissenschaft fern von Tagesinter-
essen, Liebe zur Natur, liebevolle Gemeinschaft
Menschen und Menschengruppen zu begeisterter
Hingabe veranlassen. Dieser Vielgestaltigkeit des
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