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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Simmel, Alice: Die neue Küche
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0345

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Grundrisse für Kleinwohnungen, die die Lage der Küche in der Wohnung zeigen

48 qm (4 Betten), 58 qm (6 Betten), 70 qm (8 Betten), Küche jeweils 4,5 qm
Ludwig Hilberseimer, Berlin

DIE NEUE KÜCHE

Die wirtschaftliche und soziale Umgestaltung
unseres Lebens zeigt sich deutlich in der veränder-
ten Rolle der Hauswirtschaft im städtischen Haus-
halt. Die Umstellung der Hauswirtschaft von Pro-
duktion auf Konsum und die außerhäusliche, beruf-
liche Arbeit der Frau beeinflussen sich wechsel-
seitig. Einmal reduziert die Erleichterung der Haus-
wirtschaft die für sie aufzubringende Zeit immer
mehr. Zum anderen die veränderte Einstellung der
Frau zur Hausarbeit, die heute vielfach nebenbei
und so schnell als möglich von ihr erledigt werden
muß. Die Küche ist heute nicht mehr Arbeits- und
Aufenthaltsraum. Sie ist und soll auch nur Koch-
raum sein, was zur Folge hat, daß ihre Ausmaße viel
geringere sein können als bisher üblich. Ein Vorteil,
der nicht nur der übrigen heute sehr knapp be-
messenen Wohnfläche zugute kommt, sondern auch
den Arbeitsablauf sehr erleichtert, vorausgesetzt,
daß Einrichtung und Anlage der Küche entsprechend
durchgebildet sind.

Die von der Architektenvereinigung „Der Ring"
mit Unterstützung der Arbeitsgemeinschaft für deut-
sche Handwerkskultur veranstaltete Küchenausstel-
lung, die zuerst in Berlin, dann in Magdeburg war,
später in Breslau und anderen deutschen Städten
sein wird, zeigt Küchen, die in Ausmaß und Ein-
richtung diesen Anforderungen zu entsprechen ver-
suchen.

Neben einer Reihe bereits vorhandener Küchen,
wie die Küche der Wiener Kleinwohnungen von
Brenner, die Kochnische von Schuster, die Frank-
furter, eine holländische Küche, die Küche von

Arnold werden die von Hugo Häring und Ludwig
Hilberseimer bearbeiteten ,,R"-Küchen ausgestellt,
außerdem eine Reihe bautechnischer Versuche, ins-
besondere in Hinsicht auf die Massenherstellung
einzelner Bauteile.

Die Berliner Wohnungsfürsorgegesellschaft
schreibt als Mindestgröße für die Küche einer Klein-
wohnung 10 qm vor, ein Maß, das für eine Wohn-
küche zu klein, für eine Kochküche zu groß ist. Die
Küche braucht nicht größer zu sein als die reine
Küchenwirtschaft erfordert, da das Leben der Frau
sich ja nicht mehr in der Küche abspielt. Noch weni-
ger soll die Küche Aufenthaltsraum für die Kinder
sein. Die Möglichkeit für die Mutter, auch während
des Kochens ihre Kinder beobachten zu können, wird
besser durch eine zweckentsprechende Lage des
Wohnraums zur Küche geschaffen als dadurch, daß
die Küche Aufenthaltsraum der Kinder wird.

Voraussetzung bei der Flächenbemessung der
Kleinwohnungsküche ist, daß normalerweise nur
eine Person in ihr wirtschaftet. So beansprucht die
Küche R 1 4,5 qm und enthält alles zur Wirtschaft
Notwendige in einer solchen Anordnung, daß ein
geregelter Arbeitsablauf gesichert ist. Das be-
deutet gegenüber der Vorschrift der Berliner Woh-
nungsfürsorgegesellschaft eine Flächenersparnis
von 5,5 qm, d.h., eine Ersparnis an umbautem Raum
von etwa 15,5 cbm oder rund 500 M. je Wohnung.
Bei einer Jahresproduktion von 25 000 Wohnungen
in Berlin bedeutet das eine Ersparnis von 12,5 Mil-
lionen M. oder 2000 Wohnungen mehr, wenn man
diese Ersparnis nicht der übrigen Wohnfläche zu-

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