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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Lotz, Wilhelm: Fotografie und Objekt: zu den Fotos von Renger-Patzsch
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0209

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den Eindruck, der wesentlich für das Objekt ist,
er bannt das ihm eigentliche Fluidum auf die
Platte. Wenn er das Innere eines hochstämmi-
gen Tannenwaldes aufnimmt, so wird es natürlich
keine botanische Aufnahme, aber auch keine ro-
mantische Landschaftsaufnahme, in der nur noch
ein Märchenwesen fehlt, sondern er gibt jenen
eigentümlichen Eindruck des um die Stämme
durch den Waldraum gleitenden Lichts.

Rengers Aufnahmen lehren uns ganz anders
sehen. Aber wir sträuben uns nicht gegen dieses
Sehen und empfinden es auch nicht als manie-
riert. Wir lernen die Dinge sozusagen sehen, wie
es unserer Zeit entspricht. Die Lebendigkeit des
Räumlichen in seinen Aufnahmen, das Erfülltsein
der Formen mit einer drängenden Kraft ist uns
nicht gerade etwas Gewohntes, aber etwas, das
langsam, aber immer stärker, von unseren Sinnen
erfaßt wird. Diese Art von Sehen, mag sie be-
stimmt sein von Technik, von wissenschaftlichen
Erkenntnissen, von der Notwendigkeit, uns Vor-

stellung von Bewegung, von Wellen, von Funk-
tion zu machen, ändert unser optisches Verhält-
nis zur Umwelt. Renger ist einer derer, die für
jene kommenden Dinge ein feines nervöses
Empfinden haben.

Es ist heute nicht möglich, die Gestaltungs-
mittel und die Ziele der Fotografie festzulegen.
Ist sie Reportage und Dokumentierung (was
Stone im besten Sinne anstrebt) oder ist sie
eindeutigste Darstellung eines bestimmten star-
ken Form- und Raumeindrucks der Objekte im
Sinne Rengers? Oder ist sie rein technisches
Darstellungsmittel von bewußt geformter Raum-
und Bildgestaltung, etwa im Sinne Man Rays
oder Moholy-Nagys? Jedenfalls ihre Mittel er-
lauben all diese verschiedenen Deutungen.

Genug, daß damit bestimmte in sich wertvolle
Auffassungen festgelegt sind, die sich heute ein-
drucksvoll zeigen und zu beachten sind.

W. Lötz
 
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