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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Lotz, Wilhelm: "Film und Foto"
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0334

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Foto von Aenne Biermann, Gera

die Handschrift des Fotografen oder gar sein Künstlerpersönlichkeit. In der modernen Malerei,
individueller Blickpunkt. Entscheidend ist das in der modernen Architektur soll immer mehr das
Motiv, nicht seine Poesie oder Geschichte, son- Persönliche zurücktreten und die Stellung zur
dem seine Form, wie es im Raum und Bildaufbau Aufgabe, das einzelne Werk in der Reihe einer
steht. Glücklicherweise, und das zeigt die Aus- zeitlich bedingten Entwicklung dastehen, und hier
Stellung ganz deutlich, verschwinden bei den in der Fotografie legt man absichtlich den Finger
besten Arbeiten die persönlichen Nuancierungen auf die Künstlerpersönlichkeit. Wenn man dann
vollkommen, entscheidend ist das Verhältnis zur noch hört, daß auf dem Fotografienmarkt Bin-
fotografischen Aufgabe. Das aber ist nichts düngen von Fotografen mit Reproduktionsunter-
Individuelles, sondern eine Frage der Zeitverbun- nehmern entstehen, die an die Verträge von
denheit des Fotografen. Eine Fotoausstellung Malern mit Kunsthändlern erinnern, so zeigt sich
ist im allerbesten Fall ein lebendiges Bilderbuch deutlich, daß in der Fotografie Verhältnisse sich
oder eine Problemstellung und Problemlösung, herausbilden, die sehr stark dem Kunstbetrieb
Eine Ordnung des Materials nach Fotografenper- von gestern ähneln, den moderne Ideen doch
sönlichkeit gibt nicht die Möglichkeit, das überholen und vernichten wollen.
Material in reizvollen, rhythmischen Zusammen- Die Fotografie, die illustrierte Zeitung, der
hang zu bringen und in sich nach Gruppen zu Film sind wirkliche Kinder einer Zeit, die auf
ordnen. Diese Gruppierung braucht nicht schul- breite Auswirkung, auf Massenabsatz, auf Mas-
meisterlich diktierend zu sein, sie kann künstle- senpsychologie eingestellt ist. Man mache nicht
risch sein, d. h. man kann aus dem Material aus der Fotografie die „Kunst", sondern sehe
etwas machen wie ein lebendiges Buch, eine ihre wahre Stärke, wo sie wirklich liegt: als
Folge, die geradezu filmische Darstellungskraft Spiegel unseres Lebens, unseres Sehens und
hat. Die eigentliche stärkere Gefahr, das Aus- unseres allgemeinen Erlebens: Reportage im
Stellungsmaterial nach Persönlichkeiten zu ord- edelsten und tiefsten Sinn, aber auch im brei-
nen, liegt in der Propagierung der fotografischen testen und volkstümlichsten.

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