viel und bedeutet vor allen Dingen für Ausstellun-
gen eine dankbare Aufgabe.
Da eine Bewertung oder gar ein abschließendes
Urteil noch nicht gegeben werden soll, sei vorerst
auf die wichtigsten Bauten aufmerksam gemacht.
Es sind dies außer den erwähnten Reihenhäusern:
das Ledigenheim von Scharoun, das Turmhaus von
Rading, das leider nur mit drei Stockwerken ange-
deutet werden konnte, das Laubenhaus von Heim
und Kempter. Das Laubenhaus ist eine reife Arbeit,
man spürt die Bauerfahrung und die überlegte
Durcharbeitung. Das Wohnheim von Scharoun ist
mit seiner auf den ersten Augenblick etwas kom-
pliziert wirkenden Raumverteilung sehr neuartig, vor
allem der Flügel, der die Wohnräume für Ledige ent-
hält. Jede Wohnzelle enthält einen Wohnraum mit
Kochnische und einen in halber Stockhöhe dagegen
versetzten Schlafraum mit Bad, so daß zwischen
Wohn- und Schlafraum einige Stufen liegen. Der
Wohnraum wird ebenfalls durch einige Stufen vom
Flur aus betreten. Je zwei dieser Wohneinheiten
liegen übereinander und sind von einem einzigen
Flur aus zu erreichen. So hat jeder Mieter eine
kleine eigene Wohnung, in der er vollkommen abge-
schlossen ist und hat nicht wie im Hotel das Gefühl
der direkten Nachbarschaft. Durch das Versetzen
der Räume in der Höhe wird nur ein Flur benötigt
und in der Hauslänge gespart. Das Turmhaus von
Rading besteht aus zwei Blöcken, die durch das da-
zwischenliegende Treppenhaus verbunden sind, von
dem aus die Korridore in die Blöcke hineinführen.
In jedem Block liegen vier Kleinwohnungen am Kor-
ridor, im Geschoß des Hauses acht. Die Geschoß-
höhe beträgt ungefähr drei Meter und es zeigt sich,
daß die Räume dadurch sehr groß und frei wirken.
Sehr günstig wirkt der Versuch einer anderen Ver-
teilung der Fenster. Sie sitzen teilweise hoch, teil-
weise niedrig im Raum.
Eine Häuserreihe von Gustav Wolf zeigt doppel-
geschossige Häuser mit eingeschossigen Wohnun-
gen, von denen jede ihren besonderen Eingang hat.
Die Lösung wie Stellung der Aufgabe sind nicht
sehr überzeugend. Sie kommt sehr aus der Sphäre
individualistischen Kleinbürgertums. Man wird an die
älteren Häuser der Siedlung Berlin-Neutempelhof
mit ihren besonderen Eingängen für die drei Woh-
nungen im Haus erinnert. Bruno Taut sagt so schön
dazu „Herr Biedermeier hält sich in Reserve zum
Nachbarn und teilt doch sein Haus mit anderen Par-
teien; sie benützen die ,Gesindetür' in der Mauer
als Zugang zu ihren Wohnungen" („Bauen", Verlag
Klinkhardt und Biermann, Seite 4). Das von Haesler
in seiner Wohngruppe in Waack in Celle versuchte
Ineinanderbauen von doppelgeschossigen Wohnun-
gen in einem Bau, die vom Haupttreppenhaus aus
zugängig sind, ist damit nicht zu vergleichen. Dort
spielt sich das Wohnen in einem abgeschlossenen
Raumkomplex in zwei Stockwerken ab und Vorteile
des Einfamilienhauses gegenüber der Etagenwoh-
nung sind auf den Baublock übertragen. Offenbar
bildet sich ein Bedürfnis für solche Raumkomplexe
heraus, die auch vertikal ineinander gelagert sind.
Das Ledigenheim Scharouns beruht auch auf die-
sem Raumgefühl. Ob auch bei den Mietern ein Be-
dürfnis für diese Wohnungen besteht oder entsteht,
wird sich noch zeigen. Auf alle Fälle wirkt sich hier
eine Raumvorstellung aus, die sich nicht mehr auf
horizontale Folge der Räume beschränkt, sondern
das Übereinander der Räume und den Übergang
nach oben lebendig erfaßt. Damit wird die Treppe,
bisher nur notwendiges Bindeglied oder Repräsen-
tationsobjekt, in das dynamische Raumerlebnis ein-
bezogen. Oft ist die Treppe ein Element des Wohn-
hauses, wie in manchen Bauten von Le Corbusier.
Das Raumerlebnis der Wohnung wirkt sich nicht
mehr etagenmäßig, sondern kubisch dreidimensional
aus. Man könnte darauf hinweisen, daß dann —
allerdings in einem neuen Sinn — ein sich Abschlie-
ßen erfolgt im Sinne einer Wohnungszelle. Aber das
besagt weiter nichts, als daß statt linearer Reihen
der Räume ein zellenmäßig kubisches Bauen und
Verschränken der Wohnräume erfolgt. Nicht der
separate Eingang ist entscheidend, sondern das in
sich geschlossene dreidimensional gelagerte Raum-
system der Wohnung. Hiermit in Einklang steht
das Weiterentwickeln der Wohnräume zum Dach-
garten und zur Terrasse, zum Ubergang in den
Freiraum. Dafür sind in Breslau bei den Ein-
familienhäusern sehr reizvolle Lösungen zu sehen.
Man spürt, wie belebend Corbusiers Anregungen
sich auswirken.
Das sind Elemente, die mit dem Gesichtspunkt
der Wirtschaftlichkeit nicht erfaßt werden können,
denn das Ubereinanderlagern der Räume mit den
Treppen bietet für die heutig gebräuchliche Reini-
gung und Bewirtschaftungsweise Schwierigkeiten
und größeren Arbeitsaufwand. Raumvorstellung und
Raumgefühl sind stärkere Mächte, technische Ge-
sichtspunkte ordnen sich unter oder werden neu
organisiert, neue technische Möglichkeiten und neue
Arten der Bewirtschaftung werden sich herausstel-
len. In diesem Punkt hat Stuttgart Angriffspunkte
geboten. Und alle Neuerungen, die aus einer gei-
stigen Neuorientierung entstehen, werden diese Vor-
würfe ertragen müssen. Allerdings darf nicht über-
sehen werden, daß auch hier wirtschaftliche Ge-
sichtspunkte dafür sprechen. Der teure Baugrund
und die Notwendigkeit, in die Höhe zu bauen, be-
fruchtet unser räumliches Denken.
Uber die Möblierung der Wohnungen kann noch
nicht viel gesagt werden, da sie meistens noch nicht
eingerichtet waren. Das, was man bei der Eröffnung
sah, war zum Teil ungünstig, vielfach zu schwere,
raumfüllende Möbel für die kleinen Wohnungen.
Die Hallenschau.
Die Aufmachung ist recht einheitlich und sehr gut.
Vor allen Dingen ist die Gruppe Werkstoffschau
sehr günstig und sehr instruktiv dargestellt. Die
anderen Abteilungen sind teilweise noch nicht fer-
tig und es ist zu wünschen, daß durch gute Beschrif-
tung und durch stärkere Hervorhebung des Wesent-
lichen die Übersichtlichkeit und Eindringlichkeit
noch gehoben wird. Sehr reichhaltig ist die Abtei-
lung Grünflächen. Trotzdem sie gegenüber den
anderen Abteilungen einen wesentlich größeren
Raum einnimmt, ist das Material so lebendig und
interessant, daß die Menge des Materials gerecht-
fertigt ist. Bedauerlich ist, daß die Gruppe Werk-
raum etwas kurz abschneidet. Aus finanziellen
Gründen soll eine Beschränkung notwendig gewesen
sein. Immerhin sind einige sehr gute Räume zu
sehen.
358
gen eine dankbare Aufgabe.
Da eine Bewertung oder gar ein abschließendes
Urteil noch nicht gegeben werden soll, sei vorerst
auf die wichtigsten Bauten aufmerksam gemacht.
Es sind dies außer den erwähnten Reihenhäusern:
das Ledigenheim von Scharoun, das Turmhaus von
Rading, das leider nur mit drei Stockwerken ange-
deutet werden konnte, das Laubenhaus von Heim
und Kempter. Das Laubenhaus ist eine reife Arbeit,
man spürt die Bauerfahrung und die überlegte
Durcharbeitung. Das Wohnheim von Scharoun ist
mit seiner auf den ersten Augenblick etwas kom-
pliziert wirkenden Raumverteilung sehr neuartig, vor
allem der Flügel, der die Wohnräume für Ledige ent-
hält. Jede Wohnzelle enthält einen Wohnraum mit
Kochnische und einen in halber Stockhöhe dagegen
versetzten Schlafraum mit Bad, so daß zwischen
Wohn- und Schlafraum einige Stufen liegen. Der
Wohnraum wird ebenfalls durch einige Stufen vom
Flur aus betreten. Je zwei dieser Wohneinheiten
liegen übereinander und sind von einem einzigen
Flur aus zu erreichen. So hat jeder Mieter eine
kleine eigene Wohnung, in der er vollkommen abge-
schlossen ist und hat nicht wie im Hotel das Gefühl
der direkten Nachbarschaft. Durch das Versetzen
der Räume in der Höhe wird nur ein Flur benötigt
und in der Hauslänge gespart. Das Turmhaus von
Rading besteht aus zwei Blöcken, die durch das da-
zwischenliegende Treppenhaus verbunden sind, von
dem aus die Korridore in die Blöcke hineinführen.
In jedem Block liegen vier Kleinwohnungen am Kor-
ridor, im Geschoß des Hauses acht. Die Geschoß-
höhe beträgt ungefähr drei Meter und es zeigt sich,
daß die Räume dadurch sehr groß und frei wirken.
Sehr günstig wirkt der Versuch einer anderen Ver-
teilung der Fenster. Sie sitzen teilweise hoch, teil-
weise niedrig im Raum.
Eine Häuserreihe von Gustav Wolf zeigt doppel-
geschossige Häuser mit eingeschossigen Wohnun-
gen, von denen jede ihren besonderen Eingang hat.
Die Lösung wie Stellung der Aufgabe sind nicht
sehr überzeugend. Sie kommt sehr aus der Sphäre
individualistischen Kleinbürgertums. Man wird an die
älteren Häuser der Siedlung Berlin-Neutempelhof
mit ihren besonderen Eingängen für die drei Woh-
nungen im Haus erinnert. Bruno Taut sagt so schön
dazu „Herr Biedermeier hält sich in Reserve zum
Nachbarn und teilt doch sein Haus mit anderen Par-
teien; sie benützen die ,Gesindetür' in der Mauer
als Zugang zu ihren Wohnungen" („Bauen", Verlag
Klinkhardt und Biermann, Seite 4). Das von Haesler
in seiner Wohngruppe in Waack in Celle versuchte
Ineinanderbauen von doppelgeschossigen Wohnun-
gen in einem Bau, die vom Haupttreppenhaus aus
zugängig sind, ist damit nicht zu vergleichen. Dort
spielt sich das Wohnen in einem abgeschlossenen
Raumkomplex in zwei Stockwerken ab und Vorteile
des Einfamilienhauses gegenüber der Etagenwoh-
nung sind auf den Baublock übertragen. Offenbar
bildet sich ein Bedürfnis für solche Raumkomplexe
heraus, die auch vertikal ineinander gelagert sind.
Das Ledigenheim Scharouns beruht auch auf die-
sem Raumgefühl. Ob auch bei den Mietern ein Be-
dürfnis für diese Wohnungen besteht oder entsteht,
wird sich noch zeigen. Auf alle Fälle wirkt sich hier
eine Raumvorstellung aus, die sich nicht mehr auf
horizontale Folge der Räume beschränkt, sondern
das Übereinander der Räume und den Übergang
nach oben lebendig erfaßt. Damit wird die Treppe,
bisher nur notwendiges Bindeglied oder Repräsen-
tationsobjekt, in das dynamische Raumerlebnis ein-
bezogen. Oft ist die Treppe ein Element des Wohn-
hauses, wie in manchen Bauten von Le Corbusier.
Das Raumerlebnis der Wohnung wirkt sich nicht
mehr etagenmäßig, sondern kubisch dreidimensional
aus. Man könnte darauf hinweisen, daß dann —
allerdings in einem neuen Sinn — ein sich Abschlie-
ßen erfolgt im Sinne einer Wohnungszelle. Aber das
besagt weiter nichts, als daß statt linearer Reihen
der Räume ein zellenmäßig kubisches Bauen und
Verschränken der Wohnräume erfolgt. Nicht der
separate Eingang ist entscheidend, sondern das in
sich geschlossene dreidimensional gelagerte Raum-
system der Wohnung. Hiermit in Einklang steht
das Weiterentwickeln der Wohnräume zum Dach-
garten und zur Terrasse, zum Ubergang in den
Freiraum. Dafür sind in Breslau bei den Ein-
familienhäusern sehr reizvolle Lösungen zu sehen.
Man spürt, wie belebend Corbusiers Anregungen
sich auswirken.
Das sind Elemente, die mit dem Gesichtspunkt
der Wirtschaftlichkeit nicht erfaßt werden können,
denn das Ubereinanderlagern der Räume mit den
Treppen bietet für die heutig gebräuchliche Reini-
gung und Bewirtschaftungsweise Schwierigkeiten
und größeren Arbeitsaufwand. Raumvorstellung und
Raumgefühl sind stärkere Mächte, technische Ge-
sichtspunkte ordnen sich unter oder werden neu
organisiert, neue technische Möglichkeiten und neue
Arten der Bewirtschaftung werden sich herausstel-
len. In diesem Punkt hat Stuttgart Angriffspunkte
geboten. Und alle Neuerungen, die aus einer gei-
stigen Neuorientierung entstehen, werden diese Vor-
würfe ertragen müssen. Allerdings darf nicht über-
sehen werden, daß auch hier wirtschaftliche Ge-
sichtspunkte dafür sprechen. Der teure Baugrund
und die Notwendigkeit, in die Höhe zu bauen, be-
fruchtet unser räumliches Denken.
Uber die Möblierung der Wohnungen kann noch
nicht viel gesagt werden, da sie meistens noch nicht
eingerichtet waren. Das, was man bei der Eröffnung
sah, war zum Teil ungünstig, vielfach zu schwere,
raumfüllende Möbel für die kleinen Wohnungen.
Die Hallenschau.
Die Aufmachung ist recht einheitlich und sehr gut.
Vor allen Dingen ist die Gruppe Werkstoffschau
sehr günstig und sehr instruktiv dargestellt. Die
anderen Abteilungen sind teilweise noch nicht fer-
tig und es ist zu wünschen, daß durch gute Beschrif-
tung und durch stärkere Hervorhebung des Wesent-
lichen die Übersichtlichkeit und Eindringlichkeit
noch gehoben wird. Sehr reichhaltig ist die Abtei-
lung Grünflächen. Trotzdem sie gegenüber den
anderen Abteilungen einen wesentlich größeren
Raum einnimmt, ist das Material so lebendig und
interessant, daß die Menge des Materials gerecht-
fertigt ist. Bedauerlich ist, daß die Gruppe Werk-
raum etwas kurz abschneidet. Aus finanziellen
Gründen soll eine Beschränkung notwendig gewesen
sein. Immerhin sind einige sehr gute Räume zu
sehen.
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