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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Bauwirtschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0654

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dieses Viertels stehen bedeutende Veränderungen
bevor, die nicht ohne Folgen für die städtebauliche
und bauwirtschaftliche Zukunft des Kernes der
Reichshauptstadt bleiben können. Die Reichs-
bank will bauen, und die Fusion, die zum Aufbau
der größten Privatbank, Deutsche Bank —
Disconto-Gesellschaft, geführt hat, wirft
die Frage nach der Zukunft der Gebäude der beiden
vereinigten Banken auf, in erster Linie also nach
der Zukunft der beiden Berliner Zentralen.

Daß die Reichsbank bauen will, war schon
länger bekannt, wenn sie es auch bis vor kurzem
nicht wahr haben wollte. Was jetzt durch Presse-
mitteilungen bekannt wird, läßt erkennen, daß man
den 1877 von Hitzig fertiggestellten Bau stehen las-
sen und ihn durch einen Hochhausbau ergänzen will.
Gegen diese Absicht hat, wie es scheint, der Ber-
liner Stadtbaurat Dr. Martin Wagner die Presse
mobil gemacht. Im Sinne der bekannten Sanierungs-
pläne von Martin M ä c h I e r wird darauf hingewie-
sen, daß der — früher oder später unvermeidliche —
ostwestliche Durchbruch im Zuge der Jägerstraße
an seinem Ost-Ende die jetzige Reichsbank an-
schneiden müsse. Auch kann man wohl mit Recht
behaupten, daß der Hitzigsche Bau zwar brav, aber,
gemessen an den heutigen Begriffen und Anforde-
rungen, sehr unrationell, raumverschwendend und
bombastisch ist. Das zentrale Geldinstitut Deutsch-
lands sollte, da es doch schon einmal bauen muß,
eine seiner Bedeutung entsprechende Gesamtlösung
suchen.

Am westlichen Rande wird voraussichtlich der
Komplex der Zentrale der Deutschen Bank
bald zur Diskussion stehen. Das Institut selbst er-
klärt glaubhaft, daß es dieses Problem noch nicht
auf die Tagesordnung gesetzt habe. Das hindert
nicht, daß die Kombinationen, wonach ein Reichs-
ministerium dieses Objekt in Erwägung zu ziehen ge-
neigt sei, einer tatsächlichen Grundlage wohl nicht
entbehren. Seit dem Scheitern des Kaiserhofpro-
jekts ist die Frage der Unterbringung der Reichs-
ministerien keinen Schritt vorwärts gekommen. Eine
Lösung durch Angliederung etwa freiwerdender
Großbank-Grundstücke in der Gegend der Mauer-
straße wäre freilich in hohem Grade unglücklich. Es
ist nicht einzusehen, warum das Reich sich fürVerwal-
tungszwecke unbedingt von neuem in einer der teuer-
sten Gegenden Berlins ansiedeln muß, anstatt daß es
seine Büros in benachbarten, ebenfalls viel zu teu-
ren Gegenden abbaut. Ein völliger, rationell gestal-
teter Neubau, in Anlehnung an die bekannten Pläne
eines Reichsforums am Platz der Republik, käme,
bei entsprechender Verwertung der in Geschäfts-
gegenden liegenden Grundstücke, für die einmaligen
Kosten kaum teurer, im laufenden Betrieb erheblich
billiger als der Verbleib in den jetzigen vielfach
höchst unrationell eingeteilten Gebäuden.

Und schließlich sollte man auch hier keine Ent-
schlüsse fassen, ohne die städtebauliche Sanie-
rung Berlins in all ihren Konsequenzen mit in Erwä-
gung zu ziehen.

Das Städtebaugesetz

war Anfang Oktober Gegenstand einer Be-
sprechung zwischen dem Volkswohlfahrtsminister
und seinen Referenten und einer Reihe von Sach-

verständigen. Insbesondere waren die Unterzeich-
ner des bekannten Protestes der Fachwelt einge-
laden. Der Minister verteidigte persönlich den Ent-
wurf mit großem Nachdruck und fand nur bei einem
Teil der Anwesenden lebhafteren Widerspruch. Es
scheint jedoch, als sei die Diskussion auch hier über
die verwaltungsrechtlichen Gesichtspunkte nicht
wesentlich hinausgekommen. Vielleicht müßte man
im Interesse der Sache wünschen, daß auch andere
Ministerien, das Preußische Handelsministerium oder
besser noch die beiden Reichsministerien für Wirt-
schaft und Arbeit, sich mit der ganzen Angelegen-
heit beschäftigen, und daß außer den Kommunen und
Architekten auch anerkannte Volkswirtschaftler zu-
gezogen würden.

Baugewerbe und Arbeitslosen-
versicherung.

Die Sonderbelastung, von der das Baugewerbe
bei Gelegenheit der Reform der Arbeitslosenver-
sicherung bedroht war, ist nunmehr doch vermieden
worden. Wie die Beitragserhöhung überhaupt, so
ist auch die Sondererhöhung des Versicherungsbei-
trages von 3 auf 4x/2 v. H. bei dem abschließenden
Kompromiß der Regierungsparteien unter den Tisch
gefallen. Allerdings ist damit die Frage noch nicht
endgültig aus der Welt geschafft, sie wird viel-
mehr wahrscheinlich im Laufe des Winters im Zu-
sammenhang mit der allgemeinen Finanzreform von
neuem auftauchen.

Hauszinssteuerhypotheken für
Stahlbauten.

Der Volkswohlfahrtsminister weist in einem Re-
gierungserlaß darauf hin, daß bei der Förderung von
Wohnhausbauten aus Stahl durch Begebung von
Hauszinssteuerhypotheken die Gütevorschriften zu
beachten sind, die von der Reichs-Hochbau-Normung
für ortsfeste Stahlhäuser festgelegt worden sind.
Praktisch dürfte dieser Erlaß sich als Erleichterung
für den Stahlbau auswirken, da nunmehr eine ge-
wisse Rechtssicherheit in dieser bisher recht un-
klaren Frage geschaffen ist.

Rückgängige Beschäftigung im Bau-
handwerk.

Wie der Reichsverband des Deutschen Handwerks
berichtet, war im September für die meisten Hand-
werksberufe der Höhepunkt der Beschäftigung be-
reits überschritten. Vor allem war im Baugewerbe
trotz guten Wetters ein langsamer Rückgang fest-
zustellen. Auch in den Baunebengewerben war die
Lage nicht einheitlich, wenn auch die Ausbauarbei-
ten manche Aufträge mit sich brachten.

A. Schwab

Anschriften der Mitarbeiter dieses Heftes:

Dr. KarlWith, Direktor des Kunstgewerbe-Museums der Stadt Köln,

Köln Hansaring 32a
Stadtbaurat H. Ritter, Hochbauamt Leipzig

Dr. Hans Nowak, Leiter der Pressestelle der Ausstellung „Wohnung

und Werkraum", Breslau, Messehof
Regierungsbaumeister Walther Schmidt, München 13, Isabellastr. 14
Dipl.-Ing. Dr. Adolf Reitz, Stuttgart, Degerloch, Turmstr. 11
Dr. Alexander Schwab, Berlin W 57, Potsdamer Str. 93

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