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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Fuchs, Siegfried: Zur Lage der Handbuchbinderei innerhalb der Buchproduktion der Gegenwart
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0675

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Handeinband

Weinrotes Marocquin, echte Bünde, handvergoldet. Entwurf
und Ausführung Siegfried Fuchs

bei tieferer Einsicht unbedingt zu der Überzeu-
gung kommt, daß ein selbständiges Buchbinder-
Handwerk mit einem ganz bestimmt abgegrenz-
ten eigenen Aufgabenkreis durchaus neben der
maschinellen Produktion bestehen kann und so-
gar gerade im Hinblick auf sie dringend notwen-
dig ist. Um so mehr, als die gegenwärtig vor-
handenen Buchbindereimaschinen mit Ausnahme
der auch in Kleinbetrieben gebräuchlichen
Schneidemaschinen, Pappscheren und Stock-
pressen der soliden Handarbeit nichts auch nur
annähernd Ebenbürtiges entgegenzusetzen
haben, falls — und hier stößt man bereits auf
einen zweiten, viel entscheidenderen Faktor,
nämlich die kurze Gebrauchszeit unseres Buches
— auf Dauerhaftigkeit des erzielten Resultates
überhaupt Wert gelegt wird. Betrachtet man zum
Beispie! die bei der Massenherstellung überall
eingeführte Abpreßmaschine: da wird der ge-
leimte Buchblock von zwei Klötzen erfaßt, unter
Freilassen des Falzes sekundenlang Druck gege-
ben, und der entscheidendste Vorgang, der dem
Buch seine Form verleiht, ist beendet. Ganz
anders das handwerksmäßige Abpressen trotz
des im Prinzip gleichen Geschehens: hier bleibt
zunächst der in zeitraubender Arbeit auf tiefen
oder flachen Falz abgepreßte Buchblock vier-
undzwanzig Stunden in der Handpresse stehen
und hat so die Möglichkeit, voll auszutrocknen,
nachdem der Rücken durch ausgiebige Behand-
lung mit Kleister von der in getrocknetem Zu-

stand spröden, brüchigen Leimschicht gesäubert
und dadurch geschmeidig geworden ist. Jede
Ungleichheit im Rücken wird bei diesem Ver-
fahren sorgfältig beseitigt — das ist bei der
Maschine nicht möglich — und so eine einwand-
freie Unterlage für das spätere Hinterkleben ge-
schaffen, das dann die definitive und absolut
zuverlässige Verbindung der einzelnen Buch-
lagen untereinander herstellt. Man könnte eine
beliebig große Reihe solcher Beispiele bei ande-
ren parallel laufenden Arbeitsvorgängen (Heften,
Leimen usw.) anführen, ohne dabei zu einem
anderen Ergebnis zu gelangen als zu dem der
unbezweifelbaren Überlegenheit der Handarbeit,
sofern man bloß vom Standpunkt der Qualität
urteilt. Es erscheint daher vorläufig noch ebenso
verkehrt, die handwerkliche Buchbinderei voll-
kommen abzulehnen — diese Forderung ist in
letzter Zeit gelegentlich der Internationalen Buch-
kunst-Ausstellung in Leipzig einmal erhoben wor-
den — wie es falsch wäre, sie als allein gerecht-
fertigt zu betrachten. Man kann mit großer Wahr-
scheinlichkeit annehmen, daß die gesamte Pro-
blemstellung bei richtigem Erkennen der jeweils
für Hand oder Maschine zuständigen Aufgaben
sofort verschwinden würde.

Vielleicht lohnt es sich, zunächst kurz bei der
maschinellen Buchbinderei zu verweilen, um ihre
Methoden vom Standpunkt des Handarbeiters
aus kritisch zu betrachten. Dabei fällt von vorn-
herein ganz stark auf, daß man hier bis heute
immer nur versucht hat, eine möglichst große

Handeinband

Kalbspergament, Bünde im Falz durchgefiochten, Titeldruck
in Handvergoldung. Entwurf und Ausführung Siegfried Fuchs

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