Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0702
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Esswein, Hermann: Gewerbliche Berufsschulen in München
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Städtische Gewerbeschule München
Lehranstalt für gewerbliche Malerei und verwandte Berufe. Die Grundzüge des Lehrganges der Gestaltungslehre der
Berufsschule für Maler 1. Teil
des Qualitätshandwerks verschuldet, den erst heute
gerade die einst so geschmähte maschinelle Beihilfe
wieder überwunden hat, während die künstlerische
Handwerksförderung an den ökonomischen Schwie-
rigkeiten der Zeitlage schließlich ratlos versagte.
Höhepunkt der Romantik, der im Rückblick von heute
aus fast schon rührend wirkt: Man rekonstruierte,
forderte, propagierte für unsere eilige und be-
drängte Zeit den historischen Idealtypus von mittel-
alterlichem und manufakturzeitalterlichem Kunst-
handwerkertum, als schritten wir nicht dem Kata-
strophendatum eines verarmten Europa, sondern
einem Zeitalter der Millionäre entgegen.
So wurde vielen Tausenden von nützlichen Men-
schen überviel des Unnützen gelehrt, so wurden
Saaten der Unzufriedenheit und des Unglücks aus-
gestreut mit der hochtrabenden Künstlerambition,
die von der Akademie aus ihr zeitfremdes individuali-
stisches Prinzip zunächst als Kunstgewerbeschule
abspaltete und den dort gepflegten rein formal-
ästhetischen Erfindungsdrang, der sich nun auf
jedes nur irgend formbedürftige Schaffensgebiet
stürzte, schließlich auch über die simpelste Hand-
werkerfachschule ergoß. Noch liegen, gerade in dem
kunstfrohen München, die Tage nicht weit zurück,
da jeder Gewerbelehrer, und nicht einmal heimlich,
seinen Stolz darein setzte, sein nützliches Institut
von bedenklichen Zeichensälen aus zum Range einer
kleinen Kunstakademie zu erheben.
Geschädigt hat dieser Kunstmodentaumel des
meist fachfremden Entwerfertums nicht nur die Ein-
zelnen, die keine Künstler wurden, so sehr sie ihr
Werkmanntum vernachlässigten, geschädigt wurde
durch das Unwesen die Qualität und Stetigkeit der
Gestaltungslehre für Maler 2. Teil
602
Lehranstalt für gewerbliche Malerei und verwandte Berufe. Die Grundzüge des Lehrganges der Gestaltungslehre der
Berufsschule für Maler 1. Teil
des Qualitätshandwerks verschuldet, den erst heute
gerade die einst so geschmähte maschinelle Beihilfe
wieder überwunden hat, während die künstlerische
Handwerksförderung an den ökonomischen Schwie-
rigkeiten der Zeitlage schließlich ratlos versagte.
Höhepunkt der Romantik, der im Rückblick von heute
aus fast schon rührend wirkt: Man rekonstruierte,
forderte, propagierte für unsere eilige und be-
drängte Zeit den historischen Idealtypus von mittel-
alterlichem und manufakturzeitalterlichem Kunst-
handwerkertum, als schritten wir nicht dem Kata-
strophendatum eines verarmten Europa, sondern
einem Zeitalter der Millionäre entgegen.
So wurde vielen Tausenden von nützlichen Men-
schen überviel des Unnützen gelehrt, so wurden
Saaten der Unzufriedenheit und des Unglücks aus-
gestreut mit der hochtrabenden Künstlerambition,
die von der Akademie aus ihr zeitfremdes individuali-
stisches Prinzip zunächst als Kunstgewerbeschule
abspaltete und den dort gepflegten rein formal-
ästhetischen Erfindungsdrang, der sich nun auf
jedes nur irgend formbedürftige Schaffensgebiet
stürzte, schließlich auch über die simpelste Hand-
werkerfachschule ergoß. Noch liegen, gerade in dem
kunstfrohen München, die Tage nicht weit zurück,
da jeder Gewerbelehrer, und nicht einmal heimlich,
seinen Stolz darein setzte, sein nützliches Institut
von bedenklichen Zeichensälen aus zum Range einer
kleinen Kunstakademie zu erheben.
Geschädigt hat dieser Kunstmodentaumel des
meist fachfremden Entwerfertums nicht nur die Ein-
zelnen, die keine Künstler wurden, so sehr sie ihr
Werkmanntum vernachlässigten, geschädigt wurde
durch das Unwesen die Qualität und Stetigkeit der
Gestaltungslehre für Maler 2. Teil
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