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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Niessen, Johannes: Zur Geschichte der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft
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2 Die Run st-Halle. Nr. (

besondere die Jüngeren, die bisher vielfach in ihren
Reihen fehlten, werden wieder Anschluß an sie finden,
an sie, die seit nahezu 50 fahren ihren Zielen nicht
untreu geworden ist: Ueberwachung des Fortschrittes
und der Entwickelung der deutschen Kunst auf nationaler
Basis und Sorge für das materielle Wohl und die
Hebung des deutschen Künstlerstandes.
Um die Bedeutung der Genossenschaft für die ge-
jammte Künstlerschaft und die Kenntniß ihrer reichen
Thätigkeit den weitesten Kreisen mitzutheilen, hat der
Hauptvorstand vor einiger Zeit den Düsseldorfer Maler
Heinrich Deiters, der seit mehr als ^0 Zähren an den
Geschicken der Genossenschaft, vielfach in leitender
Stellung, regen Antheil genommen, mit der Abfassung
einer Geschichte der Allgemeinen Deutschen Kunst-
genossenschaft beauftragt, die in den nächsten Tagen in
einer Auflage von 3000 Exemplaren im Drucke er-
scheinen und zur vertheilung an die Mitglieder ge-
langen wird, wir sind in der Lage, zuerst unseren
Lesern einen Einblick in den Znhalt des werkchens
gewähren zu können.
Gegründet wurde die Genossenschaft im September
(856 in Bingen am Rhein. Der Gedanke zur Grün-
dung war von Düsseldorf ausgegangen, wo in dem
(8^ entstandenen Verein der Düsseldorfer Künstler zu
gegenseitiger Unterstützung und Hülfe und dem aus dem
Jahre (8^(8 stammenden Künstlerverein „Malkasten"
das Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den
Künstlern besonders stark entwickelt war, während in
anderen deutschen Städten nur mehr gesellige Ver-
einigungen bestanden. Schon die Gründungsversamm-
lung und noch deutlicher und bewußter die (857 zu
Stuttgart stattfindende zweite Künstlervereinigung stellte
sich die Aufgabe, eine nationale Kunst zu schaffen und
zu erhalten, und in dieser nationalen Kunst die nationale
Einheit herzustellen und zu pflegen. Als Mittel zur
Erfüllung dieser Aufgabe diente der Kunstgenossenschaft
vor Allem die Veranstaltung von Ausstellungen; diese
sollten die Verbindung mit dem Publikum vermitteln.
Das gelang bei der ersten deutschen Kunstausstellung,
die im Zahre (858 im Glaspalast zu München statt-
fand. Sie war eine historische Ausstellung von Werken
der deutschen Kunst aus den letzten (00 Zähren und
mit Hülfe weitester Kreise beschickt worden. „Es war,"
schrieb damals die Kölnische Zeitung, „als ob man fetzt
erst gewahr wurde, daß eine solche Kunstwelt in
Deutschland bestehe; man wurde patriotisch begeistert
und stolz auf die Leistungen der vaterländischen Künstler."
vielseitig und groß war der Erfolg dieser Ausstellung
im Znlande und auch im Auslande, das sie allgemein
mit großer Anerkennung beurtheilte. Dieser ersten
Ausstellung folgten andere von der Kunstgenossenschaft ver-
anstaltete oder geleitete, so die deutsch-nationalen Aus-
stellungen in Köln (86(, in Wien (868 und Düssel-
dorf (880. Ferner stand die Genossenschaft in Be-
ziehungen zu den internationalen Ausstellungen in
München (869, Wien (873, Philadelphia (876, München

und Sidney (879, Melbourne (880, Wien (882, Amster-
dam und Wien (883, Antwerpen (885, München (888
(mit einem Verkaufsergebniß von (070 000 Mk.),
Chicago (893, Antwerpen (89ch jOaris (900. Bei allen
diesen Veranstaltungen wurde der Kunstgenossenschaft
die offizielle Vertretung übertragen. Sie galt als die
Vertreterin der gemeinsamen Znteressen der deutschen
Künstler und wurde in dieser Eigenschaft seitens der
zuständigen Stellen von Anfang an anerkannt. Auch
die Landesfürsten nahmen sich der Sache der Genossen-
schaft kräftig an, und besonders König Wilhelm I. be-
wies wiederholt seine Theilnahme. Er genehmigte
Aufangs der 60er Zahre dem Zentral - Dombauverein
zu Köln die Abhaltung einer Geldlotterie unter der
Bedingung, daß 30 000 Thaler zur Erwerbung von
Kunstwerken deutscher Künstler für diese Verlosung
verwendet werden sollten. Später wurde diese Summe
für Kunstwerke auf 20 000 Thaler herabgesetzt und
kam in dieser Höhe mehr als 20 Zahre den deutschen
Künstlern zu Gute. Auch andere reiche Mittel wußte
der Hauptvorstand der Kunstgenossenschaft für die
Zwecke der Künstler zu gewinnen. Schon im Zahre
(882 wurde eine einmalige Reichssubvention zur Be-
theiligung an der wiener Ausstellung erzielt, (883 gab
Preußen 5000 Mk., Sachsen, Württemberg und Baden
kleinere Summen her, (886 stellte der Reichstag auf
Verwendung des Reichskanzlers Fürsten Bismarck, an
den eine umfassende Denkschrift der Kunstgenossenschaft
gegangen war, 20 000 Mk. in den Reichshaushaltsetat
ein für die Betheiligung der Kunstgenossenschaft an
internationalen Ausstellungen des Auslandes. Danrit
war eine ständige Reichsbeihülfe für die Künstler
geschaffen, die ihnen die Wege in das Ausland ebnen
half. Diese besteht heute noch in voller Höhe;
in den Zähren, in denen keine Ausstellungen stattfinden,
wird sie aufgesammelt und im Bedarfsfälle in ganzer
Höhe verwendet, so daß z. B. für St. Louis 80 000 Mk.
zur Verfügung stehen.
Diese war um so nothwendiger, als in der Zwischen-
zeit die Kunst des Auslandes auf den in Deutschland
rasch sich folgenden internationalen Ausstellungen eine
bei der Vorliebe des deutschen Publikums als das
ausländische nicht überraschende gute Aufnahme ge-
funden hatte. Man hatte zu diesen Ausstellungen unter
Außerachtlassung des nationalen wirthschaftlichen Stand-
punktes eine ungeheuere Konkurrenz in das Land ge-
zogen, hatte dem ausländischer: Kunstwerke besondere
Vortheile eingeräumt und so dem ausländischen Kunst-
werke den deutschen Kunstmarkt erschlossen. Die Ge-
nossenschaft erkannte bald die Gefahr der häufigen
Wiederkehr der internationalen Ausstellungen und be-
mühte sich, dieselben von dem Bedürfnisse abhängig zu
machen. Damit hatte sie aber keinen Erfolg, da ins-
besondere München sich in dieser Richtung keine Vor-
schriften machen lassen wollte. So ist es denn ge-
kommen, daß heute noch die Ausländer eine große
Rolle bei den deutschen Ausstellungen spielen und große
 
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