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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 18
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Wolf, Georg Jacob: Münchner Jahresausstellung im Glaspalast
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Galland, Georg: Grosse Berliner Kunstausstellung 1904
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280

Die Kunst-Halle.

Nr. f8

Die Seele der Landschaft erkennen nur wenige,
die Melancholie des Herbstes und das freudige Athem-
holen des Frühlings wissen nur ein paar reife, über-
legene und überlegte Künstler zu malen. Hans von
Petersen, den wir bisher hauptsächlich als Marinemaler
schätzten, zeigt uns auf etwa einem Dutzend Landschaften,
daß er es versteht, hinter die geheimsten Reize einer
Landschaft zu kommen, Karl Albert Baur läßt ihm
wenig nach, er hat noch dazu den vortheil eines
saftigeren und leuchtenderen Kolorits. Frobenius malt
nun schon seit Jahren immer wieder die nämliche Land-
schaft: ein blumiges Wiesenthal, ein Hügel mit einer
Burg, in der Ferne die schneeigen Gipfel der Berge.
Nur die Staffage am Bach, der nie fehlt, ist immer
eine andere: voriges Jahr war's ein Liebespaar, Heuer
ist's ein Ritter zu Pferde. Nächstes Jahr kommt jeden-
falls wieder das Liebespaar dran. Um die Manierirt-
heit ist es doch ein böses Ding!
Fink, wenglein und willroider, auch Canal ge-
hören zur tüchtigen altmünchner Landschafterschule,
Albert König und Robert Naudner, der mit viel Poesie
den melancholischen Blätterfall des Herbstes malt,
schließen sich den Genannten an. Giese, Kreyssig, Bach-
mann gehen ihre eigenen Wege mit mehr oder weniger
Glück und Geschmack.
Im Thierstück leistet Gräßl mit seinen Enten und
Schmitzberger mit seinen Iagdstücken Gutes, Gabriel
Max hat wieder eines seiner gelungenen Affenbilder
da, Alexander von Wagner bringt auf einem „Dämme-
rung in der pußta" genannten Stück zwei prächtige,
gewaltige Ochsen, und so obliegt noch gar mancher
Andere dem munteren Schäfer- und Hirten- und Jäger-
handwerk. Auch an Stillleben mit mehr oder minder
appetitlichen Dingen fehlt's nicht — kurzum, es ist so
viel in der Ausstellung, daß man es vorzöge, wenn's
weniger wäre.
Georg Jacob Wolf.

krorre Zerliner Xunrtsurrtellung 1SÜ4.

II.
m früheren „Lhrensaal" sind einige gegenständlich
auffallende Historien von Berliner Künstlern zu
sehen,in ihrer Art gewiß beachtenswerthe Leistungen,
wie besonders Georg Schöbel's „Abschied der Armee
von der Leiche des großen Friedrich", ein echt friederizia-
nisches Saal-Interieur, dessen stimmungsvolles Hell-
dunkel einen wirklich künstlerischen Effekt erzeugt, wie
Werner Schuch's drei Reiter-Episoden, die zumal die
Routine in der Beherrschung der Pferde-Darstellung
glänzend hervortreten lassen,wie endlich Graf Harrach's
schön komponirte, dazu äußerst gewissenhaft durchgeführte
Szene „Am See Tiberias", die unter den nicht gerade
zahlreichen religiösen Bildern der Ausstellung sicherlich
das beste ist. Genau in der Mitte der grau getönten
feierlich beleuchteten Leinwand schreiten Christus und ein
bärtiger Jünger, der sich mit liebevoller Aufdringlich-
keit dem jugendschönen Führer anschmiegt, am Ufer des
Gewässers dahin; die feierliche Inbrunst des Jüngers
theilt sich dem Beschauer unmittelbar mit und das ist
das Verdienst dieser Arbeit. Skarbina's „Kaiser
Wilhelm II. in einer Sitzung der Schiffsbautechnischen

Gesellschaft" giebt das kräftig kolorirte Interieur der
Aula der Technischen Hochschule, steht aber nur auf
illustrativem Boden; seine feinere „Hofhall-Erinnerung"
ist zugleich eine Erinnerung an Menzel. Zwei frische
historische Militärtypen im kleinsten Format von Fritz
Werner sollen als Spezialitäten dieses „einzigen"
Menzelschülers erwähnt werden; sie stehen am Ausgang
des Saales, der noch einige Schlachtenbilder von
N. Eichstaedt, R. Knötel, dem Düsseldorfer Rocholl und
Ludwig Koch-Wien enthält.
was man der Berliner Malergemeinde nicht ab-
sprechen kann, ist die Vielseitigkeit im Stofflichen. Doch
mit Recht wird bei ihnen jene gewisse Einheitlichkeit
vermißt, die einen noch so lockeren Zusammenhang her-
stellt und an anderen Kunstorten die lokale Malkultur
repräsentirt. Selbst die wenigen Idealisten unter den
heimischen Figurenmalern, die Cornelia paczka, F. Müller-
Münster, Fr. Lipxisch und Franz Stassen, lassen sich nicht
unter einen Hut bringen. Am meisten verwandt mit
einander in der elegisch sanften Stimmung sind die
„Armen Seelen" von Frau paczka, eine Art Kongreß
der unglücklichen Frauen im Jenseits, und die „Traum-
brücke" von Lippisch, ein Zug der Todten im Wolken-
meer. Müller-Münster's Phantasie knüpft dagegen
mit Vorliebe an die frischen Gestalten der Renaissance,
Stassen wählt im kleinen Rahmen für einen „Adam"
und einen „Prometheus" antikisirende Typen voll Hoheit
und würde.
Im Bereiche des realistischen Genre begegnen uns
zunächst M. H. Engel, B. Genzmer, Klein - Chevalier
und Hans Koberstein. Koberstein öffnet uns, in einem
der Hauptsäle, den Blick in die erhellte enge Garderobe
dreier Ballerinen während der Pause: das wäre noch
schöner, wenn das künstliche gelbe Licht minder lehmig
im Tone wirkte. Genzmer bietet sehr sympathische
jugendliche Volkstypen aus ländlichen Bezirken; seine
Farbengehung erscheint nur etwas flau. Koloristisch
frischer sind Hans Meyer's Halbfiguren italienischer
Frauen gegeben. Ebenso glücklich hat Ernst Hausmann
einen zerlumpten alten „Wanderer" auf die Leinwand
gesetzt. von V. Zaeslein-Benda ist eine sitzende
„Japanerin" eine hübsche Arbeit. Klein-Chevaliers
Helgoländer Typen wirken malerisch und flott, doch das
röthliche Licht des Bildes ist dabei etwas roh behandelt.
Mit niederländischen Fischmärkten vertreten Hans Herr-
mann und Paul Hoeniger das unterhaltende Genre.
Bravourartig malte O. H. Engel eine „Sturmfluth",
während Max Rabes mit breitem pinsel eine wenig
belebte, einförmige, sonnige Marktszene aus dem Sudan
gestaltete.
In der Münchner Abtheilung übt die sehr ge-
schmackvoll arrangirte Len b ach-Ausstellung jetzt selbst-
verständlich eine doppelte Anziehung aus, obwohl sie
nicht gerade als erstrangig 8LU8 pbrL86 zu nehmen ist.
Aber sie zeigt uns auch so wie sie ist von Neuem, was
der Meister wollte und wie er als Künstler war, daß
er die heimliche Poesie jeder Menschengestalt, die ihm
seines Pinsels würdig genug erschien, in einer ihm eigen-
thümlichen, jetzt Allen so vertrauten Formen- und Farben-
sprache malte. Da stehen seine theilweise viel genannten
weiblichen und männlichen Modelle vor uns, weniger
sich selbst gehörend als dem Meister, der sie im Bilde
neu erschuf und mit ihren leise geöffneten Lippen gleich-
sam seinen Namen Lenbach hauchend, den der Beschauer
dann unwillkürlich wiederholt. In der einen Gruppe
sehen wir neben dem Prinz-Regenten von Bayern und
Bismarck, w. Busch, Björnson, die Künstler G. von
Seidl, A. Hengeler, Loquelin u. A., in der anderen
Gruppe ein paar neue Varianten des Kopfes der Frau
 
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