Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 9.1904

DOI Heft:
Nummer 9
DOI Artikel:
Hillig, Hugo: Die Revision des Kunstschutzgesetzes und die Wünsche der Kunstgewerbler
DOI Artikel:
Wolf, Georg Jacob: Von Münchner Kunst: Gallerie Heinemann
Zitierlink: 
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kunst_halle1904/0161

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 9

Die Run st-Halle.

dings sucht der Reformentwurf der Allgem. Deutschen
Kunstgenossenschaft eine Eintragung des Namens des
Urhebers in die Eintragsrolle, mit deren Führung der
Stadtrath zu Leipzig vom Reich beauftragt ist, vor; es
handelt sich jedoch dabei um einen Fall, bei dem der
Urheberschutz bereits vorhanden ist, wo nur noch die
Persönlichkeit des Urhebers behufs Bemessung einer
längeren Schutzdauer durch die Eintragung festgestellt
werden soll.
Um diese unliebsame Weiterung der Ausdehnung
des Kunstschutzes auf das ganze Runstgewerbe, die durch
den selbstthätig eintretenden Schutz aller kunstgewerb-
lichen Erzeugnisse entstände, zu umgehen, müßte man
wieder zu einem ähnlichen Mittel greifen, wie man es
eben beseitigt hätte; inan müßte eine neue Grenzlinie
zwischen schutzwürdigen und schutzunwürdigen kunst-
gewerblichen Arbeiten vornehmen. Diese Grenzlinie
könnte natürlich nicht vor dem selbstthätigen Inkraft-
treten des Urheberschutzes vorgenommen werden, sondern
würde sich nur bei Kollisionen und nach gefälliger Ent-
deckung einer vermeintlichen Verletzung des Urheber-
rechtes nöthig machen. Eine solche Unterscheidung aber
wäre unmöglich und verletzend. Der Unterschied, der
jetzt gemacht wird, der als gesetzliche, juristische Fiktion
zwischen hoher Kunst und angewandter Kunst besteht,
der jetzt fallen gelassen werden soll, würde dann von
neuem aufgestellt werden; diesmal würde es aber nicht
die Grenze zwischen zwei Kategorien von künstlerischen
Arbeiten bilden, sondern würde als Barriere inmitten
der einen Kategorie selbst aufgestellt, nämlich in der
Kategorie der nach dem Sprachgebrauch als kunst-
gewerblich bezeichneten Muster. Das hieße eine von
vielen Kunstgewerbeinduflriellen als ungerecht empfun-
dene Inkonsequenz herbeiführen, an die man wohl bei
der Beantwortung der Enquete nicht gedacht hat.
Aehnlich steht es auch mit dem bekannten H
des Kunstschutzgesetzes, der in dem Reformentwurfe der
Allgem. Deutschen Kunstgenossenschaft unverändert bei-
behalten ist. Der Deutsche Verein fordert dagegen die
gänzliche Beseitigung dieses Paragraphen, der den
Werken der hohen Kunst nur noch den Musterschutz
zuspricht, wenn sie mit Bewilligung ihres Urhebers an
einem Werke der Industrie, den Fabriken des Hand-
werks oder der Manufakturen nachgebildet wird. Diese
Stellungnahme der Kunstgewerbler zu diesem Para-
graphen, die eigentlich wie ein Rollentausch mit der
Kunstgenossenschaft aussieht, entspricht wohl eher dem
konsequenten Beharren an der Forderung,. die Grenze
zwischen hoher Kunst und angewandter Kunst fallen
zu lassen, als einem wirklichen Bedürfniß der Kunst-
gewerbler. Denn der Urheber solcher Werke ist doch
immer ein Künstler, der durch die Bestimmung des H
seiner Kunstschutzrechte verloren geht, also hätte der Künstler
eine Ursache, die Beseitigung des A zu fordern, als
der Kunstgewerbler, der höchstens noch einen weiteren
Beweggrund zu seinem Verlangen, H 1U zu beseitigen,
darin finden könnte, daß ihm hier, da er derjenige ist,
der den Werth der Kunst industriell verwerthet, der
Musterschutz Ausgaben verursacht, die sonst zu umgehen
wären. —
Der Reformentwurf der Allgem. Deutschen Kunst-
genossenschaft weist die Kunstgewerbler u. L. mit Recht
auf eine Revision des Musterschutzgesetzes, dessen Un-
zulänglichkeit für den kunstgewerblichen Urheberschutz
er vollständig anerkennt.
Schließlich sei noch erwähnt, daß im neuen Kunst-
schutzgesetz auch die Ausnahmestellung der Bauwerke
fallen wird, daß also der Kunstschutz auch auf Bau-
werke, die bis jetzt gänzlich schutzlos waren, ausgestreckt

sZZ

wird. Ls ist merkwürdig, daß nicht nur in Deutschland
die Bauwerke so lange vom Urheberschutz ausgeschlossen
gewesen sind; auch in Frankreich ist erst in diesem
Jahre der Urheberschutz auf Werke der Skulptur (und
Bauwerke) ausgedehnt werden.
Außer diesen Neformvorschlägen hat die Allgem.
Deutsche Kunstgenossenschaft auch noch ein künstlerisches
Verlagsrecht in Vorlage gebracht, das eine wichtige
Ergänzung zum Kunstschutzgesetz darstellen würde. Ls
gilt also, jetzt, wo es höchste Zeit ist, noch einmal eine
Aussprache herbeizuführen, um die wünsche der Kunst-
gewerbler richtig zu stellen. Für sie ist das Muster-
schutzgesetz ein besserer Platz, und dort lassen sich die
berechtigten wünsche der Kunstgewerbler auch leichter
erfüllen als im Kunstschutzgesetz.
W

Von Mnckner Aunck.
(Gallerte Heinemann.)
einer Eröffnungs-Ausstellung hat Heinemann
die Münchner Künstler aller Schattirungen in
seinen „Salon", eigentlich besser in sein xräch-
tiges Galleriehaus, wie wir es in solchem Stil bislang
in München noch nicht hatten, feierlich eingeladen. Man
kann nun freilich nicht die beliebte Redensart anwenden -
„Und alle, alle kamen". Es fehlt gar mancher Tüchtige
mit und ohne weithin klingenden Namen: Albert
v. Keller, Fritz von Uhde, Angelo Jank, die ganze
„Scholle", auf die ich von jeher große Stücke gehalten
habe, die Maler um die „Jugend" und den „Simpli-
cissimus", Marr und noch mancher andere. Aber immer-
hin sind es viele, die gekommen sind, mehr als ZOO
Werke der Malerei und der Plastik hängen und stehen
in den weiten, geräumigen und durch feines Arrangement
gleichwohl intim wirkenden Räumen. Da finden wir
Arbeiten von Künstlern der „Sezession", der „Genossen-
schaft", der „Luitpoldgruppe", mancher klingende Name
schlägt an unser Ohr, manches Prunkstück Münchner
Künstlergenies bekommen wir zu sehen, und doch, das
Ganze wirkt nicht frisch, großartig, tief, — sondern
langweilig, öde, trist, — eine wüste, in der nur da
und dort eine grüne Oase winkt. Ls liegt mir fern,
nun eine Wanderung durch die ganze Ausstellung an-
zutreten und schematisch wohlgeordnet die Landschafter,
Genremaler, Porträtisten und Thiermaler u. s. w. auf-
marschiren zu lassen, beileibe nicht will ich das. viel-
mehr möchte ich an der Hand einiger für die Münchner
Kunst älterer und neuerer Zeit typischer werke und
ihrer Schöpfer auf das Symptomatische, auf Fehler und
Mängel, auf Vorzüge und bedeutsame Momente in der
Münchner Kunst Hinweisen.
Wenn man durch die Säle wandert, dann merkt
man besonders eins: uns fehlt, trotz des hervorragend
dekorativen Charakters unserer Kunst, ein großzügiger
Meister, einer vom Schlag Hans von Marees' und
Anselm Feuerbach's, ein Meister des großen historischen
Bildes, ich meine keines mit der überladenen Pose
eines Makart oder piloty, sondern etwa wie man es
in unser trefflichen Gallerte Schack finden kann. Ueber-
haupt ist das für den Münchner Kunstfreund ein inter-
essantes Ding, nachdem er ein paar Stunden durch die
Gallerte Heinemann geschlendert, hinüberzugehen zu
 
Annotationen