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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 15
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Rapsilber, M.: Von Berlin Kunst
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Kunstchronik
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Nr. f5

Die Aunst-Halle.

233

gehen in das Modische, Moderne und funkelnd Neue,
ein immer sorgsameres Studiren und Prokuren und die
guten Resultate einiger Malschulen fallen recht an-
genehm in die Augen, und es läßt sich sagen, daß das
Niveau im Rünstlerinnen-Verein sich von Jahr zu Jahr
hebt. Ja, noch mehr, man findet da einen aus-
gesprochenen Berliner Stil in der Anbahnung begriffen,
was man von der männlichen Kunst in Berlin, die
eine wahre Musterkarte aller deutschen Schulen und
Richtungen ist, nicht gerade behaupten könnte. Und
endlich haben die Damen in der äußerlichen Inszenirung
der Ausstellung eine nicht geringe dekorative Talent-
probe abgelegt, und das kommt offenbar von der sehr
regen kunstgewerblichen Bethätigung, die meistens die
bessere Hälfte des weiblichen Talentes ist. Im (Einzelnen
wäre nun über die hervorragenden Künstlerinnen kaum
etwas Neues zu sagen. Ls handelt sich hier um längst
konsolidirte Persönlichkeiten, die ihren N)eg wissen und
ihn sicher wandeln. Neulinge von Bedeutung treten
diesmal nicht in die Aktion. Die auswärtigen Gäste
sind nahezu dieselben, wie in den Vorjahren. Nur
etwa die Plastik, die allerdings immer noch eine rück-
ständige Erscheinung im weiblichen Programm ist, hat
sich einiges Terrain erobert, zumal da man auch aus
Dresden und München sich interessante Skulpturen ver-
schrieben hat. Unter den Berlinerinnen lieferte Lilli
Mislicenus-Finzelberg eine imponirende männliche Büste,
Margarethe Hoenerbach impressionistische Skizzen von
virtuosem Schneid und Helene Amtmann eine fein-
beseelte Frauenbüste aus französischem Kalkstein, wobei
die Materialbehandlung von verständniß zeugt. Unsere
Blumen- und Stilllebenmalerinnen mit Llise Hedinger
und Tlara Lobedan an der Spitze sind sämmtlich zur
Stelle. Auch unter den Landschafterinnen wird keine
zu vermissen sein, allerdings haben nicht Alle Treffer
zu verzeichnen. Am höchsten stehen wohl die Land-
schaften von Marie Thun, Lva Stört, G. Stechow,
Lisa Haver, Marie von Keudell, Lucie Begas-Parmentier.
Am angelegentlichsten aber scheint man das Bildniß
in den Vordergrund der Ausstellung gerückt zu haben,
weil man glaubt, sich auf einige Arbeiten etwas zu
Gute thun zu dürfen, und das mit Lug und Recht.
Im Frauenbildniß wird die Malerin stellenweise Gebiete
erschließen, die dem Mann im Durchschnitt verschlossen
sind. Am meisten bemerkt und auch am tüchtigsten
sind ein Damenporträt von Cornelia paczka-wagner,
das Bildniß der Vorsitzenden des Künstlerinnenvereins
von Liisa Goebeler, ein Kniestück der bvittwe Theodor
Mommsen's von der verstorbenen Marie Nerenz, das
Bildniß der Gräfin Schwerin von Käthe Morgen, und
ein auf feine Farbenvaleurs begründetes Damenporträt
in ganzer Figur und kleinem Format von Dora Hitz,
womit aber nicht gesagt sein soll, daß es nicht noch
andere schöne Bildnisse auf der Ausstellung giebt.
M. Rapsilber.
U
Unsere MilSung.
Zu den Malern, die einst zum Kreise Böckliws gehörten,
zählt auch Hans Sand reu ter, geb. t»50 zu Basel. Liner
litterarischen Würdigung dieses ideal empfindenden Künstlers,
die wir uns für eine der nächsten Nummern vorbehalten,
schicken wir schon heute die Reproduktion eines seiner Gemälde,
betitel, „Lin Sommertag", voraus,

Xmickcliromlc.
* Berlin. Line vorherige Veröffentlichung des Entwurfes
des neuen Kunstgesetzes, welches im Mai dem Reichstage
zugehen wird, fand nicht statt. Die Regierung hat einige her-
vorragende Künstler der verschiedenen Zweige über ihre
Wünsche gehört. Daraus, daß unter diesen sich auch Bau-
künstler befanden, kann man jedenfalls entnehmen, daß das
neue Kunstgesetz nicht grundsätzlich die Baukunst von jeden:
urheberrechtlichen Schutze ausschließen wird, wie es das zur
Zeit noch geltende Kunstgesetz vom 9. Januar s876 thut. Ls
sind in den verbänden der bildenden Künstler, sowie der von
dem Gesetze nicht minder betroffenen Kunsthändler und Kunst-
verleger bereits Vorbereitungen im Gange, um wünsche noch
rechtzeitig zum Ausdruck zu bringen.
* Bologna. Bildhauer Alfredo Neri hat zwei Büsten
von Papst Pius X. — eine 25 em und eine 75 em hoch — voll-
endet, die in Nachbildungen katholischen Kreisen zugänglich ge-
macht werden solle».
* Boppard a. Rh. Der Kupferstecher Prof. Rud. Stang
hat jetzt sein großes radirtes Bildniß des Prinzen Heinrich von
Oranien-Nassau als Pendant zu feinem früher vollendeten
radirten Kniestück der Königin wilhelmina auf der Platte
fertiggestellt.
* Brünn. Der Gemeinderath hat beschlossen, dem Ge-
meindeausschuß die Abtretung eines Bauplatzes gegenüber der
Statthalterei und dein Deutschen Hause an den Mährischen
Kunstverein zum Zwecke der Erbauung eines Künstler-
hauses vorzuschlagen.
* Dresden. Das Kgl. Kupferstichkabinet erwarb im
Jahre ss>05, nach den amtlichen Berichten aus den Kgl.
Sammlungen, z Linzeiblätter und 92 Titelwerke, von alten
wie von lebenden Meistern. — Der städtische Kunst-Aus-
schuß erwarb ein Porträt des Zeichners Oskar Pletsch, ge-
malt von Franz Siebert, für das Stadt-Museum. Der Aus-
schuß besichtigte auch die Modelle dreier plastischer Werke von
Friedrich Hecht (Christus im Gebet), Otto Fischer (badendes
Mädchen) und Fabricius (Athlet). Als der Rath im Jahre
t90s zur Förderung freien künstlerischen Schaffens auf dem
Gebiete der Plastik einen Wettbewerb unter den Dresdner
Bildhauern veranstaltete, wurden die Entwürfe der genannten
drei Bildhauer, sowie je einer von Richard König und Gödicke
mit einem Preise gekrönt. An den Preis war die Verpflichtung
geknüpft, daß die Künstler binnen einem Jahre nach den Ent-
würfen Modelle im Großen ausführten. Ls wurde beschlossen,
dem Rathe die Ausführung jener Modelle zu empfehlen.
Weiter lag ein Antrag vor, das Haus Lüttichaustraße 7, in
dem der berühmte Bildhauer Christian Rauch gestorben ist,
mit einer Gedenktafel zu versehen.
* Karlsruhe. Kunstdebatte in der II. Kammer am
t s. April. Nationalliberaler Abgeordneter Obkircher richtet an
die Regierung die Anfrage, warum in der Jury für die
deutsche Ausstellung in St. Louis nur eine einzige Kunst-
richtung (?) vertreten sei? Der Präsident des Ministeriums
Freiherr v. Dusch stellt eine Vereinbarung zwischen der Reichs-
regierung und den Regierungen der Linzeistaaten in dieser
Frage in Abrede. Der Verzicht der Reichsregierung auf den
ursprünglichen Plan und die Uebertragung der Aufgabe an
die deutsche Kunstgenossenschaft sei ohne vorheriges
Benehmen zwischen der Reichsrcgierung und den Einzelstaaten
erfolgt. Im Uebrigen erklärt der Kultusminister unter Zu-
stimmung aller Parteien des Hauses, daß eine einseitige Unter-
stützung einer bestimmten Kunstrichtung in Baden bis-
her nicht stattgefunden habe und daß man auch entschlossen
sei, an diesem bewährten Grundsatz der Unparteilichkeit fest-
zuhalten. — Anmerk, der Red.: Man sieht, daß der zuerst im
Reichstage zu Tage getretene Unsinn — Schule macht.
Die Herren wissen nicht oder wollen nicht wissen, daß der deutschen
Kunstgenossenschaft Vertreter aller Kunstrichtungen angehören
und daß bei vorliegendem Anlaß von der Unterstützung einer
bestimmten Kunstrichtung niemals die Rede war. Diese Kunst-
debatten wirken in der That wie Donquichoterien.
* München. Der erschienene amtliche Bericht theilt in:
Zusammenhang die Neuerwerbungen der Staatssamm-
lungen in: Jahre t9OZ mit. Die auf den Kunstausstellungen
in: Glaspalast und der Sezession gekauften Gemälde wurden
 
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