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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 8
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Zimmern, Helen: Ueber die moderne toskanische Malerei
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Dworaczek, Wilhelm: Wiener Kunst
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Die Kunst-Halle.

Nr. 8

der unbeeinflußt von irgend einer Schule auf seine
eigene weise den rechten weg zu finden sucht. Nun
will ich zur Besprechung einiger dieser Männer übergehen.
Von Giorgio Kienerck habe ich den Lesern der
„Kunst-Halle" schon ausführlich berichtet*) und auf
seine hohen Ziele, wie seine bedeutenden künstlerischen
(Qualitäten hingewiesen. Ich beschränke mich daher
heute aus die ihm gebührende Erwähnung seines
Namens, der, nebenbei bemerkt, trotz des nordischen
Klanges der einer italienischen Familie ist. Zn der
dekorativen Malerei, die in jüngster Zeit einen er-
freulichen Aufschwung genommen, steht Adolfo de
Karoli unter den Jüngeren obenan. Von der Basis
klassischer Prinzipien ausgehend, wo immer es ihm
möglich war, hat er diese jedoch ins Moderne über-
setzt, Aktualität und Leben darin zum Ausdruck gebracht.
Lin seltsames Phänomen ist dieses Künstlers
Lmpfindungsweise. während ringsum wüste soziale
Kämpfe die Welt durchtoben, wilde Leidenschaften die
Massen erregen, im Wettbewerb ein niedriges Streber-
thum hervortritt und die geistigen Gebiete ein Tummel-
platz heftig widerstreitender Meinungen sind, da bewegt
sich de Karoli's Kunst beständig in ungetrübt heiteren
Gefilden voller Licht und Lebensfreude. Also ist dieser
Künstler — so mag Mancher schließen — Liner von
denen, die in Betrachtung der Vergangenheit versenkt,
abseits vom Strom des Lebens stehen? Das ist aber
ganz und gar nicht der Fall. Seelische Phänomene
seiner Art sind zu allen Zeiten vorgekommen. Ist doch
der heil. Franziskus von Assisi inmitten einer voll Haß
und wuth einander befehdenden Bevölkerung aufgetreten.
Schuf nicht der begnadete Meister Michelangelo seine
sieghaften Heroengestalten in einer Epoche politischen
Verfalls und moralischen Niedergangs. Ebenso ist auch
de Karoli kein weltfremder Künstler, der außerhalb
des Lebens steht (8i parva liost somponsrs ma^uis),
sondern Einer, der es nur seinem Temperament gemäß
auffaßt. Die alte Theorie von Sully prudhomme
bewahrheitet sich hier wieder einmal. Zn de Karoli's
Atelier ist gegenwärtig eine Allegorie des Frühlings
zu bewundern, ein wahrer Triumph der Lebenslust,
eitel Licht und strahlende Schönheit; so ein Bild, das
erfrischend wirkt und Linen die Tretmühle des All-
täglichen einmal vergessen macht. Ein anderes, „Frauen
am Brunnen", ist bemerkenswerth wegen der zarten
Pinselführung und Reinheit der milden Farbentöne.
Das „Toncerto", ein wenig an Bellini und Gentile da
Fabriano im Stil erinnernd, ist lieblich wie die Sanges-
kunst, die es symbolisch darstellt.
Außerdem habe ich noch einige Landschaften be-
sichtigt, in denen die altitalienische Manier mit dem
modernen, mehr exakten Ausdruck glücklich vereinigt
ist. Die einzige Gefahr für den jungen Künstler besteht
meines Erachtens in der Einförmigkeit seiner Typen.
Wenn er so fortfährt, immer dieselben griechischen
Mädchenxhysiognomien zu malen, dürfte dies später in
Manier ausarten. Ls wäre wünschenswerth, daß er
nicht in diesen durch die ersten Erfolge so häufig er-
zeugten Fehler verfällt.
(Schluß folgt.)

*) Jahrgang IV, Nr. Z. ^o. ^898.)


(^^s^^ie alljährlich, hat der Aquarellistenklub der
wiener Künstlergenossenschaft auch Heuer eine
reichhaltige Ausstellung veranstaltet, die manches
Bemerkenswerthe bietet, wenn sie auch im Allgemeinen
sich wenig von ihren Vorgängerinnen unterscheidet.
Das Dominiren der Landschaft ist diesmal besonders
auffällig, während der Akt fast gänzlick) fehlt. Vielleicht
ist dies Zufall, vielleicht auch Methode, wir wollen
zur Ehre der Genossenschaft das erstere annehmen.
Reber die einzelnen Werke ist wenig Neues zu sagen.
Unsere Künstler raffen sich leider zu wenig zu größeren
und vor allem eigenartigeren Arbeiten auf Man kennt
die tüchtigen und zum Theil vortrefflichen Malweisen
der einzelnen Künstler, man freut sich ihnen zu begegnen,
befindet sich aber einigermaßen in Verlegenheit, wenn
man Neues von ihnen berichten soll. Sie arbeiten so
hübsch gleichmäßig in ihrer Ricbtung und persönlichen
Zndividualität fort, daß man darauf verzichten muß,
besondere Ueberraschungen zu erleben. Zm Porträt,
das ziemlich spärlich vertreten ist, herrscht eine gefällige,
ein wenig süßliche Art vor. Dennoch ist gerade Fröschl
diesmal überraschend gut. Er hat ein Damenporträt,
das vom Reiz des Modells abgesehen, von feinstem
koloristischem Geschmack ist. Auch Bunzl wäre mit
besonderer Anerkennung zu nennen. Die Landschaft
beherrscht fast die ganze Ausstellung. Da wären vor
allem Robert Ruß mit sehr feingetönten und doch
farbensatten Gouachen, Heinrich Tomec, dessen Nieder-
blick auf den Praterstern etwas unruhig wirkt, Karl
Pippich, der ein paar seiner feinen Veduten bietet,
ferner N. Ribarz, Ferdinand Brunner, Ed. Zetsche,
Z. Epstein, Hugo Tharlemont, Z. N. Geller, Hans
Larwin, Nik. Schattenstein, Rud. Bernt, Zosef Strakas,
Alfred Zoff, H. Darnaut u. A. zu nennen, durchwegs
tüchtige, zum Theil sehr schöne Arbeiten, über deren
Details sich wenig sagen läßt.
Bemerkenswerth ist eine große Anzahl von Bildern,
die mit der neuen Raffaeli-Stifttechnik angefertigt
wurden, und die in einem besonderen Saale vereinigt
sind. Die Farbengebung ist satter und voller, vor allem
energischer als beim Pastell, steht aber der Gelfarbe
an Frische und Lebendigkeit, — nach meinem Gefühl
vor allem aber in der Leichtigkeit der Verwendung
nach. Ls ist etwas Schweres in den Bildern, das von
einer schwierigeren Vermischbarkeit der Farben herzu-
rühren scheint. Unter den vorhandenen Stift-Bildern
sind vortreffliche Arbeiten. Namentlich Hugo Tharlemont,
Darnaut, A. Kaufmann, Bernt, Rauchinger und Karl
Bunzl, dieser mit einem flotten Frauenxorträt, haben
sich die neue Methode vortrefflich zu eigen gemacht,
von Ausländern, die diesmal gut vertreten sind, mögen
Willy Hamacher-Berlin (Aquarelle), Hans Völcker-Wies-
baden, der elegante Edmund p. Sullivan - London
(Aquarelle und Kreidezeichnungen) und Luigi Bozzani-
Rom, dessen etwas minutiöse und bravouröse Technik
immer einer gewissen Wirkung sicher ist, genannt
werden. Erwähnt sei noch, daß auch eine ganze
Kollektion von neuen Aquarellzeichnungen des geist-
reichen Münchners Rens Reinicke Gelegenheit giebt,
dessen brillante Technik abermals zu bewundern, während
Fritz Overbeck - Worpswede nur durch ein paar Ra-
dirungen vertreten ist, und Ludwig Koch ein großes
militärisches Hurrah-Bild ausgestellt hat, mit dem jedoch

Viener Aunrt.
(Aquarellistenklub im Künstlerhaus — 8 Künstlerinnen
und ihre Gäste.)
 
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