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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 14
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Höckner, Rudolf: Kunstbrief aus Schleswig-Holstein
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Galland, Georg; Rapsilber, M.: Aus den Berliner Kunstsalons
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und H. Rasch-München mit einer kleinen Tafel „Angel-
fischer in der Ostsee" hervorzuheben. Wrage-Grems-
mühlen pflegt weiterhin die Darstellung des stolzen ost-
holsteinischen Buchenwaldes, I. Fürst, L. Arp und
Tlarita Beyer haben Motive aus Mels Umgebung
behandelt. Besondere Aufmerksamkeit hat Lmil Nolde
mit seinem „Im Obstgarten" erregt. Das ziemlich
pastös gemalte Bild zeichnet sich durch kraftvolle Ge-
staltung und gute malerische (Qualitäten aus. Ls ist
eine Probe tüchtigen Könnens, von dem noch Gutes
sich erwarten läßt. Außer einer Reihe anderer Maler
und Malerinnen hat dann auch das Thaulow-Museum
in Kiel ausgestellt, nämlich die Statuetten von H. Miß-
feldt „Nymphe" und „Hirte", keramische Arbeiten von
Mutz - Altona und Mathilde Satz - Glücksburg, einige
Stickereien und Webereien.
Im Allgemeinen zeigt die Ausstellung das Bor-
herrschen der Skizze, der man sa unter Umständen auch
den Werth einer vollen künstlerischen Leistung zugestehen
mag. Immerhin wird die Ansicht, daß der Künstler
im fertigen Bilde Sammlung und Vertiefung erstreben
möge, ihre Berechtigung behalten.
R. Höckner.
W

Mr Sen Zerliner Runrkslonr.
ueue Ausstellung im Salon A. Wertheim
steht im Zeichen des Thierbildes. Ls sind drei
Thiermaler aus der jüngeren Generation, welche
lange Reihen von Malereien, Studien und Zeichnungen
vorführen. Ls überwiegen die Studien, die Lin-
gebungen des Augenblicks und die Schilderung kleiner
feiner Züge, welche die Regungen der Thierseele zu
illustriren haben. Oder es macht sich Liner das Ver-
gnügen, eine abgeschnittene Adlerkralle zwanzig Mal
abzuzeichnen, den wundervollen Organismus in allen
nur denkbaren Stellungen und Aktionen und Beleuch-
tungen zu veranschaulichen. Adolph Menzel ist ja das
große Vorbild für diesen Fanatismus der Gründlichkeit.
Hat nkm glücklich so eine Kralle hundert Mal konterfeit
und biegt irgend eine Zehe oder ein Gelenk, so könnte
das Variationsspiel wieder von vorn anheben, denn
den Mechanismus eines Thiergliedes wird inan nie zu
Lnde studiren, an der Meisterschaft der Natur wird
man immer wieder der Fülle inne, die ohne Anfang
und ohne Lnde und daher ewig ist. Ls bedeutet keines-
wegs eure geistlose Thätigkeit, noch weniger ist es eine
Kleinlichkeitskrämerei, wenn ein Künstler nicht müde
wird, an der kleinsten Linzelheit sein Können zu exer-
ziren. So ein Thiermaler der liebevollen Gründlichkeit
ist Hans Schmidt aus Tharlottenburg. Lr zeichnet
und skizzirt, ohne vorerst allerdings zum Bilde zu ge-
langen. Das ist wieder eine Sache für sich und so sehr
auch die berühmten Münchner Thiermalereien zur Nach-
ahmung reizen und so genau inan auch den Meistern
auf die Finger schaut, die genialen Farben- und Flimmer-
flecke sind ein verteufelt schwieriges Spiel. An einem
Kuhstall in Mecklenburg sieht man, wie Schmidt zwar
mit aller Verve bei den prächtigen Rindern das Schwarz
auf das weiß setzt, aber diese Flecke leben nicht, man
meint, sie könnten abblättern oder man könnte sie als
aufgeklebte Papierpatzen den verehrten Wiederkäuern

Nr.

vom Fell reißen oder ein kluger Oekonomiker habe dem
geduldigen Hornvieh die famosen schwarzen Flecke mit
Theer auf die Achterseite getüncht. Bei einer Herde
Brahmahühner kommt der Künstler den Münchner Vor-
bildern schon näher, am nächsten aber auf den liebevoll
studirten Schweinebildern. Namentlich der jugendlich
rosige Schein, der auf den Ferkelleibern spielt, ist als
malerisches Problem aller Lhre werth. — Der zweite
Thiermaler Hans Krause aus Berlin hat vier Rahmen
mit Pferdestudien angefüllt. Seine Treffsicherheit ist
recht erfreulich, man fühlt ihm seine Freude nach, die
er an der herrlichen Architektur des Pferdeleibes und
an dem morphologischen Genie der Natur empfindet,
und damit gut. wie und ob er sein Können im Bilde
erweist, wird hierbei nicht ersichtlich. Ls ist eine merk-
würdige Thatsache, daß Liner, der in der Thierstudie
Jahrzehnte lang das denkbar Glänzendste geleistet, so
lange nämlich das Thier so freundlich ist, still zu halten,
in der Nutzanwendung noch längst nicht den Vogel ab-
schießt. Das Thier als Ganzes in der Bewegung, im
Llement und bei der Arbeit zu erfassen und zu er-
gründen, ist auch wieder eine Sache für sich, die noch
nie ein Meister zu Lnde gemeistert hat. Der Dritte
im Bunde ist Fritz von Heid er, welcher der bekannten
oberbayerischcn Keramikerfamilie aus Schongau ent-
stammt. Lr ist bei Baisch und Zügel in die Schule
gegangen, ohne dabei zu einen: starken malerischen
Gepräges zu gelangen. Seinen Pferden haftet etwas
Absonderliches und Verschrobenes an. Die stilisirlen
Affen aber deuten auf eine lange Uebung. Sie haben
etwas keramisch Gelecktes und Bilderbogenmäßiges,
sie geben mehr die Kontur und den Typus, als die
Persönlichkeit und das Individuum. Geyger aber hat
uns gelehrt, daß auch der Affe eine Persönlichkeit ist,
und was für eine! Ls ist geradezu erstaunlich, was
die Natur Alles in ein Affengesicht hineinmodellirt hat.
Man kann sich da nicht satt schauen.
Ferner vermittelt der Salon Wertheim die Bekanntschaft
mit zwei Landschaftsmalern, deren Arbeiten ein schönes
Talent bekunden. Beide sind Charlottenburger. Hans
Licht gehört dazu dein Thüringischen Ausstellungsverein
bildender Künstler, Marke Schultze-Naumburg, an. Aus
dem Saalthal stammen zumeist die frischen, empfindungs-
vollen und malerisch resoluten Studien, wie die alte
Liche im Burggraben, aus der kleinen Stadt, die alten
Weiden, das Herbstprangen, die Abendfeier, der bunte
Wald, die halbe Sonne rc. Schon die Titel zeigen die
ganze Richtung dieser ausgesprochenen Heimatskunst.
Auf seine:: vollendeten Bildern aber hat sich Licht selt-
samer weise eine Schablone zugelegt, die auf den krassen
Lffekt losgeht und den verehrlichen Bilderkäuferi:,
bei denen ein empfindsames Herz für die teutsche poesei
vorausgesetzt wird, Sand in die Augei: streut. Dieses
Schema arbeitet mit einem fahlbeleuchteten Vordergrund,
letztes Licht wehklagt auf Wassertümpeln, auf grauen
Sandkuhlen, auf vergilbten Rohrbüscheln und dann
geht's hurtig in das tiefe und gemüthstriefende Dunkel
hinein, in altes Gemäuer und Gerümpel, über die
Dächer einer schlafenden Stadt, in düstere Thalgründe
und darauf gesetzt wird der wehmuthsschwere Abend-
oder Nachthimmel, den die Heimatskünstler meterweise
fertig aus der Fabrik beziehen. Schade, daß ein so
talentvoller Künstler sich von dem Biedermaier-Unfug
hat einfangen lassen. Der Zweite der Neulinge, Rein-
hold Groh mann, ist vorerst als Zeichner, namentlich
von Architekturen, bedeutender als der Maler. Lr hat
sich dabei den Menzel'schen Strich zugelegt oder gar
den Raffaelli'schen und seine markanten Zeichnungen er-
laben sich an Motivei: aus Meißen und Paris. Auch

Die Kunst-Halle.
 
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