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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 12
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Rapsilber, M.: Aus den Berliner Kunstsalons
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Unsere Abbildung
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Kunstchronik
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Die Kunst-Halle.


winnen die Formen ein gigantisches Uebermaaß. In
einem Bild des Abendfriedens, der über Feld und Ge-
hölz waltet, sind es die leuchtenden und durchleuchteten
Schatten und der Widerschein aus des Himmels sanft-
flockiger Glorie, welche die feierliche Größe der Walerei
bedingen. Ueberhaupt sucht der Künstler der Abend-
stunde, die ja über dem Moor an Seltsamkeiten, Heim-
lichkeiten und herrlichen Lichtspiegelungen reich ist,
immer wieder sein bestes und edelstes Können anheim-
zugeben. Da lagert das schwarze Dunkel im Laubwald
wie ein Ungeheuer, feindselig kalt schaut der schrillgrün
schillernde Himmel hernieder, oder wir sehen das Moor
in unendliche weiten hinaus von den schwarzschwebenden
Schatten überfangen, von der webenden Hexenstunde,
ein einzelner Baum ragt wie ein Gespenst hoch auf
und die Nebel wallen, scheint der Baum mit dem
Wanderer Schritt zu halten und nach ihm zu greifen.
Oder wir sehen den verwunschenen Sumpf, aus dem
zur Nachtzeit seltsame Stimmen klingen, bald Glocken-
ton, bald Angstgeschrei, und richtig, etwas Ungeheuer-
liches muß hier am Wege liegen, denn so dunkel es
sonst ist, an den silbergrauen Buchenstämmen flimmert
fast taghelles Neflexlicht und es ist doch nicht er-
sichtlich, von wannen die umheimliche Lichtspiegelung
kommen mag. Lin Segelbootfahrt ist gleichfalls
von Abendstimmung umwoben. Gegen den stürmischen
Himmel stechen die nachtdunkeln Segel, vor ihnen weht
es weich und warm, man fühlt wie der Kahn gleitet,
wenn ihn die Luft umkost. So düster der Herbst, so
hellfarbig fröhlich gebärden sich Frühling und Sommer
im Moor. Die überätherische Lichtseligkeit des jungen
Mai veranschaulicht der Künstler in einem Tempera-
bilde. So spitzig grün wie die Pappeln sich bekleiden,
so zartsingerig wie sie in das jauchzend leuchtende Blau
greifen, so weiß wie die segelnden Wölkchen und so
lichttrunken ist nur aus dem Märchen zu fassen, wo alle
Traumwunder wahr werden. Ach, und wie wonnesam
lagert der Sommer über dem üppigen Grün der
Moorwiesen! Blumen so dicht wie am Himmel die
Sterne, und das Blau der Höhe verliebt sich spiegelnd
in den Glanz des Kanals, alle Farben wetteifern an
Gluthfülle und an selig verklärter Pracht mit einander.
Ls geht wie ein Gottessegen des Feiertags durch die
ganze Reihe der Bilder, in denen der Künstler sein
übervolles Herz dareingab und die höchsten Freuden
schöpferischen vollbringens empfunden hat.
Die neue Ausstellung im Salon A. Wertheim
ist fast ausschließlich den graphischen Künsten gewidmet,
von Malereien erheblicher Art wären nur drei Studien
von Max Thedy zu nennen. Der überlebensgroße Kopf
eines Jägers und ebenso der Lharakterkopf eines in-
grimmig lachenden Orientalen sind Arbeiten von einer
unerhörten Feinheit und Sorgsamkeit der Mache, und
man weiß ja, daß Thedv seinen Ruhm in der größt-
möglichen Ausarbeitung des Details sucht, wie einst die
holländischen Feinmaler. Das Gleiche gilt von einer
landschaftlichen Studie. Sonst aber haben, wie gesagt,
die Graphiker das Wort. Da sehen wir die wohl-
bekannten tiefschwarz gehaltenen Stiche und Nadirungen
des Dresdners Georg Jahn, das Meerweib, den
flötenden Pan, die alte Frau und die sehr schönen weib-
lichen Köpfe, die alle von dem großen Können des
Künstlers zeugen. Lin zweiter Dresdner, Wolfgang
Müller, zeigt zum Theil recht unerfreuliche Entwürfe
von Innendekoration mit phantastischer Note. Inter-
essant aber ist eine Tapete mit dem ungewöhnlichen
und starkfarbigen Muster eines Fichtenwaldes gegen
Alpenglühen und ferner eine Felsstudie aus der sächsischen
Schweiz. Die farbige Lithographie modernsten Ge-

Nr. f2

präges kultivirt Georg Braumüller-München mit außer-
ordentlichem Geschick. Bildnisse, Landschaften, Genre-
stücke, Thierszenen fördert er mit zwei oder drei Platten
zu einer der Technik angepaßten glänzenden Wirkung.
Alois Kolb sodann bringt eine lange Reihe von
Phantasiestücken, deren Sinn nicht immer zu enträthseln
ist, so daß die Schauensfreude allein an den meister-
lichen Aktzeichnungen sich zu bethätigen hat. Das
Hauptbild ist ein Triptychon der Menschheit, darstellend
den Tanz um den Apisstier, und in den Seitentheilen
die Gegensätze der Entartung und eines neuen Menschen-
thums, das anbetend dem Hochgebirge entgegenschreitet.
Die Phantasie des Künstlers schreitet meistens ins Un-
geheuerliche, stelzt auf Superlativen und das macht
manche vortrefflich gezeichneten Blätter ungenießbar.
N. w
W

Unsere Milöung.
Die Beilage dieses Heftes unserer Zeitschrift enthält zwei
reizvolle Porträtstudien des hiesigen Porträtmalers Anton
Schöner. Dein Bild zur Rechten, dem pikanten Profilkopf
einer brünetten Dame, ist der interessante Lharakterkopf des
unlängst verstorbenen Humoristen Richard Schmidt-Labanis
gegenübergestellt.


Rimrtckromk.
* Basel. Dem Großen Rathe ist eine Vorlage über die
künstlerische Ausschmückung des Rathhauses unter-
breitet worden. Im Ganzen waren für den ^898—190.?
stattgefundenen Umbau und die Ausstattung des Rathhauses
2 282 t20 Fr. bewilligt; jetzt stellt sich ein Mehrverbrauch von
2^000 Fr. heraus. Mit der Ausmalung der wände im
Großrathssaale wurde Maler L. Schill beauftragt. Als
Thema für die Hauptwand wurde „der Bundesschwur von
x^oO gewählt, für die Eingangswand: „Basels Handel und
Industrie" und „Basels Kunst und Wissenschaft".
* Dresden. Finanzdeputation. Der Bericht enthält
Näheres über die Verwendung des Kunstfonds (so 000 Nk.).
Die Ausgaben für Plastik und Malerei bestehen aus 2s ver-
schiedenen Posten; hergestellt wurden kirchliche und andere
Kunstwerke in Dresden, Leipzig, Lhemnitz, Freiberg, Meißen,
Lölln-Meißen, Frankenberg, Stollberg, Spremberg, Plauen-
Dresden, Bautzen, Hainsberg, Annaberg, Loswig, Wilthen,
Oberwiesa, Waldheim, Marienthal bei Zwickau, Leuben und
Neumark, weiter beantragt die Deputation, daß der Posten
von HZ 000 Mk. für die Inventarisation der Kunstalterthümer
Sachsens zeitweilig auf 2Z 000 Mk. herabgesetzt werde.
* Dresden. Prof. Hermann prell hat soeben das
letzte Bronzerelief „Ikarus" für das Treppenhaus des
Kgl. Albertinums vollendet, das der Künstler malerisch, plastisch
und architektonisch neu gestaltet. Die Eröffnung desselben
durch S. M. den König von Sachsen findet am 2. Mai d. I.
bei Gelegenheit der Eröffnung der Großen Kunstausstellung
Dresden statt.
* Halberstadt. Ausmalung des Stadtverordneten-
sitzungssaales im Dompropsteigebäude. Mit dem an
Maler Barlösius-Lharlottenburg ertheilten Auftrage der Landes-
kunstkommission ist ein Honorar von Z5 000 Mk. verbunden.
 
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