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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 14
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Zur Genesis der Münchner "Sezession"
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2s6 Die Aun st-Halle. Nr.

Unsere MilSung.
Ls wird die Aufgabe künftiger Spezialforschung sein, zu
ergründen, aus welchen Urbildern der Natur und welchen An-
schauungen die dekorative Kunst, die wir heute modern nennen,
ihre „neuen Ideen" gewonnen hat. Unzweifelhaft haben
Publikationen wie Ernst Haeckel's noch nicht völlig abge-
schlossene „Kunstformen der Natur" auf Werke unserer Tage
bereits befruchtend eingewirkt, durch die wiederum die Praxis
des Kunstgewerbes erfreuliche Bereicherung erfahren hat. Line
solche fast unerwartet gehaltvolle (Quelle ist das umfassende
Bilderwerk von Arnold Lyongrün, des Hamburger Malers
„Neue Ideen für dekorative Kunst und das Kunstgewerbe."*)
Die Publikation liegt jetzt mit ihrem Inhalt von -(8 Lichtdruck-
Tafeln und über 700 Motiven abgeschlossen vor, und die von
uns probeweise vorgeführte Autotypie des diesmaligen Heftes
giebt ein Blatt dieses Motivenschatzes, welcher, im Rahmen des
(Puerfolio-Werkes (3q<X50 ora) etwas zusammengedrängt, auf
jeder Tafel immer eine Anzahl verschiedenartiger dekorativer
Muster figürlicher, landschaftlicher und ornamentaler Art ver-
einigt. Wenn auch der Line oder Andere von dem Uebermaß
der leider nur einfarbig dargebotenen Vorlagen nicht wenig
frappirt wird, so muß doch ein Jeder einräumen, daß die
Handlichkeit und Uebersicht einer solchen Motivenfülle nur
durch eine möglichst gedrängte Zusammenstellung zn erreichen
war. Was aber vor allem die (Dualität des hier Gebotenen
betrifft, so wird man, neben dein Reichthum vielfach eigen-
artiger Bildungen, in erster Linie die Geschicklichkeit der Stili-
sirung der aus der Natur abgeleiteten Formen, die Eleganz
der Zeichnung und die Verwendbarkeit der Motive, die zugleich
überwiegend, ungeachtet ihrer sogenannten Modernität, ästhetisch
wirklich schön erscheinen, hervorheben müssen. Diese wichtigen
Eigenschaften dürften bald in allen interessirten Kreisen An-
erkennung finden und den „Neuen Ideen" von A. Lyongrün
den Weg zur Praxis unserer dekorativen und kunstgewerb-
lichen Kräfte bahnen.
W
Zur generk Ser Mnclmer „5ererrion".
Wir werden um Aufnahme nachstehender Erklärung
ersucht:
Als Erwiderung auf das in den Zeitungen veröffentlichte
Schreiben des Herrn Professors A. v. Keller in München an
mich vom (7. März d. Is. erkläre ich: Was Professor piglhein
und Herr Dill am 8. Januar (893 hier in Berlin gethan
haben, um für eine Sezessions-Ausstellung ein geeignetes Lokal
zu suchen, weiß ich nicht, habe auch damals nicht den Vorzug
gehabt, Herrn Dill hier zu sehen. Jedenfalls war Herr Pigl-
hein am (8. und 2(. Januar (893 bei mir und unterbreitete
mir das Projekt, die Zentrale der Münchner Sezession, welche,
wie ich in meiner Broschüre Seite t l gesagt habe, damals als
„eine Art internationaler Vereinigung ähnlich dem Salon
du Ehamp de Mars in Paris gedacht war", nach Berlin zu
verlegen, und zwar lag der Wunsch vor, dafür ein eigenes
Gebäude in unserem Landesausstellungspark zu errichten auf
der Stelle, wo bis dahin das kleine Versuchstheater gestanden
ff Verlag von Kanter 6c Mohr, Berlin 8^V. H8 (Pr.
Mk. 6H in Mappe).

hatte. Dieses Projekt wurde (89^ und (895 weiter verfolgt
und kam noch in einer der Sitzungen unserer die Jubiläums-
Kunstausstellung von vorbereitenden Kommission, welche
am 20. und 25. Mai (895 in der Gsteria des Ausstellungs-
parkes stattfanden, zur Erörterung. Im Mai (896 schrieb mir
Herr v. Keller, daß die Münchner Sezession in Berlin nicht
ausstellen würde, weil sie hier nicht genug gewürdigt würde.
Ueber den Besuch des Professors Bruno piglhein am
(8. Januar 1,893 hat der Inspektor der König!, akademischen
Hochschule Herr Alban Lroner die nachfolgende Erklärung ab-
gegeben, welche ich Herrn A. v. Keller d. d. 6. März d. Is.
zugestellt habe:
„Ich erkläre hierdurch ausdrücklich, daß Herr Pro-
fessor Bruno Piglhein-München im Winter (892/93 (ich
glaube bestimmt: es war im Frühjahr 1895) in die
alte Akademie. (Unter den Linden 38) kam, um Herrn
Direktor A. v. Werner in seinem Atelier einen Besuch
zu machen.
Ich begleitete den Herrn Professor Piglhein vom
Sekretariate der Hochschule zum Atelier des Herrn
Direktors A. v. Werner, denn ohne Begleitung hätte
der Fremde das Direktor-Atelier mit dein dunklen Vor-
raum und der kleinen primitiven Treppe kaum gefunden.
Wenn ich mich nicht sehr irre, bemerkte Herr Professor
piglhein schmunzelnd so etwas wie „Hühnerstiege".
Nach kaum einer Stunde sagte Herr Direktor A. v. Werner
zn mir (es war am Treppenabsatz seines Ateliers) un-
gefähr wörtlich das Folgende:
„Herr piglhein war eben bei mir. Die Münchner
wünschen von mir, daß ich Präsident ihrer neuen
Vereinigung „Sezession" werde. Ja ich habe doch
hinreichend Ehrenamtliches zu thun; das kann ich
nicht auch noch übernehmen, es kann kein Mensch
von mir verlangen" u. s. w.
Lharlottenburg, den 6. März (90^.
Alban Lroner,
Rechnungsrath,
Inspektor der Königlichen akademischen Hochschule für
die bildenden Künste."
Ich war damals ((895) Vorsitzender des Hauptvorstandes
der allgemeinen deutschen Kunstgenossenschaft und des Vereins
Berliner Künstler und es wunderte mich durchaus nicht, daß
Herr piglhein sich mit seinen Wünschen an mich wandte, ich
nahm auch gar nicht an, daß Herr piglhein sich einen Scherz
mit mir erlaubt hätte, ebensowenig, als ich überrajcht war,
als Herr v. Keller am (4. Mai (893 an der Festtafel im Aus-
stellungsrestaurant dasselbe Thema nochmals aistchlug. Es
handelte sich um eine rein geschäftliche Gründung, welche hier-
für Berlin, nicht für München geplant war, und daß Herr
A. v. Keller mir, dem Direktor der Berliner Kunstakademie
und Vorsitzenden des Vereins Berliner Künstler, nicht den
grotesken Entschluß zugemuthet hat, der Münchner Sezession
zu liebe nach München zu übersiedeln, glaube ich ihm auf's
Wort. Ebenso aber muß ich Herrn A. v. Keller dringlichst
bitten, mir zu glauben, daß ein Mißverständniß oder daß die
Aufstellung einer „in jeder Beziehung unmöglichen und durch
keine Thatsache gestützten Behauptung" meinerseits vollkommen
ausgeschlossen ist.
Die Bemerkung in meiner Broschüre Seite (0 und n
sollte lediglich klarstellen, daß die Sezessionen aus geschäftlichen
Rücksichten entstanden sind und daß „diametrale Gegensätze"
in künstlerischen Richtungen, wie Herr A. v. Keller sie in Bezug
 
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