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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 2
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Gagliardi, Ernesto: Zur Vollendung von Sta. Maria del Fiore, I.
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Bodmer, M.: Frankfurt a. M. Kunstbrief
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Die Kunst-Halle.

Nr. 2

2l

Mit Lein Bau der Kuppel begann Filippo Brunellesco
erst am 7. August sI20. Die Arbeiten wurden mit
„einen: Imbnß von Brot und Wassermelonen an die
gejammte Arbeiterschaft, dazu ein Gebinde prickelnden
rothen Landweins und einen Fiasco Trebbiano" ein-
geleitet, wofür — wie beglaubigte Chroniken uns be-
richten — 3 Lire, ft Groschen und Heller aufgewendet
wurden. Dem entspricht auch das von Brunellesco
bezogene Monatsgehalt von drei Goldgulden. Inter-
essant ist es vielleicht dem Leser zu erfahren, daß als
Urheber der bekannten Anekdote, die wir bisher
Columbus zugeschrieben haben, Brunellesco genannt
wird. Als die selbst aus „Francia und Allemagna"
zur Konkurrenz herangezogenen Künstler ihn zu be-
wegten suchten aus der Schule zu plaudern, forderte
Brunellesco sie auf, ein Ci auf die Marmorplatte eines
Tisches nut der spitzen Seite zu stellen. Als keiner
dieses Kunststück fertig bringen konnte, nahm er „mit
Anmuth" das Ci, schlug es auf und stellte es hin.
Die Künstler murrten unwillig, daß in dieser weise es
auch ihnen gelungen sein würde, worauf er lächelnd
antwortete: „Und ebenso würdet Ihr die Kuppel wölben
können, wenn ich Cuch vorher zeigte, wie Ihr es zu
machen habt."
(Lin II. Artikel folgt.)

stankjurl a. jVl.
Xlliutbnej.

Sonderkollcktion des Mailänders Gaetauo previati,
mit der Hermes seine Septemberausstellung eröffnet
batte, gewährte einen Einblick in das Kunstschaffen
eines Malers der neuitalienischen Schule, die von Meister
Segantini so aussichtsreich inaugurirt wurde, previati wählt
für seine Bilder große Formate, am liebsten lebensgroße Figuren.
Mehr noch aber als dies äußerliche Faktum zeigt die ganze
Auffassungsart und die Handhabung der Technik, daß previati
ein großgeartcter Künstler ist. „Romeo und Julie" — die
Balkonszene gehört gewiß nicht zu den selten gemalten Motiven,
aber previati hat es verstanden, in seiner düster schwülen
Szenerie eine neue Auffassung zu bekunden, die auch in der
„Anbetung der Meisen", im „Golgathawcg", in der „Mond-
nacht" und in der Frauengruxpe am Fuße des Gekreuzigten
zur Wirkung gelangt. In den Gesichtern dieser fünf weinen-
den Frauen ist eine ganze Stufenleiter von Leidenschaften,
Resignation, Schmerz, Verzweiflung, zum Ausdruck gebracht.
Nicht so glücklich erscheint ein „Lcre homo" und eine „hl.
Familie" in Medaillonrahmen; die manierirte Temperastrich-
technik hat hier etwas Unfreies und Gezwungenes. Jakob
Smits-Rotterdam ist ein interessanter Techniker; der „Judas-
kuß" ist in dicken pastosen Farbenlagen „gemauert", die Aqua-
relle sind dunkeltönig, weich und verschwommen. Smits'
Bilder sind im Motiv ganz uninteressant, fesseln aber gerade

den Kenner wegen ihrer rein malerischen (Qualitäten. Auch
Gustav Kallstenius' sechs Bilder können als bezeichnende
Proben der modernen dänischen Schule gelten, die unter
Kröyer's Führung einer gesunden kräftigen Realistik huldigt.
Thoma hat eine ganze Reihe neuerer Arbeiten hier, Schönleber
und wenqlcin stehen nut ihren silberklarcn, frischen Landschaften
mit an erster Stelle; Uhde's „Laube" ist malerisch interessant
nn Gegen)atz zu Firle's mehr gediegen und sorgfältig durch-
gearbeiteten Bildern, die trotzdem in einer gewissen parallele
zu Uhde's Stoffgebiet stehen.
Schneider-Andreas eröffnete seine Herbstausstellung
mit einer Kollektion Ludwig von hosmann's. Die „Er-
schaffung der Lva" ist räumlich das umfangreichste Bild der
Serie, aber in den kleineren Bildern und Pastellen scheint mir
die ursprünglichere Art dieses nach Maröes Vorbild schaffenden
Koloristen durchzuschlagen. Tanzende Frauen, badende Mädchen,
Frühlingsaucn, Meereswellcn und A mida's Zaubergärtcn, das
ist die Domäne, die hosmann's Phantasie vor unfern Blicken
erstehen läßt. Die mangelnde Strenge der Zeichnung und die
zum Theil überquellende Farbensrcndigkcit werden dem Künstler
vom Publikum wie von einem großen Theil der Fachkritik auch
heute noch immer wieder als ärgernißcnegend gedeutet.
Stefan Sinding, der nordische Bildhauer, ist bei Schneider
mit einer fast vollständigen Serie von verkleinerten Reproduk-
tionen in edlem Material: Marmor, Bronze, Holz vertreten.
Ein Zug von Größe geht unleugbar durch diese Gruppen und
Einzeltppen und die Natnralistik der Formensprache wirkt ins-
besondere in den Akten, die sein studirt sind, vortrefflich. Aber
die Art, wie Sinding seine Gruppen, die meist Minne's Lust
und Leid verkörpern, an den Boden gedrückt hält („Barbaren-
mutter", „Zwei Menschen", „Sklaven", „Jur Schoß der Mutter
Erde"), hat etwas Absichtliches und Berechnendes. Auch den
Sinding'schen „Walküren" fehlt das sieghaft Befreiende, sie er-
innern an die kühle eckige Formensprache der altnordischen
Wikingerdenkmale. — Thoma hat sich neuerdings in der
Wahl seiner Landschaften nach dem Schweizer Hochgebirge
gewandt; Wer Thoma's Schwarzwald- und Taunuslandschaften
kennt, weiß, daß irr ihm die heroische Landschaftsauffassung nicht
liegt und dieser intime Zug der Thonra'schen Kunst harmonirt
auch nicht so recht mit der machtvoller! Gletscher- und Firn-
welt der Hochalpen. Lenbach bildet seit jeher eine Haupt-
attraktion der hiesigen Kunstsäle. Gladstone, Nansen und ein
prinzenbildniß bilden bei Schneider das Trio Lenbach'scher
Männerbckdnißkunst, während bei Hermes der Frauenmaler
Lenbach zur Geltung kommt.
Der Kunstverein widmet eine separate Kollektivaus-
stellung dein Frankfurt-Kronberger Maler Richard Fresenius.
Die Serie ist eine Nachlaßausstellung und zeigt das Lebenswerk
des im Frühjahr in Mentone verschiedenen Künstlers. Fresenius
pflegte die Marine im Sinne der älteren Schule; die Wunder
moderner Freilichttechnik haben ihn nicht beeinflußt, er malte
Meer, Lust, Wolken und wetten in der Art Mesdag's, dessen
Können wohl auch im Studium der alten Niederländer wurzelt.
Was Fresenius an Werken schuf, die über Pin Spezialgebiet
humusreichen, ist nicht bedeutend. Jin Nebensaal zeigte der
Badenser R. L. weiß seine ultranwöernen Landschaften, Bild-
nisse, Stillleben und Schwarz-Weißarbeiten. Lin Zug von
Ligenart und Selbstständigkeck liegt unverkennbar in den Werken
dieses jungen Künstlers; im Landschaftlichen wirkt sein Pointillis-
mus und die starke ungebrochene Farbe freilich übertrieben, hin-
gegen Tulpenstillleben eine fertige Bildwirkung erzielen. Indessen
zeigen einige Bilder auch eine saft gegensätzliche, verschleiere
 
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